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Grundlagen - Stand: 11.11.2022

Verbindliche Auskunft

Alexander v. Wedelstädt

I. Definition

Die Rechtsprechung des BFH hatte in Einzelfällen unter Hinweis auf den Grundsatz von Treu und Glauben eine Bindungswirkung für bestimmte Auskünfte angenommen, dem die Finanzverwaltung zuletzt im gefolgt ist.

Seit dem regelt § 89 AO Abs. 2 AO die Befugnis der Finanzämter, im Einzelfall Auskünfte mit Bindungswirkung zu erteilen. Die Verordnung zur Durchführung von § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung (Steuer-AuskunftsverordnungStAuskV) vom regelt Form und Inhalt des Antrags auf verbindliche Auskunft und Bindung der verbindlichen Auskunft.

Durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom ist mit Wirkung vom eine Frist zur Erteilung der verbindlichen Auskunft eingeführt worden (s. II. 3.).

Der AEAO zu § 89, Nr. 3 regelt ausführlich Einzelheiten zur Anwendung des § 89 Abs. 2 AO.

§ 89 Abs. 3 bis 7 AO regelt die Gebührenpflicht für die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft sowie die Berechnung der Gebühr; Einzelheiten dazu regelt AEAO zu § 89, Nr. 4.

Neben der Verbindlichen Auskunft gem. § 89 Abs. 2 AO sind die verbindliche Zusage gem. § 204 AO, die Lohnsteuer-Anrufungsauskunft gem. § 42e EStG und die Zolltarifauskunft gem. Art. 33 UZK gesetzlich geregelt. Sie werden unter III. bis V. erläutert.

II. Verbindliche Auskunft

Hinweis: Auf die Ausführungen im Praxisleitfaden Wenzel, Bindung von Schlussbesprechungen nach Betriebsprüfungen, Teil 1: Verbindliche Auskunft und verbindliche Zusage, NWB 44/2022 S. 3120, wird hingewiesen.

1. Voraussetzungen

Nach § 89 Abs. 2 S. 1 AO kann vom Finanzamt oder dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eine verbindliche Auskunft über die steuerliche Behandlung eines Sachverhalts erteilt werden, wenn „daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht”. Dies setzt einen eindeutigen Antrag des Steuerpflichtigen voraus.

§ 1 Abs. 2 StAuskV regelt die Erteilung einer einheitlichen verbindlichen Auskunft gegenüber mehreren Beteiligten. Sie ist zulässig, wenn sie sich auf einen Sachverhalt bezieht, der

Der Antrag ist schriftlich oder elektronisch bei der Finanzbehörde zu stellen, die nach § 89 Abs. 2 Satz 2 oder Satz 3 AO für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist, § 1 Abs. 1 Satz 1 StAuskV; s. dazu unten II. 3. Eine Antragsschrift kann mehrere Anträge enthalten.

Der Antrag muss nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 StAuskV enthalten und als Voraussetzungen erfüllen:

  • Die genaue Bezeichnung des Antragstellers: Name, bei natürlichen Personen Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthaltsort, bei Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen Sitz oder Ort der Geschäftsleitung, ggf. Steuernummer des zuständigen Finanzamts(§ 1 Abs. 1 Nr. 1 StAuskV).

  • Eine umfassende und in sich geschlossene, richtige und vollständige Darstellung des ernsthaft geplanten, noch nicht verwirklichten Sachverhalts (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 StAuskV).Das gilt auch für die ernsthaft geplante Umgestaltung eines bereits vorliegenden Sachverhalts, insbesondere bei Dauersachverhalten (AEAO zu § 89 Nr. 3.5.3). Seine Verwirklichung muss ernsthaft geplant , darf aber im Wesentlichen noch nicht verwirklicht sein (AEAO zu § 89 Nr. 3.4.3). Er ist so ausführlich darzustellen, dass das Finanzamt keine weiteren Ermittlungen anstellen muss; dazu ist es jedenfalls nicht verpflichtet (AEAO zu § 89 Nr. 3.5.1). Die Darstellung alternativer Gestaltungen ist nicht zulässig (AEAO zu § 89 Nr. 3.5.1); dies kann durch in zeitlichen Abständen gestellten erneuten Anträgen nicht umgangen werden. Eine auf Annahmen beruhende Darstellung ist ebenso unzureichend wie die Verweisung auf Anlagen nur als Beleg. Ein Erledigungsvorschlag des Finanzamts in einem Rechtsbehelfsverfahren ist keine verbindliche Auskunft, weil er einen verwirklichten Sachverhalt betrifft.

  • Die Darstellung des besonderen steuerlichen Interesses an der Auskunft (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 StAuskV). Dies bezieht sich auf die möglichen finanziellen Folgen des vorgetragenen Einzelfalles. Die beabsichtigte Erzielung eines steuerlichen Vorteils begründet kein Auskunftsinteresse; Steuersparmodelle wie die Beurteilung von Verlustzuweisungsgesellschaften, Bauherrengemeinschaften, Erwerbergemeinschaften, Medienfonds, für die in der Öffentlichkeit mit Steuersparmöglichkeiten geworben wird, die Feststellung der Grenzpunkte für einen Gestaltungsmissbrauch oder für das Handeln eines ordentlichen Geschäftsführers können mithin nicht Gegenstand einer verbindlichen Auskunft sein (AEAO zu § 89 Nr. 3.5.4).

  • Die ausführliche Darstellung des Rechtsproblems und des eigenen Rechtsstandpunktes (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 StAuskV )..

  • Die Formulierung konkreter Rechtsfragen (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 StAuskV ); globale Fragen z.B. nach den eintretenden Rechtsfolgen reichen nicht aus (AEAO zu § 89 Nr. 3.4.4).

  • Die Erklärung, dass für den Sachverhalt bei keiner anderen der in § 89 Abs. 2 S. 2 und 3 AO genannten Finanzbehörden eine verbindliche Auskunft beantragt wurde (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 StAuskV ).

  • Die Versicherung, dass die Angaben für den Zweck der Auskunftserteilung vollständig und wahrheitsgemäß sind (§ 1 Abs. 1 Nr. 7 StAuskV).

  • Außerdem soll der Antragsteller nach § 89 Abs. 4 Satz 2 AO Angaben zum Gegenstandswert der Auskunft machen (AEAO zu § 89 Nr. 3.4.1).

Ist der Sachverhalt nicht in erforderlicher Weise vorgetragen worden, so ist dem Antragsteller Gelegenheit zum ergänzenden Sachvortrag zu geben, wenn dadurch eine Entscheidung in der Sache ermöglicht werden kann (AEAO zu § 89 Nr. 3.5.1). Zur Gebührenpflicht s. unten II. 6.

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