Instanzenzug: Az: 7 KLs 593 Js 58285/22
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagten im Wesentlichen wegen mehrerer Taten des Banden- und schweren Wohnungseinbruchdiebstahls zu Gesamtfreiheitsstrafen von vier Jahren und drei Monaten und drei Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie Einziehungsentscheidungen getroffen. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Sachrüge sowie auf eine Verfahrensbeanstandung gestützten Revisionen. Diese haben mit der Verfahrensrüge Erfolg, mit der beide Angeklagte einen Verstoß gegen § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO geltend machen.
21. Den Rügen liegt das folgende Verfahrensgeschehen zugrunde:
3Im Rahmen des Termins der Hauptverhandlung vom wurde ein Gespräch über die Möglichkeit einer Verständigung im Sinne des § 257c StPO geführt. Im Termin vom stimmten beide Angeklagte sowie der Vertreter der Staatsanwaltschaft einem Verständigungsvorschlag des Gerichts zu. Dieser sah vor, dass den Angeklagten bei Abgabe einer geständigen Einlassung neben einer Verschonung vom Vollzug der Untersuchungshaft ab Urteilsverkündung bestimmte Strafober- und Untergrenzen zugesichert wurden. Zudem enthielt die Verständigung die Vorgabe, dass durch die Angeklagten auf die im Verfahren sichergestellten Gegenstände „verzichtet“ werden solle.
4Der Angeklagte K. gab daraufhin in der Hauptverhandlung eine geständige Einlassung ab und erklärte ausdrücklich den Verzicht auf die Herausgabe der genannten Gegenstände. Hinsichtlich des Angeklagten S. , dessen Geständnis im Umfang zunächst hinter dem Verständigungsvorschlag zurückblieb, stellte die Strafkammer mit Beschluss vom das Entfallen der Bindung gemäß § 257c Abs. 4 Satz 1 StPO fest. Am folgenden Tag wurde jedoch erneut eine Verständigung getroffen, welche die Zusicherung einer Strafober- und Untergrenze seitens des Gerichts sowie die Abgabe eines Geständnisses verbunden mit einem Verzicht auf die sichergestellten Gegenstände seitens des Angeklagten vorsah. Der Angeklagte S. ließ sich sodann im Wege einer Verteidigererklärung geständig ein.
52. Die Revision sieht unter Verweis auf die Rechtsprechung des Senats (, NStZ 2025, 311) im Vorgehen des Landgerichts einen Verstoß gegen § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO, wonach Gegenstand einer Verständigung nur solche Rechtsfolgen sein dürfen, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, ferner sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Der Verzicht auf die Herausgabe sichergestellter Gegenstände falle in keine dieser Kategorien. Da er gleichwohl in die Verständigung einbezogen worden sei, sei diese gesetzwidrig getroffen worden.
63. Die zulässig erhobenen Verfahrensrügen sind begründet.
7Die Revision geht zutreffend davon aus, dass im Rahmen einer Verständigung kein Verzicht des Angeklagten auf sichergestelltes Geld oder andere Gegenstände vereinbart werden darf, weil ein solcher nicht zu den gesetzlich zugelassenen Verständigungsgegenständen (§ 257c Abs. 2 Satz 1 StPO) gehört. Der Verzicht bildet keine Rechtsfolge, die Inhalt eines Urteils oder eines zugehörigen Beschlusses sein kann (§ 257c Abs. 2 Satz 1 Var. 1 StPO). Er stellt auch keine verfahrensbezogene Maßnahme im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren (§ 257c Abs. 2 Satz 1 Var. 2 StPO) dar (siehe ausführlich , NStZ 2025, 311).
8Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts lässt sich eine Verständigung über einen Herausgabeverzicht des Angeklagten auch nicht über dessen Qualifikation als Prozessverhalten im Sinne des § 257c Abs. 2 Satz 1 Var. 3 StPO legitimieren. Dabei kann dahinstehen, ob ein solcher Verzicht dieser Kategorie trotz seiner materiell-rechtlichen Wirkungen begrifflich zugeordnet werden könnte, weil er im Prozess erklärt wird und dessen Verlauf beeinflusst. Denn auch in diesem Fall folgt die Unzulässigkeit einer derartigen Verständigung daraus, dass mit ihr – soweit so eine Einziehung von Taterträgen (§§ 73 ff. StGB) ersetzt werden soll – das Verbot einer Einigung über entsprechende Einziehungsaussprüche umgangen würde (nachfolgend a). Außerdem würden bei einem solchen Vorgehen – insofern auch, soweit eine Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten (§§ 74 ff. StGB) inmitten steht – die bei einer Verständigung zu gewährleistenden Anforderungen an den Schutz des Angeklagten (nachfolgend b) und die Transparenz des Verfahrens (nachfolgend c) nicht eingehalten werden.
9a) Soll ein Herausgabeverzicht eine Entscheidung über die Einziehung von Taterträgen nach §§ 73 bis 73c StGB entbehrlich machen, so würde mit einer Verständigung der zwingende Charakter dieser Normen missachtet. Denn es träte die mit § 257c StPO unvereinbare Situation ein, dass das Gericht kraft einer Verständigung der nach dem Gesetz zwingenden Entscheidung über die Anordnung enthoben wäre (vgl. zur Umgehung von Verständigungsverboten – dort derjenigen aus § 257c Abs. 2 Satz 3 StPO – auch bereits Rn. 28 ff., NStZ 2016, 422). Im Einzelnen:
10aa) Eine Verständigung unmittelbar über die Einziehung von Taterträgen nach §§ 73 bis 73c StGB ist unzulässig, da die jeweiligen Entscheidungen nicht im Ermessen des Gerichts stehen, sondern zwingend vorgeschrieben sind (, NStZ 2018, 366). Gegenstand einer Verständigung können nach § 257c Abs. 2 StPO nur Rechtsfolgen oder sonstige strafprozessuale Maßnahmen sein, „die das Gericht verfügen kann“ (BT-Drucks. 16/12310, S. 13; Rn. 6, NStZ 2023, 696). Deutlich wird dies auch angesichts des in § 257c Abs. 2 Satz 3 StPO normierten Ausschlusses von Verständigungen über die Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung. Diesen hat der Gesetzgeber gerade damit begründet, dass dem Gericht dort bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen grundsätzlich kein Entscheidungsspielraum eröffnet ist (BT-Drucks. 16/12310, S. 14).
11bb) Könnte der Verzicht Gegenstand einer Verständigung sein, würde auf diesem Weg eine Entscheidung über die Einziehung von Taterträgen vermieden. Denn ein Verzicht auf die Herausgabe sichergestellter Gegenstände führt regelmäßig dazu, dass die Notwendigkeit oder gar die Möglichkeit entfällt, eine Einziehung anzuordnen. Dies gilt sowohl bei der gegenständlichen Einziehung nach § 73 oder § 73a StGB als auch – dort in Abhängigkeit vom Verhalten der Staatsanwaltschaft – bei der Wertersatzeinziehung nach § 73c StGB.
12(1) Soweit der Angeklagte auf die Herausgabe sichergestellter Gegenstände verzichtet, die er durch oder für eine rechtswidrige Tat erlangt hat, kann von der zwingenden Anordnung nach § 73 Abs. 1 oder § 73a Abs. 1 StGB abgesehen werden, obgleich sie noch möglich ist (siehe Rn. 10, BGHSt 63, 314; vom – 5 StR 611/17, BGHSt 63, 116, 118 ff.).
13(a) Steht der Gegenstand im Eigentum eines namentlich bekannten Dritten, etwa weil es sich wie im vorliegenden Fall um Diebesgut aus aufgeklärten Wohnungseinbrüchen handelt, so kann der Angeklagte zwar kein Eigentum an den Staat übertragen (bei Diebesgut schon wegen § 935 Abs. 1 Satz 1 BGB, siehe Rn. 19, BGHSt 63, 314). Mit dem Verzicht ist dann jedoch regelmäßig das Einverständnis mit einer Herausgabe des Gegenstands an denjenigen erklärt, dem er durch die Straftat unmittelbar entzogen worden ist (§ 111n Abs. 2 StPO) oder dem daran ein Anspruch im Sinne des § 111n Abs. 3 StPO zusteht. Einer Anordnung der Einziehung nach § 73 StGB bedarf es dann nicht mehr (vgl. LR/Graalmann-Scheerer, StPO, 27. Aufl., § 459h Rn. 14; BeckOK-StPO/Coen, 56. Ed., § 459h Rn. 17).
14(b) Steht der Gegenstand im Eigentum eines unbekannten Dritten oder jedenfalls nicht im Eigentum des Angeklagten, etwa weil es sich um Erlöse aus Drogengeschäften handelt, so erschöpft sich die Erklärung in der Regel in einem unwiderruflichen Verzicht auf Herausgabeansprüche (vgl. Rn. 7, BGHSt 63, 314; für Fälle des § 73a StGB LK/Lohse, StGB, 14. Aufl., Vorbemerkungen zu den §§ 73 bis 76b Rn. 61b). Einer Anordnung der gegenständlichen Einziehung nach § 73 Abs. 1 oder § 73a StGB bedarf es dann ebenfalls nicht, auch wenn dem Tatgericht eine solche unbenommen bleibt (BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 358/21 Rn. 4; vom – 3 StR 486/20 Rn. 12; vom – 5 ARs 21/19).
15(c) Hat der Angeklagte den Gegenstand zwar durch eine Straftat erlangt, daran jedoch gleichwohl selbst Eigentum erworben, zum Beispiel weil das Opfer eines Betruges ihm dieses täuschungsbedingt übertragen hat, so liegt im Verzicht auf die Herausgabe eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung des Angeklagten, auf welche die Regeln des bürgerlichen Rechts anzuwenden sind. Die Verzichtserklärung des Angeklagten wird dann regelmäßig als Angebot auf Übertragung des Eigentums nach § 929 Satz 2 BGB auszulegen sein, welches von dem zur Entgegennahme befugten Vertreter der Staatsanwaltschaft (gegebenenfalls stillschweigend) angenommen wird (LK/Lohse, StGB, 14. Aufl., Vorbemerkungen zu den §§ 73 bis 76b Rn. 61 unter Verweis auf , BGHSt 63, 305, wo dies im Zusammenhang mit § 73c StGB entschieden wurde). Wie auch sonst in den Fällen der gegenständlichen Einziehung ist eine Einziehungsanordnung möglich, aber nicht zwingend. Die Rückübertragung des Eigentums an den Geschädigten richtet sich nach § 459h Abs. 1 Satz 1 StPO (vgl. BT-Drucks. 18/9525, S. 95; BeckOK-StPO/Coen, 56. Ed., § 459h Rn. 5).
16(2) Erweist sich ein sichergestellter Gegenstand als nicht aus Straftaten stammendes, legales Eigentum des Angeklagten, auf das dieser jedoch mit Blick auf eine anstehende Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73c StGB) verzichtet, so liegt im Verzicht regelmäßig ein Übereignungsangebot, welches sich auf die Möglichkeit einer Einziehungsanordnung auswirkt. So kann bei Bargeld von der – gegebenenfalls stillschweigenden – Annahme des Angebots durch die Staatsanwaltschaft ausgegangen werden. Wird auf anderweitige Gegenstände verzichtet, so erscheint es möglich, dass sie die angebotene Leistung an Erfüllungs statt (§ 364 Abs. 1 BGB) oder erfüllungshalber annimmt. Soweit damit der staatliche Zahlungsanspruch nach § 362 oder § 364 Abs. 1 BGB zum Erlöschen gebracht wird, ist eine Einziehungsanordnung des Gerichts ausgeschlossen. Lediglich bei Fortbestehen des Anspruchs, etwa bei einer Annahme nur erfüllungshalber, bleibt die Einziehungsanordnung auch nach einem Herausgabeverzicht zwingend (, BGHSt 63, 305; siehe auch Rn. 5).
17cc) Angesichts dessen stünde eine Verständigung über einen Herausgabeverzicht nicht weniger im Widerspruch zum gesetzlichen Regelungsanliegen des § 257c Abs. 2 StPO als eine Verständigung über die Einziehung von Taterträgen. Denn sowohl die in § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO normierte Beschränkung der zulässigen Gegenstände einer Verständigung als auch das in § 257c Abs. 2 Satz 3 StPO enthaltene Verbot einer Einigung über den Schuldspruch sowie über die Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung dienen dazu, ein der Wahrheitserforschung und der Findung einer gerechten, schuldangemessenen Strafe verpflichtetes Strafverfahren sicherzustellen und hierzu sowohl die tatsächlichen Feststellungen als auch deren rechtliche Würdigung der Disposition der an einer Verständigung Beteiligten zu entziehen. Dem Gericht ist es untersagt, sich im Wege vertragsähnlicher Vereinbarungen von seinen entsprechenden Pflichten zu lösen (vgl. u.a. Rn. 73, 105, BVerfGE 133, 168). Der in den §§ 73 ff. StGB zwingend vorgeschriebenen Entscheidung über die Einziehung von Taterträgen und der Verpflichtung, die hierzu erforderlichen Feststellungen auf der Basis richterlicher Überzeugung zu treffen, darf sich das Gericht folglich nicht im Wege einer Verständigung entziehen. Dabei ist einerlei, ob der gerichtliche Einziehungsausspruch unmittelbar einer Einigung unterworfen oder aber über einen vereinbarten Herausgabeverzicht obsolet gemacht wird.
18In der Auswirkung auf eine vom Gericht zwingend zu treffende Entscheidung liegt zugleich ein wesentlicher Unterschied zwischen einem Herausgabeverzicht und solchen Handlungen des Angeklagten, die allgemein als Prozessverhalten im Sinne des § 257c Abs. 2 Satz 1 Alt. 3 StPO angesehen werden (vgl. hierzu KK-StPO/Moldenhauer/Wenske, 9. Aufl., § 257c Rn. 22; Radtke/Hohmann/Ambos/Bock, StPO, 2. Aufl., § 257c Rn. 27; Schmitt/Köhler, StPO, 68. Aufl., § 257c Rn. 14; MüKo-StPO/Jahn, 2. Aufl., § 257c Rn. 104; BeckOK-StPO/Eschelbach, 56. Ed., § 257c Rn. 23). Namentlich betrifft das den Verzicht auf einzelne Beweisanträge, der einer Verständigung grundsätzlich zugänglich ist – wobei auch dies nur solange gilt, als das Gericht hierdurch nicht hinter seiner zwingend zu erfüllenden Amtsaufklärungspflicht zurückbleibt (vgl. nur , NStZ-RR 2024, 84).
19b) Mit der Zulassung einer Verständigung über einen Herausgabeverzicht wäre zudem eine inakzeptable Gefährdung der Rechtsposition des Angeklagten verbunden. Sie würde nämlich Entscheidungen sowohl über die Einziehung von Taterträgen gemäß §§ 73 ff. StGB als auch über die Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten (§§ 74 ff. StGB) für sachwidrige Zugeständnisse öffnen.
20Zu befürchten wären solche jedenfalls zulasten des Angeklagten. Nicht anders als bei der Einlassung zur Sache ist der Angeklagte auch beim Herausgabeverzicht, der sich als Bestätigung der jeweiligen sachlichen Einziehungsvoraussetzungen verstehen lässt und damit im Ergebnis einem Geständnis gleichkommen kann, einer Anreiz- und Verlockungssituation ausgesetzt. Diese resultiert aus der Aussicht, mit einer Verständigung eine das Gericht bindende Zusage einer Strafobergrenze zu erreichen und so Einfluss auf den Verfahrensausgang zu nehmen (vgl. u.a. Rn. 99, BVerfGE 133, 168, 224 ff.). Nicht zuletzt um dieser Gefahr entgegen zu wirken, hat der Gesetzgeber die Geltung der Amtsaufklärungspflicht des § 244 Abs. 2 StPO für Verständigungen ausdrücklich klargestellt (BVerfG aaO Rn. 68).
21Im Fall der Verständigung über einen Herausgabeverzicht würde die Einziehung jedoch von einer gerichtlichen Entscheidung entkoppelt. Ihre faktischen Wirkungen würden eintreten unabhängig davon, ob die Voraussetzungen der §§ 73 ff. oder 74 ff. StGB durch entsprechende Feststellungen belegt sind oder nicht. In diesem Fall aber müsste sich ein Verzicht nicht zwingend darin erschöpfen, eine ohnehin auszusprechende Einziehung vorwegzunehmen. Vielmehr könnte dem Angeklagten dann auch ein Verzicht auf solche Gegenstände angesonnen werden, bei denen die Einziehungsvoraussetzungen Zweifeln unterliegen oder mindestens noch weiterer Sachaufklärung bedürften. Ebenso könnte er dem Anreiz unterliegen, beim Verzicht auf sichergestellte Gegenstände Großzügigkeit zu beweisen, um im Gegenzug eine hinter dem Maß seiner Schuld zurückbleibende Strafe zu erreichen.
22Diese Gefahren veranschaulichen, warum eine gesetzlich zwingend vorgeschriebene feststellungsbasierte Einziehungsentscheidung nicht durch eine verständigungsbasierte „formlose Einziehung“ ersetzt werden darf (siehe bereits Rn. 13, NStZ 2025, 311). Denn es gilt ebenso auszuschließen, dass sich ein Angeklagter unter dem Druck des Strafverfahrens zur Preisgabe legal erworbener Vermögenswerte veranlasst sieht, wie zu vermeiden, dass er sich eine schuldunterschreitende Strafe durch überobligatorischen Verzicht „erkaufen“ kann. Eine Verständigung darf nicht dazu dienen, die Höhe des durch eine Tat verursachten Schadens und damit gegebenenfalls zugleich des aus der Tat Erlangten unter Missachtung der Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung (§ 244 Abs. 2 StPO) im Wege des Konsenses festzulegen (vgl. Rn. 30, NStZ 2016, 422). Entsprechend darf das Gericht nicht davon absehen, die Voraussetzungen der Eingriffsnormen der §§ 73 ff. StGB (und gegebenenfalls auch der §§ 74 ff. StGB) zu prüfen und durch Feststellungen zu belegen. So wie die Sachaufklärungspflicht im Rahmen einer Verständigung nicht durch einen völligen Verzicht auf Beweisanträge verkürzt werden darf, darf dort auch kein staatlicher Rechtserwerb an sichergestellten Gegenständen stattfinden, ohne dass dies durch eine gesetzliche Eingriffsgrundlage legitimiert ist.
23c) Anhand der beschriebenen Gefahren erweist sich, dass eine Verständigung über eine „formlose Einziehung“ noch auf einer weiteren Ebene mit dem Regelungskonzept des § 257c StPO kollidiert. Denn dieses setzt einen Schwerpunkt in der Herstellung von Transparenz, Öffentlichkeit und einer vollständigen Dokumentation des mit einer Verständigung verbundenen Geschehens, wodurch wiederum eine „vollumfängliche“ Rechtsmittelkontrolle ermöglicht und wirksam ausgestaltet werden soll. Hiernach muss sich eine Verständigung unter allen Umständen „im Lichte der öffentlichen Hauptverhandlung offenbaren“ (vgl. u.a. Rn. 67 a.E., BVerfGE 133, 168, unter Verweis auf BT-Drucks. 16/12310, S. 12).
24Im Fall eines verständigungsbasierten Herausgabeverzichts wäre die geforderte Transparenz nicht gewährleistet. Denn in diesem Fall würde im Urteil weder entschieden noch dargelegt, aus welchen Gründen welche Gegenstände oder deren Wert eingezogen werden. Dies illustriert auch das vorliegende Urteil, mit dem eine Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet worden ist, ohne dass dabei ein Herausgabeverzicht in den Gründen auch nur Erwähnung gefunden hat. Ebenso wenig bestünde Anlass, in der Hauptverhandlung näher zu erörtern, auf welches sichergestellte Gut der Angeklagte aufgrund welcher Motive zu verzichten bereit ist.
25Insoweit besteht zugleich ein wesentlicher Unterschied zu einem Vorgehen gemäß § 421 Abs. 1 StPO, welches überwiegend auch im Rahmen einer Verständigung für möglich erachtet wird (vgl. Rn. 9, NStZ 2018, 366; KK-StPO/Moldenhauer/Wenske aaO Rn. 15c; Schmitt/Köhler, StPO, 68. Aufl., § 421 Rn. 13a; MüKo-StPO/Jahn aaO Rn. 101a; LR/Stuckenberg, StPO, 27. Aufl., § 257c Rn. 37 Fn. 329; SSW-StPO/Wegner, 6. Aufl., § 257c Rn. 64). Denn dieses unterliegt klaren gesetzlichen Voraussetzungen und erfordert einen gerichtlichen Beschluss. Ergeht dieser in der Hauptverhandlung, geschieht dies unter Kontrolle der Öffentlichkeit.
Cirener Gericke Köhler
Resch Werner
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:081025U5STR235.25.0
Fundstelle(n):
ZAAAK-07218