BFH Beschluss v. - VII B 94/02

Gründe

I. Der vom Senat des Finanzgerichts (FG) bestimmte Einzelrichter hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen einen Duldungsbescheid abgewiesen, mit dem der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die Abtretung einer Forderung des Vaters des Klägers an den Kläger nach § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 7 und § 12 des Anfechtungsgesetzes vom 21. Juli 1879 i.d.F. der Bekanntmachung des Gesetzes vom (BGBl I 1980, 836) wegen Übertragung der Forderung in Gläubigerbenachteiligungsabsicht angefochten hat.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die vom Kläger geltend gemachten Verfahrensverstöße sind entweder nicht in der nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderlichen Weise schlüssig bezeichnet oder ein geltend gemachter Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegt nicht vor. Ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist gegeben, wenn sich aus der schlüssigen Rüge des Beschwerdeführers ergibt, dass das FG oder —wie im Streitfall der Einzelrichter— gegen eine oder mehrere genau bezeichnete Vorschriften des Gerichtsverfahrens verstoßen hat (, BFH/NV 1997, 793).

1. Soweit der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde erstmals geltend macht, die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz sei durch einen als befangen abzulehnenden Richter getroffen worden, kann er damit in diesem Verfahren nicht mehr gehört werden. Denn die Befangenheit eines erstinstanzlich tätigen Richters kann nicht erstmals mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügt werden. Vielmehr ist die Frage, ob ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit (§ 51 FGO i.V.m. § 42 der ZivilprozessordnungZPO—) am Verfahren nicht mitwirken kann, grundsätzlich in dem dafür vorgesehenen selbständigen Zwischenverfahren zu klären (, BFH/NV 1994, 498). Deshalb kann und darf der BFH nicht prüfen, ob ein Richter befangen ist, wenn der Beteiligte das Ablehnungsgesuch nicht in der Vorinstanz gestellt hat. Das Ablehnungsrecht geht nämlich nach § 43 ZPO verloren, wenn sich der Beteiligte bei dem Richter auf eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat, ohne den ihm bekannten Ablehnungsgrund nach § 44 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO geltend zu machen. Die Besorgnis der Befangenheit kann in diesem Fall nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung geltend gemacht werden (BFH-Beschlüsse vom X B 119/90, BFH/NV 1991, 331, und vom IV B 114/97, BFH/NV 1999, 57, jeweils m.w.N.).

Ausweislich der Akten des FG und der Niederschrift über die mündliche Verhandlung in öffentlicher Sitzung vom vor dem erkennenden Einzelrichter ist ein solches Ablehnungsgesuch in der Vorinstanz nicht gestellt worden.

2. Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision kann auch nicht mit Erfolg auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des GrundgesetzesGG—) gestützt werden. Zwar ist umstritten, ob das FG den Beteiligten vor der Übertragung des Rechtsstreits nach § 6 Abs. 1 FGO auf ein Senatsmitglied als Einzelrichter Gelegenheit zur Stellungnahme geben muss (zum Meinungsstreit vgl. —eine vorherige Anhörung befürwortend— Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 6 Rz. 7, und —eine Anhörung ablehnend— Buciek in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 6 FGO Rz. 27 und 28, jeweils m.w.N.). Doch kann —selbst wenn eine Verpflichtung zur vorherigen Anhörung bestehen sollte— deren Verletzung durch die rügelose Einlassung der Beteiligten geheilt werden (§ 295 ZPO i.V.m. § 155 FGO; vgl. BFH-Beschlüsse vom X B 153/94, BFH/NV 1996, 154, und vom VII B 215/97, BFH/NV 1998, 866). Zwar hat der erkennende Senat in dem Beschluss vom VII R 15/99 (BFHE 190, 47, BStBl II 2000, 88) ausgesprochen, dass eine Revision trotz der Unanfechtbarkeit des Beschlusses über die Zuweisung der Rechtssache an den Einzelrichter (§ 6 Abs. 1 und Abs. 4 FGO) darauf gestützt werden könne, dass die Übertragung auf den Einzelrichter greifbar gesetzeswidrig gewesen sei. Eine solche Rüge ist aber nicht entsprechend § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erhoben worden. Der Kläger bezieht sich auch mit seinen Einwendungen gegen die Übertragung auf den Einzelrichter lediglich auf die behauptete Besorgnis der Befangenheit. Danach bleibt es im Streitfall dabei, dass dem Kläger die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs vor Übertragung der Streitsache auf den Einzelrichter schon deshalb versagt ist, weil es sich um einen verzichtbaren Mangel i.S. des § 295 ZPO handelt, den er in der Vorinstanz hätte rügen müssen (, BFH/NV 2002, 1310). Dass diese Rüge vor dem FG bereits erhoben worden ist, ist aus den Akten nicht ersichtlich und wird auch nicht behauptet.

3. Soweit der Kläger geltend macht, das FG habe den Schriftsatz seines Vaters vom , den er als Beweismittel für das klägerische Vorbringen versteht und dessen Inhalt er sich zu Eigen gemacht hat, nicht zur Kenntnis genommen und nicht verwertet und damit —allerdings ohne nähere Bezeichnung des konkreten Verfahrensfehlers— die Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) und einen Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) rügen will, fehlt es an der hinreichenden Darlegung der Verfahrensverstöße i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO schon deshalb, weil die Beschwerdebegründung nicht einmal erkennen lässt, welchen der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Zulassungsgründe der Kläger für gegeben hält und welche Verfahrensvorschriften durch das Vorgehen des Gerichtes verletzt sein sollen. Die Beschwerdeschrift erfüllt insoweit nicht einmal die Mindestanforderungen an die schlüssige Bezeichnung der dem Gericht angeblich unterlaufenen Verfahrensfehler.

4. Die vom Kläger erhobene Rüge unrichtiger Beweiswürdigung sowie der materiellen Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Urteils begründen keine Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, sondern betreffen den sachlichen Inhalt des Urteils.

Mit der Behauptung, das Urteil der Vorinstanz verstoße gegen das sachliche Recht, kann eine Revisionszulassung jedoch auch nach der Änderung der FGO durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom (BGBl I 2000, 1757) nur dann erreicht werden, wenn es sich um einen besonders schwerwiegenden Rechtsfehler der Entscheidung handelt, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen und der die Revisionszulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung notwendig macht (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO; s. dazu Lange, Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen eines schwerwiegenden Rechtsfehlers, Deutsche Steuer-Zeitung —DStZ— 2002, 782, 786, m.w.N., und Senatsbeschluss vom VII B 141/01, BFH/NV 2002, 799).

Ein solcher schwerwiegender Rechtsfehler liegt vor, wenn die Entscheidung des FG willkürlich oder greifbar gesetzwidrig ist (vgl. Rüsken, Rechtsbehelfe gegen willkürliche Gerichtsentscheidungen, DStZ 2000, 815, 817, m.w.N.; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 68; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz. 204 ff.). Zur Darlegung dieses sich aus § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ergebenden Zulassungsgrundes wäre es nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlich gewesen, substantiiert vorzutragen, weshalb das angefochtene Urteil willkürlich und als unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheint (vgl. Senatsbeschluss vom VII B 214/01, BFH/NV 2002, 1606, 1607). Dazu enthält die Beschwerde keinerlei Ausführungen.

5. Im Übrigen sieht der Senat von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung nach Maßgabe des § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 631
BFH/NV 2003 S. 631 Nr. 5
KAAAA-71120