Grundlohn nach § 3b EStG
Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit
Über die seit Dekaden bestehende Befreiung von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit lässt sich gleichheitsrechtlich und steuersystematisch trefflich diskutieren (vgl. NWB 24/2022 S. 1684). In zahlreichen Branchen und für viele Beschäftigte sowie Unternehmen und Einrichtungen ist die Regelung indes existentieller Teil des Vergütungsmodells. Trivial ist die Anwendung des § 3b EStG allerdings nicht, hält die Norm doch einige Fallstricke bereit. Einer davon ist sicherlich die zutreffende Bestimmung des Grundlohns, an dessen Höhe die maximal befreiungsfähigen Zuschläge bemessen werden. Über jenen Grundlohn – gesetzlich definiert in § 3b Abs. 2 Satz 1 EStG – wurde im BFH-Fall VI R 11/21 gestritten. Es ging dabei um die Frage, ob auf Grundlage einer Gehaltsumwandlung geleistete Beiträge an eine zugunsten der Arbeitnehmer eingerichtete Unterstützungskasse als Teil des Grundlohns anzusehen waren. Weder die von der Arbeitgeberin erteilte Zusage auf Alters- und Hinterbliebenenversorgung noch der Leistungsplan der Unterstützungskasse vermittelten den versorgungsberechtigten Arbeitnehmern einen eigenen Anspruch gegenüber der Kasse. Das Finanzamt erkannte die Beiträge nicht als Teil des Grundlohns an, da zu diesem nur tatsächlich zugeflossene Entgelte zählen könnten. Die Klage dagegen – nach entsprechendem Vorverfahren – blieb vor dem Finanzgericht erfolglos, der BFH jedoch sah die Revision als begründet an.
In seinen Ausführungen hebt das Gericht direkt zu Beginn hervor, dass die Frage des Zuflusses (schon) aufgrund des eindeutigen Normwortlauts für die Grundlohnbestimmung irrelevant ist. Die Regelung stellt auf „zustehenden“ Arbeitslohn ab. Grundlohn steht dem Arbeitnehmer zu, wenn er ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung geschuldet wird. Nach Sicht des BFH bestätigen auch Sinn und Zweck, die Entstehungsgeschichte sowie die bisherige Rechtsprechung diese Wertung. Mit der Steuerbefreiung soll ein finanzieller Ausgleich für die besonderen Belastungen durch die ungünstig liegenden Arbeitszeiten geschaffen werden. Gelingen könne dies nur bei Bestimmung der Befreiung nach dem vereinbarten laufenden Arbeitslohn, weil nur dann der Arbeitnehmer von Anbeginn und vor Ableistung des Dienstes ersehen könne, in welcher Höhe Zuschläge steuerfrei bleiben. Zudem war der hier strittige Aspekt bereits in den Vorgängerregelungen der heutigen Vorschrift sehr ähnlich geregelt; diese stellten ebenfalls auf „zustehenden Lohn“ ab. Soweit bisherige Rechtsprechung auf § 39b EStG rekurriert, geschehe dies (lediglich) ob der Notwendigkeit, zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen zu unterscheiden. Im Übrigen sind selbst die Regelungen in R 3b LStR davon getragen, auf den arbeitsvertraglich geschuldeten Lohn abzustellen, etwa bei Erläuterung der Rechengröße „Basisgrundlohn“, die nach dem für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum vereinbarten Grundlohn zu ermitteln ist.
Die treffende Argumentation des BFH führt hier zu einer breiteren Anwendung der Steuerbefreiung. Allerdings wirft der Fall erneut etwas Licht auf die Komplexität der Regelung. Aus meiner Sicht bleibt es dabei: § 3b EStG ist kein Glanzstück des deutschen Steuerrechts.
Lukas Hilbert
Fundstelle(n):
NWB 2023 Seite 3481
LAAAJ-55419