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StuB Nr. 5 vom Seite 192

Die „finanzielle Eingliederung“ bei unterjährigen Umwandlungen

Zugleich Anmerkung zum Urteil des Hessischen

StB Dr. Martin Weiss

Die körperschaftsteuerliche Organschaft stellt das „Herzstück“ des deutschen „Konzernsteuerrechts“ dar. Durch die Organschaft kann das Einkommen einer Kapitalgesellschaft mit dem des sie beherrschenden Gesellschafters gemeinsam versteuert werden. Dabei können Verluste der Organgesellschaft auf Ebene des Organträgers mit dort anfallenden Gewinnen verrechnet werden. Dasselbe gilt für die Gewerbesteuer, die der körperschaftsteuerlichen Organschaft folgt. Allerdings ist dieser Effekt nur unter den restriktiven Bedingungen der §§ 14, 17 KStG möglich. Durch die jüngere Rechtsprechung der Finanzgerichte ist insbesondere das Tatbestandsmerkmal der „finanziellen Eingliederung“ in den Organträger beleuchtet worden. Die Beziehung der finanziellen Eingliederung zu Umwandlungen während des laufenden Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft hat die Finanzgerichte zuletzt stark beschäftigt.

Kernfragen
  • Welche Auffassung vertritt die Finanzverwaltung zur Rückwirkungsfiktion bei einer Umwandlung des Organträgers während des laufenden Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft?

  • Was ist Folge dieser Sichtweise?

  • Wie äußert sich das Hessische FG dazu?

I. Problemstellung

1. Die Organschaft in der neueren Rechtsprechung der Finanzgerichte

[i]Weiss, Zur Ablehnung „außerorganschaftlicher Mehrabführungen“, StuB 6/2020 S. 215, NWB CAAAH-44292 Pagel/Tetzlaff, Organschaft, Grundlagen, NWB EAAAE-28096 Prinz, Besonderheiten bei ertragsteuerlicher Organschaft, in: Prinz/Kanzler, Handbuch Bilanzsteuerrecht, 3. Aufl. 2018, Rz. 1610, NWB HAAAG-89757 Die körperschaftsteuerliche Organschaft der §§ 14 ff. KStG stellt das zentrale Instrument des deutschen „Konzernsteuerrechts“ dar. Durch § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG wird die körperschaftsteuerliche Organschaft auch für die Gewerbesteuer als zweite wichtige Ertragsteuer der Körperschaften unter denselben Tatbestandsmerkmalen angenommen (R 2.3 Abs. 1 GewStR). Die „Grundsatzentscheidung“ des Gesetzgebers, „dass jede Kapitalgesellschaft selbst mit den bei ihr verwirklichten Besteuerungsmerkmalen zu besteuern ist“, mithin die „Trennungstheorie“ , wird insoweit unter restriktiv interpretierten Tatbestandsmerkmalen durchbrochen. Durch den „Ausnahmecharakter“ dieser Durchbrechung hält es der BFH für statthaft, dass der Gesetzgeber besondere tatbestandliche Anforderungen formuliert, „um das ausnahmsweise Absehen von dem ansonsten strikten Steuersubjektprinzip im Rahmen eines Organschaftsverhältnisses zu konturieren.“

Seit den bislang letzten grundlegenden Änderungen und Ergänzungen ihrer rechtlichen Grundlagen durch die „Kleine Organschaftsreform“ im Jahr 2013 hat die Organschaft weiter an Komplexität gewonnen. Dies liegt zum einen an den Fragestellungen rund um den – für die deutsche ertragsteuerliche Organschaft essenziellen – „Gewinnabführungsvertrag“ des § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG. Die Problematik seiner Mindestlaufzeit und Durchführung während seiner gesamten Laufzeit (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG) haben die Finanzgerichte in letzter Zeit umfassend beschäftigt. S. 193

Daneben sind auch grundlegende Fragestellungen der Organschaft in ihrem Verhältnis zu Umwandlungen der beteiligten Rechtsträger aufgearbeitet worden. Einen ersten Schritt in diese Richtung hatte das FG Rheinland-Pfalz mit seinem Urteil vom gemacht. Dort war die Behandlung von Mehrabführungen aufgrund einer Umwandlung auf die Organgesellschaft streitig. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung hat sich das FG Rheinland-Pfalz der überwiegenden Literaturauffassung angeschlossen, wonach eine Kategorie „außerorganschaftlicher Verursachung“ von Mehrabführungen, die nach § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG zu behandeln seien, nicht anzuerkennen ist.

Ein umfassender Cluster von Urteilen der Finanzgerichte hat sich zudem im Jahr 2020 mit weiteren Folgen von Umwandlungen für die Organschaft befasst. Hier ging es in allen Fällen um die Auswirkungen einer Umwandlung des Organträgers auf die „finanzielle Eingliederung“ als weiteres wichtiges Tatbestandsmerkmal der körperschaftsteuerlichen Organschaft (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG). Werden diese „unterjährig“, in diesem Fall also während des laufenden Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft, vorgenommen, stellt sich die Frage, ob die finanzielle Eingliederung gegeben sein kann. Die Bandbreite der dazu im Jahr 2020 ergangenen Urteile der Finanzgerichte sowie der dabei streitbefangenen Umwandlungen zeigt Übersicht 1.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Übersicht 1: Urteile der Finanzgerichte zu Umwandlungen und Organschaft im Jahr 2020
FG
Urteil
Revision beim BFH
Streitjahr
Umwandlung
Rückwirkung
Steuerlicher Übertragungsstichtag
Hessen
 - 4 K 412/19
I R 21/20
2015
Verschmelzung GmbH auf OHG, §§ 3-8, 18 UmwStG
Rheinland-Pfalz
 -  1 K 1585/15
I R 45/20
2011
Verschmelzung GmbH auf GmbH, §§ 11-13, 19 UmwStG
Hamburg
- 6 K 150/18
I R 36/20
2015
Verschmelzung GmbH auf AG, §§ 11-13, 19 UmwStG
Düsseldorf
 -  6 K 2704/17 K
I R 40/20
2010
Anteilstausch, § 21 UmwStG
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