Ablösung einer Versorgungsordnung - Drei-Stufen-Schema - Anhebung der gesetzlichen Regelaltersgrenze - Umstellung laufender Rentenleistungen auf Kapitalleistung
Leitsatz
1. Stellt eine vor dem RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz (juris: RVAltGrAnpG) entstandene Versorgungsordnung für den Eintritt des Versorgungsfalles auf die Vollendung des 65. Lebensjahres ab, so ist diese Versorgungsordnung regelmäßig dahingehend auszulegen, dass damit auf die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung nach §§ 35, 235 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Bezug genommen wird.
2. Die Umstellung eines Versprechens laufender Betriebsrentenleistungen in ein Kapitalleistungsversprechen bedarf wegen der damit für den Arbeitnehmer verbundenen Nachteile einer eigenständigen Rechtfertigung anhand der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit.
Gesetze: RVAltGrAnpG, § 1 BetrAVG, § 1b Abs 1 BetrAVG, § 2 Abs 1 BetrAVG, § 2 Abs 5 BetrAVG, § 3 BetrAVG, § 30f Abs 1 BetrAVG, § 35 SGB 6, § 235 Abs 2 S 2 SGB 6, § 256 ZPO, § 850c ZPO, § 850i ZPO, § 133 BGB, § 157 BGB
Instanzenzug: Az: 26 Ca 940/08 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Az: 2 Sa 44/09 Urteilnachgehend Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Az: 2 Sa 68/12 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten darüber, nach welchen Versorgungsbestimmungen sich die Anwartschaften der Klägerin auf betriebliche Altersversorgung richten.
2Die am geborene Klägerin wurde zum bei der A-T GmbH als technische Zeichnerin eingestellt. Infolge mehrerer Betriebsübergänge bestand das Arbeitsverhältnis zuletzt mit der Beklagten und wurde zum beendet.
Zunächst hatten auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin die Bestimmungen für die Ruhegeldeinrichtung der A-T GmbH, ab durch die Betriebsvereinbarung „Versorgungsbestimmungen der A-T AG“ abgelöst, Anwendung gefunden. Mit Wirkung zum trat an deren Stelle aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Übernahme durch die A GmbH die Gesamtbetriebsvereinbarung „Versorgungsbestimmungen der A GmbH“ vom (im Folgenden: GBV A 1983). Diese enthält auszugsweise folgende Regelungen:
Anlässlich der Verschmelzung der A GmbH und der T GmbH zur B T GmbH vereinbarten die Betriebsparteien unter dem die Gesamtbetriebsvereinbarung „Betriebliche Altersversorgung der Mitarbeiter der A GmbH nach Verschmelzung zur B T GmbH“ (im Folgenden: GBV Übergang 1995). Diese enthält auszugsweise folgende Bestimmungen:
Die bei der T GmbH geltende Gesamtbetriebsvereinbarung „Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung T GmbH für Tarifmitarbeiter“ (im Folgenden: GBV T 1992) vom enthält folgende Bestimmungen:
Der in § 9 Nr. 2 GBV T 1992 in Bezug genommene Anhang 1 hat folgenden Wortlaut:
7Die Klägerin war zum Ablösestichtag der Rentengruppe 8 des Anhangs 1 der GBV T 1992 zugeordnet.
Am schlossen die B T GmbH und der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat die „Betriebsvereinbarung zwischen Geschäftsleitung und Gesamtbetriebsrat der B T GmbH“ (im Folgenden: GBV Kapitalkontenplan 1998). Diese enthält ua. folgende Regelungen:
Ebenfalls am schlossen die Betriebsparteien eine Gesamtbetriebsvereinbarung zum Übergang auf den Kapitalkontenplan RBI zum (im Folgenden: GBV Übergang KKP 1998) ab. Dort ist ua. Folgendes bestimmt:
10Nach einem zwischenzeitlichen Betriebsübergang von der B T GmbH auf die M GmbH ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin aufgrund eines weiteren Betriebsübergangs am auf die Beklagte über. Das Basiskonto nach der GBV Kapitalkontenplan 1998 wurde bis zum mit jährlichen Beiträgen dotiert. Eine Verlängerung der Beitragszeit durch die Beklagte erfolgte nicht.
11Nachdem die Klägerin in erster Instanz zunächst noch die Fortführung der Dotierung des Basiskontos nach der GBV Kapitalkontenplan 1998 durchzusetzen versucht hatte, hat sie - nach mehrfachen Klageänderungen - zuletzt in der Berufungsinstanz die Feststellung begehrt, dass sich ihre betriebliche Altersversorgung auch über den hinaus nach der GBV T 1992 iVm. der GBV Übergang 1995 richtet.
12Sie hat die Auffassung vertreten, dass die in den Betriebsvereinbarungen vom und vom enthaltenen Versorgungsbestimmungen durch die Betriebsvereinbarungen vom nicht wirksam abgelöst worden seien. Die Befristungsregelung in der GBV Kapitalkontenplan 1998 sei unwirksam. Es habe ein Vertrauensschutz dahingehend bestanden, dass zeitlich unbegrenzt Beträge in das Versorgungssystem durch den Arbeitgeber geleistet würden. Die Altregelungen hätten zudem auf die Gehaltsentwicklung der Arbeitnehmer abgestellt und somit eine Dynamik festgelegt. Demgegenüber liege der Gesamtbetriebsvereinbarung vom ein Bausteinsystem in Form einer Kapitalabsicherung zugrunde. Dies führe zu einem Eingriff in die erdiente Dynamik.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
14Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, dass sich die Umstellung der betrieblichen Altersversorgung für die Klägerin nicht nachteilig ausgewirkt habe. Die Klägerin habe bereits nicht dargelegt, dass sich die Zusage aus der GBV Kapitalkontenplan 1998 als ungünstiger erweise. Nach der GBV T 1992 und der GBV Übergang 1995 könne die Klägerin derzeit einen monatlichen Rentenbetrag iHv. 269,13 Euro beanspruchen. Dieser Rentenbetrag liege unter der ermittelten Garantierente iHv. 282,36 Euro gemäß Nr. 3.1 GBV Übergang KKP 1998. Bei einer Verrentung des Kapitals aus dem Kapitalvorsorgeplan auf Basis der Richttafeln 2005 von K. Heubeck und eines Rechnungszinses von 6 % ergebe sich sogar ein monatlicher Rentenbetrag von 286,22 Euro (Rente ab Alter 60).
15Zudem führten die Betriebsvereinbarungen vom lediglich zu einem Eingriff in künftige, noch nicht erdiente, dienstzeitabhängige Zuwächse. Hierfür reichten sachlich-proportionale Gründe aus. Solche Gründe lägen vor. Die damalige Arbeitgeberin - die B T GmbH - habe seinerzeit 70 unterschiedliche Versorgungspläne im B-Konzern in einem System der betrieblichen Altersversorgung konzernweit übersichtlicher gestalten und vereinfachen wollen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Revision.
Gründe
17Die Revision der Beklagten ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Klage nicht stattgegeben werden. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die zulässige Klage begründet ist, wenn die GBV T 1992 iVm. der GBV Übergang 1995 durch die GBV Kapitalkontenplan 1998 iVm. der GBV Übergang KKP 1998 nicht wirksam abgelöst wurde. Auf Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann nicht entschieden werden, ob dies der Fall ist. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 ZPO) und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung (§ 563 ZPO).
18A. Die Klage ist zulässig.
19I. Der Feststellungsantrag ist auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO gerichtet. Zwar können nach § 256 Abs. 1 ZPO nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr, wie vorliegend, auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken ( - Rn. 12, EzA BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 6).
20II. Der Feststellungsantrag weist auch das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse auf. Die Beklagte bestreitet, dass sich die Versorgungsleistungen der Klägerin bei Eintritt des Versorgungsfalles nach wie vor nach der GBV T 1992 iVm. der GBV Übergang 1995 berechnen. Dass der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, ist unerheblich (vgl. - Rn. 19, BAGE 130, 202; - 3 AZR 282/94 - zu A III 2 der Gründe, BAGE 79, 236). Der Vorrang der Leistungsklage greift vorliegend schon deshalb nicht ein, weil die streitige Forderung noch nicht fällig ist.
21B. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sich ihre Betriebsrentenanwartschaften weiter nach den Versorgungsbestimmungen der Anlage 1 zur GBV T 1992 iVm. der GBV Übergang 1995 richten. Ihre Klage wäre deshalb begründet, wenn diese Regelungen durch die nachfolgenden Betriebsvereinbarungen GBV Kapitalkontenplan 1998 und GBV Übergang KKP 1998 nicht wirksam abgelöst wurden. Dies kann der Senat aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht entscheiden. Es steht weder fest, ob die Voraussetzungen einer Ablösung im Hinblick auf die Höhe der Anwartschaft vorliegen, noch welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben, dass an die Stelle eines Rentenanspruchs eine Kapitalleistung getreten ist. Der Rechtsstreit war deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO).
22I. Der Senat kann aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts schon nicht abschließend entscheiden, ob die Regelungen der GBV T 1992 iVm. der GBV Übergang 1995 durch die GBV Kapitalkontenplan 1998 iVm. der GBV Übergang KKP 1998 im Hinblick auf die Höhe der Versorgungsanwartschaften der Klägerin wirksam abgelöst wurden. Es lässt sich danach weder ermitteln, welche Anwartschaften der Klägerin nach den Regelungen der GBV T 1992 iVm. der GBV Übergang 1995 zustehen, noch welche Anwartschaften sie nach der GBV Kapitalkontenplan 1998 iVm. der GBV Übergang KKP 1998 erworben hat. Damit kann auch nicht beurteilt werden, ob die Neuregelung GBV Kapitalkontenplan 1998 iVm. der GBV Übergang KKP 1998 zu einem Eingriff führt und ob ein etwaiger Eingriff in Anwendung des dreistufigen Prüfungsschemas gerechtfertigt wäre.
23Zunächst müssen die Anwartschaften nach der Altregelung der GBV T 1992 iVm. der GBV Übergang 1995 und nach der Neuregelung der GBV Kapitalkontenplan 1998 iVm. der GBV Übergang KKP 1998 festgestellt und miteinander verglichen werden. Dazu ist die nach der GBV Kapitalkontenplan 1998 vorrangig vorgesehene Kapitalleistung nach versicherungsmathematischen Grundsätzen in eine laufende Rentenleistung umzurechnen. Ergibt der Vergleich, dass die Anwartschaft nach der Neuregelung - ggf. einschließlich der in Nr. 3.1 GBV Übergang KKP 1998 vorgesehenen Garantierente - höher ist als die Anwartschaft nach der GBV T 1992 iVm. der GBV Übergang 1995, so ist die Neuregelung insoweit bereits deshalb nicht zu beanstanden, weil sie nicht in Anwartschaften der Klägerin nach der Altregelung eingreift. Fällt die Anwartschaft nach der Neuregelung hingegen geringer aus als nach der Altregelung, so ist zu prüfen, ob der damit verbundene Eingriff in die Anwartschaften der Klägerin in Anwendung des dreistufigen Prüfungsschemas gerechtfertigt ist.
241. Regeln mehrere zeitlich aufeinanderfolgende Betriebsvereinbarungen denselben Gegenstand, gilt das Ablösungsprinzip. Danach löst eine neue Betriebsvereinbarung eine ältere grundsätzlich auch dann ab, wenn die Neuregelung für den Arbeitnehmer ungünstiger ist (st. Rspr., vgl. ua. - zu I 2 a der Gründe mwN, BAGE 103, 187). Das Ablösungsprinzip ermöglicht allerdings nicht jede Änderung. Soweit in bestehende Besitzstände eingegriffen wird, sind die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit zu beachten ( - Rn. 18, EzA BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 6). Deshalb unterliegen Betriebsvereinbarungen, die Versorgungsansprüche aus einer früheren Betriebsvereinbarung einschränken, einer entsprechenden Rechtskontrolle (vgl. - aaO; - 3 AZR 728/00 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 99, 75).
25Die bei Einschnitten in Versorgungsrechte zu beachtenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit hat das Bundesarbeitsgericht durch ein dreistufiges Prüfungsschema präzisiert (ständige Rechtsprechung seit - 3 AZR 72/83 - zu B II 3 c der Gründe, BAGE 49, 57). Den abgestuften Besitzständen der Arbeitnehmer sind entsprechend abgestufte, unterschiedlich gewichtete Eingriffsgründe des Arbeitgebers gegenüberzustellen ( - AP BetrAVG § 9 Nr. 22 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 47). Der unter der Geltung der bisherigen Ordnung und in dem Vertrauen auf deren Inhalt bereits erdiente und entsprechend § 2 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 BetrAVG ermittelte Teilbetrag kann hiernach nur in seltenen Ausnahmefällen entzogen werden. Das setzt zwingende Gründe voraus. Zuwächse, die sich - wie etwa bei endgehaltsbezogenen Zusagen - dienstzeitunabhängig aus variablen Berechnungsfaktoren ergeben (erdiente Dynamik), können nur aus triftigen Gründen geschmälert werden. Für Eingriffe in dienstzeitabhängige, also noch nicht erdiente Zuwachsraten genügen sachlich-proportionale Gründe.
26Ob eine spätere Betriebsvereinbarung in Besitzstände eingereift und deshalb eine Überprüfung anhand des dreistufigen Prüfungsschemas erforderlich ist, kann nur im jeweiligen Einzelfall und auf das Einzelfallergebnis bezogen festgestellt werden (vgl. - Rn. 36, AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 53). Dazu ist es erforderlich, dass die Versorgungsrechte bzw. Anwartschaften nach den beiden unterschiedlichen Versorgungsordnungen berechnet und gegenübergestellt werden. Deshalb kann etwa bei endgehaltsbezogenen Versorgungszusagen regelmäßig erst beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis festgestellt werden, ob mit der ablösenden Neuregelung in bestehende Besitzstände eingegriffen wird. In diesen Fällen kann regelmäßig erst zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis beurteilt werden, welche Versorgungsordnung sich als günstiger erweist (vgl. für einen Eingriff in die erdiente Dynamik - BAGE 100, 105).
272. Die Klägerin ist zum aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden. Die aus der vor dem erteilten Versorgungszusage stammenden Anwartschaften der Klägerin waren zu diesem Zeitpunkt gemäß § 1b Abs. 1 iVm. § 30f Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BetrAVG unverfallbar. Die im Februar 1957 geborene Klägerin ist am bei einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten in das Arbeitsverhältnis eingetreten und mit Ablauf des ausgeschieden. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie das 35. Lebensjahr vollendet und das Arbeitsverhältnis hatte bereits mehr als zehn Jahre bestanden.
28Der Vergleich hat deshalb vorliegend zwischen den beiden Versorgungsordnungen nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG bezogen auf die im Zeitpunkt des Ausscheidens erworbenen gesetzlich unverfallbaren Anwartschaften zu erfolgen. Dabei sind die Anwartschaften bezogen auf den Eintritt des Versorgungsfalles bei Erreichen der festen Altersgrenze nach der abgelösten und der ablösenden Versorgungsregelung zu vergleichen. Demgegenüber kommt es für die von der Klägerin begehrte Feststellung nicht darauf an, wie sich ein Vergleich bei der tatsächlichen Inanspruchnahme der Altersrente zu einem früheren Zeitpunkt, also vorgezogen, darstellt. Es kann dahingestellt bleiben, ob in diesem Fall eine neue Prüfung der Voraussetzungen für eine wirksame Ablösung erforderlich ist, weil allein das einer ergebnisbezogenen Betrachtung entspräche; dies ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
293. Diesen Maßstäben wird die vom Landesarbeitsgericht gegebene Begründung für seine Entscheidung nicht gerecht. Es hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass die GBV T 1992 iVm. der GBV Übergang 1995 durch die GBV Kapitalkontenplan 1998 iVm. der GBV Übergang KKP 1998 nicht wirksam abgelöst wurde, weil die Dotierung des Kapitalkontenplans RBI bis zum befristet war. Das Landesarbeitsgericht hat nicht überprüft, ob die Klägerin durch die - wenn auch befristet erfolgten - Einzahlungen in den Kapitalkontenplan eine höhere Anwartschaft erworben hat als bei Fortgeltung der GBV Übergang 1995. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit nicht erkannt, dass es sich bei der GBV Kapitalkontenplan 1998 um eine beitragsorientierte Leistungszusage handelt und somit im Vergleich zur GBV Übergang 1995 um ein anderes Regelungssystem, so dass der erforderliche Vergleich nicht isoliert bezogen auf einzelne Regelungsbestandteile vorgenommen werden kann. Selbst bei einer befristeten Dotierung einer beitragsorientierten Leistungszusage kann die sich daraus ergebende Rentenanwartschaft eines Arbeitnehmers höher sein als die Rentenanwartschaft bei einer dauerhaften Einzahlung, sofern die befristete Dotierung entsprechend hoch ausfällt. Ein Eingriff auf einer der drei Stufen kann nicht damit bejaht werden, dass in einzelne Berechnungsfaktoren verschlechternd eingegriffen wird, wenn zugleich die Möglichkeit besteht, nach anderen Berechnungsfaktoren möglicherweise höhere Zuwächse zu erwerben. Ob dies hier der Fall ist, kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht beurteilen. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung.
304. Das Landesarbeitsgericht wird nunmehr festzustellen haben, wie sich die maßgeblichen Anwartschaften berechnen und ob die sich aus der ablösenden Betriebsvereinbarung - GBV Kapitalkontenplan 1998 iVm. GBV Übergang KKP 1998 - für die Klägerin ergebende Anwartschaft überhaupt niedriger ist als die nach der abgelösten Betriebsvereinbarung GBV T 1992 iVm. der GBV Übergang 1995. Ist dies der Fall, so ist zu klären, auf welcher Stufe der Eingriff angesiedelt ist und wie schwerwiegend deshalb die Gründe für den Eingriff sein müssen. Anschließend ist zu klären, ob derartige Gründe vorliegen. Dabei gilt Folgendes:
31a) Zunächst wird das Landesarbeitsgericht die zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Klägerin nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG zustehende Versorgungsanwartschaft auf der Grundlage der Altregelung aus der GBV T 1992 iVm. der GBV Übergang 1995 zu berechnen haben.
32aa) Die Klägerin unterfällt II. 2 GBV Übergang 1995. Bei der Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft der Klägerin nach II. 3 GBV Übergang 1995 zum Zeitpunkt des vorzeitigen Ausscheidens der Klägerin zum sind zunächst die Besitzstandsrente nach II. 2.2 GBV Übergang 1995 und die Zuwachsrente nach II. 2.3.1 GBV Übergang 1995 zu ermitteln.
33(1) In einem ersten Schritt ist deshalb die Besitzstandsrente nach II. 2.2 GBV Übergang 1995 festzustellen. Ausgangspunkt hierfür ist die Besitzstandsberechnung der Rechtsvorgängerin der Beklagten zum Stichtag vom .
34(a) Gemäß II. 2.2.1 GBV Übergang 1995 ist dabei nach der bisher geltenden GBV A 1983 die Rente auf das 65. Lebensjahr zu berechnen. Ausweislich der vorerwähnten Besitzstandsberechnung vom zum Stichtag ergibt sich ein jährlicher Rentenbetrag von 8.157,60 DM.
35Diese Besitzstandsberechnung wurde von den Parteien im Rechtsstreit bislang übereinstimmend zugrunde gelegt. Da in dieser Berechnung die Anpassungen für 1996 iHv. 1,8 % und für 1997 iHv. 1,8 % eingerechnet sind, wird auch nur das in die Berechnung eingestellt, was bereits am , dem Tag vor dem Ablösestichtag, durch die Betriebsvereinbarung vorhersehbar angelegt war (Rechtsgedanke aus § 2 Abs. 5 BetrAVG, Festschreibeeffekt).
36(b) Anschließend ist gemäß II. 2.2.1 GBV Übergang 1995 zeitanteilig der Teil des Betrages zu errechnen, der dem Verhältnis der Dienstzeit, die ab dem Eintritt bei der A () bis zum Stichtag () zurückgelegt wurde, zu der möglichen Dienstzeit bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres () entspricht.
37(aa) Bei der Besitzstandsrente nach II. 2.2 GBV Übergang 1995 handelt es sich um eine Rechengröße, die die Betriebsparteien 1995 zur Feststellung und Dynamisierung eines zum Ablösezeitpunkt - Stichtag - erworbenen Besitzstandes festgeschrieben haben. Deshalb ist bei der Ermittlung dieser Rechengröße insoweit auch das dort zugrunde gelegte Rentenalter 65 maßgeblich. Die zwischenzeitlich zum durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) vom (BGBl. I S. 554) erfolgte schrittweise Anhebung des gesetzlichen Rentenalters nach §§ 35, 235 Abs. 2 Satz 2 SGB VI bleibt bei dieser Berechnung unbeachtet.
38(bb) Ausgehend von der Besitzstandsberechnung vom sind für die Zeit vom Eintritt bei A am bis zum Stichtag am aufgerundet 276 Monate zugrunde zu legen und für die Zeit vom Eintritt bei A am bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres am abgerundet 593 Monate.
39(c) Zur Feststellung des monatlichen Betrages der Besitzstandsrente nach II. 2.2.1 GBV Übergang 1995 ist der zunächst ermittelte jährliche Rentenbetrag iHv. 8.157,60 DM mit 276 zu multiplizieren und anschließend durch 593 zu dividieren, woraus sich ein Jahresbetrag iHv. 3.796,79 DM und damit ein monatlicher Betrag von 316,40 DM ergibt.
40(d) Anschließend wird sich das Landesarbeitsgericht mit der Frage zu befassen haben, welche Auswirkungen die Regelung II. 2.2.3 GBV Übergang 1995 auf den nach II. 2.2.1 GBV Übergang 1995 errechneten Ausgangsbetrag für die Besitzstandsrente hat. Da sich der Ausgangsbetrag nach II. 2.2.1 GBV Übergang 1995 nach II. 2.2.3 GBV Übergang 1995 bis zum Eintritt des Versorgungsfalles jeweils zum gleichen Zeitpunkt und im gleichen Verhältnis erhöht, wie sich die Rentenanwartschaften der Mitarbeiter nach I. 2 GBV Übergang 1995, dh. die ab dem Stichtag neu eingetretenen Mitarbeiter, erhöhen, kann sich hieraus eine Steigerung der Besitzstandsrente ergeben.
41(aa) Hierbei wird das Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen haben, dass die Klägerin in der Berufungsbegründung vom unter B. II. 3 selbst vortragen hat, dass solche Erhöhungen nach Übergang zum sog. Kapitalkontenplan Ende 1998 unterblieben sind. II. 2.2.3 GBV Übergang 1995 gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine Dynamisierung um 1,8 % jährlich bis zum Renteneintritt vorzunehmen wäre. Die Klägerin hat hierzu lediglich vorgetragen, dass sie selbst diese Dynamik aus den zurückliegenden Jahren fortschreiben würde. Dies ist jedoch kein tragfähiges Argument, wenn sie selbst einräumt, dass die Fortschreibung des Anhangs 1 zur GBV T 1992 wegen des Übergangs auf den sog. Kapitalkontenplan unterblieben sei. Daran ändert nichts, dass die Beklagte sich im Rahmen der Berufungsbeantwortung vom unter IV. „um die Angelegenheit nicht noch weiter zu komplizieren“ auf die Berechnung der Klägerin eingelassen hat. Zuvor hatte sie ausdrücklich vorgetragen, dass die Fortschreibung nicht erfolgt sei.
42(bb) In Betracht zu ziehen wäre jedoch, die für das Jahr 1998 im Anhang 1 zur GBV T 1992 bezeichnete Steigerung um weitere 1,8 % noch zu berücksichtigen und diese einzurechnen. Im Anhang 1 zur GBV T 1992 ist unterhalb der Fußnoten vermerkt, dass in den Jahren 1997 bis 1998 die jeweiligen Anwartschaften mit Wirkung vom 1. Januar eines jeden Jahres um jeweils 1,8 % erhöht werden. Da die Besitzstandsberechnung vom eine Anpassung der Anwartschaften für 1996 und 1997 um jeweils 1,8 % bereits berücksichtigt, bleibt zu klären, ob die Anpassung für das Jahr 1998 um 1,8 % noch einzurechnen ist, weil diese Erhöhung tatsächlich stattgefunden hat oder hätte stattfinden müssen. Sollte das Landesarbeitsgericht - nachdem es den Parteien Gelegenheit gegeben hat, zu diesem Gesichtspunkt Stellung zu nehmen - annehmen, dass für das Jahr 1998 eine Anpassung der Anwartschaft um 1,8 % vorzunehmen ist, so ergäbe sich ein monatlicher Betrag für die Besitzstandsrente iHv. 322,10 DM.
43(2) In einem nächsten Schritt ist sodann die Zuwachsrente nach II. 2.3 GBV Übergang 1995 als fiktive Vollrente bezogen auf eine Dienstzeit bis zum Eintritt des Versorgungsfalles zu berechnen.
44(a) Ausgehend von den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist die Klägerin in die Rentengruppe 8 eingereiht. Der Anhang 1 zur GBV T 1992 sieht für das Jahr 1996 einen Grundbetrag von 167,24 DM und einen Steigerungsbetrag von 8,30 DM vor. Im Anhang 1 ist insoweit bereits eine Steigerung um jeweils 1,8 % für die Jahre 1997 und 1998 festgeschrieben. Der Grundbetrag erhöhte sich dementsprechend zum auf 170,25 DM und der Steigerungsbetrag auf 8,45 DM. Zum erhöhte sich der Grundbetrag schließlich auf 173,31 DM und der Steigerungsbetrag auf 8,60 DM. Für die Berechnung der Zuwachsrente ist von den ab Januar 1998 gültigen Werten iHv. 173,31 DM und 8,60 DM auszugehen.
45(b) Nach § 9 Nr. 1 GBV T 1992 setzt sich die Altersrente und damit die Zuwachsrente nach II. 2.3 GBV Übergang 1995 aus einem Grundbetrag und einem Steigerungsbetrag für jedes rentenfähige Dienstjahr nach Erfüllung der Wartezeit (maximal jedoch 30 Steigerungsbeträge) zusammen. Daraus ergibt sich bei 30 Steigerungsbeträgen multipliziert mit 8,60 DM ein Betrag iHv. 258,00 DM. Hinzuzurechnen ist der Grundbetrag iHv. 173,31 DM, so dass sich insgesamt 431,31 DM ergeben.
46(c) Dieser Betrag iHv. 431,31 DM ist gemäß II. 2.3.1 GBV Übergang 1995 ins Verhältnis der Dienstzeit, die ab dem Stichtag () bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres zurückgelegt werden könnte, zu der möglichen Dienstzeit vom Eintritt bei A bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres zu setzen. Anstelle der ausdrücklich genannten Grenze des 65. Lebensjahres tritt jedoch die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung und damit im Falle der im Februar 1957 geborenen Klägerin ein Lebensalter von 65 Lebensjahren und elf Monaten.
47(aa) Bei der Versorgungsordnung GBV Übergang 1995 ist die nach §§ 35, 235 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ansteigende Altersgrenze bei Feststellung der für die Berechnung der fiktiven Vollrente maßgeblichen Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen. Zwar bezieht sich die Versorgungsordnung nach der GBV Übergang 1995 ausdrücklich auf das 65. Lebensjahr. Bei der Berechnung der Zuwachsrente nach der GBV Übergang 1995 ist die stufenweise Anhebung der Regelaltersgrenze durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz einzubeziehen mit der Folge, dass die in der Versorgungsordnung genannte Altersgrenze 65 schrittweise ansteigt. Das ergibt die Auslegung dieser für die Rentenentwicklung ab dem maßgeblichen Stichtag zugrunde zu legenden Vorschriften.
48Durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz wurde nicht nur eine stufenweise Anhebung der Regelaltersgrenze vorgenommen, sondern auch § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG dahingehend geändert, dass die Formulierung „Vollendung des 65. Lebensjahrs“ durch den Begriff der „Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung“ ersetzt wurde (vgl. Art. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz). § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BetrAVG eröffnet nach wie vor die Möglichkeit, an die Stelle der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung einen früheren Zeitpunkt treten zu lassen, wenn dieser in der Versorgungsregelung als feste Altersgrenze vorgesehen ist. Ob es bei Versorgungsordnungen wie der GBV Übergang 1995, die vor dem RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz geschaffen wurden und nicht abstrakt auf das Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern ausdrücklich auf die Vollendung des 65. Lebensjahres abstellen, zu einem schrittweisen Anheben der Altersgrenze bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres kommt oder ob die Vollendung des 65. Lebensjahres einen früheren Zeitpunkt iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BetrAVG darstellt, ist umstritten.
49Teilweise wird - unter Verweis auf den bei ausdrücklicher Nennung der Vollendung des 65. Lebensjahres eindeutigen Wortlaut der Versorgungsordnung - die Auffassung vertreten, dass die Anhebung der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung in der betrieblichen Altersversorgung nicht automatisch dazu führe, dass sich beim Quotierungsverfahren die mögliche Betriebszugehörigkeitsdauer verlängere (Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber BetrAVG 4. Aufl. § 2 Rn. 32; DFL/Kisters-Kölkes 4. Aufl. § 2 BetrAVG Rn. 21; ErfK/Steinmeyer 12. Aufl. § 2 BetrAVG Rn. 5). Nach der Gegenauffassung soll davon auszugehen sein, dass die Auslegung der Versorgungszusage idR zu einem „Mitwandern“ der Altersgrenze führt; die Benennung der Vollendung des 65. Lebensjahres stelle eine dynamische Verweisung auf die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung dar (Höfer BetrAVG Stand Juni 2011 Rn. 3119.5 ff.; Höfer/Witt/Kuchem BB 2007, 1445, 1450; Cisch/Kruip BB 2007, 1162, 1168; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 85 Rn. 155; wohl auch HWK/Schipp 4. Aufl. Vorb. BetrAVG Rn. 106a).
50Der letzteren Auffassung ist der Vorzug zu geben. Für sie spricht zunächst, dass die Regelaltersgrenze bereits seit 1916 durchgehend bei der Vollendung des 65. Lebensjahres lag. Bei der Abfassung von Versorgungsordnungen gab es daher keine Veranlassung zu abweichenden Formulierungen, wenn an die in der Sozialversicherung geltende Altersgrenze von 65 Jahren angeknüpft wurde (vgl. Schaub/Vogelsang § 85 Rn. 155; HWK/Schipp Vorb. BetrAVG Rn. 106a). Bei der Frage, ob die Versorgungsordnung einen früheren Zeitpunkt als die Regelaltersgrenze vorsieht, ist zudem auf den Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage abzustellen. Auf der Basis der vor Inkrafttreten des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes gültigen Rechtslage enthielten derartige Versorgungsordnungen aber gerade keinen früheren Zeitpunkt als die Regelaltersgrenze. Gerade bei Gesamtversorgungssystemen, wie der GBV A 1983 (vgl. deren § 10), wird man im Wege der Auslegung regelmäßig nicht zu dem Ergebnis kommen, dass der Arbeitgeber die Betriebsrente bereits zu einem Zeitpunkt zahlen will, in dem eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung noch nicht beansprucht und damit auch nicht angerechnet werden kann (vgl. Baumeister/Merten DB 2007, 1306; HWK/Schipp Vorb. BetrAVG Rn. 106a). Das entspricht auch dem im Rahmen der Änderung des § 2 Abs. 1 BetrAVG zum Ausdruck gebrachten gesetzgeberischen Willen, wonach die Anhebung der gesetzlichen Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung auch in den Systemen der betrieblichen Altersversorgung nachvollzogen werden soll (vgl. die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/3794 S. 31).
51Zuletzt spricht auch der Umstand, dass die vom Arbeitgeber zu erbringende betriebliche Altersversorgung als Gegenleistung für die gesamte Betriebszugehörigkeit zwischen dem Beginn des Arbeitsverhältnisses und dem Erreichen der festen Altersgrenze aufgefasst wird (vgl. - Rn. 42 ff. EzA BetrAVG § 7 Nr. 76), für eine solche Auslegung. Der Altersgrenze der Vollendung des 65. Lebensjahres liegt der Gedanke zugrunde, dass zu diesem Zeitpunkt der Arbeitnehmer regelmäßig seine ungekürzte Altersrente aus der gesetzlichen Sozialversicherung bezieht und das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt enden wird. Es liegt darin folglich eine Anlehnung an die im gesetzlichen Rentenversicherungsrecht bestehende Altersgrenze.
52(bb) Nach § 235 Abs. 2 Satz 2 SGB VI liegt die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung für die am geborene Klägerin bei 65 Jahren und elf Monaten. Diese Grenze würde sie am erreichen. Ausgehend vom Beginn der Betriebszugehörigkeit der Klägerin am ergibt sich eine maximale Dauer der Betriebszugehörigkeit von 604 vollen Monaten. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat bei der sog. Besitzstandsberechnung zum Stichtag vom auf den letzten vollen Beschäftigungsmonat abgerundet. Ob diese Abrundung im Falle der Klägerin nach § 5 Nr. 3 GBV T 1992 geboten ist, weil die Klägerin die maßgebliche Grenze in der ersten Hälfte des Kalendermonats überschreitet, kann dahinstehen. Die Beklagte ist jedenfalls nicht verpflichtet, die aus dem Rechtsgedanken des § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI abzuleitende Möglichkeit, bis zum Ablauf des Monats zu rechnen, in dem die Altersgrenze überschritten wird und eine Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung ab dem Beginn des Folgemonats bezogen werden kann, zu berücksichtigen (vgl. Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 5. Aufl. § 2 Rn. 83a).
53Es ergeben sich folglich für die Berechnung der Zuwachsrente noch mögliche 330 volle Monate; der Zeitraum vom Eintritt der Klägerin bei der A am bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze umfasst eine Betriebszugehörigkeit von 604 Monaten. Der für die Zuwachsrente ermittelte Betrag iHv. 431,31 DM ist deshalb mit 330 zu multiplizieren und anschließend durch 604 zu teilen. Daraus ergibt sich die monatliche Zuwachsrente nach II. 2.3.1 GBV Übergang 1995 iHv. 235,65 DM.
54(3) Nach II. 3.1 GBV Übergang 1995 setzt sich die Altersrente aus der Besitzstandsrente nach II. 2.2 GBV Übergang 1995 und der Zuwachsrente nach II. 2.3.1 GBV Übergang 1995 zusammen. Rechnet man deshalb die Besitzstandsrente iHv. 322,10 DM [bzw. 316,40 DM] und die Zuwachsrente iHv. 235,65 DM zusammen, ergibt sich eine Altersrente von 557,75 DM [bzw. 552,05 DM].
55(4) Nunmehr ist die Anwartschaft nach § 2 Abs. 1 BetrAVG bezogen auf das vorzeitige Ausscheiden der Klägerin am zu ermitteln. Dabei ist ebenfalls die nach §§ 35, 235 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ansteigende Regelaltersgrenze zu berücksichtigen.
56Da die Klägerin mit Ablauf des aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden ist, ist die errechnete Altersrente iHv. 557,75 DM [bzw. 552,05 DM] nach § 2 Abs. 1 BetrAVG zu quoteln. Dabei ist von einer tatsächlichen Betriebszugehörigkeit der Klägerin vom bis zum und damit von 439 Monaten auszugehen. Die mögliche Betriebszugehörigkeit der Klägerin bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung am ergibt (abgerundet) 604 Monate. Daraus errechnet sich eine Rentenanwartschaft iHv. 405,38 DM (entspricht 207,27 Euro) [bzw. 401,24 DM (entspricht 205,15 Euro)] nach der GBV Übergang 1995.
57bb) Anschließend wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob die in III. 2 GBV Übergang 1995 bestimmte Mindestrente höher ist als die nach II. 3.1 GBV Übergang 1995 ermittelte Rente. Die Regelung in III. 2 GBV Übergang 1995 geht erkennbar auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Mindestrente bei ablösenden Versorgungsordnungen zurück (vgl. - 3 AZR 93/99 - AP BetrAVG § 6 Nr. 25 = EzA BetrAVG § 6 Nr. 21; - 3 AZR 662/85 - BAGE 56, 138, 143 f.).
58b) Im Anschluss hieran wird das Landesarbeitsgericht die zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Klägerin bestehende gesetzlich unverfallbare Rentenanwartschaft auf der Grundlage der GBV Kapitalkontenplan 1998 und die Rentenanwartschaft für die Garantierente nach Nr. 3.1 GBV Übergang KKP 1998 zu ermitteln und sodann festzustellen haben, ob die verrentete Kapitalleistung hinter der Garantierente zurückbleibt. Es wird auf dieser Grundlage die gesetzlich unverfallbare Anwartschaft der Klägerin bei deren Ausscheiden zu ermitteln haben. Da es an Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hierzu fehlt, kann der Senat die Berechnung nicht vornehmen.
59aa) Zunächst ist die Höhe der fiktiven verrenteten Vollleistung der Klägerin nach der GBV Kapitalkontenplan 1998 festzustellen. Dabei kann das Landesarbeitsgericht von den von der Beklagten erstmals mit der Berufungserwiderung vom vorgelegten Zahlen - insbesondere von dem Stand des Basiskontos iHv. 47.869,00 Euro, sofern dies zwischen den Parteien unstreitig bleiben sollte - ausgehen. Es wird bei einer unterstellten Verrentung des Kapitals nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berücksichtigen haben, dass nach Nr. 1.3.2 GBV Kapitalkontenplan 1998 ein Anspruch auf Altersleistung bei Ausscheiden mit Vollendung des 60. Lebensjahres oder später besteht. Die Versorgungsordnung sieht daher keine feste Altersgrenze vor. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG ist daher für die Berechnung der fiktiven verrenteten Vollleistung auf die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung abzustellen. Der Kapitalbetrag wird somit nach versicherungsmathematischen Grundsätzen in eine Rente ab 65 Jahren und elf Monaten umzurechnen sein.
60bb) Anschließend wird das Landesarbeitsgericht auch die Garantierente der Klägerin nach Nr. 3.1 GBV Übergang KKP 1998 zu ermitteln haben. Die Garantierente orientiert sich zum Zweck der Besitzstandswahrung an der Altregelung und damit an der GBV Übergang 1995, wie sie bei Abschluss der GBV Übergang KKP 1998 im November 1998 zu verstehen war. Zu diesem Zeitpunkt war sowohl hinsichtlich der Besitzstands- als auch der Zuwachsrente noch auf eine feste Altersgrenze von 65 Jahren abzustellen. Die spätere Anhebung der Regelaltersgrenze nach dem RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz findet insoweit keine Berücksichtigung. Die Beklagte hat die Garantierente mit einem Betrag von 282,36 Euro beziffert. Diesen Betrag hat die Klägerin allerdings nicht unstreitig gestellt. Den Parteien ist folglich Gelegenheit zu geben, zur Berechnung der Garantierente weiteren Vortrag zu halten.
61cc) Maßgeblich ist der höhere Wert; bei gleicher Höhe kommt die Kapitalleistung zum Zuge (Nr. 3.1 GBV Übergang KKP 1998).
62dd) Anschließend ist nach § 2 BetrAVG festzustellen, wie hoch die auf den Zeitpunkt des Ausscheidens der Klägerin am zu berechnende Anwartschaft ist. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Kapitalleistung oder die Garantierente maßgeblich ist.
63(1) Die Kapitalleistung nach der GBV Kapitalkontenplan 1998 wäre zeitratierlich nach § 2 Abs. 1 BetrAVG zu kürzen. Auszugehen ist von einer möglichen Betriebszugehörigkeit bis zum Alter von 65 Jahren und elf Monaten als der für die Klägerin geltenden Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung.
64(2) Die Garantierente wäre dagegen nicht zu kürzen. Sie soll zum Ablösezeitpunkt - Stichtag - den erworbenen Besitzstand schützen. Nach der Rechtsprechung des Senats bleiben derartige Anwartschaften auch im Falle des späteren vorzeitigen Ausscheidens erhalten (grundlegend - 3 AZR 662/85 - BAGE 56, 138, 143 f.; ebenso - 3 AZR 93/99 - zu II 2 a der Gründe, AP BetrAVG § 6 Nr. 25 = EzA BetrAVG § 6 Nr. 21 für den vergleichbaren Fall der Insolvenz). An dieser Rechtsprechung ist jedenfalls für den Fall festzuhalten, dass die Besitzstandsgarantie - wie hier - nach den Kriterien des § 2 Abs. 1 BetrAVG berechnet wird und zum Zeitpunkt der Ablösung die Anwartschaft bereits gesetzlich unverfallbar war. Der besonders starke Schutz des nach den Kriterien des § 2 Abs. 1 BetrAVG zu errechnenden erdienten Besitzstandes rechtfertigt sich dann auch aus dem Gedanken, dass dem Arbeitnehmer bei der Ablösung zumindest das verbleiben soll, was ihm auch nach dieser Regelung beim Ausscheiden oder im Insolvenzfall nach § 7 Abs. 2 BetrAVG erhalten bliebe (vgl. - Rn. 49, AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 50 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 46). Es wäre ein Wertungswiderspruch, wollte man diesen besonderen Schutz entfallen lassen, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich - wie hier die Klägerin - später vorzeitig ausscheidet. Die aus einer vor dem erteilten Zusage stammende Versorgungsanwartschaft der Klägerin war auch am , dem nach der GBV Übergang KKP 1998 maßgeblichen Stichtag, bereits gesetzlich unverfallbar, da die Klägerin auch zu diesem Zeitpunkt bereits das 35. Lebensjahr vollendet und die Zusage mindestens zehn Jahre bestanden hatte (§ 1b Abs. 1 iVm. § 30f Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BetrAVG).
65c) Die sich zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Klägerin zum ergebenden Anwartschaften nach der GBV Übergang 1995 und der GBV Kapitalkontenplan 1998 einschließlich der Anwartschaft hinsichtlich der Garantierente nach Nr. 3.1 GBV Übergang KKP 1998 sind anschließend gegenüberzustellen. Ergibt sich dabei, dass die Anwartschaften nach der GBV Kapitalkontenplan 1998 oder der Garantierente nach Nr. 3.1 GBV Übergang KKP 1998 (Anwartschaft neu) nicht geringer sind als die Anwartschaft nach der GBV Übergang 1995 (Anwartschaft alt), liegt schon kein Eingriff in Besitzstände vor, denn die Neuregelung wäre für die Klägerin nicht ungünstiger. Ergibt sich hingegen, dass die Anwartschaft nach der GBV Kapitalkontenplan 1998 einschließlich der Anwartschaft hinsichtlich der Garantierente nach Nr. 3.1 GBV Übergang KKP 1998 geringer ist als die Anwartschaft nach der GBV Übergang 1995, liegt hingegen ein Eingriff vor, dessen Rechtmäßigkeit anhand des dreistufigen Prüfungsschemas des Bundesarbeitsgerichts zu prüfen ist. Für diese Prüfung gilt:
66aa) Ein Eingriff auf der ersten Stufe scheidet aus, weil Nr. 3.1 GBV Übergang KKP 1998 eine Garantierente dergestalt vorsieht, dass zumindest die Altersrente erreicht wird, auf die der Arbeitnehmer am Ablösungsstichtag Anwartschaft aus der Altregelung hatte. Ein Eingriff in den bereits erdienten Teilbetrag ist damit ausgeschlossen.
67bb) Das Landesarbeitsgericht wird aber zu prüfen haben, ob möglicherweise ein Eingriff auf der zweiten Stufe, also ein Eingriff in eine erdiente Dynamik vorliegt.
68(1) Dabei wird das Landesarbeitsgericht zunächst zu beachten haben, dass sich ein solcher Eingriff entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus den sog. Einkommensbandbreiten nach § 9 Nr. 2 GBV T 1992 iVm. dem Anhang 2 ergeben kann. Dort ist lediglich geregelt, dass die Einkommensbandbreiten nach Anhang 2 jährlich in Anlehnung an die Tarifentwicklung im Tarifgebiet Nordwürttemberg/Nordbaden neu festgesetzt werden. Durch diese Regelung wird eine Dynamik gerade verhindert. Durch den Gleichlauf der Gehaltsentwicklung und der Entwicklung der Einkommensbandbreiten wird sichergestellt, dass der Arbeitnehmer stets im gleichen Einkommensband verbleibt und somit auch der gleichen Rentengruppe iSd. Anhangs 1 zugeordnet bleibt, auch wenn sich das Gehalt des Arbeitnehmers aufgrund der Tarifentwicklung erhöht. Eine Verpflichtung auch zur jährlichen Anpassung der Rentengruppen enthält § 9 Nr. 2 GBV T 1992 nicht. Diese muss vielmehr durch die Betriebsparteien vereinbart werden. Fehlt es aber an einem Automatismus, liegt gerade keine Dynamik vor, auf die der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage hätte vertrauen können.
69(2) Ein Eingriff in eine erdiente Dynamik könnte aber dann vorliegen, wenn die Klägerin zwischen 1999 und ihrem vorzeitigen Ausscheiden zum befördert worden wäre. Dadurch könnte sie aus der Rentengruppe 8 nach dem in Bezug genommenen Anhang 1 zur GBV T 1992 herausgewachsen sein (vgl. - Rn. 70, AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 37 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 34). Das Landesarbeitsgericht wird deshalb zu prüfen haben, ob die Klägerin in der fraglichen Zeit noch befördert wurde und dadurch aus der Rentengruppe 8 herausgehoben wurde. Anhaltspunkte dafür bestehen nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien allerdings nicht.
70cc) Sollte eine Beförderung nicht erfolgt sein, verbliebe es bei einem Eingriff auf der dritten Stufe, also einem Eingriff in „dienstzeitabhängige Zuwächse“. Das Landesarbeitsgericht wird dann zu prüfen haben, ob das von der Beklagten angezogene Vereinheitlichungsinteresse einen Eingriff auf dieser Stufe rechtfertigen könnte (vgl. - Rn. 67, BAGE 105, 212).
71II. Sollte die Ablösung der GBV Übergang 1995 durch die GBV Kapitalkontenplan 1998 danach im Hinblick auf die Höhe der nach der Ablösung verbleibenden Anwartschaft rechtlich nicht zu beanstanden sein, wird sich das Landesarbeitsgericht mit den Rechtsfolgen zu befassen haben, die sich daraus ergeben, dass die Anwartschaft nach der GBV Kapitalkontenplan 1998 vorrangig in einer Kapitalleistung besteht. Dabei wird es zu beachten haben, dass die Umstellung von einer Rentenanwartschaft auf eine Anwartschaft auf eine Kapitalleistung mit solchen Nachteilen für den Arbeitnehmer verbunden ist, dass die Umstellung für sich einer eigenständigen Rechtfertigung bedarf, um wirksam zu sein. Die Umstellung muss den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen.
721. Die Umstellung auf eine Kapitalleistung wäre nur dann ohne Weiteres zulässig, wenn die Betriebsvereinbarung „Auszahlungsgrundsätze Kapitalkontenplan“, die in Nr. 3.1 GBV Übergang KKP 1998 erwähnt ist und zu deren Inhalt bislang keine Feststellungen getroffen sind, dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf Auszahlung als Rente, ggf. in Form eines nicht von weiteren inhaltlichen Voraussetzungen abhängigen Wahlrechts des Arbeitnehmers, gibt. Ebenso wäre es unbedenklich, wenn die bei Ausscheiden der Klägerin mit Ablauf des bestehende Anwartschaft auf die Garantierente nach Nr. 3.1 GBV Übergang KKP 1998 und damit keine auf eine Kapitalleistung gerichtete Anwartschaft nach der GBV Kapitalkontenplan 1998 gegeben wäre, die die zu diesem Zeitpunkt maßgebliche Altanwartschaft nach der GBV Übergang 1995 der Höhe nach nicht unterschreiten würde. In diesen Fällen läge gerade keine Kapitalisierung einer Rentenanwartschaft vor. Dies wird das Landesarbeitsgericht aufzuklären haben.
732. Ist keine Anwartschaft auf Garantierente nach Nr. 3.1 GBV Übergang KKP 1998 gegeben und sehen die Regelungen über die Auszahlung der Anwartschaft nach der GBV Kapitalkontenplan 1998 zwingend oder nach Wahl des Arbeitgebers eine Kapitalzahlung vor bzw. machen sie die Entscheidung des Arbeitnehmers für eine Rente von weiteren inhaltlichen Voraussetzungen abhängig, so bedarf es für die Umstellung der Rentenanwartschaft auf eine Kapitalleistung einer eigenständigen Rechtfertigung. Anderenfalls wäre die Umstellung unwirksam und es verbliebe bei der Rentenanwartschaft nach der GBV Übergang 1995.
74a) Die Ersetzung einer Rentenanwartschaft durch eine Anwartschaft auf eine Kapitalleistung in einer - eine andere Betriebsvereinbarung ablösenden - Betriebsvereinbarung bedarf nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit einer eigenständigen Rechtfertigung. Laufende Rentenleistungen haben für den Arbeitnehmer eine besondere Wertigkeit. Er kann darauf vertrauen, als Gegenleistung für seine Dienste und seine Betriebstreue im Alter laufende Rentenzahlungen zu erhalten. Deshalb hat ein Arbeitgeber, der eine Zusage laufender Rentenleistungen vollständig durch die Zusage einer Kapitalleistung ersetzen will, diese Umstellung besonders zu rechtfertigen. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb zu prüfen haben, ob eine solche Rechtfertigung vorliegend gegeben ist.
75aa) Das Bundesarbeitsgericht hat die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit durch ein dreistufiges Prüfungsschema konkretisiert (st. Rspr. seit - 3 AZR 72/83 - BAGE 49, 57). Dieses Prüfungsraster ist für Eingriffe in die Höhe der Versorgungsanwartschaften entwickelt worden. Es lässt sich auf andere Eingriffe in Versorgungsrechte wie beispielsweise die Änderungen von Anpassungsregelungen bei laufenden Betriebsrenten oder auf die Schaffung von Ausschlusstatbeständen für eine Hinterbliebenenversorgung (vgl. - AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 21 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 26 mwN) oder auf Eingriffe in laufende Leistungen und Anpassungsregelungen (vgl. - Rn. 38 ff., EzA BetrAVG § 16 Nr. 59) nicht ohne Weiteres übertragen. Ebenso wenig kann es für die Umstellung von einem Versprechen laufender Rentenleistungen auf ein Versprechen einer Kapitalleistung angewandt werden. Eine solche Umstellung für sich genommen stellt keinen Eingriff in die Höhe der Versorgungsanwartschaften dar. Die Umstellung ist deshalb an den dem Drei-Stufen-Modell zugrunde liegenden allgemeinen Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit zu messen.
76bb) Die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit erfordern eine Abwägung der wechselseitigen Interessen. Dabei müssen die vom Arbeitgeber zur Rechtfertigung der Umstellung angeführten Gründe umso gewichtiger sein je schwerwiegender für den Arbeitnehmer die Nachteile der Umstellung sind.
77(1) Bereits die hinter dem Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG stehende gesetzgeberische Wertung deutet auf die Notwendigkeit einer besonderen Rechtfertigung für die Umstellung einer Rentenzusage in eine Zusage einer Kapitalleistung hin. Eine einmalige Kapitalleistung hat nicht dieselbe Wertigkeit wie laufende Rentenleistungen. Das betriebsrentenrechtliche Abfindungsverbot will sicherstellen, dass dem Versorgungsberechtigten die zugesagte Betriebsrente im Versorgungsfall auch tatsächlich in Form von laufenden Rentenleistungen zur Verfügung steht. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen „angesichts der unbestritten zunehmenden Bedeutung von Betriebsrenten für die Alterssicherung der Beschäftigten“ Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung bis zum Rentenbeginn und laufende Betriebsrenten bis zum Lebensende erhalten bleiben. Eine vorzeitige Verwertung widerspricht daher dem Versorgungszweck (BT-Drucks. 15/2150 S. 52). Der Gesetzgeber will den Versorgungsempfänger an einer Kapitalisierung seines Anspruchs hindern. Er soll davon abgehalten werden, die ausgezahlte Geldsumme für die Vermögensbildung oder den Konsum statt für die vorgesehene Versorgung zu verwenden (vgl. - BAGE 96, 54; - DB 2003, 1568). Das Gesetz bewertet das Schutzbedürfnis des Arbeitnehmers und Versorgungsempfängers hinsichtlich seiner unverfallbaren Anwartschaft und laufender Leistungen damit höher als das Interesse des Arbeitgebers, sich durch eine Abfindung aus seinen Ruhegeldverpflichtungen für ausscheidende Arbeitnehmer zu lösen und damit nicht nur den Verwaltungsaufwand und entsprechende Kosten, sondern auch die Anpassungsprüfungspflicht zu vermeiden (vgl. Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto § 3 Rn. 2 und Rn. 3).
78(2) Zudem ist der Wechsel von der Zusage einer Rentenleistung zu einem Kapitalversprechen mit nicht unerheblichen Veränderungen bzw. Nachteilen für die betroffenen Arbeitnehmer verbunden.
79(a) Im Grundsatz sind zwar laufende Rentenzahlungen und einmalige Kapitalleistungen nach dem Betriebsrentengesetz gleichwertige Formen der betrieblichen Altersversorgung (vgl. - AP BetrAVG § 3 Nr. 9 = EzA BetrAVG § 3 Nr. 6). Gleichwohl macht es einen Unterschied, ob der Arbeitgeber von vornherein eine Altersversorgung in Form einer laufenden Rentenzahlung oder einer einmaligen Kapitalleistung zusagt. Hat er eine laufende Rentenzahlung zugesagt, so hat er damit zum Ausdruck gebracht, dass er das Langlebigkeitsrisiko mit allen für den Arbeitnehmer und ihn damit verbundenen Vor- und Nachteilen tragen will. Hierauf konnte sich der Arbeitnehmer verlassen. Durch den Wechsel von der Zusage laufender Rentenleistungen hin zu einer Zusage einer Kapitalleistung wird das Langlebigkeitsrisiko einseitig auf den betroffenen Arbeitnehmer verlagert. Außerdem lösen nur laufende Rentenleistungen eine Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 BetrAVG aus, wodurch regelmäßig der Wert der Rente über die gesamte Rentenbezugsdauer erhalten bleibt.
80(b) Zudem birgt der Wechsel von laufenden Rentenleistungen hin zur Kapitalleistung stets die Gefahr in sich, dass es aufgrund der Progressionswirkung zu einer höheren Steuerlast des Arbeitnehmers kommt. Dies gilt auch bei Leistung des Kapitalbetrages in Teilbeträgen, die dem Versorgungsberechtigten in mehreren Jahren zufließen.
81(c) Auch im Hinblick auf eine mögliche Zwangsvollstreckung führt der Übergang von laufenden Rentenleistungen zu einer Kapitalleistung zu Veränderungen. Während laufende Rentenleistungen dem Pfändungsschutz des § 850c ZPO unterliegen, unterfallen Kapitalleistungen dem Pfändungsschutz nach § 850i ZPO, wozu zur Bewirkung des Pfändungsschutzes ein Antrag, dh. ein Tätigwerden des Schuldners nötig ist.
82(d) Die Umstellung von einer laufenden Leistung in eine Kapitalleistung bedarf auch dann einer Rechtfertigung, wenn das vom Arbeitgeber gezahlte Kapital bei einer statistischen Durchschnittsbetrachtung ausreichen würde, um durch Eigenvorsorge Einbußen bei der Altersversorgung zu vermeiden. Ob der Arbeitnehmer im Einzelfall tatsächlich in der Lage ist, den Wechsel durch Schaffung einer privaten Altersrente zu kompensieren, hängt auch von den persönlichen Verhältnissen des Arbeitnehmers ab, wie etwa bestehenden Schulden oder einem anderen Ausgabendruck (vgl. hierzu - AP BetrAVG § 3 Nr. 12 = EzA BetrAVG § 3 Nr. 8).
83(3) Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung sind das Interesse des Arbeitnehmers am Fortbestand des Versprechens einer Rentenleistung und das Interesse des Arbeitgebers an der Umstellung von einer Renten- auf eine Kapitalleistung angemessen zu berücksichtigen. Nicht zu beanstanden ist der Wechsel allerdings nur dann, wenn das die Umstellung begründende Interesse des Arbeitgebers das Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt der Rentenleistung erheblich überwiegt. Die Umstellung von laufenden Rentenleistungen auf eine Kapitalleistung ist nicht nur mit geringfügigen Veränderungen bzw. Nachteilen für die betroffenen Arbeitnehmer verbunden. Deshalb reicht es nicht aus, dass sich die Entscheidung des Arbeitgebers lediglich als nicht willkürlich erweist, weil Sachgründe eine Umwandlung des Rentenversprechens in ein Versprechen einer Kapitalleistung nur nahelegen.
84Danach können sich im Rahmen der Abwägung wirtschaftliche Gründe zugunsten des Arbeitgebers auswirken, beispielsweise dann, wenn der Arbeitgeber jedenfalls auf Dauer nicht mehr in der Lage ist, die Kosten des bisherigen Versorgungswerks einschließlich der daran anknüpfenden Anpassungsprüfungen aufzubringen. Berücksichtigungsfähig ist auch der Umstand, dass der Wechsel Vorteile im Hinblick auf die Bilanzierung und die Finanzierung der Versorgungsverpflichtungen mit sich bringt. Aber auch andere Umstände, wie etwa Leistungsverbesserungen durch eine Anhebung des Dotierungsrahmens, können die Abwägung zugunsten des Arbeitgebers beeinflussen. Hat der Arbeitgeber in der Neuregelung beispielsweise eine Kapitalleistung zugesagt, die den nach den Rechnungsgrundlagen und anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik ermittelten Barwert der nach der Altregelung geschuldeten Rentenleistung übersteigt, so kann dies unter Umständen die Nachteile, die der Arbeitnehmer infolge der Umstellung erleidet, aufwiegen.
85b) Im Hinblick auf die fehlenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu den genannten Punkten sieht der Senat von weiteren Hinweisen ab.
C. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
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Fundstelle(n):
BB 2012 S. 2630 Nr. 42
DB 2012 S. 1756 Nr. 31
GmbHR 2012 S. 324 Nr. 23
ZIP 2012 S. 1983 Nr. 40
IAAAE-12313