Sachliche Unbilligkeit wenn FA Bescheid verspätet bekannt gibt; Erlass von Nachzahlungszinsen
Instanzenzug:
Gründe
Im Streit ist, ob Nachzahlungszinsen (§ 233a der Abgabenordnung —AO 1977—) nach § 227 AO 1977 zu erlassen sind, wenn der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) den Einkommensteuerbescheid erst fast zwei Jahre nach der durchgeführten Einkommensteuerveranlagung versendet. Das Finanzgericht (FG) hat dies nach erfolglosem Einspruchsverfahren verneint und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Die dagegen erhobene Beschwerde ist unzulässig.
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat einen Zulassungsgrund i.S. von § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.
1. Grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt einer Rechtssache zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, d.h. ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Auch muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 23, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
Hat der BFH bereits früher schon einmal über die Rechtsfrage entschieden, muss der Beschwerdeführer begründen, weshalb er gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH zu dieser Frage im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung für erforderlich hält. Hierzu muss er substantiiert vortragen, inwiefern und aus welchen Gründen die höchstrichterlich bereits beantwortete Frage weiterhin umstritten ist, insbesondere welche neuen und gewichtigen, vom BFH bisher noch nicht geprüften Argumente in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und/oder im Fachschrifttum gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung vorgebracht werden (ständige Rechtsprechung, vgl. aus jüngerer Zeit den (PKH), BFH/NV 2004, 342).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde des Klägers nicht. Insbesondere setzt er sich nicht mit der Rechtsprechung des BFH (vgl. Senatsbeschluss vom IV B 5/00, BFH/NV 2001, 746, m.w.N.) auseinander, nach der der Gesetzgeber im Interesse einer einfachen Handhabung der sog. Vollverzinsung in § 233a AO 1977 den Zinssatz mit 6 v.H. bemessen konnte, obwohl die tatsächlich erzielbaren oder zu zahlenden Zinsen diese Grenze sowohl nach oben als auch nach unten weit überschreiten können. Entsprechend hat der Kläger nicht dargelegt, dass die Erhebung der Nachzahlungszinsen in seinem Fall den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderläuft, wie dies für einen Erlass nach § 227 AO 1977 aus sachlichen Billigkeitsgründen erforderlich wäre (vgl. , BFH/NV 2002, 505).
Auch hat der Kläger nicht dargelegt, warum die Rechtsprechung des BFH (vgl. , BFH/NV 2000, 1441), nach der der Grundsatz von Treu und Glauben der Festsetzung von Nachzahlungszinsen auch dann nicht entgegensteht, wenn dem Finanzamt bei der Bearbeitung der Steuererklärung Fehler unterlaufen sind, in seinem Fall nicht einschlägig sein soll. Daran ändert nichts, dass der Kläger geltend gemacht hat, das ursprünglich zuständige FA habe seine Einkommensteuererklärung zwar rechtzeitig abschließend bearbeitet, aber den Bescheid nicht gefertigt, ihn jedenfalls erst sehr verspätet bekannt gegeben. Es kommt nämlich nach der (bisherigen) Rechtsprechung des BFH in Fällen wie dem vorliegenden für einen Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit nicht darauf an, aus welchem Grund es im Finanzamt zu einer übermäßigen Bearbeitungszeit und damit zur Entstehung von Nachforderungszinsen gekommen ist (, BFHE 172, 304, BStBl II 1994, 81, und vom I R 7/96, BFHE 182, 293, BStBl II 1997, 446). Mit dieser Rechtsprechung setzt sich der Kläger jedoch nicht auseinander.
2. Aus diesen Gründen hat der Kläger einen Zulassungsgrund i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ebenfalls nicht ausreichend dargelegt. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 505, wonach die Zinsen i.S. von § 233a AO 1977 zu erlassen sind, wenn der Steuerpflichtige durch die verspätete Steuerfestsetzung tatsächlich keinen Vorteil erlangt hat (vgl. , BFHE 180, 524, BStBl II 1997, 259). Denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Auf die zum entstandene Einkommensteuerschuld in Höhe von 13 844 DM hatte der Kläger bis zur Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheides 1996 vom keinerlei Leistungen erbracht. Die Steuerschuld war auch nicht etwa durch die Verlagerung von Einkünften auf einen anderen Veranlagungszeitraum entstanden (vgl. , BFH/NV 2004, 609).
3. Dementsprechend hat der Kläger auch für einen Verfahrensmangel, auf dem das angefochtene Urteil beruhen könnte, nicht schlüssig vorgetragen.
4. Von einer weiteren Begründung, insbesondere einer Wiedergabe des vollständigen Tatbestandes sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2, 2. Halbsatz FGO ab.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
JAAAB-35538