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NWB Nr. 24 vom Seite 1770

Aktuelle Entwicklungen zum steuerlichen Querverbund

Möglichkeiten der Verlustverrechnung kommunaler Eigengesellschaften im Bereich Telekommunikation und Verkehr

Manuel Maul und Marcel Reinke

Sowohl im vergangenen als auch im noch recht jungen Jahr 2020 sind im Bereich des steuerlichen Querverbunds einige aktuelle Entwicklungen zu verzeichnen. So hat der EuGH mit seinem Urteil v.  - Rs. C-266/17 und C-267/17 ( NWB PAAAH-47033) zur Direktvergabe von öffentlichen Verkehrskonzessionen nicht nur die bisherige Praxis der Auftragsvergabe vor neue Probleme gestellt. Parallel hat er aufgrund der Anforderungen an eine Direktvergabe nach der maßgeblichen EU-Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 auch Tatsachen geschaffen, die es im Rahmen des steuerlichen Querverbunds zu beachten gilt. Neben dem EuGH hat auch das BMF für – in diesem Fall erfreuliche – Neuigkeiten im Bereich des steuerlichen Querverbunds im Kontext der Telekommunikation gesorgt. Darüber hinaus hat der ( NWB RAAAH-33410) dem EuGH die Frage vorgelegt, ob es sich bei der Steuerbegünstigung des § 8 Abs. 7 KStG für dauerdefizitäre Tätigkeiten kommunaler Eigengesellschaften um eine unzulässige staatliche Beihilfe handelt. Auch wenn die Revision zwischenzeitlich mit Beschluss v.  - I R 4/20 zurückgenommen und damit das Verfahren einvernehmlich beendet wurde (s. NWB 9/2020 S. 608), bleiben weiterhin einige Fragen offen. Die Änderungen sowie Neuerungen im Bereich des steuerlichen Querverbunds werden im nachfolgenden Beitrag dargestellt.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I. Hintergrund

[i]Steuerwirksame Verrechnung der Verluste mit Überschüssen aus gewinnbringender TätigkeitDer steuerliche Querverbund begründet eine Quersubventionierung durch die Zusammenfassung von defizitären und gewinnbringenden Tätigkeiten bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts bzw. deren Tochtergesellschaften. Ohne diese steuerwirksame Saldierung unterlägen die Überschüsse aus der gewinnbringenden Tätigkeit der Ertragsteuer, während aufgrund von Dauerverlusttätigkeiten die defizitären Bereiche steuerliche Verlustvorträge ansammeln würden. Die Verlustvorträge würden letztlich ansteigen, ohne von der juristischen Person des öffentlichen Rechts genutzt werden zu können. Ohne die Figur des steuerlichen Querverbunds müssten diese Verluste mit S. 1771versteuerten Gewinnen aus anderen Tätigkeiten der Kommune gedeckt werden. [i]Baumgart, Besteuerung der Betriebe gewerblicher Art, Grundlagen, NWB RAAAE-83536 Um Gewinne und Verluste aus den verschiedenen Tätigkeiten wirksam verrechnen zu können, müssen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 KStG vorliegen. Ein steuerlicher Querverbund liegt danach vor, wenn sich die öffentlich-rechtlichen Betriebe gewerblicher Art im steuerrechtlichen Sinne zusammenschließen.

[i]Strahl, NWB 38/2019 S. 2772In der Übernahme einer strukturellen dauerdefizitären Tätigkeit hatte der (BStBl 2007 II S. 961) eine verdeckte Gewinnausschüttung gesehen. Bemessungsgrundlage für die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung sind die jeweils erzielten Verluste dieser dauerdefizitären Tätigkeiten. Begründet wurde dies damit, dass ein vernünftiger Kaufmann ein solches Geschäft nicht fortführen würde. Die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung führt neben der Belastung mit Kapitalertragsteuer jedoch auch dazu, dass die verdeckte Gewinnausschüttung dem Ergebnis außerbilanziell hinzugerechnet werden muss und damit im Rahmen des steuerlichen Querverbunds keine Verluste mehr für eine Saldierung zur Verfügung stehen. Als Reaktion auf diese BFH-Rechtsprechung hat der Gesetzgeber im Zuge des JStG 2009 mit § 8 Abs. 7 KStG eine Regelung geschaffen, wonach die Übernahme von zu Dauerverlusten führenden Tätigkeiten durch einen Betrieb gewerblicher Art – entgegen der Ansicht des BFH – nicht zwangsläufig die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung zur Folge hat. Die Vorschrift findet jedoch nur dann Anwendung, wenn die entsprechenden Verluste von der öffentlichen Hand zu tragen sind. Dadurch war der Querverbund in seiner bisherigen Fassung gerettet.

II. Querverbund Verkehr

1. Verkehrsbetriebe i. S. des § 4 Abs. 3 KStG

Charakteristisch für Verkehrsbetriebe i. S. des § 4 Abs. 3 KStG ist, dass sie Grundbedürfnisse der Bevölkerung zu tragbaren Bedingungen erfüllen sollen (, BStBl 1990 II S. 242). Zur Annahme eines Verkehrsbetriebs ist Voraussetzung, dass dieser dem „öffentlichen“ Verkehr dienen muss. Der Begriff „öffentlicher Verkehr“ i. S. des § 4 Abs. 3 KStG umfasst nach der Rechtsprechung des BFH indes nicht nur die Beförderung von Personen und Gütern, sondern alle Maßnahmen und Ziele der öffentlichen Hand zur Anpassung des Gesamtverkehrs an die sich entwickelnden Verhältnisse (BFH I R 187/85). Mit der Kennzeichnung des Verkehrs als „öffentlich“ verfolgte der Gesetzgeber nicht das Ziel der möglichen Beteiligung aller am Verkehr, sondern die Verkehrsgestaltung durch staatliche Organe oder Einrichtungen, will also die öffentliche Verkehrspolitik zum Ausdruck zu bringen.

[i]Dem öffentlichen Verkehr dienender BetriebVerkehrsbetriebe „dienen“ dem öffentlichen Verkehr regelmäßig dann, wenn ihre Einrichtungen nach der Zweckbestimmung von jedem zur Personen- oder Güterbeförderung benutzt werden können, wobei die Betätigung im öffentlichen Verkehr unter der Auflage der Betriebs- und Beförderungspflicht sowie des Tarifzwangs erfolgen muss (koordinierter Ländererlass v. , BStBl 1993 I S. 401). Daher „dient“ ein Unternehmen dem öffentlichen Verkehr, wenn seine Verkehrsmittel der Allgemeinheit ohne Einschränkung zur Verfügung stehen und die Verkehrsleistungen unmittelbar erbracht werden (, BStBl 1993 II S. 380).