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Ein Überblick über die Gebäudeabschreibung
Tücken, Fehlerquellen und Neuerungen
„Falls ich noch einmal auf die Erde komme, werde ich Betriebsprüfer. Ich prüfe ausschließlich die Gebäudeabschreibungen und werde einer der erfolgreichsten Prüfer innerhalb der Finanzbehörden sein!“ Diese sicherlich nicht ganz ernst gemeinte Aussage beinhaltet aber dennoch sehr viel Wahrheit. Die Fehler, die sich in der Gebäudeabschreibung einschleichen können, sind sehr vielfältig und führen zu Vor- und Nachteilen für die Steuerpflichtigen. Egal in welche Richtung es geht, die Gebäudeabschreibung sollte richtig sein – und das ohne Wenn und Aber!
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I. Nutzungsdauer und häufiger Fehler
1. Gesetzestext
Die steuerliche Gebäudeabschreibung ist im § 7 Abs. 4 und 5 EStG geregelt. Ergänzungen findet man zudem in den Einkommensteuerrichtlinien und in der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung.
Betrachten wir zunächst einmal den Gesetzestext:
Einkommensteuergesetz (EStG): § 7 Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung [i]§ 7 Abs. 4 und 5 EStG
(4) 1Bei Gebäuden sind abweichend von Absatz 1 als Absetzung für Abnutzung die folgenden Beträge bis zur vollen Absetzung abzuziehen:
bei Gebäuden, soweit sie zu einem Betriebsvermögen gehören und nicht Wohnzwecken dienen und für die der Bauantrag nach dem gestellt worden ist, jährlich 3 Prozent,
bei Gebäuden, soweit sie die Voraussetzungen der Nummer 1 nicht erfüllen und die
nach dem fertiggestellt worden sind, jährlich 3 Prozent,
vor dem und nach dem fertiggestellt worden sind, jährlich 2 Prozent,
vor dem fertiggestellt worden sind, jährlich 2,5 Prozent
der Anschaffungs- oder Herstellungskosten; Absatz 1 Satz 5 gilt entsprechend. 2Beträgt die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 S. 893und 2 Buchstabe a weniger als 33 Jahre, in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 Buchstabe b weniger als 50 Jahre, in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 Buchstabe c weniger als 40 Jahre, so können anstelle der Absetzungen nach Satz 1 die der tatsächlichen Nutzungsdauer entsprechenden Absetzungen für Abnutzung vorgenommen werden. 3Absatz 1 letzter Satz bleibt unberührt. 4Bei Gebäuden im Sinne der Nummer 2 rechtfertigt die für Gebäude im Sinne der Nummer 1 geltende Regelung weder die Anwendung des Absatzes 1 letzter Satz noch den Ansatz des niedrigeren Teilwerts (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 2).
2. Nutzungsdauer und häufiger Fehler in der Praxis
Was [i]Keine Nennung von Nutzungsdauernnach Durchlesen des Gesetzestextes auffällt, ist die Tatsache, dass hier keine Nutzungsdauern genannt werden. Gerne wird jedoch häufig im allgemeinen Sprachgebrauch gesagt, dass ein betrieblich genutztes Gebäude über 33 Jahre abgeschrieben wird. Bei Wohngebäuden sind es meistens 50 Jahre. Streng genommen ist aber schon diese Aussage falsch!
Ein Gebäude wird nach dem Steuerrecht prozentual von den Anschaffungs- und Herstellungskosten abgeschrieben. Das bedeutet konkret, dass die Abschreibungsdauer umgerechnet bei einem Prozentsatz von
2,0 % = 50 Jahre
2,5 % = 40 Jahre
3,0 % = 33,3 Jahre oder genauer gesagt 33 Jahre und 4 Monate
beträgt. Gerne werden bei den 33 Jahren die 4 Monate vergessen, was zu einem ersten kleinen Fehler in der AfA-Berechnung (Absetzung für Abnutzung) führt, denn 33 Jahre sind in Prozent ausgedrückt streng genommen 3,0303 %.
Außerdem [i]Erstes Jahr ist anteilig zu berücksichtigenist zu beachten, dass im Jahr der Anschaffung oder Herstellung die AfA zeitanteilig zu berechnen ist. Das ist dem § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG („Im Jahr der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts vermindert sich für dieses Jahr der Absetzungsbetrag nach Satz 1 um jeweils ein Zwölftel für jeden vollen Monat, der dem Monat der Anschaffung oder Herstellung vorangeht“) zu entnehmen.
Somit [i]Formel für die Berechnung der AfA bei Gebäudenlautet die Formel für die Berechnung der AfA bei Gebäuden:
AHK · %-Satz · x/12
3. Nachträgliche AHK
Nachträgliche [i]Behandlung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und ...AHK werden im Jahr der Anschaffung oder Herstellung zusammen mit dem Hauptwirtschaftsgut und dessen Fertigstellung abgeschrieben. Wurde also bspw. das Hauptwirtschaftsgut im August 2024 geliefert oder hergestellt und war dann auch seinem Zweck entsprechend betriebsbereit, so sind nachträgliche AHK von August bis Dezember 2024 ebenfalls immer ab August 2024 abzuschreiben.
Fallen [i]... im Folgejahr(en)aber nachträgliche AHK im Folgejahr(en) an, so wird die AfA nicht mehr zeitanteilig, sondern immer für ein volles Geschäftsjahr gerechnet. Es ist also egal, ob der Zugang der nachträglichen AHK im Januar, Juli oder Dezember erfolgt, die AfA wird immer ab Januar des Geschäftsjahres gerechnet. Diese Regel gilt natürlich nur, wenn das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht. Bei einem verschobenen Geschäftsjahr ist die Regel entsprechend abgewandelt anzuwenden.
4. Zeitpunkt der Fertigstellung
4.1 Lieferung bzw. Fertigstellung ist für den Zeitpunkt des AfA-Beginns maßgeblich
Zeitpunkt der Anschaffung ist der Zeitpunkt der Lieferung, Zeitpunkt der Herstellung ist der Zeitpunkt der Fertigstellung (§ 9a EStDV).S. 894
Insbesondere [i]Wann ist ein Gebäude als „fertig“ anzusehen? bei Gebäuden ist der Zeitpunkt der Fertigstellung in Verbindung mit dem Gebäudebegriff gemäß R 7.1 Abs. 5 Satz 2 EStR zu sehen. Sind eines oder mehrere Kriterien des Gebäudebegriffs nicht erfüllt, so handelt es sich ggf. nicht um ein Gebäude, sondern eine Betriebsvorrichtung oder das Gebäude ist noch nicht fertiggestellt.
Der Zeitpunkt der Fertigstellung ist in R 7.4 Abs. 1 EStR geregelt:
Beginn der AfA [i]R 7.4 Abs. 1 EStR
(1) 1AfA ist vorzunehmen, sobald ein Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt ist. 2Ein Wirtschaftsgut ist im Zeitpunkt seiner Lieferung angeschafft. 3Ist Gegenstand eines Kaufvertrages über ein Wirtschaftsgut auch dessen Montage durch den Verkäufer, ist das Wirtschaftsgut erst mit der Beendigung der Montage geliefert. 4Wird die Montage durch den Stpfl. oder in dessen Auftrag durch einen Dritten durchgeführt, ist das Wirtschaftsgut bereits bei Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht an den Stpfl. geliefert; das zur Investitionszulage ergangene (BStBl. II S. 1009) ist ertragsteuerrechtlich nicht anzuwenden. 5Ein Wirtschaftsgut ist zum Zeitpunkt seiner Fertigstellung hergestellt.
4.2 Bezugsfertigkeit
Der [i]Keine gesetzliche Definition Zeitpunkt der Fertigstellung eines Gebäudes spielt im Steuerrecht dann eine bedeutende Rolle, wenn es um die Inanspruchnahme von Abschreibungen geht. Ein Gebäude ist fertiggestellt, wenn es bezugsfertig ist. Die Begriffe Bezugsfertigkeit und Fertigstellung sind im Einkommensteuergesetz jedoch nicht definiert. Nach der Rechtsprechung des BFH ist unter Fertigstellung der Zeitpunkt zu verstehen, in dem das Gebäude seiner Zweckbestimmung entsprechend in Benutzung genommen wird.
Fehlender Außenputz hat für die Fertigstellung keine Bedeutung. Auch die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde ist nicht ausschlaggebend (§ 72 Abs. 1 Satz 3 BewG). Der Einheitswert eines Gebäudes wird erstmals auf den 1. Januar des Jahres festgestellt, das auf die Fertigstellung folgt. Ein Haus oder eine Wohnung kann im Allgemeinen dann als bezugsfertig angesehen werden, wenn die wesentlichen Bauarbeiten durchgeführt sind. Dazu gehört, dass Türen und Fenster eingebaut sind, Anschlüsse für Strom- und Wasserversorgung vorhanden sind, die Heizung betriebsbereit ist, die sanitären Einrichtungen benutzbar sind und die Möglichkeit zur Einrichtung der Küche besteht.
Was [i]Gebäude soll noch nicht als fertiggestellt geltenist zu tun, wenn ein Gebäude noch nicht als fertiggestellt gelten darf, weil die AfA erst ein Jahr später in Anspruch genommen werden oder der Einzug des Eigentümers erst im folgenden Jahr erfolgen soll?
Wenn in einer Wohnung die sanitären Einrichtungsgegenstände noch nicht eingebaut sind und damit auch die Fliesenarbeiten nicht ausgeführt werden können, ist die Bezugsfertigkeit auf jeden Fall zu verneinen. Das gilt umso mehr, wenn die Heizung noch nicht fertiggestellt ist.
Ein [i]Betriebsbereitschaft eines WirtschaftsgutsWirtschaftsgut ist betriebsbereit, sobald es seiner Zweckbestimmung entsprechend eingesetzt werden kann, d. h., wenn es einen Zustand erreicht hat, der seine bestimmungsgemäße Nutzung ermöglicht. Die Betriebsbereitschaft kann aber je nach Wirtschaftsgut an Bedingungen geknüpft sein:
Verkehrstauglichkeit,
Betriebserlaubnis,
TÜV-Abnahme, z. B. bei einem Aufzug und
generelle Abnahme.