Anteiliger Fördergrundbetrag nach § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG für Miteigentümer einer Wohnung
Leitsatz
Sind mehrere Anspruchsberechtigte Eigentümer einer Wohnung, kann der Fördergrundbetrag gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG unabhängig davon nur anteilig in Anspruch genommen werden, ob bei allen Miteigentümern die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Eigenheimzulage vorliegen oder ob die Eigenheimzulage von allen Miteigentümern tatsächlich in Anspruch genommen wird.
Gesetze: EigZulG §§ 1, 4, 9 Abs. 2 Satz 3, 15 Abs. 1 Satz 2AO 1977 § 163
Instanzenzug: FG Rheinland-Pfalz (EFG 1998, 992) (Verfahrensverlauf),
Tatbestand
I.
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erwarben mit Kaufvertrag vom als Miteigentümer zu je einem Viertel zusammen mit ihrem Sohn (der Miteigentümer zur Hälfte wurde) das Objekt . . . zu einem Kaufpreis von insgesamt 420 000 DM. Das Gebäude besteht aus zwei Eigentumswohnungen. Eine der Wohnungen nutzen die Kläger zu eigenen Wohnzwecken. Die andere Wohnung nutzt der Sohn mit seiner Familie. Für die von ihnen genutzte Wohnung beantragten die Kläger Eigenheimzulage unter Berücksichtigung eines Fördergrundbetrages in Höhe von 2 500 DM.
Mit Bescheid vom setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Eigenheimzulage unter Kürzung des Fördergrundbetrages um die Hälfte wegen Miteigentums auf 1 250 DM fest.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1998, 992).
Mit der Revision rügt das FA eine Verletzung von § 9 Abs. 2 Satz 3 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG). Das Urteil des Finanzgerichts (FG) sei weder vom Wortlaut noch vom Zweck des Eigenheimzulagengesetzes gedeckt. Der Fördergrundbetrag sei bei mehreren Miteigentümern entsprechend den Miteigentumsanteilen aufzuteilen, so dass die Kläger nur Anspruch auf die Hälfte des Fördergrundbetrages hätten.
Das FA beantragt, das aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Das FA beachte nicht, dass Anspruchsberechtigter i. S. des § 1 EigZulG nur derjenige sei, der die weiteren konkreten Voraussetzungen des § 4 EigZulG erfülle. Danach sei der Fördergrundbetrag nicht nach § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG zu kürzen, denn der Sohn der Kläger sei für die von den Klägern bewohnte Wohnung nicht anspruchsberechtigt.
Gründe
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Entscheidung des FG verletzt § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG.
1. Für den Fall, dass mehrere Anspruchsberechtigte Eigentümer einer Wohnung sind, bestimmt § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG, dass der Anspruchsberechtigte den Fördergrundbetrag entsprechend seinem Miteigentumsanteil in Anspruch nehmen kann. Die Beschränkung der Höhe der Eigenheimzulage auf den Miteigentumsanteil besteht unabhängig davon, ob ein anderer Miteigentümer tatsächlich Anspruch auf Eigenheimzulage hat oder Eigenheimzulage in Anspruch nimmt.
a) Nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG kann nur ein Anteil des Fördergrundbetrages in Anspruch genommen werden, wenn mehrere Anspruchsberechtigte Eigentümer einer Wohnung sind. Anspruchsberechtigte sind nach § 1 EigZulG unbeschränkt Steuerpflichtige im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dem FG kann nicht gefolgt werden, wenn es als Anspruchsberechtigte i. S. des § 1 EigZulG nur diejenigen unbeschränkt Steuerpflichtigen definiert, die nach Maßgabe der folgenden Vorschriften des Eigenheimzulagengesetzes die Zulage tatsächlich in Anspruch nehmen können oder genommen haben. § 1 EigZulG besagt vielmehr, dass die (alle) unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des Einkommensteuergesetzes dem Grunde nach Anspruch auf Eigenheimzulage nach Maßgabe der folgenden Vorschriften des Gesetzes haben.
b) Diese Auslegung entspricht dem Zweck des § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG. § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG soll verhindern, dass die jeweiligen Eigentumsverhältnisse der Anspruchsberechtigten zu einer Vervielfältigung der vollen Eigenheimzulage führen. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass die Eigenheimförderung wohnungsbezogen und der Fördergrundbetrag bei Herstellung oder Anschaffung eines Förderobjektes in der Regel nur einmal gewährt wird (vgl. Wacker, Eigenheimzulagengesetz, Kommentar, 2. Aufl., § 2 Rz. 81; Fischer-Tobies, Die Information über Steuer und Wirtschaft - Inf - 1997, S. 449 [451]). Dem entspricht es, den Fördergrundbetrag auch in den Fällen nur anteilig zu gewähren, in denen einzelne Miteigentümer zwar anspruchsberechtigt i. S. des § 1 EigZulG sind, die Eigenheimzulage für ihren Miteigentumsanteil jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in Anspruch nehmen können oder wollen.
c) Auch aus der Systematik des Eigenheimzulagengesetzes folgt, dass die Kürzung unabhängig davon eintritt, ob sämtliche Miteigentümer im konkreten Fall die Eigenheimzulage beanspruchen. Das Eigenheimzulagengesetz regelt den Anteil an einem Förderobjekt jeweils eigenständig. Aus § 6 Abs. 2 EigZulG ergibt sich, dass die jeweiligen Miteigentumsanteile einzeln zu betrachten und rechtlich verselbständigt sind. Die jeweiligen Miteigentumsanteile sind Rechtsgrundlage für die anteilige Zurechnung des Fördergrundbetrages. Die Anspruchsvoraussetzungen für die Eigenheimzulage sind in der Person jedes Miteigentümers eigenständig zu prüfen (Wacker, a. a. O., § 2 Rz. 70; vgl. auch Hausen/Kohlrust-Schulz, Die Eigenheimzulage, 2. Aufl., Rz. 250 ff.). Dies spricht dafür, dass es für die Kürzungsregelung des § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG nicht darauf ankommen kann, ob ein weiterer Anspruchsberechtigter tatsächlich einen Anspruch auf Eigenheimzulage hat oder einen entsprechenden Antrag stellt (Hausen/Kohlrust-Schulz, a. a. O., Rz. 405; Wacker, a. a. O., § 9 Rz. 31; BStBl I, 190 Rz. 64).
d) Dieses Ergebnis wird auch durch die Entstehungsgeschichte des § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG bestätigt. Nach der Gesetzesbegründung sollte in dieser Vorschrift geregelt werden, dass Miteigentümer einer Wohnung entsprechend der zu § 10 e EStG geltenden Rechtslage den Fördergrundbetrag im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile in Anspruch nehmen könnten (BRDrucks 498/95, S. 35). Daraus folgt, dass der Gesetzgeber trotz einer veränderten Formulierung nicht beabsichtigte, die Rechtslage für die Kürzungsregelung bei mehreren Miteigentümern zu ändern.
e) Zu Unrecht verweist das FG in seinem Urteil darauf, ein Systembruch liege vor, weil die Kürzung dazu führe, dass die gewährte Eigenheimzulage unter dem bei der Anschaffung von Genossenschaftsanteilen nach § 17 EigZulG festgelegten Förderbetrag liege. Die Eigenheimzulage bei Anschaffung von Genossenschaftsanteilen stellt einen eigenständigen Subventionstatbestand dar, der im Regelungssystem des Eigenheimzulagengesetzes systemfremd ist (Wacker, a. a. O., § 17 Rz. 2; Hausen/Kohlrust-Schulz, a. a. O., Rz. 532; Wilde, Eigenheimzulagengesetz, § 17 Rz. 3). Eine systemwidrige Vorschrift kann jedoch nicht als Maßstab für die Systemgerechtigkeit einer anderen Regelung des Gesetzes herangezogen werden.
2. Danach haben die Kläger keinen Anspruch auf den vollen Fördergrundbetrag gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 EigZulG in Höhe von 2 500 DM. Das FA hat vielmehr zu Recht den Fördergrundbetrag gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG gekürzt.
a) Die Kläger sind weder zivilrechtlich noch wirtschaftlich Alleineigentümer einer Wohnung.
Nach den Feststellungen des FG haben sie die von ihnen genutzte Eigentumswohnung als Miteigentümer zu je einem Viertel zusammen mit ihrem Sohn, der Miteigentümer zur Hälfte wurde, erworben.
Die Kläger sind auch nicht wirtschaftliche Eigentümer (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -) der von ihnen genutzten Wohnung (vgl. dazu Wacker, a. a. O., § 2 Rz. 83). Wirtschaftliches Eigentum setzt voraus, dass ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer eine - auch rechtlich abgesicherte - Position hat, die es ihm ermöglicht, diesen dauerhaft derart von der Einwirkung auf den betreffenden Gegenstand auszuschließen, dass einem Herausgabeanspruch keine nennenswerte praktische Bedeutung zukommt. Bei einander nahe stehenden Personen ist weiter Voraussetzung, dass dem wirtschaftlichen Eigentum eindeutige und im Voraus getroffene Abmachungen zugrunde liegen (, BFHE 182, 104, BStBl II 1998, 97). Alleine die Tatsache, dass sich Miteigentümer mehrerer Wohnungen über die tatsächliche Nutzung dieser Wohnungen verständigen, genügt für die Begründung wirtschaftlichen Alleineigentums an einer im Miteigentum stehenden Wohnung nicht.
b) Die Kläger sind jeweils zu einem Viertel Miteigentümer der Wohnung, so dass sie entsprechend ihren Miteigentumsanteilen den Fördergrundbetrag in Anspruch nehmen können. Da die Kläger Ehegatten sind, hat das FA zu Recht die Eigenheimzulage gemäß § 11 Abs. 6 Satz 3 EigZulG gemeinsam auf die Hälfte des Fördergrundbetrages festgesetzt.
c) Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, die Finanzverwaltung gewähre einem Miteigentümer eines Zwei- oder Mehrfamilienhauses den vollen Fördergrundbetrag, wenn dieser eine Wohnung allein nutzt und der Wert der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung einschließlich des dazu gehörenden Grund und Bodens den Wert des Miteigentumsanteils nicht übersteigt (vgl. BStBl I, 190 Rz. 66).
Diese Auslegung der Finanzverwaltung ist nicht auf den Streitfall übertragbar. Anders als bei einem Zwei- oder Mehrfamilienhaus handelt es sich im Streitfall um Eigentumswohnungen, die im Miteigentum der Kläger und ihres Sohnes stehen. Bei den beiden Eigentumswohnungen handelt es sich um jeweils eigenständige Förderobjekte, die rechtlich getrennt zu beurteilen sind. Insoweit ist unerheblich, ob sie sich in demselben Gebäude befinden oder nicht. In einem solchen Fall ist eine Aufteilung der Wohnfläche mit der Folge, dass der Nutzflächenanteil der Wohnung an der gesamten Eigentumswohnung dem Miteigentumsanteil eines der Beteiligten entspricht, nicht möglich.
d) Der vollständige Fördergrundbetrag kann auch nicht in entsprechender Anwendung der Beurteilung der Finanzverwaltung gewährt werden. In Betracht käme allenfalls eine Festsetzung der Eigenheimzulage aus Billigkeitsgründen, weil sich im Streitfall beide Eigentumswohnungen in einem Gebäude befinden. § 15 Abs. 1 Satz 2 EigZulG ordnet jedoch ausdrücklich an, dass § 163 AO 1977, der eine Festsetzung aus Billigkeitsgründen ermöglichen könnte, auf die Eigenheimzulage nicht anzuwenden ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2000 II Seite 652
BB 2000 S. 1666 Nr. 33
BFH/NV 2000 S. 1274 Nr. 10
DB 2000 S. 1643 Nr. 33
DStR 2000 S. 1345 Nr. 32
DStRE 2000 S. 924 Nr. 17
FR 2000 S. 945 Nr. 17
INF 2000 S. 571 Nr. 18
OAAAA-88779