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BBK Nr. 13 vom Seite 622

Neuregelung der Sanktionen gegen Unternehmenskriminalität

Entwurf des Verbandssanktionengesetzes

Dirk Beyer

[i]Regierungsentwurf zum Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft, abrufbar unter http://go.nwb.de/qf3mv Die Große Koalition verfolgt das Ziel, Unternehmen bei Fehlverhalten aus dem Unternehmen heraus künftig effektiver sanktionieren und zur Vermeidung und Sachverhaltsaufklärung motivieren zu können. Der Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft (Bearbeitungsstand ), der in Art. 1 das Gesetz zur Sanktionierung von verbandsbezogenen Straftaten (Verbandssanktionengesetz – VerSanG) beinhaltet, zeigt hierzu wesentliche Neuregelungen. Diese sollten Unternehmer und ihre Berater kennen, um sich rechtzeitig auf die geplanten Änderungen einstellen zu können.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I. Verschärfung der Rechtslage

[i]Bisherige RechtslageIn Deutschland können nur natürliche Personen bestraft werden, nicht jedoch juristische Personen und sonstige Vereinigungen. Strafbar handelt somit der Geschäftsführer einer GmbH, wenn er z. B. eine Steuerhinterziehung zugunsten der GmbH begeht. Schon nach dem bisherigen Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) kann ein Bußgeld gegen das Unternehmen verhängt werden, wenn eine sog. Verbandsstraftat wie z. B. Korruption oder Steuerhinterziehung vorliegt (§§ 30, 130 OWiG).

[i]Gesetzgeber erhöht VerfolgungsdruckDie Neuregelung soll nun den Verfolgungsdruck gegen Unternehmen erhöhen und sieht für umsatzstarke Unternehmen einen höheren Rahmen für die Sanktion vor. Zudem werden allen Unternehmen faktisch Mitwirkungspflichten zur internen Aufklärung von Verbandsstraftaten auferlegt, um sich einen Sanktionsrabatt erkaufen zu können.

II. Anwendungsbereich

[i]Geuenich/Gaßmann, Gesetz zur Bekämpfung der Unternehmenskriminalität nimmt Gestalt an, NWB 51/2019 S. 3771 NWB JAAAH-37033 Das VerSanG soll gelten für juristische Personen des öffentlichen und privaten Rechts, nicht rechtsfähige Vereine und rechtsfähige Personengesellschaften (§ 2 Abs. 1 S. 623VerSanG-E). Anders als im Referentenentwurf gilt dies aber nur dann, wenn deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist.

III. Verfolgungszwang

[i]Nunmehr Zwang zur VerfahrenseinleitungIm Strafrecht gilt der Verfolgungszwang (sog. Legalitätsprinzip): Dies bedeutet, dass die Ermittlungsbehörde bei einem Anfangsverdacht ein Strafverfahren einleiten muss. Demgegenüber gilt im Bereich der Unternehmenssanktionen bisher das Opportunitätsprinzip aus dem Ordnungswidrigkeitenrecht. Die Behörde entscheidet also nach ihrem Ermessen, ob sie ein Verfahren gegen das Unternehmen einleitet oder nicht. Nach dem Gesetzentwurf soll auch hier der Verfolgungszwang wie im Strafrecht gelten, so dass kein Ermessen zur Verfahrenseröffnung mehr besteht.

Hinweis:

Ob allerdings ein Anfangsverdacht angenommen wird, wird wie bisher praktisch oft vom Verfolgungswillen der Ermittlungsbehörde abhängen. Insofern besteht faktisch weiterhin ein gewisser Ermessensspielraum, um die Anzahl der Verfahren und die Belastung der Ermittlungsbehörden zu steuern.

IV. Verwarnung als neue Sanktionsmöglichkeit

[i]Bußgeld ohne und mit „Bewährung“Das Ordnungswidrigkeitenrecht sieht nach der bisherigen Rechtslage nur das Bußgeld als einzige Sanktion gegen Unternehmen vor. Der Gesetzentwurf spricht nun statt Bußgeld von der sog. Verbandsgeldsanktion gem. § 9 VerSanG-E. Als mildere und neue Sanktion kann eine Verwarnung mit Verbandsgeldsanktionenvorbehalt nach § 10 VerSanG-E drohen, die einem „Bußgeld mit Bewährung“ gleichkommt.

[i]Ahndungs- und AbschöpfungsteilDie Verbandsgeldsanktion gliedert sich wie auch nach der aktuellen Rechtslage in einen sog. Sanktionsteil (Ahndungsteil) und einen Abschöpfungsteil. Der Sanktionsteil kann bei kleinen und mittelständischen Unternehmen wie bisher bei einer vorsätzlich begangenen Verbandsstraftat bis zu 10 Mio. € betragen (bei Fahrlässigkeit bis zu 5 Mio. €). Neu ist, dass der Sanktionsteil bei Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 100 Mio. € gem. § 9 Abs. 2 VerSanG-E bis zu 10 % des Jahresumsatzes betragen kann (bei Fahrlässigkeit bis zu 5 %). Grundlage für die eigentliche Bemessung der Verbandsgeldsanktion sind u. a. die Bedeutung der Verbandstat, Schwere und Ausmaß von Aufsichtspflichtverletzungen und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verbandes (§ 15 VerSanG-E). Der Abschöpfungsteil ist wie bisher gesetzlich unbegrenzt und allein durch den wirtschaftlichen Vorteil gedeckelt, den das Unternehmen aus dem Fehlverhalten erzielt hat.