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StuB Nr. 15 vom Seite 597

Einsatz von zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtungen (TSE) in Kassensystemen

TSE-Startzeitpunkt: 1.10.2020 oder weitere Verlängerungsoptionen aufgrund der Corona-Krise?

Dipl.-Finw. (FH) Thomas Rennar

Die Ordnungsvorschrift des § 146a AO für die Buchführung sowie Aufzeichnungen mittels elektronischer Aufzeichnungssysteme gilt erstmals für Kalenderjahre, die nach dem beginnen. Demnach sind gerade elektronische Aufzeichnungssysteme sowie digitale Aufzeichnungen durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (sog. TSE) zu schützen. Die Bundesfinanzverwaltung hatte der Besteuerungspraxis bisher durch Nichtbeanstandungsregelung eine Übergangszeit zur Umrüstung entsprechender Systeme auf einen zertifizierten TSE-Standard bis zum eingeräumt. Den dadurch zum grundlegend resultierenden Startzeitpunkt für eine TSE-Umrüstung hat die Bundesfinanzverwaltung trotz Corona-Krise jedoch zum aktuellen Zeitpunkt nicht verlängert. Einer kurzfristigen TSE-Umrüstung sind aber bereits fast alle Bundesländer durch Implementierung einer weiteren Verlängerungsoption – zumindest vorerst bis zum (unter weiteren Voraussetzungen) – zugunsten der Unternehmerschaft entschieden entgegengetreten.

Krüger, Kassenführung (HGB), infoCenter NWB DAAAC-28623

Kernaussagen
  • Die bisherige Nichtbeanstandungsregelung der Bundesfinanzverwaltung zur Umrüstung elektronischer Kassensysteme auf TSE-Standard läuft grds. mit Ablauf des aus.

  • Aus Sicht der Bundesfinanzverwaltung gilt als Startzeitpunkt zur Umrüstung elektronischer Kassensysteme auf TSE-Standard grundlegend der . Abweichend hiervon haben fast alle Bundesländer alternative Billigkeitsregelungen erlassen, welche eine weitere Verlängerung bis zum (unter weiteren Voraussetzungen) vorsehen.

  • Es besteht grds. keine gesetzliche Pflicht zur Verwendung eines elektronischen Aufzeichnungssystems. In der Corona-Krise kann daher die zeitweise Installation einer offenen Ladenkasse ggf. Abhilfe schaffen.

I. Hintergrund

[i]Teutemacher, Kassenführung bei Nutzung einer offenen Ladenkasse ab 2020, BBK 3/2020 S. 145 NWB PAAAH-40945 Danielmeyer, Der Anwendungserlass für elektronische Aufzeichnungssysteme (§ 146a AO), StuB 15/2019 S. 589 NWB FAAAH-23733 Gerade durch Manipulationen an Registrierkassen entstehen nach Schätzungen des Bundesrechnungshofs und verschiedener Bundesländer in Deutschland jährlich bis zu zehn Mrd. € an Steuerausfällen. Für ein Steuerrechtssystem, welches – insbesondere bei den Ertragsteuern und der Umsatzsteuer – die Deklaration der in Kassensystemen vereinnahmten Bareinnahmen voraussetzt, ist die Kontrolle der Richtigkeit und Vollständigkeit der Aufzeichnung der Kassengeschäfte daher gerade in bargeldintensiven Branchen (Einzelhandel, Gastronomie etc.) seit Langem eine Herausforderung für die Besteuerungspraxis. Zur Sicherung der Integrität des Aufzeichnungsvorgangs und der erzeugten digitalen Daten (Schutzzweck) gebietet die Regelung des § 146a Abs. 1 Satz 2 AO hierbei den Schutz des elektronischen Aufzeichnungssystems und der digitalen Aufzeichnungen ( Schutzobjekt) durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung ( Schutzinstrument). Darin liegt ein Wechsel der finanzbehördlichen „Sicherheitspolitik“, weil noch die ehemaligen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoBD) die fehlende Bindungswirkung von Zertifikaten oder Testaten über die Ordnungsmäßigkeit von DV-Systemen betonten.

Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise stellen Bürgerinnen und Bürger sowie viele Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen. Die Bundesregierung hat daher bereits S. 598umfassende Maßnahmen ergriffen, damit Unternehmen ihren aktiven Geschäftsbetrieb ordnungsgemäß aufrechterhalten und ihre Leistungen am Markt anbieten können. Ein ordnungsgemäßer Geschäftsbetrieb erfordert seit dem allerdings auch, dass jedes eingesetzte elektronische Aufzeichnungssystem nach § 146a Abs. 1 Satz 1 AO i. V. mit § 1 Satz 1 KassenSichV sowie die damit zu führenden digitalen Aufzeichnungen durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) zu schützen sind. Durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom wurde hierbei § 146a AO eingeführt. Wer demnach aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder andere Vorgänge mithilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems erfasst, hat nach § 146a Abs. 1 AO ein elektronisches Aufzeichnungssystem zu verwenden, das jeden aufzeichnungspflichtigen Geschäftsvorfall und anderen Vorgang einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufzeichnet. Das elektronische Aufzeichnungssystem und entsprechende digitale Aufzeichnungen sind zudem durch eine entsprechende TSE zu schützen.

Diese TSE muss insbesondere aus:

  • einem Sicherheitsmodul,

  • einem Speichermedium und

  • einer einheitlichen digitalen Schnittstelle

bestehen. Die digitalen Aufzeichnungen sind auf dem Speichermedium zu sichern und für Nachschauen sowie Außenprüfungen durch elektronische Aufbewahrung verfügbar zu halten. Es ist verboten, solche elektronischen Aufzeichnungssysteme, Software für elektronische Aufzeichnungssysteme und TSE, die den beschriebenen Anforderungen nicht entsprechen, zur entsprechenden Verwendung gewerbsmäßig zu bewerben oder gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen.