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Anomalieerkennung mit Machine Learning-basierten Verfahren für die Abschlussprüfung
Ein Einblick in Konzepte und zukünftige Anwendungsmöglichkeiten
Die Erkennung von auffälligen oder ungewöhnlichen Buchungen in ERP-Systemen (Anomalien) ist eine der wesentlichen Pflichtaufgaben für Abschlussprüfer, um zu gewährleisten, dass Abschlüsse auf Abschluss- und Aussageebene frei von wesentlichen Falschdarstellungen sind. Die Hintergründe solcher Transaktionen sind oftmals nicht direkt erkennbar. Folglich fällt es dem Abschlussprüfer vielfach schwer, mit eigenen Worten Regeln zu definieren, um die Auffälligkeiten zu finden. Außerdem können die bisher angewandten Verfahren zum Teil sehr viele Auffälligkeiten liefern, die von einem Prüfer nur mit viel Aufwand überprüft werden können. Dementsprechend sind neue Verfahren gerade im Bereich von Big-Data-Datensätzen extrem wertvoll, um die Erkennungsrate bezüglich echter Auffälligkeiten zu verbessern und damit auch den Bearbeitungsaufwand zu reduzieren.
Zülch, Prüfungsprozess, infoCenter NWB VAAAE-25215
Im Berufsstand wurden schon früh Methoden für die Anomalieerkennung in Datensätzen von ERP-Systemen entwickelt und in die praktische Arbeit übernommen (z. B. Benford's Law).
Diese Ansätze liefern meist sehr viele Ergebnisse, die zu einem erhöhten Bearbeitungsaufwand beim Prüfer führen. Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Entwicklung auf den Gebieten des maschinellen Lernens sind diese Ansätze zu hinterfragen.
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit einer dieser neuen Techniken, um Anomalien in Datensätzen im Hauptbuch anhand von Beispielen sichtbar zu machen und diese danach als Regel zu lernen. Diese Algorithmen versprechen auf Basis der bislang für Datensätze auf anderen Gebieten gesammelten Erfahrungen eine gute Erkennungsrate bei einer sehr niedrigen Fehlalarmrate (False Positives).
I. Relevanz der Detektion von Anomalien für die Abschlussprüfung
1. Hintergrund
Im Kontext der Abschlussprüfung haben Wirtschaftsprüfer sicherzustellen, dass die Rechnungslegung von Unternehmen frei von wesentlichen Fehlern ist. Da die Rechnungslegung die Abbildung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zum Stichtag darstellt, gilt es zu untersuchen, ob alle Geschäftsvorfälle während des Geschäftsjahres vollständig und zutreffend in die Buchhaltung als Grundlage für den Jahresabschluss übernommen wurden. Bedeutsame Fehlerrisiken, die diesem Ziel entgegenstehen können und sich durch den Einsatz von Datenanalysen begegnen lassen, sind
Geschäftsvorfälle, die nicht routinemäßig verarbeitet werden, sowie
ungewöhnliche Geschäftsvorfälle und solche außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs.
Bislang werden dabei als klassische Detektionsmethoden überwiegend regelbasierte Verfahren auf Basis des Erfahrungswissens des Abschlussprüfers verwendet. Wesentliches Merkmal dieser Verfahren ist, dass diese lediglich ein bzw. zwei Merkmale betrachten, um Auffälligkeiten durch die Darstellung von Abhängigkeiten, Relationen oder Strukturen des Datensatzes zu analysieren (uni- bzw. bivariate Verfahren). Beispiele dafür sind
Transaktionen pro Anwender,
doppelte Transaktionen in Bezug auf einen Index des Datensatzes,
Transaktionen mit gerundeten Beträgen.
Die Art der Methoden, die dabei durch gängige Software-Tools unterstützt werden, sind