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IWB Nr. 16 vom Seite 623

Missbrauchsvermeidungsvorschriften im Kontext internationaler Vorgaben

Tagungsbericht zur 9. YIN-Jahrestagung v. 22.5.2025 (Panel 2)

Dr. Michael Popp

Das deutsche Steuerrecht ist in den letzten Jahren durch eine Vielzahl von Missbrauchsvermeidungsvorschriften zunehmend komplexer geworden. Angetrieben durch internationale Initiativen (insbesondere ATAD, DAC6, Pillar Two) und nationale Ergänzungen entstand ein dichtes Netz an Einzelregelungen, das in der Praxis zu erheblichem Umsetzungs- und Prüfaufwand führt – bei gleichzeitig wachsendem Zweifel an dessen Wirksamkeit und Effizienz. Im Rahmen der YIN-Jahrestagung 2025 widmete sich ein interdisziplinär besetztes Panel der Frage, ob und wie diese Vorschriften reformiert werden sollten. Es beleuchtete dabei rechtliche, administrative und wirtschaftliche Gesichtspunkte gleichermaßen.

Kernaussagen
  • Anstelle einer stetigen Ausweitung detaillierter Missbrauchsvermeidungsvorschriften ist eine systematische Reduktion auf klar strukturierte, sachgerecht typisierte und administrativ handhabbare Normen erforderlich, um Rechtsanwendungssicherheit und Vollzugseffizienz zu gewährleisten.

  • Die künftige Ausgestaltung deutscher Anti-Missbrauchsregelungen sollte sich konsequent an unionsrechtlichen Mindeststandards orientieren, um die Regelungsüberlagerung nationaler und internationaler Vorgaben zu reduzieren und Wettbewerbsnachteile durch nationale Sonderwege zu vermeiden. Die derzeitige Vielzahl an parallelen, teils überschneidenden Vorschriften bedarf einer strukturellen Bereinigung mit dem Ziel, durch klare Freigrenzen, kohärente Systematik und Verzicht auf entbehrliche Detailregelungen die Zielgenauigkeit und Praxistauglichkeit zu erhöhen.

  • Eine nachhaltige Reform setzt die Bereitschaft aller Beteiligten – Gesetzgeber, Verwaltung, Unternehmen und Beraterschaft – zur Akzeptanz generalisierender Regelungsansätze voraus; flankiert durch eine Verwaltungsstrategie, die auf Verhältnismäßigkeit, Risikoorientierung und wirtschaftliche Zumutbarkeit setzt.