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Bilanzierung von Ladungsträgern
[i]FG Münster, Urteil v. 4.10.2019 - 14 K 610/18 E, G NWB JAAAH-56441 Ladungsträger sind in der Praxis unentbehrlich, um Waren zu transportieren und zu lagern. Gleichwohl steht die Bilanzierung von Ladungsträgern häufig nicht im Fokus der nutzenden Unternehmen. In einem aktuellen Urteil hatte das FG Münster Gelegenheit, sich ausführlich zur Bilanzierung von Ladungsträgern zu äußern. Der Beitrag stellt die Bilanzierung von Ladungsträgern in Abhängigkeit des Unternehmenszwecks dar und geht kritisch auf das Urteil sowie die hieraus resultierenden Praxisfolgen ein.
Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .
I. Wirtschaftlicher Nutzen und Einsatz von Ladungsträgern
[i]Definition LadungsträgerUnter Ladungsträgern werden Wirtschaftsgüter verstanden, die notwendig sind, um Waren zu transportieren, aufzubewahren oder zu lagern. Kurzum, ein tragendes Mittel zur Zusammenfassung von Gütern zu einer Ladeeinheit. Hierunter fallen Europaletten, Gitterboxen oder sog. Kleinladungsträger. Typischerweise sind Ladungsträger standardisiert und genormt, so dass diese problemlos gestapelt werden können, ggf. eine Abmessung der Güter ermöglicht wird und eine gewisse Marktgängigkeit besteht.
[i]ZweckbestimmungWie bei anderen Wirtschaftsgütern auch, besteht für Unternehmen, welche Ladungsträger nutzen, die Möglichkeit, diese käuflich zu erwerben oder gegen eine Gebühr über eine bestimmte Zeit zu nutzen, typischerweise per Miete. Auf den Handel mit Ladungsträgern spezialisierte Unternehmer benötigen nicht unbedingt ein Lager, um diese vorzuhalten, da Lieferzeiten üblicherweise nicht lang sind. Insoweit kommt es insbesondere auf die Kontakte des Unternehmers an, damit eine Umschlagshäufigkeit erreicht wird, mittels derer eine hinreichende Marge erzielt werden kann.
[i]Schmidt, Abgrenzung von Anlage- und Umlaufvermögen (HGB, EStG, IFRS), infoCenter NWB BAAAA-41691 Die Bilanzierung derartiger Ladungsträger hängt mit dem Zweck des Unternehmens zusammen. Dies bedeutet, dass bei Händlern, welche Ladungsträger auch vermieten, grundsätzlich zwischen Anlage- und Umlaufvermögen gem. den allgemeinen S. 822Differenzierungskriterien zu unterscheiden ist. Demnach wären die Ladungsträger dem Anlagevermögen zuzuordnen, sofern die Zweckbestimmung einen dauernden Gebrauch des Wirtschaftsguts umfasst. Sofern das Wirtschaftsgut bzw. der Ladungsträger demgegenüber mit dem Zweck eines kurzfristigen Verbrauchs bzw. Verkaufs angeschafft wurde, stellt dieser hingegen Umlaufvermögen dar.
[i] Kolbe, Geringwertige Wirtschaftsgüter (HGB, EStG), infoCenter NWB QAAAB-04818 Aufgrund der mitunter nur geringen Anschaffungskosten einzelner Ladungsträger können diese ggf. als geringwertige Wirtschaftsgüter einer Sofortabschreibung in voller Höhe zugänglich sein, sofern die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 EStG erfüllt sind. Neben maximalen Anschaffungs- oder Herstellungskosten von netto 800 € ist hierfür insbesondere Voraussetzung, dass diese Wirtschaftsgüter dem Anlagevermögen zuzuordnen und einer selbständigen Nutzung fähig sind.
Die selbständige Nutzbarkeit dürfte i. d. R. gegeben sein, da eine Einfügung in den betrieblichen Nutzungszusammenhang mit anderen Wirtschaftsgütern nur dann problematisch ist, wenn dieser technisch nur in Verbindung mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sinnvoll erfolgen kann (§ 6 Abs. 2 Satz 2 EStG).
Da Ladungsträger aber typischerweise für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens Verwendung finden und diese auch gänzlich ohne andere Wirtschaftsgüter genutzt werden können, ist die selbständige Nutzbarkeit m. E. erfüllt. Abzustellen ist insoweit auf die Eigenschaft als Anlagevermögen sowie die Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
II. Ausgangssachverhalt
[i]Handel, Tausch, Vermietung und ReparaturDie X-GmbH mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Münster betreibt Handel, Tausch, Vermietung und Reparatur von Ladungsträgern. Die X-GmbH ist zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt. Der Verkauf umfasst ca. 60 % der Umsätze, die Vermietung 37 %. Der Tausch (2,5 %) sowie die Reparatur (0,5 %) haben hingegen nur geringe Anteile am Umsatz. Die X-GmbH verfügt über ein Betriebsgrundstück, auf dem Ladungsträger gelagert werden, die für die Vermietung vorgesehen sind.
[i]Verkauf und Vermietung von GitterboxenIm Januar 2020 schließt die X-GmbH mit dem Holzhandel der H-GmbH einen Mietvertrag über 200 Euro-Gitterboxen zu einer Miete von 2 € netto monatlich über eine Dauer von zwei Jahren mit einer Mietverlängerungsoption von je drei Monaten, aber ohne Kaufoption. Darüber hinaus erwirbt die H-GmbH zugleich noch 10 Boxen zu einem Preis von 87,50 € netto. Die H-GmbH hat ihren Sitz und Ort der Geschäftsleitung ebenfalls in Münster und ist zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt. Die X-GmbH erwirbt die Gitterboxen zu einem Preis von 75 € netto und lässt diese direkt zur H-GmbH liefern. Die H-GmbH begleicht sämtliche Zahlungen per Sofortüberweisung.