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StuB Nr. 12 vom Seite 490

Das zu umsatzsteuerlichen Reihengeschäften

Ein kritischer Überblick

StB Robert C. Prätzler

Nach über drei Jahren hat das BMF endlich das lange erwartete Verwaltungsschreiben zur Anwendung der seit dem geltenden neuen Vorschriften für Reihengeschäfte veröffentlicht. Zugleich wird der Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) entsprechend redaktionell angepasst. Der folgende Beitrag stellt die Kernelemente des BMF-Schreibens dar und beleuchtet potenziell problematische Aspekte.

Kernfragen
  • Was ist der Hintergrund des BMF-Schreibens?

  • Was ist ein wichtiger Punkt des neuen Schreibens?

  • Wie ist das BMF-Schreiben zu bewerten?

I. Rechtlicher Hintergrund

Ein Reihengeschäft liegt umsatzsteuerlich vor, wenn mindestens zwei Unternehmer Liefergeschäfte ausführen, bei denen die Ware unmittelbar vom ersten Lieferer zum letzten Abnehmer gelangt.

Beispiel

Der deutsche Unternehmer A verkauft eine Ware an den spanischen Unternehmer B. Die Ware wird unmittelbar von A zum französischen Abnehmer C in Paris transportiert.

Bei einem grenzüberschreitenden Reihengeschäft kann dabei nur eine der Lieferungen, nämlich jene, der die Beförderung oder Versendung zuzuordnen ist (sog. „bewegte Lieferung“), als innergemeinschaftliche oder Ausfuhrlieferung umsatzsteuerfrei sein.

Die Bestimmung dieser bewegten Lieferung ist von entscheidender Bedeutung für die korrekte umsatzsteuerliche Abwicklung. Sie entscheidet weiterhin über den Ort der Steuerbarkeit aller Lieferungen des Reihengeschäfts mit Ausnahme der Lieferung des ersten Unternehmers.

Fehler bei der Beurteilung können massive finanzielle Belastungen für die Beteiligten auslösen. Insbesondere drohen bei Nacherhebung von Umsatzsteuer Zuschläge oder Zinsen. Weiterhin können Vorsteuerbeträge aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr abziehbar sein.

Die Problematik verschärft sich, da das Verfahrensrecht der Mitgliedstaaten nicht harmonisiert ist, so dass Verjährungsfristen sich unterscheiden können. Außerdem versagen manche Mitgliedstaaten die rückwirkende Gültigkeit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bei nachträglicher Registrierung.

[i]Prätzler, in: Küffner/Zugmaier, UStG, § 3, NWB JAAAB-75358 Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union hatten sich im Rahmen der sog. Sofortmaßnahmen zur Mehrwertsteuer u. a. darauf verständigt, dass ein neuer Art. 36a MwStSystRL ab dem verbindlich die Zuordnung der bewegten Lieferung bei innergemeinschaftlichen Reihengeschäften regelt, in denen der mittlere Unternehmer (sog. Zwischenhändler) den Transport der Ware übernimmt.

Deutschland setzte nicht nur diese unionsrechtliche Vorgabe um, sondern fasste die Reihengeschäftsregelungen in § 3 UStG komplett neu. Insbesondere enthält das nationale Recht zusätzlich verbindliche Vorgaben zur Ermittlung der bewegten Lieferung bei Reihengeschäften mit Drittlandsbezug. Dies gilt sowohl für Reihengeschäfte mit Einfuhr in das Inland (vgl. § 3 Abs. 6a Satz 7 UStG) als auch für Reihengeschäfte mit Ausfuhrlieferungen (vgl. § 3 Abs. 6a Satz 6 UStG).

Mit den Änderungen sollten insbesondere die durch Rechtsprechung des EuGH entstandenen Unsicherheiten bzw. S. 491Schwierigkeiten in der praktischen Handhabung in Unternehmen beseitigt werden, um die Rechtssicherheit zu erhöhen.

Für eine tiefergehende Betrachtung der unionsrechtlichen und nationalen Vorschriften wird auf entsprechende Literatur verwiesen.