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WP Praxis Nr. 7 vom Seite 223

Zur Verwendbarkeit von Informationen aus Massenmedien und Sozialen Medien im Rahmen der Abschlussprüfung

Implikationen und Handlungsempfehlungen für den Berufsstand

Kristina Stutte, M. Sc.

Es sei schon vorgekommen, dass in Massenmedien und Sozialen Medien Informationen verbreitet wurden, bevor die Betroffenen selbst davon wussten. Für den Abschlussprüfer können medial bereitgestellte Informationen im Rahmen der Risikobeurteilung des zu prüfenden Unternehmens nützlich sein. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Informationen als verlässlich eingeschätzt werden. Dieser Beitrag stellt Handlungsempfehlungen zur Erhebung und Beurteilung medial bereitgestellter Informationen bereit.

Stutte, Die Folgen von Bilanzskandalen aus Sicht der Abschlussprüfung, WP Praxis 3/2023 S. 85 NWB BAAAJ-33752

Kernaussagen
  • Informationen aus Massenmedien und/oder Sozialen Medien lassen sich im Rahmen der Abschlussprüfung zur Risikobeurteilung einsetzen.

  • Die Informationsbeschaffung und -auswertung erfolgt unter Zuhilfenahme von computergestützten Datenbanken und -analysen.

  • Die Verlässlichkeit der extern gewonnenen Informationen aus Massenmedien und/oder Sozialen Medien muss unter Abgleich der unternehmensintern gewonnenen Informationen erfolgen.

I. Bedeutung und Aktualität der Thematik

Dan McCrum bezeichnet sich selbst als die Person, welche „den größten Wirtschaftsbetrug Deutschlands aufdeckte und einen Dax-Konzern zu Fall brachte“ . Der Journalist der britischen Tageszeitung „Financial Times“ berichtete in der Artikelreihe „House of Wirecard“ über Ungereimtheiten des Zahlungsdienstleisters, lange bevor der Bilanzskandal final aufgedeckt wurde. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, inwiefern Informationen aus Massenmedien und/oder Sozialen Medien im Rahmen der Abschlussprüfung verwendet werden können. Zu Zeiten, in denen der Wahrheitsgehalt von verbreiteten Informationen bedingt durch gezielte Falschmeldungen regelmäßig angezweifelt wird, eine nicht ganz leicht zu beantwortende Fragestellung. Dieser Beitrag soll zunächst einen kommunikationstheoretischen Überblick über Medien verschaffen und darauf basierend Handlungsempfehlungen hinsichtlich der Verwendbarkeit medial verbreiteter Informationen für den Berufsstand liefern.

II. Medien im kommunikationstheoretischen Überblick

1. Begrifflichkeiten zu und Funktionen von (Massen)Medien

Der Begriff Medien ist nicht einheitlich definiert und wird zudem sehr heterogen verwendet. Im alltäglichen Sprachgebrauch werden Medien als Kommunikationsmittel verstanden, wobei hierunter sowohl Informationsträger (bspw. Zeitung, Zeitschrift etc.) als auch technische und institutionelle Einrichtungen (bspw. Presse, Rundfunk) zusammengefasst werden. Wesentlich ist dabei jedoch nicht nur die Übertragung der Information, sondern die Entstehung einer konkreten Sender-Empfänger-Konstellation. Werden die Informationen einer großen Gruppe von Menschen zugänglich gemacht, wird auch von Massenmedien gesprochen.

Die Informationsfunktion ist die zentralste und eine zugleich systemübergreifende Funktion von Medien. Medien berichten über Informationen, die ein Einzelner aufgrund der Komplexität der Gesellschaft nicht wissen und erfahren kann. Die Darstellung der Medien entspricht dabei jedoch nie der tatsächlichen Realität, sondern zeigt eine konstruierte Realität. Das bedeutet, dass ein Journalist auch eine Wahrnehmung wiedergibt, die er mittels umfangreicher Recherchen gewonnen hat. Zudem wird Medien eine Kritik- und Kontrollfunktion zugeschrieben, die sich auf alle Bereiche des öffentS. 224lichen Lebens und nicht zuletzt auch auf die Medien selbst bezieht. Bereits die Angst vor der Veröffentlichung eines Normenverstoßes kann zur Verhaltensveränderung eines Akteurs führen. In einem kapitalistisch orientierten System können Medien auch die Kapitalverwertung zur Gewinnerzielung steuern. Negative Berichterstattung kann bspw. einen Abwärtstrend der Börsenkurse auslösen.