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StuB Nr. 19 vom Seite 755

Behandlung eines Filmvertriebsvertrags – zugleich Aktivierung einer abgezinsten Kaufpreisforderung

Anmerkungen zum

WP/StB René Feldgen

Der 3. Senat des FG Köln hat mit seiner Entscheidung vom zum Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums durch die langfristige Einräumung von Verwertungsrechten an einem Kinofilm Stellung genommen. Der Beitrag fasst die wesentlichen Urteilsgrundsätze des äußerst komplexen Streitfalls zusammen. Dabei werden verfahrensrechtliche Aspekte außen vorgelassen.

Kernaussagen
  • Für die Beantwortung der Frage, ob ein Kauf- oder ein Lizenzvertrag vorliegt, ist nach dem Gesamtinhalt der Vereinbarungen zu entscheiden. Dabei ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgebend.

  • Von einem Rechtskauf ist auszugehen, wenn das geschützte Recht für die gesamte Schutzdauer exklusiv überlassen wird, so dass bei Vertragsablauf nichts mehr zurückzugeben ist oder wenn im Zeitpunkt der Beendigung des Lizenzvertrags keine Verwertungsmöglichkeiten von wirtschaftlicher Relevanz dem Lizenzgeber mehr verbleiben.

  • Die einer Lizenznehmerin eingeräumte Kaufoption kann ein Indiz für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums darstellen. Dies ist allerdings dann zu verneinen, wenn aufgrund der vertraglichen Ausgestaltung der Option ein vollständiger und endgültiger Übergang der Wertsteigerungschancen an dem überlassenen Wirtschaftsgut und damit des wirtschaftlichen Eigentums nicht festgestellt werden kann.

I. Sachverhalt

[i]Lüdenbach, Wirtschaftliches Eigentum bei Filmvertriebsvertrag, StuB 17/2020 S. 679 NWB DAAAH-56884 Der Entscheidung des 3. Senats des lag folgender, für Zwecke der Entscheidungsbesprechung nachfolgend stark zusammengefasster Sachverhalt zugrunde: Bei der Klägerin handelt es sich um eine Filmproduktionsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG. Im Jahr 2007 übertrug die Klägerin als Eigentümerin und Lizenzgeberin der in den Niederlanden ansässigen Firma F als Lizenznehmerin die Verwertungsrechte an einem Kinofilm (Filmvertriebsvertrag). Die mit dem Film im Zusammenhang stehenden Rechte und Lizenzen durften seitens der Lizenznehmerin ab Auslieferung des fertigen Kinofilms – dies erfolgte im Streitjahr 2009 – für einen Lizenzzeitraum von 42 Jahren umfassend verwertet werden. Als Entgelt für die Einräumung dieser Verwertungsrechte sollte die Lizenznehmerin 42 jährliche Zahlungen leisten. Ergänzend hierzu sollte der Klägerin eine zusätzliche Gewinnbeteiligung zustehen.

Der Filmvertriebsvertrag wurde seitens der Vertragsbeteiligten unter die Geltung des Rechts der Vereinigten Staaten sowie des Bundesstaates Kalifornien gestellt. Ausweislich des Filmvertriebsvertrags konnte eine Laufzeitverlängerung desselbigen nur durch beiderseitige Vereinbarungen bewirkt werden. Falls die Vertragslaufzeit nicht verlängert wird, wurde der Lizenznehmerin eine Kaufoption eingeräumt. Als Optionspreis war u. a. ein Marktwertzuschlag vereinbart, d. h. eine Preiskomponente, wonach die Klägerin mit 25 % an einem höheren Marktwert des Films, der sich aus dem Differenzbetrag zwischen dem geschätzten Marktwert des Films und dem Kaufoptionspreis ergibt, zu beteiligen ist. Eine Verkaufsoption stand der Klägerin nur in den Fällen der Auflösung, Liquidation oder Insolvenz der Lizenznehmerin bzw. in Fällen von Vertragsstörungen oder -verletzungen zu. Sollte die Vertragslaufzeit nicht verlängert und auch die Kaufoption der Lizenznehmerin nicht ausgeübt werden, sollte die Klägerin das Recht innehaben, von der Lizenznehmerin die Gewährung eines zinslosen Darlehens zu verlangen (Darlehensoption). Bei Ausübung der Darlehensoption wäre die Klägerin dazu verpflichtet gewesen, den Film zu vermarkten oder anderweitig zu verwerten, um den S. 756Darlehensbetrag an die Lizenznehmerin zurückzuzahlen, wobei die Klägerin aber nicht für die Nichterfüllung des Darlehensrückzahlungsanspruchs aufgrund unzureichenden Mittelzuflusses verantwortlich gewesen wäre und zugleich die Lizenznehmerin der Klägerin die Ausgaben aus einer von ihr geforderten Vermarktung oder Verwertung des Films in vollem Umfang zurückzuerstatten hätte. Sollte die Vertragslaufzeit nicht verlängert werden und würde auch keine der Vertragsparteien die ihnen zustehenden Optionen ausüben, hätte die Klägerin das Recht zur freien Entscheidung darüber, ob sie eine weitere Vermarktung oder anderweitige Verwertung des Films vornähme.

Im Rahmen einer für das Streitjahr 2009 bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung vertrat diese die Rechtsauffassung, die streitbefangene Vertriebsvereinbarung aus 2007 habe zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums der Klägerin an den Filmrechten des im Streitjahr fertiggestellten Kinofilms auf die Lizenznehmerin geführt. Daraufhin behandelte die Betriebsprüfung die gesamten Lizenzzahlungen als einheitlichen Kaufpreis und aktivierte die Kaufpreisforderung der Klägerin zum Zeitpunkt der Ablieferung des Films mit ihrem Barwert.

II. Entscheidung

1. Vorbemerkungen

Nach der Rechtsauffassung des erkennenden 3. Senats des FG Köln ist die Finanzverwaltung zu Unrecht davon ausgegangen, dass der zwischen der Klägerin und der Lizenznehmerin abgeschlossene Filmvertriebsvertrag, mit dem die Klägerin der Lizenznehmerin auf die Dauer von 42 Jahren die umfassenden Verwertungsrechte hinsichtlich des Kinofilms eingeräumt hat, zu einem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an diesen Filmrechten auf die Lizenznehmerin geführt hat.