BGH Beschluss v. - 5 StR 424/23

Leitsatz

Zum Antrag auf Übergang in das objektive Verfahren nach § 76a Abs. 1 und 3 StGB nach einer Teileinstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO.

Gesetze: § 154 Abs 2 StPO, § 435 StPO, § 76a Abs 1 StGB, § 76a Abs 3 StGB

Instanzenzug: Az: 511 KLs 5/23nachgehend Az: 5 StR 424/23 Urteil

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten K.     wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwölf Fällen unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Wegen einer weiteren Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hat es gegen ihn außerdem eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verhängt. Den Angeklagten S.           hat es wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten Ko.             hat das Landgericht unter Freisprechung im Übrigen wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen, jeweils in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.

2Gegen alle Angeklagte wurde zudem die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet, nämlich gegen den Angeklagten K.     in Höhe von 1.183.995 Euro (dort in Höhe eines Teilbetrags von 32.515 Euro und herrührend aus Tat 17 der Urteilsgründe im Wege der erweiterten Einziehung gemäß § 73a StGB), gegen den Angeklagten S.          in Höhe von 1.148.880 Euro sowie gegen den Angeklagten Ko.             in Höhe von 28.480 Euro. Dabei haften die drei Angeklagten in Höhe eines Teilbetrags von 28.180 Euro gesamtschuldnerisch. In Höhe eines weiteren Teilbetrags von 1.120.700 Euro haften allein die Angeklagten K.     und S.          als Gesamtschuldner.

3Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, die mit der Sachrüge die aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolge erzielen; im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO (vgl. Antragsschriften des Generalbundesanwalts).

41. Nach den Feststellungen des Landgerichts handelten die Angeklagten K.     und S.          ab dem unter Verwendung eines gemeinsam genutzten EncroChat-Mobiltelefons in zehn Fällen mit Marihuana, welches 12 Prozent Tetrahydrocannabinol (THC) enthielt, wobei insgesamt 185 Kilogramm umgesetzt wurden (Taten 1 bis 3, 5 bis 10 und 12 der Urteilsgründe). Für den Angeklagten K.     wurde dabei hinsichtlich Tat 10 gemäß § 154 Abs. 2 StPO von der Verfolgung abgesehen. In weiteren Fällen handelten sie mit 1 kg Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 78 Prozent Kokainhydrochlorid (KHC, Tat 4 der Urteilsgründe), mit 1 kg Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 13 Prozent Amphetamin-Base (Tat 11) sowie mit 3,5 kg Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von 17 Prozent THC (Tat 15).

5Nachdem die Polizei den Angeklagten K.    am im Besitz von Betäubungsmitteln angetroffen und vorübergehend in Gewahrsam genommen hatte, gewannen dieser und der Angeklagte S.           den Angeklagten Ko.            , um gegen Entlohnung Auslieferungen von Marihuana an Kunden zu übernehmen. Dieser Abrede folgend handelten die Angeklagten K.     und S.          mit Unterstützung des Angeklagten Ko.             im Zeitraum zwischen dem 22. Mai und dem in weiteren drei Fällen (Taten 13, 14 und 16 der Urteilsgründe) mit insgesamt rund 40,5 Kilogramm Marihuana (Wirkstoffgehalt 12 Prozent THC), wobei der Angeklagte Ko.            nur für eine Beteiligung an den Taten 13 und 16 verurteilt wurde. Die gegen den Angeklagten K.     verhängte weitere Freiheitsstrafe erging für Tat 17 der Urteilsgründe, bei der der Angeklagte am in seinem Haus Haschisch, Marihuana und Amphetamin zum gewinnbringenden Weiterverkauf bereithielt.

62. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Nachprüfung des Urteils führt zur Änderung der Schuld- und zur weitgehenden Aufhebung der Strafaussprüche. Beim Angeklagten K.     ist zudem eine teilweise Aufhebung und beim Angeklagten Ko.            eine Änderung des Einziehungsausspruchs veranlasst.

7a) Die Schuldsprüche können keinen Bestand haben, soweit die Angeklagten in den Fällen 1 bis 3, 5 bis 10 sowie 12 bis 17 der Urteilsgründe (allein) nach dem Betäubungsmittelgesetz verurteilt worden sind. Abgesehen von einer beim Angeklagten Ko.             zusätzlich zu korrigierenden konkurrenzrechtlichen Einordnung (dazu nachfolgend unter cc) folgt dies aus dem am in Kraft getretenen Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz – KCanG, BGBl. I 2024 Nr. 109), welches der Senat nach § 2 Abs. 3 StGB zu berücksichtigen hat. Nach der Neuregelung unterfällt der Umgang mit Cannabis dem hier milderen Konsumcannabisgesetz ().

8aa) Das gemeinsame Handeln der Angeklagten K.     und S.          bei den Taten 1 bis 3, 5 bis 9, bei Tat 10 (hinsichtlich des Angeklagten S.         ) sowie bei den Taten 12 und 15 der Urteilsgründe ist nunmehr als Handeltreiben mit Cannabis (§ 2 Abs. 1 Nr. 4, § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG) zu würdigen. Dass sich die Taten auf Cannabis in nicht geringer Menge bezogen, stellt lediglich ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall dar (§ 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG), der im Schuldspruch keinen Ausdruck findet (vgl. , NStZ-RR 2024, 216). Hinsichtlich der Taten 13, 14 und 16 sind beide Angeklagte jeweils strafbar wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Cannabis (§ 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG). Dass diese Taten erneut Cannabis in nicht geringer Menge zum Gegenstand hatten, bedarf auch hier keiner Kennzeichnung in der Urteilsformel, da der Qualifikationstatbestand des Bandenhandels mit Cannabis nach § 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG stets voraussetzt, dass die Tat eine nicht geringe Menge betrifft (vgl. ).

9Das neue Recht erweist sich hier gegenüber der vom Landgericht angewandten Norm als das mildere im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB. Das gilt auch insoweit, als die Strafkammer bei den Bandentaten – hinsichtlich des Angeklagten K.     nur bei Tat 16 der Urteilsgründe – minder schwere Fälle nach § 30a Abs. 3 BtMG bejaht und dabei für die Strafrahmenuntergrenze eine Sperrwirkung des Tatbestands nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG angenommen hat. Zwar sieht § 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG für bandenmäßiges Handeltreiben mit Cannabis eine Strafe nicht unter zwei Jahren Freiheitsstrafe und damit grundsätzlich einen höheren Strafrahmen vor. Angesichts der vom Landgericht übersehenen Sperrwirkung des § 30 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, der Ablehnung eines minder schweren Falls nach § 29a Abs. 2 BtMG sowie des Umfangs der gehandelten Wirkstoffmenge, welcher hier auch der Annahme eines minder schweren Falls nach § 30 Abs. 2 BtMG entgegensteht, erweist sich § 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG konkret als milderes Recht (vgl. auch ).

10bb) Soweit der Angeklagte K.     in seinem Haus Haschisch, Marihuana und Amphetamin zum gewinnbringenden Weiterverkauf bereithielt (Tat 17 der Urteilsgründe), ist dies als Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) in Tateinheit mit Handeltreiben mit Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG) zu bewerten.

11cc) Das Handeln des Angeklagten Ko.             bei den Taten 13 und 16 stellt sich jeweils als Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Cannabis in nicht geringer Menge (§ 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG, § 27 StGB) in Tateinheit mit Besitz von mehr als 60 Gramm Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KCanG) dar. Aus den gleichen Gründen wie schon beim Angeklagten K.     erweist sich das neue Recht auch hier als das mildere im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB.

12Entgegen der Annahme des Landgerichts sind allerdings die vom Angeklagten im Rahmen der Tat 13 der Urteilsgründe vorgenommenen fünf Veräußerungen von Teilmengen der durch die beiden anderen Angeklagten am angekauften 30 kg Marihuana nicht als eigenständige materielle Beihilfetaten anzusehen. Zwar ist die Frage der Konkurrenz für jeden Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Dies gilt wegen der Akzessorietät der Beihilfe aber dann nicht, wenn mehrere an sich selbständige Beihilfehandlungen eine Haupttat fördern. In einem solchen Fall werden die Beihilfehandlungen zu einer Handlungseinheit und damit zu einer Tat im Rechtssinne zusammengefasst. Die durch die Entgegennahme der Teilmengen an sich selbständig verwirklichten Tatbestände des Besitzes von mehr als 60 Gramm Cannabis werden durch die einheitliche Beihilfehandlung zur Tateinheit verbunden (vgl. nur Rn. 6).

13Aufgrund dieser konkurrenzrechtlichen Situation lässt der Senat zudem in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Teilfreispruch des Angeklagten entfallen. Denn dieser bezieht sich auf die vom Landgericht für nicht erwiesen erachtete Veräußerung eines weiteren Teils der im Rahmen der Tat 13 erworbenen Handelsmenge und damit lediglich auf einen Teilakt einer einheitlichen Tat. Für einen Freispruch war daher insoweit kein Raum; das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 StPO) steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen (vgl. ). Mit der Aufhebung des Teilfreispruchs wird die ihn betreffende Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil gegenstandslos ().

14dd) Der Senat stellt die Schuldsprüche für die Cannabis betreffenden Taten entsprechend § 354 Abs. 1 iVm § 354a StPO um. Die Regelung des § 265 Abs. 1 StPO steht den Änderungen nicht entgegen, weil sich die Angeklagten jeweils nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können. Für die Taten 4 und 11 der Urteilsgründe (Angeklagte K.     und S.         ), die jeweils allein Kokain oder Amphetamin zum Gegenstand haben, bleiben die Schuldsprüche bestehen.

15b) Die Einzelstrafen können in den von der Schuldspruchkorrektur betroffenen Fällen nicht bestehen bleiben, weil die einschlägigen Strafnormen des Konsumcannabisgesetzes jeweils mildere Strafrahmen vorsehen als die von der Strafkammer angewandten Strafrahmen des Betäubungsmittelgesetzes. Beim Angeklagten Ko.             ist zudem für Tat 13 der Urteilsgründe nunmehr lediglich eine Einzelstrafe zuzumessen. Die Aufhebung zieht jeweils den Wegfall der Gesamtstrafenaussprüche nach sich. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht (vgl. § 353 Abs. 2 StPO).

16c) Die gegenüber dem Angeklagten K.     ergangene Einziehung des Wertes von Taterträgen kann mit Blick auf das beim Angeklagten S.           sichergestellte Bargeld sowie hinsichtlich der Erträge aus Tat 10 der Urteilsgründe nicht bestehen bleiben.

17aa) Zunächst hat das Landgericht versäumt, die 2.600 Euro Bargeld, die bei dem Angeklagten S.          sichergestellt wurden, auch zugunsten des mit diesem in deutlich höherem Umfang gesamtschuldnerisch haftenden Angeklagten K.     vom Wert der einzuziehenden Taterträge in Abzug zu bringen (vgl. Rn. 5).

18bb) Soweit im Einziehungsbetrag zudem in Höhe von 207.000 Euro Erträge aus Tat 10 der Urteilsgründe enthalten sind, hinsichtlich derer das Verfahren im Rahmen der Hauptverhandlung gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt worden ist, hält die im objektiven Verfahren gemäß § 76a Abs. 1 und 3 StGB vorgenommene Einziehung rechtlicher Überprüfung nicht stand.

19(1) Nachdem der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung im Anschluss an den Einstellungsbeschluss des Landgerichts beantragt hat, bezüglich der eingestellten Tat eine Einziehung im selbständigen Verfahren in Höhe von insgesamt 207.000 Euro vorzunehmen, liegt allerdings entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts ein wirksamer Antrag gemäß § 435 Abs. 1 Satz 1 StPO vor. Ein solcher kann auch mündlich gestellt werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 297/18, NStZ 2019, 271; vom – GSSt 1/23 Rn. 59, BGHSt 67, 295; Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 67. Aufl., § 435 Rn. 10).

20Dabei ist den aus § 435 Abs. 2 StPO samt dem dortigen Verweis auf § 200 StPO folgenden Anforderungen in der hier gegebenen prozessualen Situation Genüge getan worden. Denn die Einstellung wurde gemäß § 154 Abs. 2 StPO im Hauptverfahren vorgenommen; die fragliche Tat war in der Anklage enthalten und das Landgericht hat auch insoweit das Hauptverfahren eröffnet. Deshalb bedurfte es – anders als sonst (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 454/20; vom – 3 StR 122/20) – im Antrag keiner weitergehenden Angaben zur Bezeichnung der einzuziehenden Gegenstände sowie zu den Tatsachen, welche die Zulässigkeit der selbständigen Einziehung begründen. Denn der notwendige Inhalt ergibt sich bereits aus der Anklageschrift (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler aaO). Soweit sich der Antrag als besondere Form der Erhebung einer Strafklage begreifen lässt (LR/Gaede, StPO, 27. Aufl., § 435 Rn. 5), sind folglich sowohl deren Umgrenzungs- wie Informationsfunktion erfüllt. Das Antragserfordernis sichert in dieser Verfahrenssituation letztlich allein die Ausübung des der Staatsanwaltschaft nach § 435 Abs. 1 StPO eingeräumten Ermessens (vgl. hierzu Rn. 33, BGHSt 67, 295).

21Das Landgericht hat in der Hauptverhandlung nach dem Antrag der Staatsanwaltschaft zudem seinerseits darauf hingewiesen, dass eine Einziehung im selbständigen Verfahren in Betracht kommt. Dieser Hinweis war erforderlich. Denn die Verfahrenseinstellung begründet regelmäßig einen Vertrauenstatbestand, weswegen eine faire Verfahrensgestaltung sowie die Gewährleistung rechtlichen Gehörs es gebieten, einen Hinweis zu erteilen, wenn das Tatgericht den Verfahrensstoff doch zum Nachteil des Angeklagten zu berücksichtigen gedenkt (, wistra 2016, 502). Diese für eine strafschärfende Berücksichtigung ausgeschiedener Taten (vgl. nur , BGHSt 53, 311; Beschluss vom – 4 StR 88/17, NStZ 2019, 40) wie auch für deren Verwertung bei der Beweiswürdigung zu Lasten des Angeklagten (, wistra 2016, 502) anerkannte Anforderung ist auf den Fall einer Einziehung im objektiven Verfahren nach einer Verfahrensbeschränkung gemäß § 154 Abs. 2 StPO zu übertragen. Der notwendigerweise vorangehende Antrag der Staatsanwaltschaft nach § 435 Abs. 1 StPO macht einen solchen Hinweis nicht obsolet, da er dessen Funktion nicht gerecht zu werden vermag. Denn durch den Antrag erfährt der Beschuldigte allein vom entsprechenden Willen der Anklagebehörde, nicht jedoch davon, dass das Gericht erwägt, diesem Antrag zu entsprechen.

22(2) Die Einziehung kann insoweit jedoch deshalb keinen Bestand haben, weil anhand der Feststellungen nicht ausschließbar ist, dass ihr ein Strafklageverbrauch entgegensteht.

23Ausweislich der Urteilsgründe wurde das Verfahren gegen den Angeklagten K.     hinsichtlich dieser Tat gerade deshalb gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, weil insoweit ein Strafklageverbrauch durch das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom in Betracht kam. Denn Gegenstand des dortigen Verfahrens sei auch eine beim Angeklagten am polizeilich sichergestellte Menge an Betäubungsmitteln gewesen. Nähere Feststellungen hierzu hat die Strafkammer jedoch nicht getroffen; solche folgen auch nicht aus der bloßen Wiedergabe der Einlassung des Angeklagten, wonach das fragliche Cannabis aus dem der Tat 10 der Urteilsgründe zugrunde liegenden Einkauf gestammt habe. Ob der Einziehung der aus dieser Tat stammenden Erträge ein Strafklageverbrauch entgegenstehen könnte (vgl. hierzu Rn. 63, BGHSt 67, 295; LK/Lohse, StGB, 13. Aufl., § 76a Rn. 11 ff.; MüKo-StGB/Joecks/Meißner, 4. Aufl., § 76a Rn. 5), vermag der Senat somit nicht zu beurteilen.

24(3) Die Einziehungsentscheidung war daher aufzuheben, soweit sie über die für die Taten 1 bis 9 und 11 bis 17 vom Landgericht errechnete Summe (976.995 Euro) abzüglich des genannten Bargeldbetrags von 2.600 Euro hinausreicht. Die Frage einer weitergehenden Einziehung bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung, hinsichtlich der aus Tat 10 der Urteilsgründe stammenden Erträge im anhängigen objektiven Verfahren (vgl. zur Rückverweisung insoweit auch ). Dort sind – so nicht nach § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO verfahren wird – die nötigen Feststellungen nachzuholen, um hinsichtlich dieser Tat einen etwaigen Strafklageverbrauch beurteilen zu können. Dabei kann das neue Tatgericht die derzeitige Verbindung mit dem gegen den Angeklagten gerichteten subjektiven Verfahren beibehalten; ihm steht insoweit aber auch die Möglichkeit der Abtrennung offen.

25Da das Landgericht mit der Summe von 976.995 Euro zugunsten des Angeklagten einen rechnerisch um 800 Euro zu niedrigen Betrag angesetzt hat (vgl. Antragsschrift des Generalbundesanwalts), wird im Rahmen des subjektiven Verfahrens zu prüfen sein, inwieweit der zuungunsten des Angeklagten rechtsfehlerhaft eingezogene Betrag von 2.600 Euro zu verrechnen ist. Hierzu bedarf es ergänzender Feststellungen. Denn eine Verrechnung mit Erlösen, die dem Angeklagten über die Einziehungsanordnung des Landgerichts hinaus zugeflossen sind, scheidet wegen des tatbezogenen Verschlechterungsverbots nach § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO aus, soweit sie aus anderen Taten stammen (vgl. ). Aus den Urteilsgründen, in denen die für jede Tat angesetzten Teilbeträge nicht ausgewiesen sind, ergibt sich jedoch nicht, bei welchem der Fälle sich das Landgericht zugunsten des Angeklagten verrechnet hat (vgl. ).

26d) Die gegenüber dem Angeklagten Ko.            angeordnete Einziehung eines Betrags von 28.480 Euro bedarf in zweifacher Hinsicht der Korrektur. Entsprechend den Ausführungen in der Zuschrift des Generalbundesanwalts ist zunächst auch zu seinen Gunsten wie schon beim Angeklagten K.     der bei dem Angeklagten S.           sichergestellte Bargeldbetrag von 2.600 Euro in Abzug zu bringen, da nicht ausschließbar ist, dass dieses Geld aus Taten stammt, für deren eingezogene Erträge auch der Angeklagte Ko.             gesamtschuldnerisch mithaftet. Zudem erweist sich der Einziehungsausspruch als rechtsfehlerhaft, soweit er auch die von den Angeklagten K.     und S.          als Lohn erhaltenen 300 Euro einbezieht. Denn jedenfalls für Tat 16 der Urteilsgründe ist festgestellt, dass der Angeklagte Ko.             den dortigen Betrag von 50 Euro von dem durch die Veräußerung des Marihuana erhaltenen Kaufpreis einbehielt. Insoweit liegt eine doppelte Abschöpfung vor, da für das vereinnahmte Entgelt ohnehin in voller Höhe die Einziehung des Wertes des Tatertrags angeordnet wurde (vgl. ; Urteil vom – 5 StR 130/19). Für die Entlohnung im Rahmen der Tat 13 liegt ein gleiches Vorgehen nahe.

27Der Senat schließt aus, dass noch Feststellungen getroffen werden können, aufgrund derer eine über den Betrag von 25.580 Euro hinausgehende Einziehung des Wertes von Taterträgen möglich sein könnte. Er lässt daher die Anordnung in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO entfallen, soweit sie diese Summe übersteigt.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:130824B5STR424.23.0

Fundstelle(n):
ZAAAJ-75359