BMF - IV C 5 - S 2347/24/10001 :001

Lohnsteuerliche Behandlung der Überlassung bzw. Übertragung von Vermögensbeteiligungen ab 2024 (§ 3 Nummer 39, § 19a EStG)

(BStBl I S. 2308);
Zukunftsfinanzierungsgesetz vom (BGBl I Nr. 354, BStBl I 2024 S. 2)
und Wachstumschancengesetz vom (BGBl I Nr. 108, BStBl I S. 666)

Bezug: BStBl 2021 I S. 2308

Bezug:

Bezug: BStBl 2001 I S. 796

Anwendungsregelung

Dieses BMF-Schreiben ist ab dem anzuwenden. Es ersetzt das BMF-Schreiben vom (BStBl 2021 I S. 2308) [1].

1. Steuerfreiheit gemäß § 3 Nummer 39 EStG

1.1 Allgemeines (§ 3 Nummer 39 Satz 1 EStG)

1.1.1 Begünstigter Personenkreis

1Die Steuerfreiheit gemäß § 3 Nummer 39 EStG gilt für unbeschränkt und beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer (siehe § 1 EStG), die in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen (siehe § 1 Absatz 1 und 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung - LStDV -) stehen. Bei dem Dienstverhältnis kann es sich sowohl um ein Hauptarbeitsverhältnis (erstes Dienstverhältnis) als auch um ein Nebenarbeitsverhältnis (weiteres Dienstverhältnis) handeln.

2In einem gegenwärtigen Dienstverhältnis stehen auch Arbeitnehmer, deren Dienstverhältnis ruht (z. B. während des Mutterschutzes, der Elternzeit oder aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung über eine befristete Tätigkeit im Ausland) oder die sich in der Freistellungsphase einer Altersteilzeit befinden.

3Die Überlassung von Vermögensbeteiligungen an frühere Arbeitnehmer des Arbeitgebers ist nur steuerfrei, soweit die unentgeltliche oder verbilligte Vermögensbeteiligung bei einer Abwicklung des früheren Dienstverhältnisses als Arbeitslohn für die tatsächliche Arbeitsleistung überlassen wird. Personen, die ausschließlich Versorgungsbezüge beziehen, stehen nicht mehr in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis.

1.1.2 Begünstigte Vermögensbeteiligungen

4Die Vermögensbeteiligungen, deren Überlassung nach § 3 Nummer 39 EStG steuerfrei ist, sind in § 3 Nummer 39 Satz 1 EStG i. V. m. § 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, b, f bis l und Absatz 2 bis 5 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes (5. VermBG) abschließend aufgezählt. Weitere Informationen zu den begünstigten Vermögensbeteiligungen finden sich im BMF-Schreiben vom (BStBl 2024 I S. ??? [2]). Sogenannte „virtuelle Beteiligungen“, also schlichte schuldrechtliche Bonusversprechen des Arbeitgebers, fallen nicht unter die Regelung für begünstige Vermögensbeteiligungen. Aktienoptionen sind keine Vermögensbeteiligungen i. S. d. Fünften Vermögensbildungsgesetzes. Jedoch kann sich z. B. nach Ausübung einer Aktienoption und dem darauffolgenden vergünstigten Bezug von Aktien ein steuerlich begünstigter Tatbestand ergeben („Vermögensbeteiligungen … verbilligt übertragen“).

5Begünstigt sind nur Vermögensbeteiligungen „am Unternehmen des Arbeitgebers“ (§ 3 Nummer 39 Satz 1 EStG). Unternehmen, die demselben Konzern i. S. d. § 18 des Aktiengesetzes (AktG) angehören, sind dem Unternehmen des Arbeitgebers i. S. d. § 3 Nummer 39 Satz 1 EStG zuzurechnen (siehe § 3 Nummer 39 Satz 3 EStG). Der Begriff „Unternehmen des Arbeitgebers“ umfasst das gesamte Betätigungsfeld des Arbeitgebers im lohnsteuerlichen Sinn; zum Arbeitgeberbegriff in diesem Sinne siehe § 1 Absatz 2 Satz 2 LStDV, R 19.1 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) sowie H 19.1 (Arbeitgeber) Lohnsteuer-Handbuch.

6Die Steuerfreiheit umfasst nicht inländische und ausländische Investmentanteile nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe c des 5. VermBG. Dies gilt auch dann, wenn das Sondervermögen oder der ausländische Investmentfonds Vermögenswerte des Arbeitgebers (insbesondere Aktien) beinhaltet.

7Der Erwerb von Vermögensbeteiligungen durch eine Bruchteilsgemeinschaft (z. B. ein gemeinsames Depot der Arbeitnehmerschaft) sowie der mittelbare Erwerb durch eine vermögensverwaltende Personengesellschaft (z. B. eine GbR oder eine nicht gewerblich geprägte GmbH & Co. KG) schließt die Steuerfreiheit nicht aus. An der Personengesellschaft müssen nicht ausschließlich Arbeitnehmer beteiligt sein.

1.1.3 Überlassung der Vermögensbeteiligung durch einen Dritten

8Der Arbeitgeber muss nicht Rechtsinhaber der zu überlassenden Vermögensbeteiligung sein, damit die Steuerfreiheit gewährt wird. Die Steuerfreiheit gilt deshalb auch für den geldwerten Vorteil, der bei Überlassung der Vermögensbeteiligung durch einen Dritten entsteht, sofern die Überlassung durch das gegenwärtige Dienstverhältnis veranlasst ist. Eine steuerfreie Überlassung von Vermögensbeteiligungen durch Dritte liegt z. B. vor, wenn der Arbeitnehmer die Vermögensbeteiligung unmittelbar erhält

  1. von einem Beauftragten des Arbeitgebers (z. B. einem Kreditinstitut oder anderen Unternehmen) oder

  2. von einem Unternehmen, das mit dem Unternehmen des Arbeitgebers in einem Konzern (§ 18 AktG) verbunden ist (z. B. Ausgabe von Aktien oder anderen Vermögensbeteiligungen durch eine Konzernobergesellschaft an Arbeitnehmer einer Konzernuntergesellschaft oder durch eine Konzerngesellschaft an Arbeitnehmer einer Schwestergesellschaft).

9Bei der Überlassung der Vermögensbeteiligung durch einen Dritten kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber in die Überlassung eingeschaltet ist oder ob der Arbeitgeber dem Dritten den Preis der Vermögensbeteiligung oder die durch die Überlassung entstehenden Kosten ganz oder teilweise ersetzt.

1.1.4 Mehrfache Inanspruchnahme der Steuerfreiheit

10§ 3 Nummer 39 EStG ist auf das einzelne Dienstverhältnis bezogen. Steht der Arbeitnehmer im Kalenderjahr in mehreren aufeinanderfolgenden Dienstverhältnissen oder gleichzeitig in mehreren Dienstverhältnissen, so kann die Steuerfreiheit für jedes dieser Dienstverhältnisse in Anspruch genommen werden.

1.1.5 Keine Steuerfreiheit von Geldleistungen

11Die Steuerfreiheit gilt nur für den geldwerten Vorteil, den der Arbeitnehmer durch die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung der Vermögensbeteiligung erhält. Deshalb sind nicht steuerfrei

  • Geldleistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer zur Begründung oder zum Erwerb der Vermögensbeteiligung und

  • mit dem Arbeitnehmer vereinbarte vermögenswirksame Leistungen i. S. d. Fünften Vermögensbildungsgesetzes, die zur Begründung oder zum Erwerb der Vermögensbeteiligung angelegt werden.

1.1.6 Nebenkosten und Depotgebühren

12Kein Arbeitslohn sind die vom Arbeitgeber übernommenen Nebenkosten, die mit der Überlassung von Vermögensbeteiligungen verbunden sind (z. B. Notariatsgebühren, Eintrittsgelder im Zusammenhang mit Geschäftsguthaben bei einer Genossenschaft oder Kosten für Registereintragungen). Ebenfalls kein Arbeitslohn sind vom Arbeitgeber übernommene Depotgebühren, die durch die Festlegung der Wertpapiere für die Dauer einer vertraglich vereinbarten Sperrfrist oder zur Minderung des administrativen Aufwands (z. B. für ein zentral verwaltetes Sammeldepot) entstehen. Auch die kostenlose Depotführung durch den Arbeitgeber führt nicht zu Arbeitslohn.

1.2 Einzubeziehende Arbeitnehmer (§ 3 Nummer 39 Satz 2 EStG)

13Nach § 3 Nummer 39 Satz 2 EStG ist - unabhängig von der arbeitsrechtlichen Verpflichtung zur Gleichbehandlung - Voraussetzung für die Steuerfreiheit, dass die Vermögensbeteiligung mindestens all jenen Arbeitnehmern (§ 1 LStDV) offensteht, die bei Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen des Arbeitgebers stehen. Einzubeziehen in das Beteiligungsangebot sind auch geringfügig Beschäftigte, Teilzeitkräfte, Auszubildende und weiterbeschäftigte Rentner. Arbeitnehmer, die weniger als ein Jahr in einem Dienstverhältnis zum Unternehmen des Arbeitgebers stehen, können einbezogen werden. Bei einem Konzernunternehmen müssen die Beschäftigten der übrigen Konzernunternehmen nicht einbezogen werden. Bei einem Entleiher sind Leiharbeitnehmer nicht einzubeziehen.

Der Ausschluss der Einbeziehung von Arbeitnehmern, die über Insiderinformationen i. S. d. der EU-Marktmissbrauchsverordnung oder anderer anwendbarer Gesetze verfügen, ist als vorbeugende Maßnahme zur Verhinderung/Vermeidung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten geboten und steht der Inanspruchnahme des Freibetrags bei den übrigen einzubeziehenden Arbeitnehmern nicht entgegen.

14Aus Vereinfachungsgründen muss der Arbeitgeber das Beteiligungsangebot nicht an folgende Arbeitnehmer richten:

  • in einem anderen inländischen Unternehmen tätige Arbeitnehmer, deren Dienstverhältnis deshalb ruht und mit denen das aufnehmende Unternehmen einen eigenständigen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat oder mit denen eine Entsendevereinbarung abgeschlossen wurde,

  • an ein ausländisches Unternehmen entsandte Arbeitnehmer (siehe BStBl 2001 I S. 796, Tz. 2.1),

  • Organe von Körperschaften,

  • Mandatsträger,

  • Arbeitnehmer mit einem gekündigten Dienstverhältnis und

  • Arbeitnehmer, die zwischen dem Zeitpunkt des Angebots und dem Zeitpunkt der Überlassung der Vermögensbeteiligung aus sonstigen Gründen aus dem Unternehmen ausscheiden (z. B. Auslaufen des Arbeitsvertrages).

14.1Sehen die Regelungen des Beteiligungsprogramms vor, dass der Arbeitgeber bestimmte Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern nach seinem Ermessen von einer Teilnahme ausschließt (z. B. mittels eines sog. Vetorechts des Arbeitgebers), steht allein die Möglichkeit des Ausübens dieses Rechts einer Inanspruchnahme des Steuerfreibetrags nicht entgegen. Schließt der Arbeitgeber allerdings tatsächlich einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern von der Teilnahme am Beteiligungsprogramm aus, ist von diesem Zeitpunkt an bei allen am Beteiligungsprogramm teilnehmenden Arbeitnehmern die Inanspruchnahme des Freibetrags insoweit ausgeschlossen. Die steuerliche Behandlung geldwerter Vorteile aus dem betreffenden Beteiligungsprogramm in vergangenen Lohnzahlungszeiträumen bleibt unberührt.

15War ein Arbeitgeber begründet davon ausgegangen, dass ein bestimmter Arbeitnehmer oder eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern nicht einbezogen werden muss, und stellt sich im Nachhinein etwas Anderes heraus, so bleibt die Steuerfreiheit des geldwerten Vorteils aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung der Vermögensbeteiligung bei den übrigen Arbeitnehmern aus Vereinfachungsgründen unberührt.

Beispiel:

Der Arbeitgeber ging davon aus, allen Arbeitnehmern ein Angebot zum verbilligten Erwerb einer Vermögensbeteiligung unterbreitet zu haben. Bei einer nicht einbezogenen Gruppe von Personen stellte sich jedoch bei einer Lohnsteuer-Außenprüfung heraus, dass es sich nicht um selbständig tätige Mitarbeiter, sondern um Arbeitnehmer handelt.

Lösung:

Die Steuerfreiheit des geldwerten Vorteils aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung der Vermögensbeteiligung der übrigen Arbeitnehmer bleibt davon unberührt.

17Die Konditionen, zu denen der Arbeitgeber den einzelnen Arbeitnehmern die Vermögensbeteiligungen überlässt, können differieren (z. B. bezüglich der Höhe einer Zuzahlung oder der Beteiligungswerte). Diese Differenzierung bedarf aus arbeitsrechtlicher Sicht eines sachlichen Grundes.

1.3 Bewertung der Vermögensbeteiligung (§ 3 Nummer 39 Satz 4 EStG)

18Nach § 3 Nummer 39 Satz 4 EStG ist die Vermögensbeteiligung mit dem gemeinen Wert bei der Überlassung anzusetzen. Die Vermögensbeteiligung kann aber auch mit dem gemeinen Wert bei Abschluss des für beide Seiten verbindlichen Veräußerungsgeschäfts angesetzt werden ( -, BStBl 2014 II S. 904). Der Wert der Vermögensbeteiligung bestimmt sich nach dem Bewertungsgesetz (BewG) und nicht nach dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort, wie er nach § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG sonst für die nicht in Geld bestehenden Einnahmen im Regelfall maßgeblich ist. § 8 Absatz 2 Satz 11 EStG und R 8.1 Absatz 2 Satz 3 LStR sind daher nicht anzuwenden.

19Für die Bewertung der Vermögensbeteiligungen, die in § 3 Nummer 39 EStG genannt sind, gilt § 3 Nummer 39 Satz 4 EStG als spezielle Bewertungsvorschrift, und zwar auch dann, wenn die Steuerfreiheit nach § 3 Nummer 39 EStG nicht greift. Der gemeine Wert wird nach § 9 Absatz 2 Satz 1 BewG im Allgemeinen durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Für Wertpapiere und (Unternehmens-)Anteile kommt als lex specialis § 11 BewG zur Anwendung. Dieser regelt die Ermittlung des gemeinen Wertes in der folgenden Reihenfolge:

Der Substanzwert als Mindestwert darf (außer bei Ansatz des Börsenkurses oder Ableitung aus Verkäufen unter fremden Dritten) nicht unterschritten werden (§ 11 Absatz 2 Satz 3 BewG).

Dieser Wertansatz ist in der Regel für die folgenden Vermögensbeteiligungen relevant:

Bei der Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften sind im Übrigen die bewertungsrechtlichen Regelungen der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom (BStBl 2011 I S. 606) zur Anwendung der §§ 11, 95 bis 109 und 199 ff. BewG in der Fassung des ErbStRG entsprechend anzuwenden ( BStBl 2011 I S. 859).

Bei Genossenschaftsanteilen (§ 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe g des 5. VermBG), (typisch) stillen Beteiligungen (§ 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe i des 5. VermBG), Darlehensforderungen (§ 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe k des 5. VermBG) und Genussrechten (§ 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe l des 5. VermBG) entspricht der gemeine Wert hingegen regelmäßig dem Nennwert.

20Veräußerungssperren mindern den Wert der Vermögensbeteiligung nicht (siehe -, BStBl 1989 II S. 608, und vom - VI R 67/05 -, BStBl II 2009 S. 282). Entsprechendes gilt für sonstige Verfügungsbeschränkungen.

21Aus Vereinfachungsgründen kann die Ermittlung des Wertes der Vermögensbeteiligung des einzelnen Arbeitnehmers am Tag der Ausbuchung beim Überlassenden oder bei dessen Erfüllungsgehilfen erfolgen; es kann auch auf den Vortag der Ausbuchung abgestellt werden. Bei allen begünstigten Arbeitnehmern kann aber auch der durchschnittliche Wert der Vermögensbeteiligungen angesetzt werden, wenn das Zeitfenster der Überlassung nicht mehr als einen Monat beträgt. Dies gilt jeweils im Lohnsteuerabzugs- und Veranlagungsverfahren.

1.4 Ermittlung des steuerfreien geldwerten Vorteils

22Der geldwerte Vorteil ergibt sich aus dem Unterschied zwischen dem Wert der Vermögensbeteiligung und dem Preis, zu dem die Vermögensbeteiligung dem Arbeitnehmer überlassen wird. Der Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Überlassung und der Zeitpunkt des Angebots an die Arbeitnehmer sind nicht maßgeblich. Bei einer Verbilligung ist es unerheblich, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen prozentualen Abschlag auf den Wert der Vermögensbeteiligung oder einen Preisvorteil in Form eines Festbetrags gewährt.

23Der bevorzugte Erwerb von Aktien zum Einstandskurs durch den Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einem Börsengang des Unternehmens des Arbeitgebers führt zu keinem geldwerten Vorteil, wenn auch fremde dritte natürliche Personen die Möglichkeit haben, Aktien zum Einstandspreis zu erwerben.

1.5 Keine Pauschalbesteuerung nach § 37b EStG

24Von der Anwendung der Pauschalbesteuerung nach § 37b EStG sind sämtliche Vermögensbeteiligungen ausgeschlossen (§ 37b Absatz 2 Satz 2 EStG). Steuerpflichtige geldwerte Vorteile aus der verbilligten oder unentgeltlichen Überlassung von Vermögensbeteiligungen (z. B. geldwerte Vorteile, die den steuerfreien Höchstbetrag nach § 3 Nummer 39 Satz 1 EStG übersteigen, sowie solche, bei denen die Steuerfreiheit des § 3 Nummer 39 EStG bereits dem Grunde nach nicht greift) sind danach individuell zu besteuern.

1.6 Zufluss, kein negativer Arbeitslohn

25Der Zuflusszeitpunkt richtet sich nach den allgemeinen lohnsteuerlichen Regelungen. Zeitpunkt des Zuflusses ist der Tag der Erfüllung des Anspruchs des Arbeitnehmers auf Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Vermögensbeteiligung ( -, BStBl 2005 II S. 770). Bei Aktien ist dies der Zeitpunkt der Einbuchung der Aktien in das Depot des Arbeitnehmers ( -, BStBl II 2009 S. 382). Zu Vereinfachungsregelungen siehe aber Rn. 18 bis 21.

26Ein Zufluss von Arbeitslohn liegt nicht vor, solange es dem Arbeitnehmer rechtlich unmöglich ist, über die Vermögensbeteiligung zu verfügen ( -, BStBl 2011 II S. 923 zu vinkulierten Namensaktien). Vertragliche Sperr- und Haltefristen hemmen den Zufluss hingegen nicht ( -, BStBl II 2009 S. 282).

27-29Muss der Arbeitnehmer aufgrund seiner mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung einen höheren Kaufpreis als z. B. den Kurswert der Vermögensbeteiligung zahlen, so führt dies nicht zu negativem Arbeitslohn. Entsprechendes gilt für Kursrückgänge nach dem Zuflusszeitpunkt.

2. Aufgeschobene Besteuerung geldwerter Vorteile aus Vermögensbeteiligungen (§ 19a EStG)

2.1 Allgemeines

30Die Besteuerung des geldwerten Vorteils aus Vermögensbeteiligungen bei Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen - KMU - (siehe Rn. 42) erfolgt nach § 19a Absatz 4 Satz 1 EStG erst zu einem späteren Zeitpunkt, i. d. R. bei Veräußerung oder unentgeltlicher Übertragung, spätestens jedoch nach 15 Jahren oder bei der Beendigung des Dienstverhältnisses. Durch die Regelung wird vermieden, dass bereits zum Zeitpunkt der Übertragung einer Vermögensbeteiligung vom Arbeitgeber oder einem Gesellschafter des Arbeitgebers (im nachfolgenden Text zusammengefasst als „Arbeitgeber“ bezeichnet) auf den Arbeitnehmer ein Vorteil (Sachbezug) zu versteuern ist, ohne dass dem Arbeitnehmer liquide Mittel zugeflossen sind.

31Mit der Regelung in § 19a EStG wird kein Systemwechsel in Bezug auf die Einkunftsart vorgenommen. Es gelten insoweit die allgemeinen Grundsätze. Mit der Übertragung einer Vermögensbeteiligung auf den Arbeitnehmer geht diese - wie bisher - in dessen Privatvermögen über. Die Besteuerung von Ausschüttungen, Zinsen etc. sowie von Veräußerungsgewinnen bzw. -verlusten richtet sich nach § 20 EStG bzw. nach § 17 EStG.

2.1.1 Begünstigter Personenkreis (§ 19a Absatz 1 Satz 1 EStG)

32Die Rn. 1, 2 und 3 Satz 2 gelten entsprechend.

2.1.2 Begünstigte Vermögensbeteiligungen (§ 19a Absatz 1 Satz 1 und 2 EStG)

33Die Rn. 4 bis 7 gelten in der Regel entsprechend.

34Eine sog. Konzernregelung enthält § 19a EStG - anders als § 3 Nummer 39 EStG (dort Satz 3) - nicht (siehe Rn. 5 Satz 2). Vermögenbeteiligungen an anderen Unternehmen desselben Konzerns i. S. d. § 18 AktG gelten damit nicht als Vermögensbeteiligungen an dem Unternehmen des Arbeitgebers (§ 19a Absatz 1 Satz 1 EStG). § 19a EStG ist daher auf entsprechende Vermögensbeteiligungen nicht anwendbar.

35Vermögensbeteiligungen müssen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Die Übertragung im Zusammenhang mit Gehaltsumwandlungen und anderen in § 8 Absatz 4 EStG genannten Sachverhalten ist deshalb nicht begünstigt. Unschädlich ist, wenn sog. virtuelle Beteiligungen (zum Begriff siehe Rn. 4) durch Vermögensbeteiligungen i. S. d. § 19a Absatz 1 Satz 1 EStG ersetzt werden.

2.1.3 Zufluss bei Verfügungsbeschränkungen (§ 19a Absatz 1 Satz 3 EStG)

35.1Bei Vermögensbeteiligungen gelten die allgemeinen Grundsätze zum Zufluss von Arbeitslohn (vgl. R 38.2 LStR, H 38.2 LStH).

35.2Für ab dem übertragene Vermögensbeteiligungen gilt ein Vorteil aus der unentgeltlichen oder verbilligten Übertragung von Vermögensbeteiligungen i. S. d. § 19a Absatz 1 Satz 1 EStG auch dann als lohnsteuerlich zugeflossen, wenn es dem Arbeitnehmer rechtlich unmöglich ist, über die Vermögensbeteiligung zu verfügen (§ 19a Absatz 1 Satz 3 EStG). Dies gilt aber nur, wenn alle Voraussetzungen von § 19a EStG erfüllt sind. U. a. muss der Arbeitnehmer der aufgeschobenen Besteuerung zustimmen (Rn. 41).

35.3Beispiel:

Der Arbeitnehmer erhält von den Gründern einer in 2020 gegründeten Start-up-Gesellschaft, die die in § 19a Absatz 3 Satz 1 EStG genannten Schwellenwerte nicht überschreitet, im Jahr 2024 unentgeltlich nach § 19a EStG begünstigte Anteile mit einem Wert von 10 000 Euro als zusätzlichen Arbeitslohn vinkuliert übertragen. Der Arbeitnehmer stimmt der vorläufigen Nichtbesteuerung nach § 19a Absatz 1 EStG zu (§ 19a Absatz 2 Satz 1 EStG). Im Jahr 2028 sind die Anteile 50 000 Euro wert. Im Zuge eines Exits (Ausstieg der Gründer der Start-up-Gesellschaft) sollen sämtliche Anteile an einen Investor veräußert werden. Die Gesellschaft erteilt nunmehr die Zustimmung zu einer Veräußerung, die anschließend auch vom Arbeitnehmer durchgeführt wird.

Lösung:

Aufgrund der Fiktion in § 19a Absatz 1 Satz 3 EStG gilt der geldwerte Vorteil von 10 000 Euro mit der Anschaffung im Jahr 2024 als zugeflossen. § 19a EStG findet Anwendung, so dass die Lohnversteuerung erst zum Zeitpunkt der Veräußerung im Jahr 2028 und dann mit einem Betrag von 8 000 Euro (geldwerter Vorteil abzüglich Freibetrag von 2 000 Euro) unter Anwendung des progressiven Steuertarifs erfolgt. Der Wertzuwachs von 40 000 Euro zwischen der Anschaffung im Jahr 2024 und der Veräußerung im Jahr 2028 unterliegt der Besteuerung nach § 20 bzw. § 17 EStG.

2.1.4 Berücksichtigung des Freibetrags nach § 3 Nummer 39 EStG (§ 19a Absatz 1 Satz 4 EStG)

36Bei der Ermittlung des Vorteils i. S. d. § 19a Absatz 1 Satz 1 EStG ist der Freibetrag nach § 3 Nummer 39 EStG abzuziehen, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Die Rn. 1 bis 27 sind zu beachten.

2.1.5 Vorsorgepauschale (§ 19a Absatz 1 Satz 5 und Absatz 4 Satz 3 EStG)

37Steuerfreie bzw. nicht zu besteuernde Vorteile werden bei der Berechnung der Vorsorgepauschale (§ 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 EStG) nicht berücksichtigt. Siehe u. a. Tz. 2 des (BStBl 2013 I S. 1532).

38Nicht besteuerte Arbeitsentgelte aus der Übertragung einer Vermögensbeteiligung i. S. d. § 19a Absatz 1 Satz 1 EStG unterliegen der Sozialversicherungspflicht (siehe § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zweiter Halbsatz der Sozialversicherungsentgeltverordnung). Nach § 19a Absatz 1 Satz 5 EStG sind diese nicht besteuerten Arbeitsentgelte daher bei der Berechnung der Vorsorgepauschale einzubeziehen.

39Bei der Besteuerung in einem späteren Zeitpunkt (Rn. 30) fallen dann keine Sozialversicherungsbeiträge mehr an. Der dann zu besteuernde Vorteil ist daher nicht bei der Berechnung der Vorsorgepauschale einzubeziehen (siehe § 19a Absatz 4 Satz 3 EStG).

39.1Die Rn. 38 und 39 gelten auch für Anteile mit Verfügungsbeschränkungen, die unter § 19a Absatz 1 Satz 3 EStG fallen (Rn. 35.1 ff.). Unbeachtlich ist, ob und zu welchem Zeitpunkt tatsächlich Sozialversicherungsbeiträge für die Übertragung dieser Anteile anfallen. Eine Einbeziehung in die Vorsorgepauschale hat immer im Zeitpunkt der Übertragung zu erfolgen (§ 19a Absatz 1 Satz 5 EStG). Im Zeitpunkt der Besteuerung darf die Übertragung der Anteile mit Verfügungsbeschränkungen nicht bei der Vorsorgepauschale berücksichtigt werden (§ 19a Absatz 4 Satz 3 EStG), selbst wenn erst zu diesem Zeitpunkt Sozialversicherungsbeiträge anfallen.

2.1.6 Bewertung der Vermögensbeteiligung (§ 19a Absatz 1 Satz 5 EStG)

40Die Rn. 18 bis 21 gelten entsprechend.

2.1.7 Zustimmungserfordernis des Arbeitnehmers (§ 19a Absatz 2 EStG)

41Die vorläufige Nichtbesteuerung nach § 19a Absatz 1 Satz 1 EStG mit Zustimmung des Arbeitnehmers (§ 19a Absatz 2 EStG) ist bis zum Abschluss des Lohnsteuerabzugsverfahrens und damit bis zur Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung zulässig (siehe § 41c Absatz 3 Satz 1 EStG). Eine Nachholung der vorläufigen Nichtbesteuerung im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer ist ausgeschlossen (§ 19a Absatz 2 Satz 2 EStG).

2.2 Fördervoraussetzungen (§ 19a Absatz 3 EStG)

42Die vorläufige Nichtbesteuerung nach § 19a Absatz 1 EStG ist nur dann anzuwenden, wenn das Unternehmen des Arbeitgebers bei der Übertragung der Vermögensbeteiligung auf den Arbeitnehmer (maßgeblich ist der Zeitpunkt der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Arbeitnehmers über die Vermögensbeteiligung, siehe Rn. 25) die in § 19a Absatz 3 Satz 1 EStG genannten Schwellenwerte nicht überschreitet oder in einem der sechs vorangegangenen Kalenderjahre nicht überschritten hat, und die Gründung des Unternehmens nicht mehr als 20 Jahre vor dem Zeitpunkt der Übertragung liegt. Zur Bestimmung der KMU-Schwellenwerte im Rahmen der Anwendung von § 19a EStG sind die Artikel 4 und 5 des Anhangs der Empfehlung der Kommission vom betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom , S. 36) in der jeweils geltenden Fassung zu berücksichtigen. Mithin berechnet sich die Mitarbeiterzahl nach der Zahl der Jahresarbeitseinheiten. Hinsichtlich der Mitarbeiterzahl und der Schwellenwerte ist dabei gemäß Artikel 4 Absatz 1 des Anhangs der Empfehlung der Kommission vom auf den Stichtag des letzten Rechnungsabschlusses abzustellen; der Status eines KMU geht (auch für Zwecke des § 19a EStG) erst verloren bzw. wird erworben, wenn es in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren zu einer Über- oder Unterschreitung kommt. Hinsichtlich der KMU-Definition gelten hinsichtlich der Anwendung des § 19a EStG unter Berücksichtigung von Artikel 2 Absatz 1 des Anhangs der Empfehlung der Kommission vom derzeit folgende Schwellenwerte:

  • weniger als 1 000 Mitarbeiter (= 4 x 250 Mitarbeiter) und

  • Jahresumsatz höchstens 100 Mio. Euro (= 2 x 50 Mio. Euro) oder Jahresbilanzsumme höchstens 86 Mio. Euro (= 2 x 43 Mio. Euro).

2.3 Nachgeholte Besteuerung (§ 19a Absatz 4 EStG)

2.3.1 Allgemeines (§ 19a Absatz 4 Satz 1 EStG)

43Vorteile, die im Kalenderjahr der Übertragung der Vermögensbeteiligung nicht besteuert wurden, werden erst in einem späteren Zeitpunkt aufgeschoben besteuert. § 19a Absatz 4 Satz 1 EStG regelt abschließend den Besteuerungszeitpunkt (siehe Rn. 30). Tritt einer der dort genannten Fälle ein, so unterliegen bisher nicht besteuerte Vorteile zu diesem Zeitpunkt der Besteuerung und dem Lohnsteuerabzug. Sind seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung mindestens drei Jahre vergangen, sind die als sonstiger Bezug vor dem zufließenden zu besteuernden Vorteile im Lohnsteuerabzugsverfahren nach der sog. Fünftelungsregelung ermäßigt zu besteuern (§ 19a Absatz 4 Satz 2 i. V. m. § 34 Absatz 1 und § 39b Absatz 3 Satz 9 und 10 EStG i. d. F. des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes). Im Lohnsteuerabzugsverfahren sind die weiteren Voraussetzungen für die Tarifermäßigung (z. B. das Vorliegen einer Zusammenballung) nicht zu prüfen und als erfüllt anzusehen. Für die als sonstiger Bezug nach dem 31. Dezember 2024 zufließenden zu besteuernden Vorteile ist der Lohnsteuerabzug ohne Berücksichtigung der Fünftelungsregelung durchzuführen (§ 19a Absatz 4 Satz 2 i. V. m. § 34 Absatz 1 EStG i. d. F. des Wachstumschancengesetzes).

44Aus der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht oder einer Verlagerung der Ansässigkeit im Sinne eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ins Ausland folgt keine Besteuerung, soweit nicht zeitgleich einer der in § 19a Absatz 4 Satz 1 EStG genannten Tatbestände eintritt. Ebenso führt eine fiktive Veräußerung im Rahmen der Wegzugsbesteuerung nach § 6 des Außensteuergesetzes oder nach § 17 Absatz 5 EStG für sich allein nicht zu einer Besteuerung nach § 19a Absatz 4 EStG.

45Werden Teile der Vermögensbeteiligungen veräußert oder unentgeltlich übertragen, so unterliegt der Besteuerung nur der Vorteil, der damit im Zusammenhang steht und bisher nicht besteuert worden ist. Vorbehaltlich eines anderen Nachweises wird davon ausgegangen, dass die zuerst übertragenen Vermögensbeteiligungen zuerst veräußert werden.

Beispiel:

Im März 2024 und März 2025 überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer unentgeltlich jeweils 100 Aktien. Für das Jahr 2024 beträgt der nach § 19a Absatz 1 Satz 1 EStG nicht besteuerte Vorteil 2 000 Euro, für das Jahr 2025 2 500 Euro. Der Arbeitnehmer stimmt der Besteuerung in einem späteren Zeitpunkt nach § 19a Absatz 2 Satz 1 EStG zu. Im August 2028 veräußert der Arbeitnehmer 150 Aktien.

Lösung:

Durch die Veräußerung der 150 Aktien ist der Besteuerungstatbestand des § 19a Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 EStG erfüllt. Im August 2028 unterliegen folgende Vorteile als sonstiger Bezug dem Lohnsteuerabzug:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
für 2024:
100 / 100 Aktien x 2 000 Euro
= 2 000 Euro
für 2025:
50 / 100 Aktien x 2 500 Euro
= 1 250 Euro,
zusammen
= 3 250 Euro.

Im März 2040 (15 Jahre nach Übertragung im Jahr 2025) unterliegen die Vorteile i. H. d. Restbetrags von 1 250 Euro (2 000 Euro nicht besteuert im März 2024 zuzüglich 2 500 Euro nicht besteuert im März 2025 abzüglich der im August 2028 besteuerten Vorteile von 3 250 Euro) als sonstiger Bezug dem Lohnsteuerabzug. Daneben tritt die Besteuerung nach § 20 bzw. § 17 EStG. Zum Fall der Wertminderung siehe Rn. 49 ff.

2.3.2 Beendigung des Dienstverhältnisses (§ 19a Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 EStG)

47Ein durch den Betriebsübergang nach § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches bedingter Arbeitgeberwechsel führt zu keiner Beendigung, sondern zur Fortsetzung des bisherigen Dienstverhältnisses ( -, BStBl 1997 II S. 666).

48Übernimmt der bisherige Arbeitgeber bei Beendigung des Dienstverhältnisses die Lohnsteuer, so ist der übernommene Abzugsbetrag nicht Teil des zu besteuernden Arbeitslohns (§ 19a Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 Satz 2 EStG). Damit wird der Vorteil des Arbeitnehmers aus der Steuerübernahme steuerfrei gestellt. Die Lohnsteuer ist bei der Übernahme durch den Arbeitgeber nicht höher, als in dem Fall, in dem der Arbeitnehmer die Lohnsteuer trägt. Die Regelung gilt für die Annexsteuern (ggf. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) entsprechend.

2.3.3 Wertminderungen der Vermögensbeteiligung (§ 19a Absatz 4 Satz 4 bis 6 EStG)

49Ist in den in § 19a Absatz 4 Satz 1 EStG genannten Fällen der gemeine Wert der Vermögensbeteiligung abzüglich geleisteter Zuzahlungen des Arbeitnehmers niedriger als der nach § 19a Absatz 1 EStG nicht besteuerte Vorteil, so unterliegt nur der zu diesem Zeitpunkt anzusetzende gemeine Wert der Vermögensbeteiligung abzüglich geleisteter Zuzahlungen der Besteuerung (§ 19a Absatz 4 Satz 4 erster Halbsatz EStG). In diesen Fällen gilt neben den geleisteten Zuzahlungen nur der tatsächlich besteuerte Vorteil als Anschaffungskosten i. S. d. §§ 17 und 20 EStG (§ 19a Absatz 4 Satz 5 EStG).

Beispiele:
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A
B
C
D
E
F
gemeiner Wert bei Überlassung
10 000
10 000
10 000
10 000
10 000
10 000
Zuzahlung des Arbeitnehmers
0
0
0
1 500
1 500
1 500
steuerfrei nach § 3 Nummer 39 EStG
2 000
2 000
2 000
2 000
2 000
2 000
nicht besteuerter Vorteil
8 000
8 000
8 000
6 500
6 500
6 500
Anschaffungskosten §§ 17, 20 EStG
10 000
10 000
10 000
10 000
10 000
10 000
Verkauf für … bzw. gem. Wert nach Ablauf von 15 Jahren/bei Beendigung des Dienstverhältnisses von …
12 000
9 000
7 000
9 000
7 000
Totalverlust
nachgeholt zu besteuern
8 000
(weil 12 000 ≥ 8 000)
8 000
(weil 9 000 ≥ 8 000)
7 000
(weil 7 000 < 8 000)
6 500
(weil [9 000 - 1 500] ≥ 6 500)
5 500
(weil [7 000 - 1 500] < 6 500)
0
(weil [0 - 1 500] < 6 500)
geänderte Anschaffungskosten
nein
nein
7 000
nein
7 000
(1 500 + 5 500)
1 500
(1 500 + 0)
zu besteuern nach §§ 17, 20 EStG
2 000
(12 000 - 10 000)
- 1 000
(9 000 - 10 000)
0
(7 000 - 7 000)
- 1 000
(9 000 - 10 000)
0
(7 000 - 7 000)
- 1 500
(0 - 1 500)

50.1Im Fall des Besteuerungstatbestands „Beendigung des Dienstverhältnisses zum bisherigen Arbeitgeber“ (§ 19a Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 EStG) tritt bei einem Rückerwerb der Vermögensbeteiligung durch den Arbeitgeber, einen Gesellschafter des Arbeitgebers oder ein Unternehmen i. S. d. § 18 AktG an die Stelle des gemeinen Werts die vom Arbeitgeber, von einem Gesellschafter des Arbeitgebers oder einem Unternehmen i. S. d. § 18 AktG gewährte Vergütung (§ 19a Absatz 4 Satz 4 zweiter Halbsatz EStG). Dies gilt auch für Vermögensbeteiligungen, die vor 2024 übertragen wurden. Der Rückerwerb muss nicht an den ursprünglichen Veräußerer erfolgen. Ausreichend ist vielmehr, dass an einen der drei benannten Personen veräußert wird.

51Rn. 49 gilt nicht, soweit die Wertminderung der Vermögensbeteiligung nicht betrieblich veranlasst ist oder auf einer gesellschaftsrechtlichen Maßnahme, insbesondere einer Ausschüttung oder Einlagenrückgewähr, beruht (§ 19a Absatz 4 Satz 5 EStG). In diesen Fällen ist insoweit der nicht besteuerte Vorteil weiterhin Bemessungsgrundlage für die Besteuerung.

2.4 Haftungsübernahme durch den Arbeitgeber und weiteres Hinausschieben der Besteuerung (§ 19a Absatz 4a EStG)

51.1Eine Besteuerung aufgrund der Tatbestände „Ablauf von 15 Jahren“ und „Beendigung des Dienstverhältnisses“ (§ 19a Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 EStG) ist nicht vorzunehmen, wenn der Arbeitgeber unwiderruflich erklärt, dass er für die einzubehaltende und abzuführende Lohnsteuer nach § 42d EStG haftet (§ 19a Absatz 4a Satz 1 EStG). In diesen Fällen löst erst der spätere Tatbestand „entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung“ (§ 19a Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 EStG) eine Besteuerung aus. Die sonst übliche - haftungsbefreiende - Anzeige (§ 38 Absatz 4 Satz 2 i. V. m. § 42d Absatz 2 EStG) ist hier nicht möglich. Durch die unwiderrufliche Erklärung des Arbeitgebers zur Kennzahl 21 der Lohnsteuer-Anmeldung ( BStBl 2023 I S. 1649) erfährt das Betriebsstättenfinanzamt von entsprechenden Sachverhalten und kann im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung die zutreffende steuerliche Behandlung prüfen. Die Erklärung des Arbeitgebers hat spätestens in der dem betreffenden Ereignis folgenden Lohnsteuer-Anmeldung zu erfolgen. Das ist die Lohnsteuer-Anmeldung, mit der die aufgrund der Nachversteuerung einzubehaltende Lohnsteuer hätte angemeldet werden müssen.

51.2Beispiel:

Das Dienstverhältnis wird am beendet.

Lösung:

Abgabe der Erklärung des Arbeitgebers spätestens mit der Lohnsteuer-Anmeldung April 2024, die bis zum zu übermitteln bzw. abzugeben ist, da die Besteuerung im Monat April (als sonstiger Bezug) hätte erfolgen müssen.

51.3Im Zeitpunkt der Besteuerung (Tatbestand „entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung“) unterliegt der geldwerte Vorteil dem Lohnsteuerabzug nach den allgemeinen lohnsteuerlichen Regelungen. Die Lohnsteuerabzugspflicht besteht auch, wenn das Dienstverhältnis vor dem Zeitpunkt der Besteuerung beendet wurde. Kein Lohnsteuerabzug ist möglich, wenn die Lohnsteuer nicht von Bezügen des Arbeitnehmers zurückbehalten werden kann (z. B. weil der Barlohn zur Deckung der Lohnsteuer nicht ausreicht oder der Arbeitnehmer keinen Barlohn mehr bezieht) und der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht zur Verfügung stellt. In diesem Fall hat der Arbeitgeber den fehlenden Lohnsteuerabzug beim Betriebsstättenfinanzamt anzuzeigen (§ 38 Absatz 4 Satz 1 und 2 EStG). Die Anzeige wirkt nicht haftungsbefreiend.

51.4Nach § 19a Absatz 4a Satz 2 EStG erfordert eine Haftungsinanspruchnahme dann keine weitere Ermessensprüfung mehr. Das Betriebsstättenfinanzamt kann sich unmittelbar an den Arbeitgeber wenden. Der Arbeitgeber kann immer in Anspruch genommen werden; es kommt nicht darauf an, ob eine vorrangige Inanspruchnahme des Arbeitnehmers als Steuerschuldner möglich wäre.

2.5 Bestätigung der Höhe des nicht besteuerten Vorteils durch das Betriebsstättenfinanzamt (§ 19a Absatz 5 EStG)

52Das Betriebsstättenfinanzamt hat nach der Übertragung einer Vermögensbeteiligung an einen Arbeitnehmer im Rahmen einer gebührenfreien Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) den vom Arbeitgeber nicht besteuerten Vorteil zu bestätigen. Vor der Übertragung einer Vermögensbeteiligung ist keine Wertbestätigung möglich, da sich der Wert bis zur Übertragung noch verändern kann. Eine Bestätigung wird nur erteilt, wenn der vom Arbeitgeber gewählte Wertansatz den geltenden Bestimmungen entspricht. Zu möglichen Wertansätzen einer geplanten Überlassung wird keine Auskunft erteilt. Die Bestätigung der Höhe des nicht besteuerten Vorteils setzt voraus, dass - in der Regel durch den Arbeitgeber - sowohl der ermittelte Wert als auch Unterlagen zur Wertermittlung dem Betriebsstättenfinanzamt vorgelegt werden. Aufgabe des Betriebsstättenfinanzamts ist die Überprüfung, nicht jedoch die Ermittlung des zu bestätigenden Wertes.

53Anspruch auf eine Anrufungsauskunft haben der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer als Beteiligte, ggf. auch ein die Pflichten des Arbeitgebers erfüllender Dritter.

54Dem Arbeitnehmer steht es im Jahr der nachzuholenden Besteuerung frei, im Veranlagungsverfahren oder im Einspruchsverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid einen niedrigeren Wert des Vorteils nachzuweisen. Denn die Anrufungsauskunft entfaltet eine Bindungswirkung nur im Lohnsteuerabzugsverfahren, nicht jedoch im Veranlagungsverfahren. Zudem kann ein ggf. niedrigerer Wert auch bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren im Besteuerungszeitpunkt anstelle des in der Anrufungsauskunft bestätigten Wertes angesetzt werden. Mangels fehlender Bindungswirkung im Veranlagungsverfahren kann es hier auch zu einem höheren Wertansatz kommen, sofern der Wert für den Nichtbesteuerungszeitpunkt materiell-rechtlich unzutreffend ermittelt wurde. Ein höherer Wertansatz im Veranlagungsverfahren aufgrund eines zwischen Nichtbesteuerungsund Besteuerungszeitpunkts gestiegenen gemeinen Werts hingegen ist - anders als der Ansatz eines niedrigeren Werts gem. § 19a Absatz 4 Satz 4 EStG - nicht zulässig.

55Unabhängig von der Anrufungsauskunft nach § 19a Absatz 5 EStG kann eine Anrufungsauskunft zu steuerrechtlichen Einschätzungen im Zusammenhang mit der Überlassung von Vermögensbeteiligungen gestellt werden (z. B. zu den einzubeziehenden Arbeitnehmern nach § 3 Nummer 39 EStG, zur nachzuholenden Besteuerung nach § 19a Absatz 4 EStG).

2.6 Aufzeichnungen im Lohnkonto (§ 19a Absatz 6 EStG)

56-57Der nicht besteuerte Vorteil aus der unentgeltlichen oder verbilligten Übertragung der Vermögensbeteiligung und die übrigen Angaben der aufgeschobenen Besteuerung sind vom Arbeitgeber im Lohnkonto aufzuzeichnen. Die im Lohnsteuerabzugsverfahren maßgebliche sechsjährige Aufbewahrungsfrist verlängert sich; sie endet hier nicht vor Ablauf von sechs Jahren nach der nachgeholten Besteuerung.

3. Mitarbeiterbeteiligungsprogramm nach französischem Recht (FCPE)

58Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (siehe u. a. -, BStBl 2005 II S. 766, zu den Wandelschuldverschreibungen) führt das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber im Regelfall noch nicht zum Lohnzufluss. Der Zufluss ist erst mit der Erfüllung des Anspruchs (der Gewinnchance) gegeben. Ein Vorteil ist dem Arbeitnehmer erst dann zugeflossen, wenn die geschuldete Leistung tatsächlich erbracht worden ist, er also wirtschaftlich verfügt oder zumindest verfügen kann.

59Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erfolgt bei Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen mittels Einschaltung eines Fonds Commun de Placement d'Entreprise (FCPE) nach französischem Recht und in gleich gelagerten Fällen eine Besteuerung des geldwerten Vorteils erst bei der Auflösung des Programms und der Überweisung eines Geldbetrags an den Arbeitnehmer bzw. der Zuwendung anderer Vorteile (z. B. Tausch in Aktien). Dies gilt unabhängig von der Ausgestaltung im Einzelfall. Bis zur Auflösung des Programms fließen dem Arbeitnehmer auch keine Kapitaleinkünfte (Dividenden, Zinsen etc.) zu.

BMF v. - IV C 5 - S 2347/24/10001 :001

Fundstelle(n):
MAAAJ-68095

1Die Änderungen gegenüber dem (BStBl 2021 I S. 2308) sind durch Fettdruck hervorgehoben.

2Seitenzahl wird von der Redaktionsleitung des Bundessteuerblattes ergänzt.