BGH Urteil v. - VIII ZR 115/03

Leitsatz

[1] Zur Zulässigkeit einer Mieterhöhung bei einem Mietvertrag in dem die vermietete Wohnung als "öffentlich gefördert (Sozialwohnung) oder sonst preisgebunden" bezeichnet wird.

Gesetze: MiethöheRegG § 2; BGB § 133 C; BGB § 157 Ga

Instanzenzug: AG Dessau

Tatbestand

Die Klägerin vermietete der Beklagten mit Vertrag vom eine Zwei-Zimmer-Wohnung in D. mit einer Wohnfläche von 56,43 qm zu einem monatlichen Mietzins von 507,87 DM für die Zeit ab .

In § 1 Abs. 2 des Formularmietvertrags ist eine Klausel angekreuzt, wonach es sich bei der Wohnung um eine "öffentlich geförderte Wohnung (Sozialwohnung) oder eine sonst preisgebundene Wohnung" handele.

In § 2 Abs. 6 des Vertrages heißt es:

"Der Vermieter ist berechtigt, die Miete einschließlich der Nebenkosten nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu erhöhen. Dies gilt auch für Mietverhältnisse auf bestimmte Zeit."

Vor der Vermietung an die Beklagte war das Anwesen, in der sich die vermietete Wohnung befindet, von der Klägerin saniert worden. Hierfür waren der Klägerin auf ihren Antrag vom Landesförderinstitut Sachsen-Anhalt mit Bescheid vom öffentliche Fördermittel bewilligt worden. Nach Unstimmigkeiten mit dem Förderinstitut Sachsen-Anhalt setzte die Klägerin diesem mit Schreiben vom eine Frist zur Auszahlung der Fördermittel. Für den Fall des Verstreichens der gesetzten Nachfrist beantragte sie, den Bewilligungsbescheid vom aufzuheben. Mit Bescheid vom hob das Landesförderinstitut Sachsen-Anhalt den Bewilligungsbescheid auf. Öffentliche Fördermittel für die von der Klägerin durchgeführte Sanierung wurden ihr daraufhin nicht ausgezahlt.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin unter Berufung auf die mit Schreiben vom begehrte örtliche Vergleichsmiete die Zustimmung der Beklagten zu einer Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete von 4,60 € auf 5,52 €/qm für die Zeit ab .

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Gründe

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt:

Die von der Klägerin an die Beklagte vermietete Wohnung unterliege einer Mietpreisbindung. Zwar ergebe sich diese nicht aus öffentlich-rechtlichem Preisbindungsrecht. Das am in Kraft getretene Wohnraumförderungsgesetz (künftig: WoFG) finde nur auf Förderzusagen Anwendung, die nach dem erteilt worden seien. Nach dem Wohnungsbindungsgesetz (künftig: WoBindG) gelte die Wohnung nicht als öffentlich gefördert, da der Widerruf der Bewilligung vor der erstmaligen Auszahlung der öffentlichen Mittel erfolgt sei.

Die von der Klägerin geforderte Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete sei jedoch nach den zwischen den Parteien getroffenen vertraglichen Vereinbarungen ausgeschlossen. Dies folge aus der Beschreibung der Mietwohnung als öffentlich gefördert (Sozialwohnung) oder sonst preisgebunden. Es sei davon auszugehen, daß auch der Beklagten im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bewußt gewesen sei, daß die Mietgestaltung infolge der Bewilligung öffentlicher Zuschüsse zur Sanierung Beschränkungen unterworfen und Mieterhöhungen nach allgemeinen Vorschriften ausgeschlossen gewesen seien. Es seien keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, daß sie das Mietverhältnis auch dann begründet hätte, wenn es sich um frei finanzierten und damit nicht preisgebundenen Wohnraum gehandelt hätte. Da die Parteien zudem exakt die nach den öffentlich-rechtlichen Förderungsvorschriften höchst zulässige Miete von 9 DM/qm vereinbart hätten, könne eine Auslegung des Vertragstextes unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen nur zu dem Ergebnis führen, daß eine Mieterhöhung nach den damals geltenden Vorschriften des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe habe ausgeschlossen sein sollen. Die Vertragsklausel des § 2 Abs. 6 stehe dem nicht entgegen. Sie erfahre vielmehr eine Einschränkung durch die Bezeichnung der Wohnung als öffentlich geförderte Wohnung dahingehend, daß lediglich die Vorschriften des Wohnungsbindungsrechts als in Bezug genommen gelten sollten.

Durch den Wegfall der öffentlichen Förderung des Wohnraums entfalle der vertraglich vereinbarte Ausschluß der Mieterhöhung nicht. Auch eine Anpassung an die durch den Fortfall der Förderung geänderten tatsächlichen Verhältnisse nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage komme nicht in Betracht, weil die Eigenschaft der Mieträume, öffentlich gefördert oder sonst preisgebunden zu sein, unmittelbarer Vertragsinhalt geworden sei mit der Maßgabe, daß eine Mieterhöhung nur in den Fällen der Änderung der Kostenmiete zulässig sei.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand, so daß die Revision zurückzuweisen ist.

1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß öffentlich-rechtliche Vorschriften eine Mietpreisbindung nicht herbeiführen.

a) Zu Recht hat das Berufungsgericht eine Anwendbarkeit des § 28 WoFG (Gesetz vom , BGBl. I S. 2376) verneint, der nach Absatz 5 Satz 1 dem Mieter das Recht gewährt, sich auf die Bestimmung über die höchstzulässige Miete in der Förderzusage zu berufen. Nach § 46 Abs. 1 WoFG findet die Vorschrift von vornherein Anwendung nur auf Förderzusagen, die nach dem erteilt worden sind. Vorliegend war der Klägerin die öffentliche Förderung jedoch bereits mit Bescheid vom bewilligt worden.

b) Die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 1 des Wohnungsbindungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom (BGBl. I S. 2166/2319, künftig WoBindG), wonach bei öffentlich gefördertem Wohnraum die Vereinbarung eines die Kostenmiete übersteigenden Entgelts unwirksam ist, steht der verlangten Mieterhöhung gleichfalls nicht entgegen. Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 WoBindG gilt eine Wohnung dann, wenn die Bewilligung der öffentlichen Mittel vor deren erstmaliger Auszahlung widerrufen wird, als von Anfang an nicht öffentlich gefördert, ohne daß zum Schutz des Mieters die sogenannte Nachwirkungsfrist der §§ 15 - 17 WoBindG eingreift (Fischer/Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Bd. 3.1, § 13 WoBindG Anm. 3.1). Dies ist vorliegend der Fall.

2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch entschieden, daß die Klägerin jedoch deshalb gehindert ist, die Miete nach dem gemäß Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB auf den vorliegenden Fall anwendbaren § 558 BGB zu erhöhen, weil die Parteien eine Mieterhöhung gemäß § 557 Abs. 3 BGB ausgeschlossen haben.

Ein solcher Ausschluß kann ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart werden (vgl. Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 8. Aufl., § 557 BGB Rdnr. 57; Schultz in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III A Rdnr. 302 und Palandt/Weidenkaff, BGB, 63. Aufl., § 557 Rdnr. 7). Im letzteren Fall bedarf es einer umfassenden Auslegung des gesamten Vertrages einschließlich der außerhalb des Vertrages liegenden Umstände (vgl. Schmidt-Futterer/Börstinghaus aaO und Lammel, Wohnraummietrecht, 2. Aufl., § 557 Rdnr. 30).

Das Berufungsgericht hat im Rahmen einer ausführlichen Würdigung des Inhaltes des Mietvertrages und der mit der zugesagten Förderung zusammenhängenden Gegebenheiten den zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag dahingehend ausgelegt, daß die Eigenschaft der Mieträume, öffentlich gefördert oder sonst preisgebunden zu sein, unmittelbar Vertragsinhalt geworden sei, so daß eine Mieterhöhung nur in den Fällen der Änderung der Kostenmiete zulässig sei. Das Berufungsgericht hat dabei insbesondere auf die Formulierung in § 1 Abs. 2 des Mietvertrages, wonach es sich um eine "öffentlich geförderte Wohnung (Sozialwohnung) oder eine sonst preisgebundene Wohnung" handelt, sowie darauf abgestellt, daß die Parteien einen Mietzins von 9 DM/qm und damit genau den nach den Förderrichtlinien des Landes Sachsen-Anhalt zulässigen Mietzins vereinbart haben.

An diese aus Rechtsgründen nicht zu beanstandende Auslegung ist der Senat gebunden. Die Auslegung von Vertragsbestimmungen ist Sache des Tatrichters und unterliegt daher nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (Senat, Urteil vom - VIII ZR 270/01, NJW 2003, 2382 unter II 2 a). Dies gilt grundsätzlich auch für Allgemeine Geschäftsbedingungen. Lediglich dann, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus Verwendung finden, unterliegen sie der Überprüfung durch das Revisionsgericht (Senat, Urteil vom - VIII ZR 150/62, NJW 1964, 149; Senat BGHZ 122, 256, 260). Zwar dürfte es sich bei der Vertragsbestimmung des § 1 Abs. 2 um eine Klausel handeln, die für eine Mehrzahl von Verträgen zur Verwendung gelangt und die damit eine Allgemeine Geschäftsbedingung darstellt. Es ist aber nicht ersichtlich, daß die Klausel auch außerhalb des Bezirks des Berufungsgerichts verwendet wird. Ohne Erfolg verweist die Revision in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Amtsgerichts Hohenstein-Ernstthal vom (NZM 1999, 499). Im dortigen Fall war die Wohnung lediglich allgemein als "Sozialwohnung" bezeichnet worden. Dagegen nimmt § 1 Abs. 2 des Mietvertrages durch die zusätzliche Formulierung "öffentlich gefördert ... oder sonst preisgebunden" eindeutig Bezug auf die Regelungen des öffentlich-rechtlichen Wohnpreisbindungsrechts, im gegebenen Fall sinngemäß auf die zunächst schon bewilligte Förderung durch das Land Sachsen-Anhalt; sie geht damit über die Formulierung in dem vom Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal entschiedenen Fall hinaus.

Da die Erwägungen des Berufungsgerichts sonstige revisionsrechtlich relevante Fehler nicht erkennen lassen, ist an seiner Auslegung festzuhalten, wonach die Parteien durch die Bezeichnung der Wohnung in § 1 Abs. 2 des Mietvertrages als "öffentlich gefördert (Sozialwohnung) oder sonst preisgebunden" in Verbindung mit der Vereinbarung der nach den Förderrichtlinien des Landes Sachsen-Anhalt höchstzulässigen Miete von 9 DM/qm eine Anhebung der Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete wirksam ausgeschlossen haben.

3. An diesem Ergebnis vermag auch das Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nichts zu ändern, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Parteien die Auszahlung der Fördermittel zur Geschäftsgrundlage des Mietvertrages gemacht haben, kommt eine Vertragsanpassung entsprechend dem Mieterhöhungsverlangen der Klägerin nicht in Betracht, weil ein Festhalten am Vertrag für sie nicht unzumutbar ist. Die unterbliebene Auszahlung der Fördermittel ist allein auf ihren Verzicht zurückzuführen, so dass sie auch das Risiko der sich daraus ergebenden Rechtsfolgen zu tragen hat. Dagegen wäre es unbillig, der Beklagten eine Vertragsanpassung wegen eines Umstandes abzuverlangen, dessen Eintritt oder Nichteintritt ausschließlich im Einflußbereich ihrer Vertragspartnerin lag.

Fundstelle(n):
NAAAC-03990

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja