OFD Nordrhein-Westfalen - S 2745a-2015/0011-St 135

Anwendung der Sanierungsklausel nach § 8c Abs. 1a KStG

Änderung des § 8c KStG durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (UStAVermG) vom (BGBl 2018 I S. 2338)

Änderung des § 8c KStG durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (UStAVermG) vom (BGBl 2018 I, 2338)

Durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom ist § 8c KStG um eine Sanierungsklausel (§ 8c Abs. 1a KStG) ergänzt worden. Diese zunächst nur für Anteilserwerbe vor dem anwendbare Regelung galt nach der Änderung durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom zeitlich unbefristet.

Aufgrund beihilferechtlicher Bedenken hatte die Europäische Kommission mit Beschluss vom (Az. K(2011)275) festgestellt, dass die sogenannte Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG eine mit dem Binnenmarkt nicht zu vereinbarende rechtswidrige Beihilfe darstelle. Gegen den Beschluss der Europäischen Kommission wurde Klage beim EuGH erhoben. Eine Anwendung der Sanierungsklausel im Steuerfestsetzungsverfahren war im Anschluss bis zur Entscheidung über die Nichtigkeitsklage nach § 34 Abs. 6 KStG a. F. nicht mehr möglich. Mit Urteil vom hat der Europäische Gerichtshof (Az. P) nunmehr über das Verfahren entschieden. Aus diesem Grund wurde durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (UStAVermG) vom (BGBl 2018 I, 2338) § 34 Abs. 6 KStG geändert. Danach findet § 8c Abs. 1a KStG i. d. F. des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 und auf Anteilsübertragungen nach dem Anwendung. Erfüllt ein nach dem erfolgter Beteiligungserwerb i. S. d. § 8c KStG nunmehr die Voraussetzungen des § 8c Abs. 1a KStG bleibt er bei der Anwendung des § 8c KStG unberücksichtigt.

Ruhende Verfahren können wieder aufgenommen werden.

Zur Anwendung des § 8c Abs. 1a KStG nehme ich wie folgt Stellung:

I. Allgemeines

1 Nach § 8c Abs. 1a Satz 1 KStG ist ein Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung des Geschäftsbetriebs der Körperschaft unbeachtlich. Der Gesetzgeber definiert die Sanierung als eine Maßnahme, die darauf gerichtet ist, die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu verhindern oder zu beseitigen und zugleich die wesentlichen Betriebsstrukturen zu erhalten (§ 8c Abs. 1a Satz 2 KStG).

2 Erfüllt ein Beteiligungserwerb die Voraussetzungen der Sanierungsklausel, bleibt er bei der Anwendung des § 8c Abs. 1 KStG unberücksichtigt. Der Beteiligungserwerb löst dann weder einen vollständigen Verlustuntergang aus, noch ist er mit anderen innerhalb der Fünfjahresfrist des § 8c Abs. 1 KStG erfolgten Anteilserwerben zusammenzurechnen (kein Zählerwerb).

3 Die Sanierungsklausel nach § 8c Abs. 1a KStG ist auf jeden Beteiligungserwerb i. S. d. § 8c Abs. 1 KStG anwendbar, d. h. sie kommt dem Grunde nach auch bei einem Anteilserwerb gleichgestellten Sachverhalten (Tz. 7 des BStBl 2017 I, 1645) und bei Kapitalerhöhungen i. S. d. § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG zur Anwendung.

II. Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung

4 Grundvoraussetzung für die Anwendbarkeit der Sanierungsklausel ist, dass der Anteilserwerb zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Körperschaft zumindest droht oder bereits eingetreten ist. Entsprechend der Gesetzesbegründung (BR-Drs. 567/09) sind zur Bestimmung dieses Zeitkorridors die Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechts vor MoMiG (§ 32a und § 32b GmbHG a. F.) heranzuziehen. Daher können Anteilserwerbe, die bereits vor der Krise erfolgt sind, die Anwendung des § 8c Abs. 1a KStG nicht auslösen.

Zur Bestimmung des Krisenbeginns siehe , BStBl 1999 I, 545. Im Zweifelsfall hat die Körperschaft nachzuweisen, dass es bereits vor dem Beteiligungserwerb zu Zahlungsstockungen oder Finanzierungsschwierigkeiten gekommen ist. Kann die Kapitalgesellschaft ihren zur Abwendung der Zahlungsunfähigkeit erforderlichen Kreditbedarf am Kapitalmarkt ohne Sicherheiten von dritter Seite nicht mehr finanzieren, so ist von einer Krise im vorstehenden Sinne auszugehen. Die Stellung eines Insolvenzantrags ist nicht erforderlich.

5 Die Körperschaft trägt die objektive Beweislast für das Vorliegen der Sanierungsvoraussetzungen. Sie muss Unterlagen vorlegen, mit denen sowohl

  • die Ursache für die eingetretene Krise in objektiv nachvollziehbarer Weise und

  • die konkreten zur Bewältigung dieser Krise ergriffenen Maßnahmen

belegt werden.

Die Erstellung eines Sanierungsplans nach den standardisierten Vorgaben des IDW (IDS ES 6) indiziert eine derartige Sanierung, ist aber nicht in allen Fällen zwingend zu fordern. Es ist ggfs. ausreichend, wenn die Körperschaft die konkreten Maßnahmen darlegt, die die Sanierung herbeiführen sollen.

Die Sanierung muss nicht alleiniger Zweck des Erwerbs sein. Der endgültige Eintritt des Sanierungserfolges ist keine Voraussetzung für die Anwendung der Sanierungsklausel.

6 Im sachlichen Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb müssen zudem Maßnahmen erfolgen, die auf die Sanierung des Geschäftsbetriebs der Körperschaft gerichtet sind (§ 8c Abs. 1a Satz 2 KStG). Die in Angriff genommenen Maßnahmen müssen objektiv geeignet sein, die Körperschaft aus der Krise zu führen und sie wieder ertragsfähig zu machen. Die Sanierungsmaßnahmen müssen mit dem Anteilserwerb im Zusammenhang stehen.

7 Maßnahmen i. S. d. § 8c Abs. 1a Satz 2 KStG sind sämtliche Handlungen, die auf die Verhinderung oder Abwendung der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung ausgerichtet sind. Hierunter fallen sämtliche Aktivitäten, die die Eignung zur Sanierung haben. Dies können auch Maßnahmen zur Kostenreduzierung, Umstrukturierung der geschäftlichen Tätigkeit sowie die Erschließung von Finanzierungsquellen sein. Die Annahme einer Sanierung i. S. d. § 8c Abs. 1a KStG setzt nicht voraus, dass der erwerbende Gesellschafter einen eigenen Finanzierungsbeitrag (Geld- oder Sachleistung) erbringt.

Ein Erwerb zum Zweck der Sanierung (Kausalität) liegt grundsätzlich nicht mehr vor, wenn die Sanierungsmaßnahme erst ergriffen wird, wenn nach Anteilserwerb mehr als ein Jahr vergangen ist.

8 Ist die Körperschaft an anderen Kapitalgesellschaften beteiligt, führt der unmittelbare Beteiligungserwerb auf den nachgelagerten Beteiligungsebenen zu einem mittelbaren Beteiligungserwerb. Soweit auch die nachgelagerten Kapitalgesellschaften über nicht genutzte Verluste verfügen, ist auf deren Ebene eine eigenständige Anwendung der Sanierungsklausel nach § 8c Abs. 1a KStG zu prüfen. Die Nachweise – des Erwerbs zum Zwecke der Sanierung und des Erhalts der wesentlichen Betriebsstrukturen – müssen dann grundsätzlich getrennt auf jeder Beteiligungsstufe erfolgen, d. h. jede Gesellschaft muss für sich betrachtet auch sanierungswürdig sein und saniert werden.

9 Ist die Obergesellschaft Organträger der nachfolgenden Gesellschaften, ist entsprechend den Grundsätzen der Tz. 9 des (BStBl 1999 I, 455) der gesamte Organkreis als der zu sanierende Geschäftsbetrieb i. S. d. § 8c Abs. 1a KStG anzusehen (Einheitsbetrachtung).

10 Ist die Körperschaft an einer Personengesellschaft beteiligt, so muss nicht nur der Geschäftsbereich der Körperschaft selbst, sondern auch der der Personengesellschaft saniert werden, wenn auch die Personengesellschaft ein Sanierungsfall ist.

11 Verfügt die Personengesellschaft selbst über Gewerbeverluste und findet auf ihrer Ebene § 10a Satz 10 GewStG dem Grunde nach Anwendung so sind die Voraussetzungen des § 8c Abs. 1a KStG auf Ebene der Personengesellschaft zu prüfen.

III. Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen

12 Die Sanierungsklausel kann nur Anwendung finden, wenn – zusätzlich zu den o. g. Sanierungsmaßnahmen – die wesentlichen Betriebsstrukturen erhalten werden. Dies ist nur dann der Fall, wenn mindestens eine der drei – abschließend aufgezählten – Voraussetzungen von § 8c Abs. 1a Satz 3 KStG erfüllt sind.

Der Erhalt der wesentlichen Betriebsstrukturen setzt nach § 8c Abs. 1a Satz 3 KStG voraus, dass

  1. Die Körperschaft eine geschlossene Betriebsvereinbarung mit einer Arbeitsplatzregelung befolgt, oder

  2. die maßgebende Lohnsumme nicht unterschritten wird, oder

  3. der Körperschaft innerhalb von 12 Monaten nach dem Beteiligungserwerb durch Einlagen Betriebsvermögen in einer gesetzlich bestimmten Mindesthöhe zugeführt werden.

III.1 Betriebsvereinbarung i. S. v. § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 1 KStG

13 Durch eine Betriebsvereinbarung mit den Arbeitnehmern kann ein Erhalt der wesentlichen Betriebsstrukturen erreicht werden. Bei einer „Betriebsvereinbarung” (§ 77 BetrVG) handelt es sich um einen Vertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, der aber nicht nur Rechte und Pflichten dieser Parteien, sondern auch (vergleichbar einem Gesetz oder Tarifvertrag) verbindliche Normen für alle von der Vereinbarung betroffenen Arbeitnehmer des Betriebes enthält.

Die Anwendung von § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 1 KStG kommt in Betracht, wenn in dem von dieser Betriebsvereinbarung betroffenen Geschäftsbereich mehr als die Hälfte der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer tätig ist (Beachte: Der Gesellschafter-Geschäftsführer ist i. d. R. kein sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer). In die erforderliche Gesamtbetrachtung sind Organgesellschaften und Tochterpersonengesellschaften (siehe Tz. 9 und 10) einzubeziehen.

Auf den Umfang der gemäß der Betriebsvereinbarung zu erhaltenden Arbeitsplätze kommt es nicht an.

Der Nachweis des Erhalts der wesentlichen Betriebsstrukturen gem. § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 1 KStG kann auch durch eine Arbeitsplatzregelung im Rahmen eines Tarifvertrags und/oder eines Sozialplans erfolgen. Auf die formellen Voraussetzungen des § 77 BetrVG stellt § 8c Abs. 1a KStG nicht ab.

14 Voraussetzung für die Annahme einer Betriebsvereinbarung i. S. d. § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 1 KStG ist aber nicht, dass die Körperschaft über einen Betriebsrat verfügt. Existiert kein Betriebsrat, z. B. aufgrund einer zu geringen Anzahl von Arbeitnehmern, kann die Körperschaft gleichwohl mit ihren Arbeitnehmern individuelle Vereinbarungen treffen, die den Anforderungen des § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 1 KStG entsprechen, wenn von diesen Vereinbarungen mehr als die Hälfte der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer betroffen sind.

15 Zwischen dem Beteiligungserwerb und dem Abschluss der Betriebsvereinbarung muss ein sachlicher Zusammenhang bestehen. Wurde die Betriebsvereinbarung bereits vor dem Beteiligungserwerb abgeschlossen, kann eine nach dem Beteiligungserwerb getroffene Anschlussvereinbarung diesen sachlichen Zusammenhang herstellen.

III.2 Lohnsummenvergleich nach § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 2 KStG

16 Eine Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen liegt auch vor, wenn ein in sinngemäßer Anwendung des § 13a Abs. 1 ErbStG vorzunehmender Lohnsummenvergleich gelingt. Hierbei wird zunächst die sog. Ausgangslohnsumme ermittelt, die sich aus der durchschnittlichen Lohnsumme der fünf dem Beteiligungserwerb vorangegangenen Wirtschaftsjahre ergibt (§ 13a Abs. 1 Satz 3 ErbStG). Erfolgt der Beteiligungserwerb beispielsweise in 2009 sind – bei kalendergleichem Wirtschaftsjahr – die Löhne der Wirtschaftsjahre 2004 bis einschließlich 2008 für die Berechnung der Ausgangslohnsumme heranzuziehen.

Sodann wird (tagegenau), beginnend mit dem Tag des Beteiligungserwerbs, die Lohnsumme der nachfolgenden fünf Zeitjahre ermittelt. Diese Lohnsumme muss mindest 400 % der Ausgangslohnsumme betragen. Im Durchschnitt dürfen die jährlichen Löhne also nicht um mehr als 20 % sinken.

17 Die Ermittlung der Lohnsumme erfolgt aufgrund eines Verweises in § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 2 KStG auf § 13a Abs. 4 ErbStG. Wegen Detailfragen der Lohnsummenberechnung nach § 13a Abs. 4 ErbStG kann grundsätzlich auf Abschn. 8 des koordinierten Ländererlasses vom (BStBl 2009 I, 713) zurückgegriffen werden.

Soweit Vergütungen an den Gesellschafter als verdeckte Gewinnausschüttung i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu qualifizieren und mithin auf der zweiten Stufe der steuerlichen Gewinnermittlung hinzuzurechnen sind, ist für Zwecke der Lohnsummenprüfung nach Maßgabe von § 8c Abs. 1a KStG kein Arbeitslohn anzunehmen.

18 Beträgt die Ausgangslohnsumme 0 € oder hat die Körperschaft nicht mehr als 10 bzw. (ab VZ 2010) nicht mehr als 20 Arbeitnehmer, so ist die Lohnsummenregelung nach § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 2 KStG nicht anwendbar. In diesen Fällen kann die Körperschaft die Tatbestandsmerkmale der Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen nur über § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 1 oder Nr. 3 KStG erfüllen.

19 Zu verfahrensrechtlichen Fragen, die sich bei einem fehlgeschlagenen Lohnsummenvergleich stellen, wird ggf. eine gesonderte Anweisung ergehen.

III.3 Zuführung von Betriebsvermögen durch Einlagen

20 Eine Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen i. S. d. § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 KStG setzt voraus, dass der Anteilserwerber innerhalb von 12 Monaten nach dem Beteiligungserwerb Einlagen in die Körperschaft leistet, die in der Summe mindestens 25 % des Aktivvermögens betragen. Maßgebend sind hierfür die Steuerbilanzwerte des Aktivvermögens (= alle Wirtschaftsgüter im steuerlichen Sinne, d. h. Anlage- und Umlaufvermögen; Mitunternehmeranteile sind mit dem positiven gespiegelten Kapitalkonto in Ansatz zu bringen) des dem schädlichen Anteilserwerbs vorangegangenen Bilanzstichtags.

Die 25 %-Grenze gilt nur bei einem 100 %igen Anteilserwerb. Bei einem unter 100 % liegenden Anteilserwerb ist die Grenze anteilig zu reduzieren (z. B. bei einem 60 %-igen Anteilserwerb beträgt die Einlagengrenze 60 % von 25 % = 15 %, § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 Satz 3 KStG).

Einbezogen werden nur diejenigen Betriebsvermögenszuführungen, die durch Einlagen bewirkt werden. Die begünstigten Einlagen können sich auch auf die Passivseite der Bilanz beziehen. Gem. § 8c Abs. 1a Satz 4 KStG stellt nämlich auch der Erlass von Verbindlichkeiten eine Betriebsvermögenszuführung dar, soweit diese werthaltig sind. Eine Werthaltigkeit besteht nur in der Höhe, in der die in der Krise befindliche Gesellschaft diesen Anspruch überhaupt noch erfüllen könnte; die Beweislast trägt die Gesellschaft.

21 Erfolgt eine Einbringung i. S. d. §§ 20, 21 UmwStG (Sacheinlage) in eine Verlustkörperschaft, so ist in Höhe der Erhöhung des steuerlichen Eigenkapitals eine Einlage i. S. d. § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 KStG zu berücksichtigen. Dies ist der Wert, mit dem die Sacheinlage von der übernehmenden Körperschaft angesetzt wird (d. h. gemeiner Wert, Zwischenwert oder Buchwert) abzüglich gewährter anderer Gegenleistungen. Letztlich entspricht dieser Wert dem Betrag der Anschaffungskosten des Einbringenden, der sich aus § 20 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 UmwStG ableitet.

Beispiel:

A bringt nach einem Anteilserwerb sein Einzelunternehmen (Buchwert 200.000 €, gemeiner Wert 800.000 €) nach § 20 UmwStG zum Buchwert in die A-GmbH gegen Gewährung neuer Anteile zum Nennwert von 50.000 € ein. Der Differenzbetrag i. H. v. 150.000 € wird in die Kapitalrücklagen der A-GmbH eingestellt. Alternativ räumt die A-GmbH dem A eine Darlehensforderung über 150.000 € ein.

Lösung:

Während im Grundfall Einlagen i. H. v. 200.000 € zu berücksichtigen sind, sind im Alternativfall nur Einlagen von 50.000 € in Ansatz zu bringen.

22 Geht Vermögen im Zuge einer Verschmelzung oder einer Auf- bzw. Abspaltung (§§ 11 – 15 UmwStG) auf eine Verlustkörperschaft über, ist ebenfalls in Höhe der Erhöhung des steuerlichen Eigenkapitals der übernehmenden Körperschaft eine Einlage i. S. d. § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 KStG zu berücksichtigen.

23 Die Einlage ist stets mit dem Betrag in die Vergleichsrechnung nach § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 Satz 2 KStG einzubeziehen, mit dem sie nach § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG steuerlich zu bewerten ist.

24 Die Einlage ist im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses geleistet worden; zugesagte, jedoch noch nicht geleistete Einlagen sind daher noch nicht zu berücksichtigen.

25 Erfolgt eine Einlage im Zuge von Umwandlungsvorgängen mit steuerlicher Rückwirkung (§§ 2, 20 Abs. 6 UmwStG), ist die Einlage für Zwecke von § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 KStG erst zum Zeitpunkt der zivilrechtlichen Wirksamkeit erbracht.

26 Da die Anwendung von § 8c Abs. 1a KStG auf den schädlichen Anteilserwerb abstellt, sind grundsätzlich nur Einlagen zu berücksichtigen, die der erwerbende Gesellschafter (unmittelbar oder mittelbar), ggf. auch mittels einer ihm nahestehenden Person, geleistet hat.

Beispiel 1:

Die M-GmbH ist zu 100 % an der T-GmbH beteiligt und die T-GmbH hält wiederum 100 % der Anteile an der E-GmbH. Am werden die M-Anteile zu 51 % auf einen Erwerber übertragen, der bisher auch Gläubiger der M war. M, T und E sind alle insolvenzbedroht und sanierungsbedürftig. Alle Gesellschaften verfügen über Verlustvorträge. Der Erwerber verzichtet im Rahmen eines Sanierungsplans auf Forderungen gegen die M. Er gibt für die M-Unternehmensgruppe außerdem Kreditsicherheiten, so dass nun alle Gesellschaften in der Lage sind, sich in dem erforderlichen Umfang Fremdkapital über den Kreditmarkt zu beschaffen. Bei M kommt es zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung mit Arbeitsplatzregelung. M leistet später Einlagen in die T (30 % T-Aktivvermögens) und T leistet Einlagen in die E (20 % des E-Aktivvermögens). Es ist zu erwarten, dass die Unternehmensgruppe (M, T, und E) durch die Sanierung nachhaltig aus der Krise geführt werden kann. Ein formeller Sanierungsplan existiert für T und E zwar nicht, es gelingt aber, die Sanierungsvoraussetzungen im Einzelnen zu belegen.

Lösung:

Bei M sind die Voraussetzungen des § 8c Abs. 1a KStG erfüllt, weil der Erwerb der insolvenzbedrohten Gesellschaft der Sanierung dient und die wesentlichen Betriebsstrukturen durch die Betriebsvereinbarung erhalten werden. Bei T könnten die Voraussetzungen des § 8c Abs. 1a KStG grundsätzlich. ebenfalls erfüllt werden. Die Sanierungsregelung gilt grundsätzlich auch für den mittelbaren Beteiligungserwerb. Der Umstand, dass der Sanierungsbeitrag und die Betriebsvermögenszuführung durch M erbracht werden ist unbeachtlich. M ist erst durch den Sanierungsbeitrag des Erwerbes in die Lage versetzt worden, die T zu sanieren. Der Umstand, dass T die erhaltene Einlage teilweise an E weitergeleitet hat, ist unschädlich. Auch bei E könnten nach den zu T dargestellten Gründen die Sanierungsvoraussetzungen grundsätzlich erfüllt sein, wenn auch diese Gesellschaft nachhaltig saniert wird. Die Zuführung von Einlagen i. H. v. 20 % des Aktivvermögens ist ausreichend, da der Erwerber mittelbar nur 51 % der E-Anteile erworben hat. Hier reicht eine BV-Zuführung von > 12,75 % des Aktivvermögens aus.

Beispiel 2:

A veräußert am einen Anteil von 51 % an der V-GmbH an den Erwerber B. Am leistet (der noch zu 49 % an der V-GmbH beteiligte A) eine Einlage von mindestens 25 % des Aktivvermögens der V-GmbH in die die V-GmbH.

Lösung:

Die Einlage des Altgesellschafters A ist keine begünstigte Einlage i. S. d. § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 KStG. Da die Einlage nicht von dem Neugesellschafter (Erwerber) zugeführt wurde, fehlt hier der erforderliche kausale Zusammenhang zwischen der Sanierung und dem Beteiligungserwerb.

27 Abzustellen ist auf die Einlagen, die innerhalb eines Jahres nach dem (grundsätzlich schädlichen) Beteiligungserwerb erfolgt sind. Diese Jahresfrist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem die 25 % bzw. die 50 %-Grenze überschritten wird.

28 Bei der Bestimmung des Erwerbszeitpunkts kommt es bei Kapitalerhöhungen auf den Zeitpunkt der Handelsregistereintragung an (Tz. 14 des BStBl 2017 I, 1645).

Sollte die Einlage auf die neu ausgegebenen Anteile zwar nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss aber bereits vor der Registereintragung erfolgen, gilt die Einlage für Zwecke der Anwendung von § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 Satz 2 KStG aufgrund des kausalen Zusammenhangs gleichwohl als innerhalb der Jahresfrist geleistet. Das Aktivvermögen zum vorangegangenen Bilanzstichtag ist aber ohne Berücksichtigung einer u. U. schon erbrachten Einlage in die Vergleichsrechnung nach § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 Satz 2 KStG einzubeziehen.

29 Nach § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 Satz 5 KStG werden die Einlagen um Leistungen der Körperschaft gemindert, die innerhalb von drei Jahren (Änderung aufgrund des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes) nach der Einlageleistung erfolgen. Als Leistungen gelten in diesem Zusammenhang sämtliche Vermögensabflüsse i. S. des § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG, also auch verdeckte Gewinnausschüttungen. Wegen des – insbesondere auch in der Gesetzesbegründung hervorgehobenen – Missbrauchsvermeidungsgedankens des § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 Satz 5 KStG sind die Leistungen unabhängig davon in die Saldierung einzubeziehen, ob sie an Anteilserwerber oder Altgesellschafter erfolgen.

30 Werden innerhalb der Jahresfrist nicht in ausreichendem Maße Einlagen geleistet, führt dies dazu, dass die wesentlichen Betriebsstrukturen nach § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 KStG nicht erhalten werden konnten und die zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs nicht genutzten Verluste nach Maßgabe von § 8c Abs. 1 KStG untergehen. Gleiches gilt in den Fällen, in denen aufgrund der Saldierung von Leistungen mit bereits erbrachten Einlagen diese Grenze unterschritten wird. Zu verfahrensrechtlichen Folgefragen ergeht ggf. noch eine gesonderte Anweisung.

IV. Sonstige Besonderheiten

31 Keine Sanierung liegt vor, wenn die Körperschaft ihren Geschäftsbetrieb im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs bereits im Wesentlichen eingestellt hat (§ 8c Abs. 1a Satz 4 KStG). Ob eine Einstellung im Wesentlichen gegeben ist, ist einzelfallbezogen zu prüfen.

32 Sofern innerhalb von fünf Jahren nach dem schädlichen Beteiligungserwerb ein Branchenwechsel erfolgt, liegt keine Sanierung i. S. d. § 8c Abs. 1a KStG vor (§ 8c Abs. 1a Satz 5 KStG). Die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzten Verluste gehen dann – sofern vor dem Branchenwechsel von einem Anwendungsfall der Sanierungsklausel ausgegangen worden ist – rückwirkend unter (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO).

Für die Bestimmung des Begriffs des Branchenwechsels kann die zu § 8 Abs. 4 KStG ergangene BFH-Rechtsprechung angewendet werden (siehe beispielhaft die , BStBl 2008 II, 986 und , BStBl 1999 II, 988).

Diese Verfügung ersetzt die – bezüglich Anwendungsfragen zu § 8c Abs. 1a KStG inhaltsgleiche – (S 2745 – 1007 – St 131) und der (S 2745a – 253 – St 13-33).

OFD Nordrhein-Westfalen v. - S 2745a-2015/0011-St 135

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
DAAAH-04745