NWB Nr. 44 vom Seite 3321

Verfassungsmäßigkeit von Pensionsrückstellungen

Professor Dr. Dietmar Wellisch | Rentenberater/Steuerberater | Institut für betriebliche Altersversorgung und Steuern der Univ. Hamburg

6 %-Rechnungszinssatz für Pensionsrückstellungen verfassungswidrig?

Das Steuerrecht arbeitet mit typisierenden Regelungen. Eine Typisierung stellt der zur Diskontierung steuerbilanzieller Pensionsrückstellungen heranzuziehende Rechnungszins von 6 % dar (§ 6a Abs. 3 Satz 3 EStG).

Nach Auffassung des 10. Senats des FG Köln ist dieser Abzinsungszinssatz bezogen auf das Streitjahr 2015 verfassungswidrig. Daher beschloss das Finanzgericht am , das Klageverfahren 10 K 977/17 auszusetzen und das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsmäßigkeit des § 6a-Zinses entscheiden zu lassen.

Die Klägerin, eine GmbH, bilanzierte im Streitjahr 2015 sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz Pensionsrückstellungen. Die steuerlichen Wertansätze fielen im Vergleich zu den handelsrechtlichen Werten deutlich geringer aus. Im Lichte dieses Wertgefälles als Folge des nachhaltig gesunkenen Zinsumfelds hält die Klägerin den steuergesetzlichen Rechnungszins für verfassungswidrig.

Das FG Köln teilte die Ansicht der Klägerin und erläuterte, dass der Gesetzgeber zwar zur Typisierung des Abzinsungszinssatzes befugt sei, den seit 1982 unveränderten Rechnungszins jedoch hätte überprüfen müssen, da er nicht mehr als realitätsgerecht angesehen werden könne. Nach Ansicht des Finanzgerichts sei die fehlende Überprüfung und Anpassung verfassungswidrig. Sämtliche vergleichbaren Parameter (etwa Kapitalmarktzins, Rendite von Unternehmensanleihen) verzeichneten bereits seit vielen Jahren einen sinkenden Trend und lägen deutlich unter 6 %. Je höher der Rechnungszins ist, desto geringer ist die jährliche Zuführung zur Pensionsrückstellung mit der Folge einer höheren steuerlichen Belastung. Im Vergleich zum handelsrechtlichen Gewinnausweis würde somit eine Größe als steuerliches Einkommen ausgewiesen und besteuert, die nach der handelsrechtlichen Beurteilung kein Gewinn, sondern Vermögen ist.

Es bleibt abzuwarten, ob sich das Bundesverfassungsgericht der Ansicht des FG Köln in Bezug auf die Verfassungswidrigkeit des § 6a-Rechnungszinses anschließt und ggf. dem Gesetzgeber empfiehlt, künftig wieder einen Bewertungsgleichklang zwischen Handels- und Steuerrecht herzustellen.

Dietmar Wellisch

Fundstelle(n):
NWB 2017 Seite 3321
NWB CAAAG-60430