Anwendbarkeit der §§ 129 und 227 AO bei versehentlicher Doppelerfassung beträchtlicher Betriebseinnahmen und Übernahme des Fehlers durch Bpr
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf)
Gründe
Streitig ist, ob den Klägern und Revisionsklägern (Kläger) aus Billigkeitsgründen bestandskräftig festgesetzte Einkommensteuer für die Jahre 1988 bis 1995 in Höhe von insgesamt 829 674 DM sowie bestandskräftig festgesetzter Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer 1991, 1992 und 1995 in Höhe von insgesamt 16 028 DM im Billigkeitsweg gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO 1977) zu erstatten sind.
Die Kläger wurden in den Streitjahren (1988 bis 1995) als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin erzielt als Lehrerin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Kläger erzielt aus einer Zahnarztpraxis in A Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Der Praxis ist ein sog. Eigenlabor angegliedert. Seinen Gewinn ermittelt der Kläger nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch Einnahmenüberschussrechnung. Die Veranlagungen für die Streitjahre (1988 bis 1995) sind endgültig und bestandskräftig. In den Gewinnermittlungen wurden die Einnahmen aus dem Eigenlabor irrtümlich doppelt erfasst. Für die Veranlagungszeiträume 1982 bis 1984, 1985 bis 1987 und 1993 bis 1995 hatte jeweils eine Außenprüfung stattgefunden, ohne dass dieser Fehler bemerkt worden war. Die Einkommensteuerbescheide 1993 bis 1995 wurden aufgrund der Ergebnisse der diese Jahre betreffenden Außenprüfung zuletzt am geändert.
Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) hatten die Steuerbevollmächtigte X für die Jahre 1982 bis 1986 und der Steuerberater Y für die Jahre 1987 bis 1991 zwar bei der Anfertigung der Steuererklärungen mitgewirkt; der Kläger hatte aber selbst die laufenden Buchführungsarbeiten erledigt und die Einnahmenermittlung erstellt.
Nachdem die Kläger am beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) vorgesprochen und hinsichtlich der doppelt erklärten Einnahmen die Herabsetzung der Einkommensteuer auch für die Vergangenheit begehrt hatten, beantragten die Prozessbevollmächtigten der Kläger mit Schreiben vom ausdrücklich den Erlass der für die Jahre 1988 bis 1995 festgesetzten und bezahlten Einkommensteuer, soweit diese auf den doppelt erklärten Einnahmen in Höhe von insgesamt 1 874 369,70 DM beruhte. Die Bevollmächtigten gaben an, sie hätten die doppelte Erfassung erst nach ihrer Beauftragung im Jahr 1998 festgestellt. Der Kläger habe seine Einnahmen einzeln auf Journalblättern aufgelistet und in Einnahmen aus den Eigenanteilen der Patienten, in erhaltene Zahlungen der kassenzahnärztlichen Vereinigung und in Einnahmen aus dem Eigenlabor aufgegliedert. Die in den Abrechnungen der Privatpatienten und der kassenärztlichen Vereinigung bereits enthaltenen Laborleistungen seien gesondert ausgewiesen worden, weil sie mit ermäßigtem Steuersatz der Umsatzsteuer unterworfen werden mussten.
Das FA lehnte den Antrag ab. Eine sachliche Unbilligkeit liege nicht vor; dem Kläger sei es möglich und zumutbar gewesen, sich rechtzeitig gegen die Fehlerhaftigkeit der Bescheide zur Wehr zu setzen. Es sei nicht Sinn und Zweck des § 227 AO 1977, die nach §§ 129, 172 und 173 AO 1977 nicht mehr möglichen Korrekturen fehlerhafter Bescheide nachzuholen. Fehler, die der Steuerberater zu verantworten habe und die vertragliche Schadensersatzansprüche auslösten, rechtfertigten keine Billigkeitsmaßnahme. Der Streitfall liege genau im Grenzbereich der Regelung des § 129 AO 1977. Eine offenbare Unrichtigkeit komme aber nicht in Betracht.
Mit der Sprungklage, der das FA zugestimmt hat, beantragten die Kläger, den Ablehnungsbescheid vom aufzuheben und das FA zu verpflichten, die bestandskräftig festgesetzte und bezahlte Einkommensteuer für 1988 bis 1995 in Höhe von insgesamt 829 674 DM sowie Solidaritätszuschläge zur Einkommensteuer 1991, 1992 und 1995 in Höhe von insgesamt 16 028 DM zu erstatten.
Sie machten ergänzend geltend, der Fehler hätte bei den drei Betriebsprüfungen für die Jahre 1982 bis 1984, 1985 bis 1987 und 1993 bis 1995 erkannt werden müssen. Die Prüfer hätten insbesondere erkennen müssen, dass die im Journal des Klägers aufgeführten Laborumsätze nicht mit den Bankeingängen abgestimmt werden konnten. Diese Pflichtverletzung zu Lasten des Klägers sei nach den Grundsätzen von Treu und Glauben im Billigkeitswege zu korrigieren.
Das FG wies die Klage als unbegründet ab. Es führte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 515 veröffentlichten Urteil u.a. aus, das FA habe den Erlass zu Recht versagt. Ermessensfehler der Finanzbehörde seien nicht erkennbar.
Mit der Revision machen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend. Im Übrigen beziehen sie sich auf den Aufsatz von Gröpl in Deutsche Steuer-Zeitung (DStZ) 2002, 706 ff.
Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und das FA zu verpflichten, dem Erlass- bzw. dem Erstattungsantrag vom stattzugeben, hilfsweise die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Aufgrund einer Organisationsänderung ist nunmehr im Finanzamt nicht mehr die Außenstelle A, sondern die Außenstelle B zuständig.
Die Revision ist nur zum Teil begründet. Das angefochtene Urteil war hinsichtlich der Einkommensteuer 1993 bis 1995 sowie des Solidaritätszuschlags 1995 aufzuheben und der Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Im Übrigen war die Revision zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass das beklagte FA nicht gemäß § 129 AO 1977 verpflichtet gewesen sei, die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide 1993 bis 1995 sowie die Festsetzung des Solidaritätszuschlags 1995 zu berichtigen. Im Übrigen hat das FG zu Recht entschieden, dass die offensichtlich und eindeutig zu hoch festgesetzten Einkommensteuern 1988 bis 1992 sowie die Solidaritätszuschläge 1991 und 1992 nicht aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erstatten waren.
1. a) Nach § 129 AO 1977 kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit (innerhalb der Verjährungsfrist) berichtigen. Das setzt grundsätzlich voraus, dass der Fehler in der Sphäre der den Verwaltungsakt erlassenden Finanzbehörde entstanden ist (, BFHE 162, 115). Offenbar ist eine Unrichtigkeit, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist, der Fehler auf bloße mechanische Versehen zurückzuführen und die Möglichkeit eines Rechtsirrtums ausgeschlossen ist (, BFH/NV 1988, 277; vom II R 111/89, BFH/NV 1993, 637, sowie Senatsurteil vom IV R 3/99, BFHE 191, 226, BStBl II 2000, 372). Da die Unrichtigkeit nicht aus dem Bescheid selbst erkennbar sein muss (, BFHE 187, 148, BStBl II 1999, 62), ist § 129 AO 1977 auch dann anwendbar, wenn das Finanzamt offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt (, BFH/NV 1988, 342).
b) Im Streitfall sind die Einkommensteuerbescheide 1993 bis 1995 sowie die Festsetzung des Solidaritätszuschlags 1995 i.S. von § 129 AO 1977 offenbar unrichtig. Allerdings hat der Kläger nach den Feststellungen des FG seit dem Jahr 1982 seine freiberuflichen Einkünfte selbst ermittelt und dabei die aus dem Eigenlabor resultierenden Einnahmen versehentlich doppelt erfasst. Ein Rechtsirrtum ist insoweit ausgeschlossen. Diesen Fehler hat der Prüfer im Rahmen der Betriebsprüfung der Jahre 1993 bis 1995 bei der Ermittlung der Umsätze sowie der Einnahmen aus der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers für die Jahre 1993 bis 1995 als eigenen übernommen. Denn die doppelte Erfassung der Einnahmen aus dem Eigenlabor war für den Prüfer aus den ihm vorliegenden Belegen leicht als ein offensichtliches Versehen erkennbar.
c) Wenn auch das FG das klägerische Begehren nur als Erlassantrag verstanden hat, sieht sich der Senat nicht gehindert, das beklagte FA zu verpflichten, die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide 1993 bis 1995 sowie die Festsetzung des Solidaritätszuschlags 1995 gemäß § 129 AO 1977 zu berichtigen. Denn das FA hat den lt. Aktenvermerk vom von den Klägern persönlich gestellten Antrag auf Herabsetzung der in der Vergangenheit festgesetzten Einkommensteuern im Bescheid vom inzidenter mit abgelehnt. Diese Ablehnung betraf zwar formal nur den später gestellten Erlassantrag, befasste sich aber inhaltlich auch mit der Möglichkeit, dass das FA einen offenbaren Fehler als eigenen übernimmt. Gleichwohl hat das FA dem aufrechterhaltenen Begehren der Kläger auf Herabsetzung der bestandskräftig festgesetzten Einkommensteuern und Solidaritätszuschläge nicht entsprochen.
d) Eine Berichtigung auch der Einkommensteuerbescheide 1988 bis 1992 sowie der Bescheide über die Solidaritätszuschläge 1991 und 1992 kommt nicht in Betracht. Denn diese Bescheide waren nicht Gegenstand der letzten Außenprüfung, so dass der Fehler des Klägers für das FA insoweit nicht erkennbar war. Auf frühere Außenprüfungen kann nicht zurückgegriffen werden, da insoweit eine Berichtigung wegen Verjährung ausgeschlossen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 2 AO 1977).
2. Scheidet danach eine Berichtigung der Bescheide über die Einkommensteuer 1988 bis 1992 und den Solidaritätszuschlag 1991 und 1992 aus, so sind die dadurch festgesetzten Steuern aber auch nicht aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen, soweit sie auf den doppelt erfassten Einnahmen beruhen.
a) Gemäß § 227 AO 1977 können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig ist; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet werden. Die Entscheidung ist eine Ermessensentscheidung (Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603), die durch die Gerichte nur nach Maßgabe des § 102 FGO auf Überschreitung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens oder Ermessensfehlgebrauch geprüft werden kann.
b) Sachlich unbillig ist die Festsetzung oder Einziehung einer Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Tatbestand entspricht, aber den Wertungen des Gesetzes im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Erhebung der Steuer als unbillig erscheint (ständige Rechtsprechung, , BFHE 151, 373, BStBl II 1988, 324, m.w.N.; vgl. weiter Senatsurteil vom IV R 51/93, BFHE 174, 482, BStBl II 1994, 833). Das ist der Fall, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage —hätte er sie geregelt— im Sinne der beantragten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts —BVerfG— vom 1 BvR 117/73, BStBl II 1978, 441, und vom 2 BvR 89/91, Steuerrechtsprechung in Karteiform —StRK—, § 227 AO, Rechtsspruch 58).
c) Obwohl ein Billigkeitserlass nicht dazu bestimmt ist, die Folgen der Nichteinlegung eines Rechtsbehelfs auszugleichen (Senatsbeschluss vom IV B 21/93, BFH/NV 1994, 606), sind nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. Senatsurteil vom IV R 298/84, BFHE 149, 126, BStBl II 1987, 612; , BFHE 175, 395, BStBl II 1995, 8, sowie , BFH/NV 2000, 952, jeweils m.w.N.) selbst bestandskräftig festgesetzte Steuern ausnahmsweise sachlich zu überprüfen, wenn die Steuerfestsetzung offensichtlich und eindeutig unrichtig ist und es dem Steuerpflichtigen nicht möglich oder nicht zumutbar war, sich gegen die Fehlerhaftigkeit rechtzeitig zu wehren. Doch darf die unrichtige Festsetzung auch nicht ganz oder doch zum überwiegenden Teil auf Umstände zurückzuführen sein, die der Steuerpflichtige zu vertreten hat (, BFHE 68, 27, BStBl III 1959, 11, und vom V 175/61, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 1965, 183). Unter besonderen Umständen kann auch ein Verhalten der Behörde einen sachlichen Billigkeitsgrund darstellen (, BFHE 117, 412, BStBl II 1976, 359); das setzt freilich voraus, dass den Steuerpflichtigen kein eigenes Verschulden trifft (BFH-Urteile in BFHE 68, 27, BStBl III 1959, 11, und in HFR 1965, 183). Da § 227 AO 1977 keine Frist für die Stellung von Erlassanträgen vorsieht, schließt allein die Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung einen Erlass nicht aus (vgl. , BFHE 99, 8, BStBl II 1970, 503, und vom II R 8/76, BFHE 131, 446, BStBl II 1981, 82).
3. Nach diesen Vorgaben ist es nicht zu beanstanden, dass das FA die festgesetzten und bezahlten Einkommensteuern 1988 bis 1992 sowie die Solidaritätszuschläge 1991 und 1992 nicht erstattet hat.
a) Das Ermessen des FA war im Streitfall nicht in der Weise reduziert, dass ihm als einzige Entscheidungsmöglichkeit nur ein (auch teilweiser) Erlass der entrichteten Einkommensteuern und Solidaritätszuschläge verblieb. Die von den Klägern vorgebrachten Gründe, nämlich die irrtümliche Doppelerfassung der beträchtlichen Einnahmen aus dem Eigenlabor und die Möglichkeit, diesen Fehler bei den durchgeführten Betriebsprüfungen zu erkennen, lassen die Einbehaltung der insoweit bestandskräftig festgesetzten und gezahlten Einkommensteuern und Solidaritätszuschläge auch nicht teilweise als unbillig erscheinen.
Das FA hat unter Berufung auf das (BFHE 150, 502, BStBl II 1988, 512) den begehrten Erlass zu Recht mit der Begründung abgelehnt, der Grundsatz der Rechtssicherheit habe Vorrang vor dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit im Einzelfall.
Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass es den Klägern möglich und zumutbar gewesen wäre, sich gegen die Steuerfestsetzung zu wehren. Denn sie hatten ebenso wenig wie das FA die doppelte Erfassung der Einnahmen aus dem Eigenlabor erkannt. Es liegt in der Natur von Schreib- und Rechenfehlern sowie anderen offenbaren Unrichtigkeiten, dass sie nicht sofort und vor allem nicht den Verursachern selbst auffallen. Doch müssen die Kläger nach der Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteile in BFHE 68, 27, BStBl III 1959, 11, und in HFR 1965, 183) auch im Rahmen eines Billigkeitsverfahrens für eigenes sowie für grobes Verschulden ihres steuerlichen Beraters einstehen. Dieser Rechtsprechung liegt, wie den zu § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 (, BFHE 153, 304, BStBl II 1988, 713) und zur Änderungssperre (§ 173 Abs. 2 AO 1977) nach einer durchgeführten Betriebsprüfung (vgl. , BFHE 154, 274, BStBl II 1988, 932) ergangenen Entscheidungen, der Rechtsgedanke zugrunde, dass in einem solchen Fall der Grundsatz der Rechtssicherheit Vorrang vor der materiellen Richtigkeit des Steuerbescheids hat.
b) FA und FG haben daher im Streitfall zu Recht einen Überhang des gesetzlichen Tatbestandes über die Wertungen des Gesetzgebers nicht gesehen. Denn die Unrichtigkeit der Steuerfestsetzungen ist letztlich auf das nachlässige Verhalten des Klägers zurückzuführen (vgl. Senatsurteil vom IV 204/58, HFR 1961, 62). Dieser hätte erkennen können und müssen, dass die Einnahmen aus dem Eigenlabor bereits in den Zahlungen der Privatpatienten und Krankenkassen enthalten waren. Da er nach den Feststellungen des FG die Ermittlung seiner steuerpflichtigen Einnahmen selbst übernommen hatte, kann er sich auch nicht auf eine etwaige Unkenntnis dieser Materie berufen (, BFHE 172, 397, BStBl II 1994, 346). Zudem konnten die Kläger selbst am besten beurteilen, dass ihnen nach Entrichtung der festgesetzten Steuern nur noch ein viel zu geringer Teil ihrer Einkünfte zum Verbrauch verblieb. Deshalb kann sich auch der sog. Halbteilungsgrundsatz nicht auswirken. Bei etwaigen Zweifeln in steuerrechtlicher Hinsicht hätten sich die Kläger selbst vergewissern müssen —durch Rückfragen bei ihren Steuerberatern oder dem FA— und notfalls ihre Einnahmen durch einen Außenstehenden kontrollieren lassen müssen. Das haben sie unterlassen.
4. Hinsichtlich der Streitjahre 1988 bis 1992 liegt auch kein sonstiger Rechtsverstoß, insbesondere auch kein Verfahrensfehler, vor. Zwar hat sich das FG mit dem Vortrag der Kläger, das Verhalten des FA sei treuwidrig, weil es bei den Betriebsprüfungen für die Jahre 1982 bis 1984, 1985 bis 1987 und 1993 bis 1995 den Sachverhalt nur unzureichend aufgeklärt habe, —u.a. im Hinblick auf eine bewusst unrichtige Darstellung des Sachverhalts durch die Kläger— nicht vertiefend auseinander gesetzt. Auch spielt eine aus dieser unrichtigen Darstellung etwa herzuleitende mangelnde Erlasswürdigkeit der Kläger bei einem Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen keine Rolle (, BFHE 198, 71, BStBl II 2004, 343). Dennoch musste das FG die näheren Umstände, warum die jeweiligen Betriebsprüfer die Doppelerfassung der Einnahmen aus dem Eigenlabor nicht erkannt hatten, nicht von Amts wegen —etwa durch Vernehmung der Betriebsprüfer— weiter aufklären. Die durch ihren Prozessbevollmächtigten vertretenen Kläger hatten auch in der mündlichen Verhandlung keine darauf gerichteten Beweisanträge gestellt.
5. Hinsichtlich der Streitjahre 1993 bis 1995 ist die Sache spruchreif. Insoweit wird das beklagte FA verpflichtet, die zu erstattenden Einkommensteuern 1993 bis 1995 sowie den Solidaritätszuschlag 1995 selbst zu errechnen. Es hat dabei zu berücksichtigen, dass es bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit die Einnahmen aus dem Eigenlabor doppelt und damit wie folgt zu hoch erfasst hat: 1993 = 258 670,88 DM; 1994 = 274 726,78 DM und 1995 = 275 981,37 DM.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 1505
BFH/NV 2004 S. 1505 Nr. 11
NAAAB-25954