„Das Wohl der Anderen”
Tage des Zorns
Die Absage der letzten Reformen in Berlin markiert den Übergang von der Lethargie in die Agonie der deutschen Steuerpolitik, jedenfalls in dieser Legislaturperiode. Nicht einmal eine aufkommensneutrale Vereinfachung der an Skurrilitäten reichen Mehrwertsteuer will gelingen, die geplante Abschaffung der kalten Progression schafft sich wohl spätestens im Bundesrat selbst ab. Nun ist der Donnerhall der Kritik an der deutschen Steuerpolitik und an der sie verantwortenden Regierungskoalition in diesen Tagen so gewaltig, dass weitere mahnende Worte an dieser Stelle wohlfeil klingen müssten. Suchen wir also Gewinner der deutschen Fiskalpolitik. Wer in diesen Tagen erfolgreiche Lobbyisten treffen möchte, darf sich nicht bei den frustrierten Vertretern der vier Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft umhören. Nein, er sollte nach Staufenberg fahren; dort richtet der 1. TFC 1972 in diesen Tagen ein wichtiges Sportereignis aus, den ersten Spieltag der 1. und 2. Tischfußball-Bundesliga. Sport? Jawohl, das FG Hessen hatte sich kürzlich an die jüngere BFH-Rechtsprechung zum Sportbegriff angelehnt, wonach auch die einem persönlichen Können zurechenbare Kunstbewegung unter den Sportbegriff zu subsumieren ist. Nun ebnet das BMF in seinem Schreiben vom den Weg für den „Drehstangen-Tischfußball” in die steuerliche Gemeinnützigkeit, genauer gesagt in den Anwendungsbereich des § 52 Abs. 2 Nr. 21 AO. Daneben werden im neuen AEAO aber auch wichtige Änderungen des Gemeinnützigkeitsrechts niedergeschrieben, etwa die Aufgabe der sog. Geprägetheorie. Künftig ist nicht mehr zwischen steuerbegünstigten und wirtschaftlichen Aktivitäten der Körperschaft zu gewichten, sondern die tatsächliche Verwendung aller erlangten Mittel zu untersuchen (Feierabend, S. 1062). Konkurrenz erwächst gemeinnützigen Organisationen auf kommunaler Ebene, da öffentliche Einrichtungen Leistungen nun in den ehemaligen Zivildienstschulen billiger abrufen können. Die ungebrochene Anziehungskraft des Bundesfreiwilligendienstes könnte durch die Besteuerungsdiskussion der letzten Wochen erlahmen. Welcher fis-kalpolitische Zweck rechtfertigt es, das (im Gesetz als solches ausgewiesene) Taschengeld von monatlich maximal 336 € der Freiwilligen zu besteuern, d. h. die bestehende Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung aufzuheben? Bei den wenigsten der überwiegend jungen „Bufdis” wird der monatliche Aufwendungsersatz überhaupt zur Überschreitung des Grundfreibetrags führen. Wirtschaftliche Aspekte wiederum stehen bei privaten Vereinigungen des sozialen Dienstes im Vordergrund: Janssen empfiehlt auf S. 34 unserer Beilage „Steuergestaltungen 2012” mit Blick auf die Steuerersparnis bei thesaurierten Gewinnen die Umwandlung eines Pflegeunternehmens in eine GmbH.
Sein eigenes Wohl im Auge haben sollte der Steuerberater bei der Honorargestaltung. Warttinger stellt auf S. 1096 einige Varianten der Honorarvereinbarung vor, je nachdem, ob Vorbehaltsaufgaben oder vereinbare Tätigkeiten betroffen sind.
Beste Grüße
Heinrich Steinfeld
Fundstelle(n):
NWB 2012 Seite 1041
NWB DAAAE-04780