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IWB Nr. 22 vom Seite 1063 Fach 11 Europäische Gemeinschaften Gr. 1 Seite 114

Staatshaftung der Mitgliedstaaten für judikatives Unrecht

von Dipl.-Kfm. Norbert Dautzenberg, Köln

I. Haftung bei Vertragsverletzungen durch Richter

1. Notwendigkeit der Staatshaftung für Vertragsverletzungen der Gerichte

Erst allmählich gesehen wird die Konsequenz, daß die neue Staatshaftungsdoktrin des EuGH ihrer Begründung nach nicht nur für Verstöße der gesetzgebenden Körperschaften gegen den Vertrag gelten kann, sondern auch für Verletzungen vertraglicher Vorschriften durch nationale Gerichte Anwendung finden muß. Verletzungen des EGV durch Gerichte sind möglich; es hat sogar schon Vertragsverletzungsverfahren gegen einzelne Mitgliedstaaten wegen solcher Verstöße ihrer Gerichtsbarkeit gegeben.

Es ist seit langem anerkannt, daß die Verpflichtungen aus dem EGV nicht nur die nationalen gesetzgebenden Körperschaften, sondern alle mitgliedstaatlichen Organe binden, d. h. also, nicht nur den Gesetzgeber, sondern auch die nationalen Verwaltungen und Gerichte. Auch werden nicht nur die Bundesregierungen und obersten Instanzen eines Staats, sondern auch seine Gebietskörperschaften und deren Organe aus dem Vertrag verpflichtet. Ohne diese Betrachtungsweise wären die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus dem Vertrag nämlich unterschiedlich, je nachdem, wie diese sich intern verfassen würden,...