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BBK Nr. 11 vom Seite 513

Handelsbilanzwert als Obergrenze bei der Bewertung von Rückstellungen

Dr. Johannes Riepolt

[i]BFH, Urteil v. 20.11.2019 - XI R 46/17 NWB CAAAH-42552 Vor über zehn Jahren wurden im Rahmen des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) sowohl das im deutschen Bilanzrecht fundamentale Maßgeblichkeitsprinzip als auch die Bewertung von Rückstellungen umfassend neu geregelt. Durch die Berücksichtigung künftiger Preis- und Kostenentwicklungen sowie der Abzinsung mit einem marktabhängigen, laufzeitadäquaten Abzinsungszinssatz in der Handelsbilanz auf der einen Seite und der Bewertung mit dem Nominalwert und der – sofern überhaupt erforderlich – Abzinsung mit 5,5 % in der Steuerbilanz auf der anderen Seite stimmen seither Handels- und Steuerbilanzwert von Rückstellungen nur in seltenen Fällen überein. Das BMF hat daher in R 6.11 Abs. 3 EStR verfügt, dass im Falle einer abweichenden Bewertung zwischen Handels- und Steuerbilanz der Handelsbilanzwert die Obergrenze für den Steuerbilanzwert einer Rückstellung bildet. Diese Ansicht wurde nun auch durch den bestätigt.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I. Bewertung von Rückstellungen in Handels- und Steuerbilanz

Im [i]Hänsch, Rückstellungen: Ansatz und Bewertung in der Handelsbilanz (Grundsätze), infoCenter NWB SAAAD-82733 Rahmen der handelsrechtlichen Rechnungslegung sind Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags anzusetzen (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Dabei sind künftige Preis- oder Kostensteigerungen zwingend zu berücksichtigen.

Sofern die Restlaufzeit der zugrunde liegenden Verpflichtung am Bilanzstichtag mehr als ein Jahr beträgt, [i]Cremer, Rückstellungen – Abzinsung, Kontierungslexikon NWB RAAAG-58903 ist zudem eine Abzinsung mit dem restlaufzeitadäquaten durchschnittlichen Marktzinssatz vorzunehmen (§ 253 Abs. 2 Satz 1 HGB). Die anzuwendenden Zinssätze werden von der Deutschen Bundesbank ermitteltS. 514 und monatlich bekannt gegeben (§ 253 Abs. 2 Satz 4 HGB). Bei einer Restlaufzeit von maximal einem Jahr besteht ein Wahlrecht, ob eine Abzinsung erfolgt oder nicht.

[i]Hänsch, Rückstellungen: Ansatz und Bewertung in der Steuerbilanz (Grundsätze), infoCenter NWB SAAAD-82733 Für Zwecke der steuerrechtlichen Rechnungslegung gilt zunächst der Maßgeblichkeitsgrundsatz, so dass vom Wertansatz in der Handelsbilanz auch für die Steuerbilanz auszugehen ist (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG). Sofern kein explizites steuerbilanzielles Ansatzverbot vorliegt, ist die Rückstellung demnach auch in der Steuerbilanz zu erfassen.

Bei der steuerbilanziellen Bewertung ist ferner zu beachten, dass die Rückstellung höchstens insbesondere unter Beachtung der Grundsätze des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG angesetzt werden darf. Somit sind vor allem

  • Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten (Buchst. b),

  • künftige Vorteile, sofern nicht gesondert aktiviert, wertmindernd zu berücksichtigen (Buchst. c),

  • Rückstellungen für Verpflichtungen, für deren Entstehen der laufende Betrieb ursächlich ist, zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln (sog. Ansammlungsrückstellungen, Buchst. d),

  • Rückstellungen für Verpflichtungen, ausgenommen verzinsliche Verpflichtungen, mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen (Buchst. e),

  • die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend, mithin künftige Preis- und Kostensteigerungen nicht zu berücksichtigen (Buchst. f).

Zudem [i]Bolik, Deckelung steuerlicher Rückstellungen!?, StuB 6/2020 S. 239 NWB HAAAH-44286 darf nach Auffassung der Finanzverwaltung der Wertansatz einer Rückstellung in der Steuerbilanz den Wertansatz in der Handelsbilanz nicht übersteigen (R 6.11 Abs. 3 EStR). Demnach findet der steuerrechtliche Betrag einer Rückstellung, soweit dieser den handelsrechtlichen Betrag übersteigt, keine Berücksichtigung. Unterschreitet der steuerrechtliche Betrag einer Rückstellung hingegen den handelsrechtlichen Betrag, ist dieser auch in der Steuerbilanz anzusetzen.

Hinweis:

Im Ergebnis sind Rückstellungen in der Steuerbilanz mit dem geringeren Wert aus handels- oder steuerbilanziellem Wert anzusetzen.