Schenkungsteuerpflicht bei Zustiftung an eine (Familien-)Stiftung
Leitsatz
Die Zustiftung an eine (Familien-)Stiftung ist auch dann gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nach der Steuerklasse III steuerpflichtig, wenn der Zuwendende zugleich der einzige Begünstigte der Stiftung ist.
Gesetze: ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1
Instanzenzug: (EFG 2008, 1138) (Verfahrensverlauf), ,
Gründe
I.
1Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine rechtsfähige Familienstiftung, deren Zweck darin besteht, den B, dessen Abkömmlinge und die Ehegatten durch Gewährung von „Wohnmöglichkeiten und Lebenshaltungskosten” in angemessener Weise zu versorgen. Da B unverheiratet und kinderlos blieb, ist er der einzige Begünstigte der Klägerin.
2Zum Vermögen der Klägerin gehörte u.a. ein in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG geführter land- und forstwirtschaftlicher Betrieb, der in den Jahren 1999 bis 2001 erhebliche Verluste erwirtschaftete. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom wendete der aufgrund seines Gesundheitszustands unter Betreuung stehende Begünstigte der Klägerin daher mit Zustimmung des Vormundschaftsgerichts 1 Mio. DM zu, um den Hof als ihm vertrauten Lebensmittelpunkt und Wohnsitz zu erhalten.
3Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) setzte gegen die Klägerin durch Bescheid vom für diese Zuwendung 146.791,90 € Schenkungsteuer nach der Steuerklasse III fest.
4Nach erfolglosem Einspruch wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab. Die Klägerin sei als eigenständiges Rechtssubjekt auf Kosten des Begünstigten bereichert worden. Die Vorentscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1138 veröffentlicht.
5Mit der Revision rügt die Klägerin fehlerhafte Anwendung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG). Anders als bei der Erstausstattung einer Stiftung nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG könne die Steuerbarkeit der Zustiftung nicht ohne die Einbeziehung der Person des Begünstigten beurteilt werden. Danach sei die Klägerin nicht auf Kosten des Begünstigten bereichert, weil die Zustiftung allein dem Zuwendenden als einzigem Begünstigten der Klägerin zugute komme. Das Vormundschaftsgericht hätte die Verfügung nicht genehmigt, wenn dadurch Dritte bereichert worden wären. Außerdem fehle es am Bereicherungswillen des Begünstigten, weil er der Klägerin das Geld in der Erwartung, selbst davon zu profitieren, zugewendet habe.
6Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung sowie den Schenkungsteuerbescheid vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom aufzuheben.
7Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
8Wegen der rechtlichen Selbständigkeit der Klägerin genüge der vom Begünstigten gewollte Zuwachs des Stiftungsvermögens für die Annahme einer Schenkung.
II.
9Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG war zu Recht der Auffassung, dass eine Zuwendung an eine rechtsfähige Stiftung auch dann schenkungsteuerpflichtig ist, wenn der Zuwendende ihr einziger Begünstigter ist.
101. Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG; vgl. auch § 516 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs —BGB—). Dieser Schenkungsteuertatbestand setzt objektiv eine Vermögensverschiebung voraus, d.h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Zuwendenden und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten, subjektiv den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit.
11a) Das FG hat richtig angenommen, dass die Klägerin auf Kosten des Begünstigten objektiv bereichert wurde.
12aa) Die Klägerin ist Bedachte der Vermögenshingabe, was der Annahme einer nicht der Schenkungsteuer unterliegenden Zuwendung des Begünstigten „an sich selbst” entgegensteht.
13Bei der Prüfung, wer als Zuwendender und Bedachter an einer freigebigen Zuwendung beteiligt ist, kommt es ausschließlich auf die Zivilrechtslage und nicht darauf an, wem nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise Vermögen oder Einkommen zuzurechnen ist; denn die Schenkungsteuer ist eine Verkehrsteuer (, BFHE 137, 188, BStBl II 1983, 179; vom II R 39/98, BFH/NV 2001, 908; vom II R 47/07, Deutsches Steuerrecht 2009, 2590). Diese zivilrechtliche Prägung des Schenkungsteuerrechts kommt auch bei der Besteuerung unentgeltlicher Vermögensübertragungen auf eine rechtsfähige Stiftung zum Tragen. Die durch anerkanntes Stiftungsgeschäft errichtete Stiftung ist eine mit eigener Rechtsfähigkeit ausgestattete juristische Person, die eine selbständige, nicht an Personen gebundene Vermögensmasse mit eigener Vermögenszuständigkeit bildet (§ 80 BGB). Wegen dieser rechtlichen Selbständigkeit wird mit der Zuwendung das Vermögen der Stiftung und nicht das Vermögen ihrer Begünstigten vermehrt. In der Zuwendung von Stiftungsvermögen an den Begünstigten liegt sodann ein weiterer Verkehrsakt, der wiederum schenkungsteuerrechtlich (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 1 und 9 ErbStG) oder ertragsteuerrechtlich (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes) zu würdigen ist.
14Die Zuwendung an eine Stiftung ist auch dann steuerpflichtig, wenn —wie im Streitfall— der Zuwendende ihr einziger Begünstigter ist. Auch dies führt nicht dazu, dass sein Vermögen mit dem Vermögen der Stiftung verschmilzt, so dass seine Zuwendung an die Stiftung als Zuwendung an sich selbst erschiene. Bei einer nach § 80 BGB rechtsfähigen Stiftung ist das Vermögen kraft ihrer rechtlichen Selbständigkeit vom Vermögen der Begünstigten getrennt. Dies unterscheidet die Klägerin auch von der nach liechtensteinischem Recht errichteten Stiftung, wie sie der BFH-Entscheidung vom II R 21/05 (BFHE 217, 254, BStBl II 2007, 669) zugrunde lag, bei der dem Zuwendenden aufgrund von Treuhandabreden umfassende Herrschaftsbefugnisse über das Stiftungsvermögen zustanden, so dass letztlich er allein rechtlich und tatsächlich frei darüber verfügen konnte. Im Streitfall bestehen dafür nach den Feststellungen des FG jedoch keine Anhaltspunkte.
15Bei der Zuwendung an eine Stiftung kann es sich um eine unter § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG fallende —bei einer Familienstiftung steuersatzprivilegierte (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG)— Erstausstattung der Stiftung oder —wie im Streitfall— um eine freigebige Zuwendung unter Lebenden an die bereits bestehende Stiftung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG („Zustiftung”) handeln. Die Auffassung der Klägerin, die Zustiftung sei im Gegensatz zur Erstausstattung nicht steuerbar, wenn der Zuwendende zugleich alleiniger Begünstigter der Stiftung ist, ist mit der rechtlichen Selbständigkeit der Stiftung nicht vereinbar. Diese wirtschaftliche Sichtweise hätte auch zur Konsequenz, dass unter Missachtung des Zuwachses zum Stiftungsvermögen stets eine Zuwendung des Stifters direkt an die Destinatäre anzunehmen wäre (dagegen schon Urteil des Reichsfinanzhofs —RFH— vom II A 132/20, RFHE 3, 221). Der Gesetzgeber hat zudem § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG nur deshalb als eigenständigen Schenkungsteuertatbestand geschaffen, weil damals nicht geklärt schien, ob die Zuwendung an eine erst noch zu errichtende Stiftung begrifflich eine Schenkung sein könne (vgl. Kipp, Kommentar zum Erbschaftsteuergesetz, 1927, § 3 Rz 185). Die Voraussetzungen der Steuerbarkeit sind bei beiden Vorschriften dieselben.
16Die Schenkungsteuerbarkeit wird schließlich nicht durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts in Frage gestellt. Sollte das Vormundschaftsgericht seine Zustimmung zu der Verfügung unter dem wirtschaftlichen Gesichtspunkt erteilt haben, dass der Begünstigte damit auch seinen persönlichen Interessen dienen wollte, wäre dies schenkungsteuerrechtlich ohne Bedeutung.
17bb) Die Zuwendung an die Klägerin erfolgte auch unentgeltlich, da sie weder synallagmatisch noch konditional oder kausal mit einer —gleichwertigen— Gegenleistung verknüpft war.
18Der Begünstigte hat durch die Zuwendung keinen Anspruch gegen die Klägerin auf Rückfluss des zugewendeten Betrags erhalten.
19Der Erhalt des Hofs als Wohnsitz und Lebensmittelpunkt ist nicht als kausale Gegenleistung anzusehen. Eine solche kausale Abhängigkeit zwischen Leistung und Gegenleistung besteht, wenn die Bewirkung der erstrebten Gegenleistung Geschäftsgrundlage für die eigene Leistung ist. Ob das der Fall ist, richtet sich nach dem Parteiwillen: Je mehr die Zweckerreichung dem Interesse des Zuwendenden oder eines Dritten dient, desto näher liegt die Annahme einer kausalen Verknüpfung; je mehr die Zweckerreichung dem Interesse des Bedachten dient, desto näher liegt die Annahme einer Schenkung (vgl. , BFHE 215, 540, BStBl II 2007, 472, unter II.5., zur Abgrenzung zwischen Zweckschenkung und Schenkung mit kausaler Gegenleistung). Nach diesen Kriterien scheidet im Streitfall eine kausale Verknüpfung aus. Der Fortbestand des zum Stiftungsvermögen gehörenden defizitären Hofs lag in erster Linie im Interesse der Klägerin selbst, denn nur durch Bereitstellen dieses Wohnsitzes konnte sie ihren Zweck erfüllen. Der Begünstigte hat zudem das Stiftungskapital gestärkt, obwohl auch andere Möglichkeiten zum Erhalt des Hofs als Wohnsitz und Lebensmittelpunkt bestanden haben, wie z.B. ein Darlehen direkt an die KG oder die Aufgabe des verlustbringenden Betriebs.
20b) Die Vorentscheidung lässt auch keinen Rechtsfehler zur subjektiven Seite des Schenkungsteuertatbestands erkennen. Der Wille zur Freigebigkeit ist dann gegeben, wenn der Zuwendende in dem Bewusstsein handelt, zu der Vermögenshingabe weder rechtlich verpflichtet zu sein noch dafür eine mit seiner Leistung in einem synallagmatischen, konditionalen oder kausalen Zusammenhang stehende (gleichwertige) Gegenleistung zu erhalten. Für die zutreffende —ggf. irrtumsausschließende— Vorstellung des Zuwendenden von dem Begriff der (Un-)Entgeltlichkeit genügt es, wenn er dessen rechtlich-sozialen Bedeutungsgehalt „nach Laienart” zutreffend erfasst („Parallelwertung in der Laiensphäre”); eine exakte juristische Subsumtion ist nicht erforderlich (, BFHE 183, 253, BStBl II 1997, 832). Da eine den objektiven Schenkungsteuertatbestand erfüllende Zuwendung im Verhältnis zwischen Zuwendendem und Stiftung vorliegt, der keine (kausale) Gegenleistung der Bedachten gegenübersteht, war es für den Willen zur Freigebigkeit erforderlich aber auch ausreichend, dass der Zuwendende eine Vermögensmehrung der Stiftung zu seinen Lasten gewollt hat.
212. Die Verpflichtung zur satzungsmäßigen Verwendung des zugewendeten Kapitals mindert die Bereicherung der Klägerin nicht, wobei auf sich beruhen kann, ob darin schon keine Auflage zu sehen ist, weil sie sich aus der Stiftungssatzung und nicht aus der Zuwendung selbst ergibt (so: , RStBl 1931, 539), oder ihr Abzug durch § 10 Abs. 9 ErbStG ausgeschlossen wird, weil die Auflage der Klägerin selbst zugute kommt, indem sie die Zuwendung für eigene satzungsmäßige Zwecke verwendet (so: , BFHE 197, 269, BStBl II 2002, 303).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BStBl 2010 II Seite 363
BB 2010 S. 665 Nr. 10
BFH/NV 2010 S. 743 Nr. 4
BFH/PR 2010 S. 228 Nr. 6
BStBl II 2010 S. 363 Nr. 6
DB 2010 S. 543 Nr. 10
DStR 2010 S. 484 Nr. 10
DStRE 2010 S. 388 Nr. 6
DStZ 2010 S. 392 Nr. 11
EStB 2010 S. 136 Nr. 4
FR 2010 S. 675 Nr. 14
GmbHR 2010 S. 104 Nr. 7
KÖSDI 2010 S. 16919 Nr. 4
NJW-RR 2010 S. 803 Nr. 12
NWB-Eilnachricht Nr. 11/2010 S. 806
StB 2010 S. 141 Nr. 5
StBW 2010 S. 210 Nr. 5
StuB-Bilanzreport Nr. 10/2010 S. 402
WPg 2010 S. 426 Nr. 8
VAAAD-39277