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Bewertung von Goldvorräten im Anlagevermögen
[i]FG Hamburg, Urteil v. 3.6.2020 - 5 K 20/19 NWB RAAAH-55997 Zur Anwendung einer außerplanmäßigen Abschreibung bzw. Teilwertabschreibung und einer in den Folgejahren erforderlichen Wertaufholung lag dem FG Hamburg ein Sachverhalt vor, in dem ein bilanzierendes Unternehmen Goldvorräte im Anlagevermögen bilanziert hatte und hinsichtlich der Bewertung Uneinigkeit mit der Finanzverwaltung bestand. Die Grundsätze des Urteils und die buchhalterische Erfassung eines ähnlichen Sachverhalts werden im Beitrag dargestellt.
Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .
I. Handels- vs. steuerbilanzielle Bewertung
[i]Kolbe, Außerplanmäßige Abschreibungen/Teilwertabschreibungen im Anlagevermögen (HGB, EStG), infoCenter NWB OAAAE-35805 Die bilanzielle Bewertung nicht abnutzbarer Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens erfolgt grundsätzlich zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Sofern eine voraussichtlich dauernde Wertminderung des Wirtschaftsguts vorliegt, ist handelsbilanziell eine außerplanmäßige Abschreibung vorzunehmen, um das Wirtschaftsgut mit dem niedrigeren, am Abschlussstichtag vorliegenden Wert anzusetzen. Steuerbilanziell besteht hinsichtlich der Abschreibung ein Wahlrecht. Der im Rahmen einer außerplanmäßigen Abschreibung bzw. Teilwertabschreibung angesetzte Wert darf an folgenden Bilanzstichtagen im Ergebnis nur beibehalten werden, wenn die Gründe dafür noch bestehen. Sofern die Gründe für die außerplanmäßige Abschreibung bzw. Teilwertabschreibung entfallen sind, ist eine Werterhöhung vorzunehmen. S. 1071
II.
1. Sachverhalt
[i]Teilwertabschreibung ohne Wertaufholung nach AufwärtstrendIm Anlagevermögen der Klägerin, einem bilanzierenden Unternehmen, befinden sich seit dem Goldvorräte mit Anschaffungskosten von 234.300 €. Aufgrund der Marktpreisentwicklung hatte die Klägerin im Jahr 2012 eine Teilwertabschreibung auf 227.300 €, 2013 auf 180.300 € und 2014 auf 175.750 € vorgenommen. Der Wert aus dem Jahr 2014 [i]Wertzuwachs dauerhaft?wurde auch zu den Bilanzstichtagen 2015 und 2016 angesetzt. Wenngleich die Klägerin den Wert zum i. H. von 197.480 € ermittelt hatte, nahm sie keine Wertaufholung vor, da der Aufwärtstrend nach ihrer Auffassung unsicher war.
Nach Ansicht des Finanzamts hat sich der bilanzierte Goldwert der Klägerin zum auf rund 195.590 € erholt und sich zudem bis Ende 2017 auch stabilisiert. Körperschaftsteuer- und gewerbesteuerlich legte das Finanzamt den entsprechend gewinnerhöhenden Wert zugrunde, wogegen sich die Klägerin zunächst mit Einspruch und nach dessen Zurückweisung mit Klage wendete.
Das Unternehmen führte aus, dass nach dessen Auffassung im Anlagevermögen (gemildertes Niederstwertprinzip, § 253 Abs. 3 Satz 5 HGB) – anders als im Umlaufvermögen – keine stichtagsbezogene Bewertung nach dem reinen Börsenkurs vorzunehmen ist. Die Vorgehensweise der Finanzverwaltung stelle Umlauf- und Anlagevermögen zu Unrecht gleich.
Eine [i]Preisvolatilität bei Gold?Wertaufholung erfordere einen dauerhaften Wertzuwachs, der nicht vorliegt, da 2016 das erste Jahr einer möglichen Trendwende darstellt und Gold zudem einer extremen Preisvolatilität unterliegt. Insofern sei ein Durchschnittswert zu verwenden, um einen „inneren Wert“ des Goldbestands zu ermitteln.
Zudem sei die gesetzliche Definition der Wertaufholung in HGB und EStG verfassungswidrig, da eine dauerhafte Wertänderung nur für die Wertminderung, nicht jedoch für eine Wertaufholung verlangt werde. Nach Ansicht der Klägerin ist der Wertansatz zum mit 175.750 € der Besteuerung zugrunde zu legen.
[i]Verhältnisse am Bilanzstichtag maßgebendDas Finanzamt argumentierte, dass es sich beim Wertaufholungsgebot nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG um eine zwingende Vorschrift handelt, bei der die Verhältnisse am Bilanzstichtag – vorliegend – zugrunde zu legen sind. Da der Goldpreis nach dem Bilanzstichtag nachhaltig im Bereich von 1.100 €/Unze gelegen hat, kann das Argument der Preisvolatilität nicht tragen.
2. Urteil und Begründung
[i]FG Hamburg, Urteil v. 3.6.2020 - 5 K 20/19 NWB RAAAH-55997 Das FG Hamburg entschied, dass der Wertansatz des Finanzamts nicht zu beanstanden ist. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i. V. mit § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind auch nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Etwas anderes gilt nur, wenn der Nachweis erbracht werden kann, dass eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vorliegt, mithin ein niedrigerer Teilwert besteht. Grundsätzlich ist hingegen der Ansatz mit den Anschaffungskosten vorzunehmen, sofern der Nachweis eines niedrigeren Teilwerts nicht gelingt.
[i]Anschaffungs- oder Herstellungskosten als ReferenzgrößeDer BFH hat klargestellt, dass die Bewertung zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Bewertungsgrundsatz darstellt, von dem nur ausnahmsweise und nach jährlich wiederholter Prüfung auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Ansatzes eines niedrigeren Teilwerts abgewichen werden kann. Bei in der Vergangenheit vorgenommenen Teilwertabschreibungen stellt nicht dieser niedrigere Wert, sondern der S. 1072ursprüngliche Wert die Referenzgröße dar. Der niedrigere Wertansatz ist jedes Jahr erneut zu überprüfen und zu rechtfertigen, was aufgrund der Abschnittsbesteuerung jeweils zum Bilanzstichtag erfolgt.
Die [i]Dauer der Wertminderung gesetzlich nicht festgelegt für eine Teilwertabschreibung erforderliche voraussichtlich dauernde Wertminderung ist weder handels- noch steuerrechtlich definiert. Das Kriterium stellt darauf ab, dass die Wertminderung nicht endgültig sein muss, jedoch auch nicht nur vorübergehend sein darf. Ob die Voraussetzungen erfüllt sind, ist dabei nach der Eigenart des jeweiligen Wirtschaftsguts zu beurteilen, wozu eine spezifische Prognose vorzunehmen ist.
Bei der Bewertung börsennotierter Aktien ist das Abstellen auf den Börsenkurs zum Abschlussstichtag erforderlich, da damit auch ein objektiv überprüfbares Vorgehen im steuerlichen Massenverfahren möglich ist. Bei festverzinslichen Wertpapieren oder nicht notierten Anteilen ist auch ein jedenfalls zu erzielender Nominalwert bzw. innerer Wert zu berücksichtigen.
Auch [i]Kurswert als Bewertungskriterium für Gold die Bewertung von Gold hat nach Ansicht des FG Hamburg anhand objektiv erkennbarer Kriterien zu erfolgen, weshalb auf den Kurswert zum Abschlussstichtag abzustellen ist. Eine Teilwertabschreibung zum ist noch zulässig, jedoch nur noch auf den an diesem Bilanzstichtag geltenden Wert. In Höhe der Differenz ist hingegen im Ergebnis eine Wertaufholung vorzunehmen.
III. Ausgangssachverhalt
[i](Irrige) Annahme einer langfristigen WertminderungDie A-GmbH hat im Jahr 2017 Vorräte an Anlagegold mit Anschaffungskosten i. H. von 234.300 € erworben, der Wert zum entspricht den Anschaffungskosten. Das Gold ist zur langfristigen Anlage im Unternehmen bestimmt. Zum Abschlussstichtag beträgt der Wert des Goldvorrats – ermittelt anhand des aktuellen Goldkurses – 175.750 €, wobei zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung und Steuerdeklaration von einer langfristigen Wertminderung auszugehen ist. Abweichend von der Einschätzung zum Vorjahresstichtag hat sich zum Abschlussstichtag der Wert auf 195.590 € erholt.
Im Folgenden wird die Bilanzierung anhand des SKR 04 dargestellt. Soweit möglich, soll die Bewertung in Handels- und Steuerbilanz einheitlich erfolgen.