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BBK Nr. 16 vom Seite 735

Einspruchsverfahren: Tipps und Hinweise (Teil 1)

Einspruch gegen den richtigen Bescheid

Bernd Rätke

Im [i]v. Wedelstädt, Einspruch, infoCenter NWB ZAAAB-04802 Einspruchsverfahren gibt es zahlreiche Tücken und Hindernisse, die eine erfolgreiche Anfechtung des richtigen Bescheids verhindern. Der Beitrag wendet sich an Unternehmer und deren Mitarbeiter im Rechnungswesen, die Steuerbescheide selbst prüfen. Er wendet sich aber auch an die Mitarbeiter von Steuerbüros, die in ihrer täglichen Praxis gegen Steuerbescheide Einsprüche einlegen müssen. Anhand von zahlreichen Beispielsfällen werden die Besonderheiten des Einspruchsverfahrens erläutert und praktische Tipps und Hinweise für das Einspruchsverfahren gegeben. Der Beitrag bildet den Auftakt einer fünfteiligen Reihe zum Einspruchsverfahren. Die weiteren Teile behandeln die Berechnung der Einspruchsfrist (Teil 2), die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Teil 3), Form und Inhalt des Einspruchs (Teil 4) sowie Verlauf und Abschluss des Einspruchsverfahrens (Teil 5).

I. Mehrere Verwaltungsakte in einem Bescheid (Steuern, Zinsen, Verspätungszuschlag)

[i]Einspruch gegen einzelnen VerwaltungsaktEin Steuerbescheid enthält i. d. R. mehr als nur eine Regelung, also mehr als nur einen Verwaltungsakt. So kann ein Steuerbescheid noch Festsetzungen enthalten

  • über den Solidaritätszuschlag,

  • die Kirchensteuer,

  • Zinsen i. S. von § 233a AO sowie

  • einen Verspätungszuschlag.S. 736

Bei Ehegatten setzt sich die Steuerfestsetzung aus zwei Festsetzungen zusammen. Man spricht daher von einem Sammelbescheid, der mehrere anfechtbare Verwaltungsakte enthält, die aus formellen Gründen in einem Bescheid miteinander verbunden werden. Der Steuerpflichtige muss sich also überlegen, welchen der genannten Verwaltungsakte er anficht.

Beispiel 1

Hält der Steuerpflichtige A lediglich die Festsetzung des Verspätungszuschlags für rechtswidrig, muss er z. B. gegen den „Bescheid über die Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2022 vom...“ Einspruch einlegen. Würde er nur Einspruch gegen den „Einkommensteuerbescheid 2022“ einlegen, bestünde die Gefahr, dass die Festsetzung des Verspätungszuschlags bestandskräftig wird. Denn ob ein nur gegen den Einkommensteuerbescheid gerichteter Einspruch als Einspruch gegen den Verspätungszuschlag ausgelegt werden kann, hängt von der Auslegung des Einspruchsschreibens und damit vor allem von der – innerhalb der Einspruchsfrist gemachten – Begründung des Einspruchs ab. Ist der gegen den Einkommensteuerbescheid eingelegte Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist begründet worden und bezieht sich die Begründung auf den Verspätungszuschlag, ist eine Auslegung zugunsten des Steuerpflichtigen möglich. Schwieriger ist dies, wenn eine Begründung des Einspruchs fehlt oder erst nach Ablauf der Einspruchsfrist erfolgt.

Hinweis:

Ein [i]Einspruch gegen Solidaritätszuschlag oder Zinsfestsetzung nur in Ausnahmefällen Einspruch gegen den Solidaritätszuschlag oder gegen die Zinsen ist hingegen nur statthaft, wenn spezifische Einwendungen gegen die Zinsfestsetzung (z. B. gegen die Dauer des Zinszeitraums) oder gegen den Solidaritätszuschlag (z. B. Verfassungswidrigkeit) erhoben werden. Ansonsten besteht kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn als Begründung lediglich eine zu hohe Einkommensteuer als Bemessungsgrundlage geltend gemacht wird: Bei einem erfolgreichen Einspruch gegen die Einkommensteuerfestsetzung werden die Zinsfestsetzung und der Solidaritätszuschlag nämlich von Amts wegen angepasst; siehe auch Abschnitt VI.