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NWB-BB Nr. 11 vom Seite 343

Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes – Chance vertan?

Überblick und Bewertung der neuen Regeln für Unternehmen

RA Julian Stinauer

Durch das reformierte Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird es ab November 2023 schrittweise Änderungen geben, welche die Integration ausländischer Fachkräfte vereinfachen und somit für eine Entlastung auf dem Arbeitsmarkt sorgen sollen. Ob diese Reform den angekündigten großen Wurf bedeutet, wird allerdings von vielen Seiten skeptisch betrachtet.

Kernaussagen
  • Die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse wurde vereinfacht.

  • Die Berücksichtigung der Berufserfahrung bietet einen tatsächlichen Mehrwert der Reform.

  • Die überarbeiteten Regelungen der „Blauen Karte EU“ dürften für einige Unternehmen sehr hilfreich sein.

  • Die nach wie vor langwierigen Verwaltungsvorgänge in den Behörden werden wohl weiterhin bestehen bleiben.

I. Welche Neuerungen sind zu erwarten?

1. Überblick

Am hat der Bundestag das reformierte Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschlossen. Es ist eine Reaktion auf die weiterhin mehr als angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt und soll Lösungen liefern für den sich stetig verschärfenden Fachkräftemangel. Im Kern enthält die Reform die folgenden Änderungen:

  • Senkung der Gehaltsschwellen bei der Blauen Karte EU bei gleichzeitiger Verkürzung der Wartezeiten bis zur Verstetigung des Aufenthaltes.

  • Ermöglichung der Einwanderung von beruflich gebildeten Drittausländern ohne anerkannten ausländischen Abschluss (sog. Chancenkarte).

  • Erhöhung der Kontingente für Ungelernte.

  • Ausweitung der innereuropäischen Mobilität.

2. Zeitplan und Ziel der Bundesregierung

Ursprünglich ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz zum und damit zu den frühen Zeiten der Corona-Pandemie in Deutschland in Kraft getreten. Allerdings zeigte sich schnell, dass die Maßnahmen des Gesetzes nicht ausreichten und der Fachkräftemangel sich stetig fortentwickelte. Dabei verhinderten sicher auch die Auswirkungen der Pandemie weltweit einen größeren Nutzen.

Die nun beschlossenen Änderungen treten ab November 2023 schrittweise in Kraft und sollen die aufgezeigten Schwachstellen beseitigen und das enorme Loch auf dem Arbeitsmarkt stopfen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat das Vorhaben der Bundesregierung wie folgt beschrieben:

„Wir nutzen endlich die Chance, ein modernes Einwanderungsrecht zu schaffen. Wir werden dafür sorgen, dass wir die Fachkräfte ins Land holen, die unsere Wirtschaft seit Jahren dringend braucht. Wer mit dem Mittelstand und dem Handwerk spricht, der weiß, dass wir nur so den Wohlstand unseres Landes sichern können. Wir wollen, dass Fachkräfte schnell nach Deutschland kommen und durchstarten können. Bürokratische Hürden wollen wir aus dem Weg räumen. Wenn Menschen Berufserfahrung oder persönliches Potenzial mitbringen, werden wir es ihnen ermöglichen, auf unserem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.“

3. Drei Säulen als Basis der Reform

Zusammenfassend betrachtet basiert die Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes auf drei Säulen:

  1. der Fachkräftesäule,

  2. der Erfahrungssäule und

  3. der Potenzialsäule.

Zentrales Element der Einwanderung soll die Fachkräftesäule bleiben.

Im Folgenden werden die damit einhergehenden wichtigsten Änderungen dargestellt und die Auswirkungen auf die besonders betroffenen kleinen und mittelständischen Unternehmen beleuchtet. Selbstverständlich kann es sich dabei nur um eine erste Prognose handeln, da der Praxistest unter Einbeziehung der oben dargestellten vollmundigen Versprechen erst im Laufe des kommenden Jahres Gelegenheit für ein Fazit lässt.S. 344