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NWB Nr. 6 vom Seite 382

JStG 2022: Änderungen des KStG, GewStG, InvStG und weiterer Steuergesetze

Erweiterung des Maßnahmenpakets um zahlreiche neue Regelungen

Ralf Hörster

[i]JStG 2022 v. 16.12.2022, BGBl 2022 I S. 2294Am hat der Bundesrat dem Jahressteuergesetz 2022 zugestimmt. Damit konnte das Gesetz wie vorgesehen noch im Jahr 2022 im Bundesgesetzblatt (BGBl 2022 I S. 2294) verkündet werden. Das Gesetz wurde gegenüber dem Regierungsentwurf umfassend geändert. Dabei wurde das ohnehin bereits sehr umfangreiche Maßnahmenpaket um zahlreiche neue Regelungen erweitert. Zudem wurden maßgebliche Regelungsvorschläge modifiziert und in ihrem Anwendungsbereich erweitert. Mit diesem Beitrag sollen die wesentlichen Änderungen des KStG, GewStG, InvStG und weiterer Steuergesetze beleuchtet werden.

I. Änderungen des KStG

1. Ergänzung der Einlagelösung bei Mehr- und Minderabführungen

[i]Reifarth-Belli, NWB 46/2022 S. 3222Durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts v.  (KöMoG, BGBl 2021 I S. 2050) wurde in Bezug auf die ertragsteuerliche Organschaft ein Wechsel der bisherigen Behandlung von Minder- und Mehrabführungen vollzogen und die Bildung steuerlicher Ausgleichsposten durch die Einlagelösung ersetzt (§ 14 Abs. 4 KStG). Mit dem JStG 2022 wurden die bisherigen Regelungen zum Übergang vom System der steuerlichen Ausgleichsposten zur Einlagelösung insbesondere um gesetzliche Klarstellungen zur Absicherung der bisherigen Verwaltungspraxis sowie um gesetzliche Regelungen zur mittelbaren Organschaft ergänzt. Diese Ergänzungen waren im Regierungsentwurf noch nicht enthalten.

a) Beteiligung an der Organgesellschaft (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG)

[i]Klarstellung§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG ist um einen neuen Satz 3 ergänzt worden, in dem festgelegt wird, dass dann keine mittelbare Organschaft vorliegt, wenn sich die Mehrheit der S. 383Stimmrechte an der Organgesellschaft bereits aus der unmittelbaren Beteiligung des Organträges an der Organgesellschaft ergibt.

b) Einlagelösung bei Mehr- und Minderabführungen (§ 14 Abs. 4 EStG)

[i]Einlage bzw. EinlagenrückgewährFür Mehr- und Minderabführungen, die nach dem erfolgen, gelten organschaftliche Minderabführungen als Einlage durch den Organträger in die Organgesellschaft und organschaftliche Mehrabführungen als Einlagenrückgewähr der Organgesellschaft an den Organträger (§ 14 Abs. 4 Satz 1 und 2 KStG).

[i]Erhöhung bzw. Minderung des BuchwertsDie Vorschrift wurde präzisierend um Aussagen zu den Auswirkungen der in § 14 Abs. 4 Satz 1 und 2 KStG definierten Folgen der Minder- und Mehrabführungen auf den Buchwert der Beteiligung an der Organgesellschaft ergänzt. Danach erhöht die Einlage den Buchwert der Beteiligung an der Organgesellschaft, während die Einlagenrückgewähr diesen mindert (§ 14 Abs. 4 Satz 3 KStG). Zudem ist gesetzlich geregelt, dass dabei kein negativer Buchwert entstehen darf.

[i]Mittelbare OrganschaftIn den Fällen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 KStG (mittelbare Organschaft) ist die Buchwertveränderung (Erhöhung/Minderung) auf den Buchwert der Beteiligung an jeder vermittelnden Gesellschaft (also auf jeder Stufe) entsprechend anzuwenden (§ 14 Abs. 4 Satz 4 KStG).

[i]Gesetzliche NormierungSofern die Einlagenrückgewähr die Summe aus Buchwert und Einlage übersteigt, liegt ein Ertrag vor, auf den die Regelungen des § 8b Abs. 2, 3, 6, 7 und 8 KStG sowie § 3 Nr. 40 Buchst. a und § 3c Abs. 2 EStG (Teileinkünfteverfahren) anzuwenden sind. Diese steuerlichen Auswirkungen lassen sich zwar schon bisher durch Auslegung auf Grundlage des allgemeinen Verständnisses der steuerlichen Wirkung einer Einlagenrückgewähr herleiten, aus Gründen der Rechtssicherheit ist dies nun explizit in § 14 Abs. 4 Satz 5 KStG gesetzlich geregelt worden.

c) Übergang von den steuerlichen Ausgleichsposten zur Einlagelösung (§ 34 Abs. 6e Satz 7 KStG)

[i]BerechnungsreihenfolgeIn § 34 Abs. 6e Satz 7 KStG war bislang geregelt, dass der Organträger in der Steuerbilanz für das erste Wirtschaftsjahr, das nach dem endet, noch vorhandene steuerliche Ausgleichsposten gegen den Beteiligungsbuchwert der Organbeteiligung aufzulösen hat. Durch Streichung des Worts „Organträger“ wurde die Vorschrift nun weiter gefasst, um sicherzustellen, dass auch im Falle beendeter Organschaften die Ausgleichsposten aufgelöst werden. Außerdem wurde durch eine explizite Bezugnahme auf § 14 Abs. 4 KStG die Berechnungsreihenfolge gesetzlich klargestellt:

  • Ausgangsbetrag ist demnach der steuerbilanzielle Buchwert zu Beginn des Wirtschaftsjahrs.

  • Anschließend ist zunächst die unterjährige Veränderung des Buchwerts (z. B. durch Einlagen, vororganschaftliche Minderabführungen oder eine Einlagenrückgewähr aufgrund von Ausschüttungen, ggf. auf Grundlage vororganschaftlicher Mehrabführungen) zu berücksichtigen.

  • Sodann folgt die Berücksichtigung der Minder- oder Mehrabführungen im Rahmen der Einlagelösung. Bei Mehrabführungen über den Buchwert hinaus ist dabei eine außerbilanzielle Hinzurechnung im Umfang des übersteigenden Betrags vorzunehmen. Bezogen auf diesen übersteigenden Betrag sind anschließend § 8b Abs. 2, 3, 6, 7 und 8 KStG sowie § 3 Nr. 40 Buchst. a und § 3c Abs. 2 EStG durch eine außerbilanzielle Korrektur anzuwenden.

  • Erst im Folgenden sind die Ausgleichsposten aufzulösen. Bei einem Überhang an passiven Ausgleichsposten kommt es innerbilanziell zu einem Ertrag für den außerbilanziell § 8b Abs. 2, 3, 6, 7 und 8 KStG sowie § 3 Nr. 40 Buchst a und § 3c Abs. 2 EStG S. 384anzuwenden sind, soweit keine Rücklagenbildung beantragt wurde bzw. eine Rücklagenauflösung erfolgt.

d) Berücksichtigung eines Angleichungsfaktors bei der Auflösung der Ausgleichsposten (§ 34 Abs. 6e Satz 9 bis 12 KStG)

[i]Vermeidung unerwünschter steuerlicher FolgenNach der bis zum geltenden Rechtslage wurden die Ausgleichsposten entsprechend dem Verhältnis der Beteiligung des Organträgers am Nennkapital der Organgesellschaft gebildet. Nach der ab dem Veranlagungszeitraum 2022 geltenden Regelung führen die Mehr- und Minderabführungen hingegen unabhängig von der Beteiligungshöhe zu einer Einlagenrückgewähr bzw. zu Einlagen. Diese unterschiedlichen Regelungen für die Bildung (altes Recht) und die Auflösung (neues Recht) von Ausgleichsposten können bei Beteiligungen des Organträgers von weniger als 100 % zu unerwünschten steuerlichen Folgen führen.

[i]AngleichungsfaktorEine neu eingefügte Regelung in § 34 Abs. 6e Satz 9 bis 12 KStG sieht daher die Bildung eines Angleichungsfaktors vor, der mit den aktiven und passiven Ausgleichsposten zu multiplizieren ist. Der Angleichungsfaktor ist der Kehrwert aus der durchschnittlichen Beteiligungsquote des Organträgers an der Organgesellschaft in den letzten fünf Wirtschaftsjahren (§ 34 Abs. 6e Satz 10 KStG). [i]FünfjahreszeitraumDie Begrenzung auf einen Fünfjahreszeitraum gilt auch für den Fall einer längeren Dauer der Organschaft. Dies trägt der praktischen Handhabung der Regelung sowohl verwaltungs- als auch unternehmensseitig Rechnung. Besteht die Organschaft noch keine fünf Wirtschaftsjahre, ist der entsprechend kürzere Zeitraum zu berücksichtigen.

[i]BerechnungsbeispieleDie Wirkweise der neuen Regelung zur Auflösung der Ausgleichsposten unter Berücksichtigung eines Angleichungsfaktors veranschaulichen die folgenden Berechnungsbeispiele: