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InfoCenter - Stand: 28.09.2024

Menschen mit Behinderung

Michael Meier

I. Definition der Behinderung

Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht (§ 2 SGB IX).

II. Sozialrechtliche Grundlagen

Das Schwerbehindertenrecht ist im Neunten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IX) geregelt. Das SGB IX regelt im Wesentlichen Schutz und Nachteilsausgleich für behinderte Arbeitnehmer. Diese Regelungen sind nicht abschließend. Unterschieden wird zwischen

  • schwerbehinderten Menschen (GdB wenigstens 50; § 2 Abs. 2 SGB IX) und

  • diesen gleichgestellten behinderten Menschen (GdB wenigstens 30; § 2 Abs. 3 SGB IX).

Zusätzlich zum GdB wird das Vorliegen weiterer gesundheitlicher Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen durch Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis festgestellt (§ 152 Abs. 5 SGB IX; Schwerbehindertenausweisverordnung - SchwbAwV). Diese haben folgende Bedeutung:

  • aG – außergewöhnlich gehbehindert (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 SchwbAwV)

  • H – hilflos i. S. von § 33b EStG (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 SchwbAwV)

  • Bl- blind (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 SchwbAwV)

  • Gl - gehörlos (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 SchwbAwV)

  • RF – Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 SchwbAwV

  • 1. KL – darf mit Fahrscheinen 2. Klasse die 1. Klasse benutzen (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 SchwAwV)

  • G – Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt (§ 3 Abs. 1 Nr. 7 SchwbAwV)

  • TBl – taubblind (§ 3 Abs. 1 Nr. 8 SchwbAwV)

  • B – bei Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen (§ 3 Abs. 2 SchwbAwV)

Die Tatsache der Behinderung und der GdB werden auf Antrag des Menschen mit Behinderung vom Versorgungsamt förmlich festgestellt (§ 152 Abs. 1 SGB IX).

III. Steuerrechtliche Nachteilsausgleiche

1. Pauschbeträge

Menschen mit Behinderung können ab einem GdB von 20 nach dem GdB gestaffelte Pauschbeträge bei der Ermittlung des Einkommens als außergewöhnliche Belastung abziehen (§ 33b Abs. 1 bis 3 EStG).

Die Pauschbeträge sind Jahresbeträge und nicht zu zwölfteln. Bei Änderung im Laufe eines Jahres gilt der höchste Pauschbetrag.

Werden die Pauschbeträge in Anspruch genommen, können daneben außerordentliche Kosten, die zwar mit der Körperbehinderung zusammenhängen, sich aber infolge ihrer Einmaligkeit der Typisierung des § 33b EStG entziehen, als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden (vgl. 2.).

Soweit Aufwendungen mit dem Behindertenpauschbetrag abgegolten sind, kann daneben keine Steuerermäßigung nach § 35a EStG in Anspruch genommen werden.

Der einem Kind zustehende Pauschbetrag kann auf die Eltern übertragen werden, wenn diese Kindergeld bzw. einen Kinderfreibetrag erhalten (§ 33b Abs. 5 EStG). Ab dem Veranlagungszeitraum 2021 ist dazu die Identifikationsnummer des Kindes in der Steuererklärung anzugeben. Auf gemeinsamen Antrag ist eine andere als die hälftige Aufteilung zulässig (§ 33b Abs. 5 Satz 3 EStG). Trägt ein Elternteil den Unterhalt alleine, kann er sich neben dem Kinderfreibetrag auch den Pauschbetrag für Menschen mit Behinderung übertragen lassen.

Bei der Einzelveranlagung von Ehegatten nach § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG kann auch der einem Ehegatten zustehende Behindertenpauschbetrag eines Ehegatten zur Hälfte auf den anderen Ehegatten übertragen werden.

Zur Behandlung von Aufwendungen von Eltern erwachsener Menschen mit Behinderung in vollstationärer Heimunterbringung als außergewöhnliche Belastung vgl. das .

Die Pauschbeträge waren auch in ihrer bis 2020 geltenden Höhe verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, sie den seit ihrer Einführung (1975) gestiegenen Lebenshaltungskosten anzupassen. Gleichwohl sind Höhe und Systematik der Pauschbeträge ab dem Veranlagungszeitraum 2021 angepasst worden.

2. Außergewöhnliche Belastung (ohne Fahrtkosten)

An Stelle der Inanspruchnahme der Pauschbeträge können sämtliche behinderungsbedingte Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG abgezogen werden (§ 33b Abs. 1 EStG).

Neben den Pauschbeträgen können außerordentliche Kosten, die zwar mit der Körperbehinderung zusammenhängen, sich aber infolge ihrer Einmaligkeit der Typisierung des § 33b EStG entziehen, als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. Solche Kosten sind z. B.:

  • Kosten einer Operation,

  • Aufwendungen für eine Heilkur,

  • außerordentliche Krankheitskosten,

  • Aufwendungen für eine häusliche Intensiv- oder Behandlungspflege

  • Führerscheinkosten eines schwer geh- und stehbehinderten Kindes sowie

  • Mehraufwendungen für Fahrten, Unterbringung und Verpflegung einer Begleitperson auf einer Urlaubsreise bis zu 767 € (1.500 DM) bei Körperbehinderten, bei denen die Notwendigkeit ständiger Begleitung nachgewiesen ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Begleitperson ein Ehegatte ist, der aus eigenem Interesse an der Reise teilgenommen hat und für den kein durch die Behinderung des anderen Ehegatten veranlasster Mehraufwand angefallen ist.

Auch Kosten für die behinderungsbedingte Unterbringung in einer betreuten Wohngemeinschaft können außergewöhnliche Belastungen sein. Nicht entschieden war bisher, ob sie neben den Pauschbeträgen berücksichtigt werden konnten. Nunmehr hat der BFH entschieden, dass dies nicht möglich ist.

Mehraufwendungen für die behindertengerechte Gestaltung des eigenen Wohnhauses sind außergewöhnliche Belastungen. Gleiches gilt für behinderungsbedingte zwangsläufige Mehraufwendungen beim Kauf eines Hauses (z. B. für die Anschaffung eines größeren Grundstücks). In seiner neueren Rechtsprechung sieht der BFH sogar von der Berücksichtigung eines „Gegenwerts” generell ab. Zur Anschaffung eines Treppenlifts vgl. . Zum Abzug der Kosten für eine Haushaltshilfe vgl. das Stichwort .

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