OFD Karlsruhe - S 1301/944 - St 222

Anwendung des DBA-Schachtelprivilegs bei Dividenden aus Frankreich i. V. mit § 8b Abs. 5 KStG

1. Steuerbefreiung von Dividenden aus Frankreich

Nach Art. 9 Abs. 1 DBA-Frankreich können Dividenden, die eine in Frankreich ansässige Gesellschaft an eine in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Person bezahlt, in Deutschland besteuert werden. Art. 20 Abs. 1 Buchstabe a DBA-Frankreich sieht hierfür die Freistellung unter Progressionsvorbehalt vor, welche für Schachteldividenden jedoch durch Art. 20 Abs. 1 Buchstabe b DBA-Frankreich eingeschränkt wird. Danach ist die Freistellung nach Buchstabe a nur auf die „Nettoeinkünfte anzuwenden, die den Dividenden entsprechen, die von einer in Frankreich ansässigen Kapitalgesellschaft an eine in der Bundesrepublik ansässige Kapitalgesellschaft bezahlt werden, der mindestens 10 % des Gesellschaftskapitals der erstgenannten Gesellschaft gehören”.

Erzielt demnach eine inländische Körperschaft Dividenden von einer französischen Tochtergesellschaft bei einem Beteiligungsumfang von mindestens 10 %, stellt sich mithin auch die Konkurrenzfrage zwischen der Anwendung des § 8b Abs. 1 i. V. mit dem 5 %-igen Zuschlag nach § 8b Abs. 5 KStG sowie der Freistellungsregelung nach dem DBA-Frankreich. Der , BStBl 2011 II S. 129, sowie entschieden, dass das sog. nationale Schachtelprivileg des § 8b Abs. 1 KStG und das abkommensrechtliche Schachtelprivileg (hier Art. 20 Abs. 1 Buchstabe b DBA-Frankreich) im Ausgangspunkt selbständig nebeneinander stehen und sich wechselseitig nicht ausschließen. Gleichwohl läuft die abkommensrechtliche Freistellung in ihrer Wirkung gemeinhin leer. Allerdings stellt im Regelfall das abkommensrechtliche Schachtelprivileg höhere Anforderungen als § 8b Abs. 1 KStG. Diese Konkurrenz ist zu Lasten des DBA-Schachtelprivilegs aufzulösen; gleichwohl kann die Begünstigung nach dem Schachtelprivileg dann ergänzend zum Tragen kommen, wenn dieses weitergehende Vergünstigungen gewährt.

Auf Bundesebene wurde hierzu entschieden, dass auch die pauschale Hinzurechnung von nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG unter die Freistellung des DBA-Frankreich fällt. Demnach zielt im Ergebnis die abkommensrechtliche Regelung nach ihrem Wortlaut darauf ab, die steuerbilanziellen Ergebnisse nach Anwendung des § 8b KStG etc. steuerfrei zu stellen.

2. Umsetzung in den KSt-Erklärungsvordrucken (Anlage AE)

In den KSt-Erklärungsvordrucken werden die unter das Schachtelprivileg des DBA-Frankreich fallenden Dividenden erstmals in der Zeile 15a der Anlage AE 2011 gesondert erfasst (Kz 16.270). Hier sind stets die „Nettoeinkünfte” zu erklären und es erfolgt eine Korrektur des bilanziellen Ergebnisses um den dort eingegebenen Wert. Diese Dividenden dürfen in dem Betrag It. Zeile 13 (Kz 16.184) nicht enthalten sein. Zur programmtechnischen Umsetzung vgl. Verfügung zur Programmfreigabe für den VZ 2011 ; EDV-Rundspruch Nr. 013/2012.

3. Offene Frage: Beteiligungsaufwand

Bei der Anlage AE ist allerdings nicht ersichtlich, welche steuerlichen Auswirkungen sich ergeben, wenn für die französische Beteiligung Aufwendungen anfallen (insbesondere Schuldzinsen). Aus dem Wort „dazu” am Anfang der Zeile 15a könnte man schließen, dass auch die Hinzurechnung eines Negativsaldos (Aufwandsüberhang) möglich sein könnte. Diese Auffassung wird wohl von Kramer in Debatin/Wassermeyer Frankreich Art. 20 Rz. 28 im Ergebnis so vertreten.

In diesen Fällen bitte ich folgende Auffassung zu vertreten:

  • Fällt kein Beteiligungsaufwand an, sind 100 % der erhaltenen Dividende steuerfrei zu stellen (keine Hinzurechnung der 5 %-Pauschale = unstreitiger Fall).

  • Ist der Beteiligungsaufwand höher als 5 % der erhaltenen Dividende, werden – wie im Inlandsfall – im Ergebnis 95 % steuerfrei gestellt. Durch das DBA kann sich nämlich keine Schlechterstellung gegenüber dem inländischen Recht ergeben (ein DBA kann nur Doppelbesteuerungen vermeiden, aber keine Besteuerungsrechte begründen, die es nach inländischem Recht nicht gibt). Dies gilt selbst dann, wenn der Beteiligungsaufwand höher ist als die erhaltene Dividende. Zwar gewährt das DBA in diesem Fall nur eine niedrigere Freistellung, die Freistellung nach inländischem Recht ist aber höher, so dass nun wieder das inländische Recht anwendbar sein muss (Dividende steuerfrei; 5 %-Pauschale; tatsächlicher Beteiligungsaufwand nicht zu korrigieren).

  • Bei Beteiligungsaufwand zwischen 0,1 % und 5 % der Dividende wird der tatsächliche Beteiligungsaufwand von der Dividende abgezogen und der Restbetrag in Zeile 15a der Anlage AE steuerfrei gestellt.

Beispiel

Dividende aus einer Schachtelbeteiligung in Frankreich i. H. von 100 €. Schuldzinsen für die Refinanzierung der Beteiligung i. H. von


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a) 0 €
b) 2 €
c) 50 €
d) 150 €.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Dividende
a) bis d): 100
Zinsaufwand
a) 0
b) 2
c) 50
d) 150
Bilanzielles Ergebnis
+ 100
+ 98
+ 50
./. 50
Freistellung (Eintragung in Zeile 15a der Anlage AE)
./. 100
./. 98
./. 95
./. 95
Einkommenswirkung im Ergebnis
0
0
./. 45
./. 145
Zum Vergleich: Inlandsfall
+ 5
+ 3
./. 45
./. 145

Die Lösung führt also nur dann zu einer gegenüber dem Inlandsfall anderen (= für die Steuerpflichtigen besseren) Lösung, wenn der Beteiligungsaufwand weniger als 5 % der bezogenen Dividende beträgt. Bei höherem Beteiligungsaufwand ist die Lösung identisch mit dem Fall einer Inlandsdividende (oder einer Dividende aus einem anderen ausländischen Staat).

Eine Anpassung der Anlage AE wurde bereits veranlasst.

Durch das Gesetz zur Umsetzung des vom , BStBl 2013 I S. 344 (Gesetz zur Streubesitzdividende), ergibt sich auch für ab dem bezogene Streubesitzdividenden aus Frankreich – abgesehen von der ggf. bestehenden Möglichkeit der Anrechnung ausländischer Quellensteuer – keine andere Lösung. Die Dividende ist bei einem Beteiligungsumfang von weniger als 10 % damit im Regelfall nicht nach § 8b KStG steuerbefreit und eine Konkurrenz zu dem DBA-Schachtelprivileg, das auch erst ab einem Beteiligungsumfang von 10 % eingreift, kann abgesehen von den Fällen des unterjährigen Hinzuerwerbs nicht entstehen.

OFD Karlsruhe v. - S 1301/944 - St 222

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
JAAAE-60960