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NWB-BB Nr. 11 vom Seite 332

Due Diligence in der Unternehmensnachfolge

Mit umfangreichen Checklisten in der NWB Datenbank

Prof. Dr. Holger Wassermann

Die letzten beiden Teile der Beitragsreihe zur Unternehmensnachfolge haben sich mit der Bewertung von Unternehmen im Kontext von Nachfolgesituationen befasst (vgl. für eine Übersicht über aller Teile NWB FAAAJ-68482). Dabei wurde deutlich, dass viele Faktoren wesentlich für die Bewertung sind, die einerseits vom Unternehmen selbst, andererseits aber auch von den handelnden Personen abhängen. Eine gewissenhafte Prüfung des Kaufobjekts (Due Diligence) kann dabei nützlich sein, Stärken und Schwächen des Unternehmens zu identifizieren und mögliche Synergien, aber auch Risiken besser einschätzen zu können. Neben dem Beitrag finden Sie in der NWB Datenbank umfangreiche Checklisten zur Due Diligence mit über 170 Prüfpunkten, abrufbar unter NWB RAAAJ-76445.

Due Diligence – Checklisten, NWB RAAAJ-76445

Kernaussagen
  • Vor dem Kauf eines Unternehmens wird es einer genauen Prüfung durch den Käufer unterzogen.

  • Die Prüfung umfasst neben der Dokumentenprüfung in einem Datenraum auch Betriebsbesichtigungen und Gespräche mit wichtigen Mitarbeitern.

  • Es werden eine Vielzahl von einzelnen Prüffeldern unterschieden, für die regelmäßig Fachleute hinzugezogen werden.

  • Der Umfang einer Due Diligence variiert in Abhängigkeit von Größe und Komplexität des Unternehmens und den Beteiligten im Mittelstand teilweise sehr erheblich.

Literatur-Tipp

Alle bereits veröffentlichten und geplanten Teile der Beitragsreihe zur Unternehmensnachfolge finden Sie in der NWB Datenbank unter NWB FAAAJ-68482.

I. Einordnung und Grundlagen der Due Diligence

1. Sinn und Zweck einer Due Diligence

„Due Diligence“ stammt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie „die gebotene Sorgfalt“. Unter einer Due Diligence, oder genauer einer Due-Diligence-Prüfung, wird daher die genaue Prüfung eines Objekts vor dem Kauf durch den Interessenten verstanden. Es handelt sich also gewissermaßen um den „Blick unter die Motorhaube“ wie beim Gebrauchtwagenkauf.

Der Begriff Due Diligence stammt aus dem US-amerikanischen Recht und hat dort eine noch größere Bedeutung im Rahmen von Gewährleistungsansprüchen. Hier trifft nämlich den Käufer (!) eine besondere Sorgfaltspflicht. Daher muss dieser aus eigenem Interesse für eine sorgfältige Untersuchung des Kaufgegenstands sorgen, da der redliche Verkäufer im US-Recht grundsätzlich nicht für Mängel der Kaufsache haftet.

Das deutsche Recht geht nicht von einer Pflicht des Käufers zur Prüfung aus. Aus eigenem Interesse sollte dem Erwerber jedoch daran gelegen sein, kein Objekt mit unbekannten Risikopotenzial zu erwerben. Denn eine Firma kann durchaus auch einen negativen Wert besitzen, z. B. aufgrund aus alten Rechtstreitigkeiten bestehenden vertraglichen Verpflichtungen oder auch noch nicht erkannten Haftungsrisiken.

Der Unternehmensverkäufer sollte sich darüber im Klaren sein, dass er dem Interessenten mit der Due Diligence einen Einblick in die Betriebsgeheimnisse gewährt. Vieles aus der Vergangenheit wird wieder auf den Tisch gepackt, und das kann manchmal unangenehm sein, manchmal auch wirklich problematisch.

Der Verkäufer im Rahmen der Nachfolge sollte sich deshalb bewusst sein, dass er nicht bestimmen kann, was er zeigt und was nicht. Es geht darum, ein Geschäft mit einem gleichwertigen Geschäftspartner abzuschließen – und zwar ein Geschäft, das für den Verkäufer i. d. R. wichtiger ist als für den Käufer. Denn die meisten Nachfolgen werden aus S. 333Altersgründen angestrebt, die Verkäufer haben daher einen gewissen Handlungsdruck. Die Käufer hingegen haben üblicherweise eine sicherere Position inne und können so lange suchen, bis sie das für sich geeignete Unternehmen gefunden haben. Wenn der Verkäufer etwas an Unterlagen nicht herausgeben will, dann interpretieren viele Kaufinteressenten es so, dass der Verkäufer evtl. etwas zu verbergen hat, und dass es sich dann wahrscheinlich nicht um das richtige Unternehmen handelt.

Eine Due Diligence sollte daher immer gut und mit zeitlichem Vorlauf vorbereitet werden. Denn es wäre fahrlässig, wenn erst dann, wenn der Interessent sich bereits in dem sogenannten Datenraum befindet, auffällt, dass noch Unterlagen oder Daten fehlen und diese dann auf die Schnelle bereitgestellt werden müssen. Das macht keinen professionellen Eindruck, und dabei geht auch schnell etwas schief. Die Vorbereitung der Due Diligence ist daher der zentrale Inhalt der Vorbereitungsphase (vgl. Wassermann, Ablauf eines Unternehmensverkaufs, NWB-BB 8/2024 S. 231, NWB IAAAJ-71124).

Da bei einer langen Firmenhistorie auch die ein oder andere „Leiche im Keller“ liegen kann, ist es dringend anzuraten, vor dem Kauf eines Unternehmens einen genauen Blick in die relevanten Unterlagen zu werfen. Denn man möchte schließlich nicht die Katze im Sack kaufen. Außerdem hängt dann auch die Bewertung des Unternehmens von der Risikoeinschätzung ab und damit auch der Kaufpreis, den der Interessent maximal zu zahlen bereit ist.

Sowohl für Verkäufer als auch für Käufer stellt eine Due Diligence eine große Herausforderung dar. Die Unternehmung wird auf Herz und Nieren überprüft; damit sind praktisch alle Bereiche der BWL und darüber hinaus auch noch Gesellschaftsrecht, Vertragsrecht und psychologische Aspekte inbegriffen. Es wäre wohl von jedem anmaßend zu behaupten, dass er in all dem Experte sei.

2. Ablauf einer Due Diligence

2.1 Letter of Intent

Kommen Verkäufer und Kaufinteressent in Vorgesprächen überein, dass eine Due Diligence durchgeführt werden soll, stimmen die beiden Parteien den Zeitraum und den Umfang der Prüfung ab. Typisch ist, dass vor der Bereitstellung der Interessent einen Letter of Intent (LoI), also eine Absichtserklärung unterzeichnet. Damit dokumentiert er sein ernsthaftes Interesse und bestätigt, dass er die Erkenntnisse, die er durch den Blick in die Betriebsgeheimnisse erhält, nur im Rahmen der Kaufverhandlungen nutzen wird. Das ist insbesondere bei dem Verkauf an Wettbewerber von großer Bedeutung. Eine andere Vorgehensweise ist, dass statt eines LoI vom Verkäufer ein Term Sheet mit den zu vereinbarenden Punkten bereitgestellt wird.