BFH Beschluss v. - XI B 79/00

Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung, der Divergenz und eines Verfahrensmangels

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2, 3

Gründe

Nach Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom (BGBl I 2000, 1757) richtet sich die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs nach den bis zum geltenden Vorschriften der Finanzgerichtsordnung (FGO a.F.).

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben Zulassungsgründe in der dafür gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.) nicht dargelegt oder bezeichnet.

1. Nach § 115 Abs. 2 FGO a.F. ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F.) oder das Urteil von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F.) oder bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf diesem Mangel beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO a.F.). In der Beschwerdeschrift muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des BFH, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.).

a) Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hätten die Kläger zunächst eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage herausarbeiten und anschließend darlegen müssen, inwieweit diese Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und klärungsfähig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom XI B 218-221/95, BFH/NV 1998, 190, m.w.N.). Das ist nicht geschehen.

Soweit die Kläger eine grundsätzliche Bedeutung darin sehen wollen, dass das Finanzgericht (FG) von der Rechtsprechung des BVerfG zur steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten und zur Gewährung eines Haushaltsfreibetrags abgewichen sei, haben sie die grundsätzliche Bedeutung nicht schlüssig dargelegt.

Wird die grundsätzliche Bedeutung mit einer Abweichung von einer Entscheidung des BVerfG begründet, so erfordert die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung, dass zunächst die behauptete Abweichung schlüssig dargestellt wird (vgl. , BFHE 161, 418, BStBl II 1990, 987). Es ist daher —neben einer genauen Bezeichnung der Entscheidung des BVerfG— notwendig, einen die Entscheidung des FG tragenden abstrakten Rechtssatz herauszustellen, der zu einem die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz in der Entscheidung des BVerfG in Widerspruch stehen könnte; die (möglicherweise) voneinander abweichenden Rechtsauffassungen sind dabei erkennbar oder zumindest doch in ohne weiteres nachvollziehbarer Weise gegenüberzustellen (vgl. , BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Hieran fehlt es im Streitfall. Die Kläger machen lediglich geltend, dass nach den Entscheidungen des BVerfG zur steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten und eines Haushaltsfreibetrags (BVerfG-Beschlüsse vom 2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91, BStBl II 1999, 182) auch ihnen entsprechende Freibeträge hätten gewährt werden müssen. Damit wird allenfalls dargelegt, dass das FG die Rechtsprechung des BVerfG fehlerhaft angewendet bzw. nicht berücksichtigt hat, nicht aber, dass das FG seiner Entscheidung einen allgemeinen Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit den rechtlichen Erwägungen der Entscheidung des BVerfG nicht übereinstimmt (, BFH/NV 1990, 785). Das Gleiche gilt für die behauptete Divergenz zum (BFH/NV 1997, 254). Auch hier tragen die Kläger lediglich vor, das FG hätte bei Anwendung dieses BFH-Urteils keine endgültige Entscheidung treffen dürfen, sondern hätte das Verfahren aussetzen müssen.

b) Soweit die Kläger rügen, das FG hätte das Verfahren im Hinblick auf ein beim BVerfG anhängiges Verfahren zur beschränkten Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen nach § 74 FGO aussetzen müssen, ist der behauptete Verfahrensmangel nicht in der erforderlichen Weise schlüssig dargelegt worden.

Wird als Verfahrensmangel gerügt, das FG hätte das Klageverfahren wegen Vorgreiflichkeit eines anderen anhängigen Rechtsstreits nach § 74 FGO aussetzen müssen, so erfordert dies —wie bei anderen Verfahrensmängeln auch— die genaue Angabe von Tatsachen, aus denen sich der Verfahrensverstoß ergeben soll (, BFHE 173, 196, BStBl II 1994, 401). Die Kläger hätten daher, um ordnungsgemäß eine Verletzung der Pflicht zur Verfahrensaussetzung zu rügen, u.a. das angeblich vor dem BVerfG anhängige Musterverfahren genau bezeichnen und substantiiert darlegen müssen, dass dieses Verfahren die von der Rechtsprechung aufgestellten tatsächlichen Voraussetzungen für eine Verfahrensaussetzung erfüllt (vgl. , BFHE 168, 17, BStBl II 1992, 842). Da es sich bei der Vorschrift des § 74 FGO zudem um eine Ermessensvorschrift handelt, hätten die Kläger darüber hinaus schlüssig dartun müssen, weshalb das dem FG in § 74 FGO eingeräumte Ermessen im Streitfall auf Null reduziert gewesen sein soll, die Aussetzung des Verfahrens mithin aufgrund der besonderen Umstände des Falles die einzige richtige Entscheidung gewesen wäre (vgl. BFH-Beschlüsse vom II B 31/95, BFH/NV 1996, 237, und vom VII B 90/00, BFH/NV 2001, 189). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdeschrift in keiner Weise gerecht, da die Kläger nicht einmal konkret das angeblich vorgreifliche Verfahren beim BVerfG bezeichnen.

2. Der Senat sieht im Übrigen gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO n.F. von einer Begründung ab.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 1585
BFH/NV 2003 S. 1585 Nr. 12
JAAAA-69792