Besitzen Sie diesen Inhalt bereits,
melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.
Korrektur von Steuerverwaltungsakten
I. Definition
Der Begriff „Korrektur” wird im Folgenden aus Vereinfachungsgründen für jede Art von Aufhebung, Änderung, Berichtigung, Rücknahme und Widerruf von Steuerverwaltungsakten verwendet.
Die Korrektur von Steuerverwaltungsakten wird bestimmt von der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung, nach der jeder fehlerhafte und daher rechtswidrige Verwaltungsakt aufgehoben oder in einen fehlerfreien und damit rechtmäßigen Verwaltungsakt geändert werden muss, und der Rechtssicherheit, die das Vertrauen des Betroffenen in den Bestand einer einmal getroffenen Regelung schützen soll. Die Korrekturvorschriften der Abgabenordnung und anderer Gesetze tragen dem Rechnung, indem sie gewissermaßen die Balance zwischen beiden Grundsätzen halten.
Hey/Lehnert, Lehrbuch Abgabenordnung, 23. Aufl. 2022, NWB
Bartone/von Wedelstädt, Korrektur von Steuerverwaltungsakten, 2. Aufl. 2017, Schäffer/Poeschel
II. Regelung in der Abgabenordnung
1. Begriffe
Die Abgabenordnung unterscheidet bei der Korrektur von Verwaltungsakten zwischen
sonstigen Steuerverwaltungsakten und
Steuerbescheiden und ihnen gleichgestellten Bescheiden.
Bei sonstigen Verwaltungsakten verwendet das Gesetz
den Begriff „Rücknahme” für die Beseitigung oder - bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung im Übrigen - für die die inhaltliche Regelung reduzierende Abänderung des Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit und die Zukunft,
den Begriff „Widerruf” für die entsprechende Korrektur mit Wirkung nur in die Zukunft.
Bei Steuerbescheiden und ihnen gleichgestellten Bescheiden werden die Begriffe
„Aufhebung” für den Fall seiner Beseitigung und
„Änderung” für den Fall einer teilweisen Abänderung des Bescheids unter seiner gleichzeitigen Aufrechterhaltung im Übrigen verwendet, wobei die Abänderung anders als bei den sonstigen Verwaltungsakten auch belastend wirken kann.
Der Begriff „Berichtigung” findet sich bei den Korrekturen nach § 129 AO und § 177 AO.
Die Berichtigung i.S. des § 129 AO ist sowohl bei sonstigen Verwaltungsakten als auch bei Steuerbescheiden und ihnen gleichgestellten Bescheiden zulässig.
§ 177 AO findet nur bei Steuerbescheiden und ihnen gleichgestellten Bescheiden (s. II. 3.) Anwendung.
2. Korrektur sonstiger Steuerverwaltungsakte
Bei den sonstigen Verwaltungsakten wird hinsichtlich der Korrekturmöglichkeiten aus Gründen des Rechts- und Vertrauensschutzes zwischen rechtmäßigen und rechtswidrigen Verwaltungsakten und innerhalb dieser Unterscheidung zwischen begünstigenden und nicht begünstigenden Verwaltungsakten unterschieden.
Sonstige Verwaltungsakte sind alle Steuerverwaltungsakte, die nicht Steuerbescheide oder ihnen gleichgestellte Bescheide sind. Dazu gehören u. a.
Abrechnungs- und Anrechnungsverfügungen zu Steuerbescheiden,
Abrechnungsbescheide gem. § 218 Abs. 2 AO,
Aussetzung der Steuerfestsetzung (§ 165 Abs. 1 Satz 4 AO ), der Vollziehung (§ 361 AO) oder des Einspruchsverfahren (§ 363 AO),
Haftungs- und Duldungsbescheide nach § 191 Abs. 1 AO,
Stundung (§ 222 AO),
Verspätungszuschlagsfestsetzung (§ 152 AO; s. auch § 152 Abs. 12 AO),
Verwaltungsakte im steuerlichen Ermittlungsverfahren wie z. B. Auskunftsersuchen, Prüfungsanordnung; zu Verwaltungsakten im Außenprüfungsverfahren s. Stichwort „Betriebsprüfung” unter X., sowie von Wedelstädt in Kühn/von Wedelstädt, § 196 AO Rz. 24 und AEAO zu § 196, Nr. 1 Satz 2 f.
Freistellungsbescheinigungen gem. § 48b Abs. 1 Satz 1 EStG , § 50d Abs. 2 Satz 1 EStG,
Nichtveranlagungs-Bescheinigung nach § 44a Abs. 2 Nr. 2 EStG,
Zwangmittelandrohung und -festsetzung (§§ 328 ff. AO),
Feststellungsbescheid über die Feststellung von im Insolvenzverfahren bestrittenen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 251 Abs. 3 AO),
Aufforderung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung,
Sonstige Steuerverwaltungsakte können unabhängig davon, ob sie rechtswidrig oder rechtmäßig sind, korrigiert werden. Dies berücksichtigt ihre besondere rechtliche Situation als überwiegend auf Grund von Ermessensausübung erlassenen Entscheidungen. Mit der Korrektur rechtmäßiger Verwaltungsakte kann eine andere ebenfalls im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung liegende Entscheidung getroffen werden.
Bei sonstigen Steuerverwaltungsakten erfolgt die Korrektur neben der Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit gem. § 129 AO nach den § 130 AO und § 131 AO im Wege der Rücknahme oder des Widerrufes.
Rechtswidrige sonstige Steuerverwaltungsakte können zurückgenommen, § 130 AO,
rechtmäßige sonstige Steuerverwaltungsakte können widerrufen werden, § 131 AO.
Besondere Korrekturregelungen finden sich
für verbindliche Zusagen nach § 204 AO in § 206 AO, § 207 AO (AEAO Vor §§ 130, 131, Nr. 1),
und für Aufteilungsbescheide in § 280 AO (AEAO Vor §§ 130, 131, Nr. 1).