Kein Betriebsausgabenabzug von Zinsen und Finanzierungsnebenkosten; Zuordnung von Krediten zum Privatvermögen; abredewidrige Verwendung von für Rechnung der Versicherungsgesellschaften vereinnahmten Versicherungsbeiträgen für private Zwecke durch einen Versicherungsmakler
Leitsatz
Werden die von einem Versicherungsmakler für Rechnung der Versicherungsgesellschaften vereinnahmten Versicherungsbeiträge (durchlaufende Posten) abredewidrig für private Zwecke verwendet und die Auskehrungsverbindlichkeiten in Vereinbarungsdarlehen umgeschuldet, sind die hierfür entrichteten Zinsen sowie die angefallenen Finanzierungsnebenkosten keine Betriebsausgaben.
Gesetze: EStG § 4 Abs. 1, 3 und 4
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf), ,
Gründe
I.
1. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) —A-OHG (im Folgenden auch: OHG)— ist als Versicherungsmaklerin tätig; sie ermittelt ihren Gewinn durch Bestandsvergleich (§ 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes —EStG—). Ihre Gesellschafter sind die Eheleute B. und C.
a) Nach den Verträgen mit den Versicherungsgesellschaften war die Klägerin zum „Inkasso berechtigt"; d.h. sie hatte die Versicherungsbeiträge im Namen und für Rechnung der Versicherungsgesellschaften einzuziehen, regelmäßig mit den Gesellschaften abzurechnen und bis auf die vereinbarten Provisionen an sie weiterzuleiten. Den vorliegenden Unterlagen ist zu entnehmen, dass nach den Richtlinien zur Abwicklung des Geschäftsverkehrs mit der X-Versicherung der Vermittler verpflichtet war, „monatliche Akontozahlungen entsprechend seinem Inkasso abzuführen und alle drei Monate - oder sofern die X-Versicherung hierzu auffordert - abzurechnen”.
b) Anlässlich einer Betriebsprüfung wurde bekannt, dass bis zum Jahre 1997 vereinnahmte Versicherungsbeiträge in Höhe von ca. 2 Mio. DM nicht an die Versicherungsgesellschaften weitergeleitet, sondern für private Zwecke von den Gesellschaftern entnommen worden waren. Nach Aufdeckung dieses Vorgangs hatten die Klägerin sowie ihre Gesellschafter am mit den Versicherungsgesellschaften eine Vereinbarung (Schuldanerkenntnis mit Ratenzahlungs- und Sicherungsabtretungsvereinbarung) getroffen, nach der die ausstehenden Beträge als —in Höhe von 7 v.H.— verzinsliche Darlehen geschuldet und durch Forderungsabtretungen besichert worden waren. Bereits zuvor hatte B. in jeweils notariell beurkundeten Erklärungen (vom ) die Schulden gegenüber den Gesellschaften persönlich anerkannt und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen.
2. Im Anschluss an die Prüfung erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) am (u.a.) für das Streitjahr (1997) geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung sowie die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und der Gewerbesteuer. Das FA berücksichtigte hierbei die auf das Jahr 1997 entfallenden Ratenzahlungszinsen (52 325 DM) sowie die Steuerberatungskosten und Notargebühren (insgesamt rund 13 719,50 DM) nicht als Betriebsausgaben. Der durch den Zahlungsaufschub angefallene Zinsaufwand sei nicht betrieblich, sondern privat veranlasst. Maßgeblich für die Schuldenqualifikation sei die tatsächliche Verwendung der Darlehensmittel. Danach habe das Vereinbarungsdarlehen nicht dem Erwerb betrieblicher Wirtschaftsgüter oder der Finanzierung von Betriebsausgaben, sondern der Finanzierung von Entnahmen gedient; die eingegangenen Versicherungsbeiträge seien, mit Ausnahme des Provisionsanteils, keine Betriebseinnahmen gewesen und hätten somit auch dem Unternehmen nicht zur freien Verfügung gestanden.
3. Die hiergegen erhobenen Einsprüche blieben ohne Erfolg. Das FA wies zur Begründung seiner Auffassung darauf hin, dass die Zahlungsverpflichtungen (gegenüber den Versicherungsgesellschaften) —angesichts der Zahlungseingänge in gleicher Höhe— wirtschaftlich gesehen das Betriebsvermögen der Klägerin nicht gemindert hätten (durchlaufende Posten); eine andere Beurteilung könne nur dann in Betracht kommen, wenn die Zahlungseingänge nach § 39 Abs. 1 der Abgabenordnung —AO— (wirtschaftlich) der Klägerin hätten zugerechnet werden können. Da es hieran aber gefehlt habe (Vereinnahmung im fremden Namen und für fremde Rechnung), habe auch die Weiterleitungsverpflichtung zu keiner Betriebsschuld geführt, die (dann später) in eine betriebliche Verbindlichkeit hätte umgeschuldet werden können.
4. Mit der Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass die Versicherungsbeiträge auf ihre eigenen Konten überwiesen worden seien und sie den Gesamtbestand der Konten als aktives Wirtschaftsgut in ihrer Bilanz habe aktivieren müssen; in gleicher Höhe seien Verbindlichkeiten aufgrund der schuldrechtlichen Herausgabeverpflichtung nach den §§ 675, 667 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu passivieren gewesen. Demgemäß habe es ihr nach der Rechtsprechung frei gestanden, Barmittel aus dem Betrieb zu entnehmen und den Zeitpunkt der Rückzahlung betrieblicher Schulden gegen Zinszahlungen hinauszuschieben (sog. Umschuldungsrechtsprechung). Das FA hat hierauf erwidert, die unterlassene Weiterleitung der Versicherungsbeiträge sei als eine Form der Unterschlagung anzusehen, die durch das Einverständnis der Versicherungsgesellschaften zur ratierlichen Tilgung nachträglich Billigung gefunden habe. Diese Auffassung werde zudem durch das (BFHE 208, 162, BStBl II 2005, 277) gestützt, das einen nahezu identischen Sachverhalt betreffe.
5. Die Klage wurde vom Finanzgericht (FG) abgewiesen.
6. Mit der Revision wiederholt die Klägerin im Kern ihr bisheriges Vorbringen und weist ergänzend darauf hin, dass —im Unterschied zu dem Sachverhalt, der dem BFH-Urteil in BFHE 208, 162, BStBl II 2005, 277 zugrunde gelegen habe— die Versicherungsbeiträge auf ihre eigenen Konten eingezahlt worden seien und sie die Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Versicherungsgesellschaften als eigene Schuld habe passivieren müssen. Die späteren Entnahmen hätten deshalb auch nicht den Charakter der Abführungsverbindlichkeiten berührt; Gleiches gelte für deren Umschuldung. Auch komme es hierbei nicht darauf an, ob es sich bei den vereinnahmten Versicherungsbeiträgen um durchlaufende Posten gehandelt habe.
7. Die Klägerin beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Bescheide vom zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung 1997 sowie zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 1997 und der Gewerbesteuer 1997 —jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom — dahin zu ändern, dass weitere Zinsen in Höhe von 52 325 DM sowie Beratungs- und Notarkosten in Höhe von 13 719,50 DM als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist nicht begründet.
1. Schuldzinsen sowie die mit einer Kreditaufnahme zusammenhängenden Finanzierungsnebenkosten sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH dann Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG), wenn sie für eine Darlehensverbindlichkeit geleistet werden, die durch den Betrieb veranlasst ist und deshalb zum Betriebsvermögen gehört. Maßgeblich hierfür ist allein die tatsächliche Verwendung der Darlehensmittel (Beschlüsse des Großen Senats des , BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, und vom GrS 1-2/95, BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193). Nach dieser sog. formalen Zurechnung (vgl. Wacker, Deutsches Steuerrecht —DStR— 1999, 1001, m.w.N.), die eine weiter gehende wertende Beurteilung wechselseitig abhängiger Finanzierungszusammenhänge ausschließt (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193), ist der Unternehmer zwar einerseits in seiner Entscheidung frei, vorhandene betriebliche Liquidität (Wirtschaftsgüter) seinem Betriebsvermögen zu entnehmen und die hierdurch entstehende Finanzierungslücke durch Aufnahme eines —gemessen am Merkmal der tatsächlichen Verwendung der Darlehensvaluta— betrieblich veranlassten Kredits zu schließen. Gleiches gilt, wenn ein betrieblich veranlasster Kredit im Zusammenhang mit der Entnahme betrieblicher Geldbestände umgeschuldet oder verlängert wird (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C.II.3.d der Gründe). Andererseits ist es dem Steuerpflichtigen nicht nur verwehrt, private Schulden allein aufgrund eines Willensaktes (z.B. Bilanzausweis) dem (gewillkürten) Betriebsvermögen zuzuordnen. Vielmehr sind Darlehen, die tatsächlich für private Zwecke verwendet werden, auch dann als notwendige Privatschulden zu qualifizieren, wenn die Aufwendungen durch Entnahme betrieblicher Geldmittel hätten bestritten werden können. Darüber hinaus hat die Entnahme von fremdfinanzierten Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens zur Folge, dass auch die mit dem (entnommenen) Wirtschaftsgut im Zusammenhang stehende Verbindlichkeit in das Privatvermögen überführt wird (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C.II.3.b der Gründe). Hieraus ergibt sich des Weiteren, dass ein Kredit unabhängig davon dem Privatvermögen des Steuerpflichtigen zuzuordnen ist, ob die Valuta unmittelbar für private Zwecke verwendet wird (originäres Entstehen einer Privatschuld) oder ob sie zunächst —in einem Zwischenschritt— beispielsweise dem betrieblichen Kontokorrent gutgeschrieben wird und erst im Anschluss hieran der Finanzierung privater Aufwendungen dient. Dabei bedarf es für das anhängige Verfahren keiner Entscheidung, ob und unter welchen Voraussetzungen in der zuletzt genannten Konstellation zunächst eine Betriebsschuld entsteht; aufgrund des dargelegten Finanzierungszusammenhangs zwischen der gutgeschriebenen Valuta und der Darlehensschuld bedingt jedenfalls —wie ausgeführt— die Entnahme der Valuta zugleich die Umqualifikation der Darlehensverbindlichkeit in eine Privatschuld (vgl. insbesondere zum Kontokorrent Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C.II.4. der Gründe; zu Abgrenzungsfragen s. , BFHE 163, 551, BStBl II 1991, 514, und vom IV R 80/99, BFH/NV 2001, 902; zur Fortgeltung dieser Grundsätze ab Veranlagungszeitraum 1999 —Einführung von § 4 Abs. 4a EStG— vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, 27. Aufl., § 4 Rz 241, 243, m.w.N.).
2. Der BFH hatte mit Urteil in BFHE 208, 162, BStBl II 2005, 277 den Sachverhalt zu beurteilen, dass die von einem Tankstellenpächter im Rahmen des sog. Agenturgeschäfts im Namen und für Rechnung des Verpächters aus dem Verkauf von Mineralölprodukten vereinnahmten Beträge bar entnommen worden sind; die durch die Überweisungen von dem gesondert zu führenden Kontokorrentkonto (Agentur-Sonderkonto) entstandenen Sollsalden hatte der Pächter mittels verschiedener Bankdarlehen ausgeglichen.
a) Zur Frage der betrieblichen Veranlassung dieser Darlehen hat der III. Senat des BFH u.a. ausgeführt, dass die weiterzuleitenden (und entnommenen) Bareinnahmen nicht in das wirtschaftliche Eigentum des Steuerpflichtigen (Tankstellenpächters) gelangt seien (§ 39 AO) und deshalb auch die Abführungsverpflichtungen gegenüber dem Verpächter nicht in der Gewinnermittlung hätten ausgewiesen werden dürfen; die Geldbeträge seien weder als Betriebseinnahmen noch ihre Weiterleitung als Betriebsausgabe zu erfassen gewesen. Verwende deshalb der Pächter die weiterzuleitenden Beträge (abredewidrig) für private Zwecke und schließe er die hierdurch entstehende Finanzierungslücke durch Aufnahme eines Kredits, seien die hierfür angefallenen Zinsen nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen.
b) Der Senat kann offenlassen, ob bereits nach den Grundsätzen dieses Urteils auch für das anhängige Verfahren der Ansatz der Finanzierungsaufwendungen als Betriebsausgaben der Klägerin (OHG) ausscheiden muss. Hiergegen könnte sprechen, dass die Versicherungsbeträge —insoweit abweichend von dem Sachverhalt des Urteils in BFHE 208, 162, BStBl II 2005, 277— vor ihrer Entnahme den eigenen Konten der Klägerin gutgeschrieben worden sind, so dass ihr gegenüber den jeweiligen Kreditinstituten entsprechende Auszahlungsansprüche zustanden (vgl. zum Girovertrag § 676f BGB n.F.; zum Rechtscharakter des Anspruchs Palandt/Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Aufl., § 676f Rz 8). Soweit ersichtlich hat der BFH bisher noch nicht darüber entschieden, ob auch in dieser Konstellation die eingezogenen Beträge (nach Abzug der Provisionsanteile) den Versicherungsgesellschaften auf der Grundlage fiduziarischer Treuhandverhältnisse zuzurechnen sind (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO).
c) Dem ist indes im Rahmen des anhängigen Verfahrens nicht weiter nachzugehen; auch bedarf es keiner Stellungnahme zu dem umstrittenen Verhältnis von § 39 AO zur Regelung des § 242 des Handelsgesetzbuchs, nach der der Kaufmann sein Vermögen in der Handelsbilanz auszuweisen hat (s. dazu Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz 150 ff.), da —wie nachfolgend darzulegen sein wird (vgl. unter II.3. der Urteilsgründe)— die vorliegend zu beurteilenden Aufwendungen —in Übereinstimmung mit dem im BFH-Urteil in BFHE 208, 162, BStBl II 2005, 277 vertretenen Ergebnis— selbst dann nicht als Betriebsausgaben angesetzt werden können, wenn die weiterzuleitenden Versicherungsbeiträge als durchlaufende Posten qualifiziert werden und der Aktivierung der dem Kontokorrent der Klägerin gutgeschriebenen Beiträge die Verpflichtung zu deren Auskehrung an die Versicherungsgesellschaften (Passivposten in der Steuerbilanz) gegenüberzustellen ist.
3. Nach der durch das Steueränderungsgesetz 1965 (StÄndG 1965) vom (BGBl I 1965, 377, BStBl I 1965, 217) eingefügten Vorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG sind bei der Ermittlung des Gewinns Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben auszuscheiden, die als durchlaufende Posten im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden. Kennzeichen des durchlaufenden Postens ist mithin die Verklammerung von Einnahme und Ausgabe zu einem einheitlichen Vorgang (, BFHE 118, 307, BStBl II 1976, 370). Die Regelung gilt zwar unmittelbar nur im Falle der Gewinnermittlung durch Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 Satz 1 EStG); sie beschreibt jedoch Grundsätze, die auch im Rahmen der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG, ggf. i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG) in dem Sinne zu beachten sind, dass die Gewinnneutralität des Vorgangs durch die Aktivierung und Passivierung gleich hoher Wertzugänge und Wertabgänge sichergestellt wird (, BFHE 218, 541, BStBl II 2008, 284, unter B.II.2.e der Gründe; vom I R 99/94, BFHE 182, 131, BStBl II 1997, 404, und in BFHE 208, 162, BStBl II 2005, 277). Demgemäß setzt die Annahme eines durchlaufenden Postens weder die Existenz eines Treuhandverhältnisses (, BFHE 184, 311, BStBl II 1998, 161) voraus noch ist es erforderlich, dass die vereinnahmten Beträge gesonderten Konten gutgeschrieben werden (, BFHE 112, 381, BStBl II 1974, 518, und in BFHE 184, 311, BStBl II 1998, 161). Auch kommt es bei Ermittlung des Gewinns durch Betriebsvermögensvergleich —im Gegensatz zur Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 Satz 2 EStG)— nicht darauf an, ob die Beträge vom Steuerpflichtigen im fremden Namen vereinnahmt werden; ausreichend ist vielmehr, dass er für fremde Rechnung handelt (, BFHE 136, 262, BStBl II 1983, 196, unter I.3. der Gründe; in BFHE 182, 131, BStBl II 1997, 404, und in BFHE 184, 311, BStBl II 1998, 161). Von einem durchlaufenden Posten ist deshalb auch dann auszugehen, wenn der Steuerpflichtige nur dazu verpflichtet ist, die für fremde Rechnung vereinnahmten Beträge nach Abzug seines Vergütungsanspruchs (hier: Versicherungsbeiträge abzüglich Provisionsanteile) auszukehren.
a) Vorbehaltlich der Erwägungen unter II.2. der Gründe dieses Urteils ergibt sich aus diesen Grundsätzen für den Streitfall zunächst, dass —in Übereinstimmung mit der Handhabung der Klägerin— die ihren Konten gutgeschriebenen Versicherungsbeiträge, soweit an den jeweiligen Stichtagen noch vorhanden, zu aktivieren und —hiermit verknüpft— die bestehenden Weiterleitungsverpflichtungen (Beiträge abzüglich Provisionsanteile) zur Sicherstellung der Gewinnneutralität als betrieblich veranlasste Schuld zu passivieren waren. Bei vertragsgerechter Erfüllung der Auskehrungsschuld wären deshalb beide Bilanzposten —gleichfalls gewinnneutral— zu kürzen gewesen.
b) Aus der Annahme eines durchlaufenden Postens ist des Weiteren abzuleiten, dass im Falle einer abredewidrigen Verfügung über die vereinnahmten Beträge (hier: Versicherungsbeiträge abzüglich Provisionsanteile) die Qualifikation der Auskehrungsverbindlichkeiten —als fortdauernde Betriebsschuld oder als Privatschuld der OHG (s. hierzu , BFHE 163, 530, BStBl II 1991, 505; Schmidt/ Wacker, a.a.O., § 15 Rz 486)— den von der Rechtsprechung des BFH für Kreditschulden entwickelten und unter II.1. der Urteilsgründe dargelegten Zuordnungsregeln unterstehen muss. Maßgeblich ist mithin das Merkmal der tatsächlichen Verwendung der Einnahmen. Werden sie für eigene betriebliche Zwecke des Inkassobevollmächtigten verwendet, so berührt dies die fortdauernde Zugehörigkeit der Herausgabeverpflichtung zum (negativen) Betriebsvermögen nicht. Werden hingegen —wie im Streitfall— die an die Versicherungsgesellschaften herauszugebenden Geldbestände zur Begleichung privater Schulden eingesetzt und damit dem Betriebsvermögen der Klägerin (Geschäftsbesorgerin) entnommen, so werden hierdurch zugleich auch die (fortbestehenden) Auskehrungsverpflichtungen in Privatschulden umqualifiziert mit der weiteren Folge, dass diese Vermögenszuordnung —nach Maßgabe des Merkmals der tatsächlichen Verwendung der Mittel— auch durch eine Umschuldung (im Streitfall: Umwandlung der Herausgabeverpflichtung in ein Vereinbarungsdarlehen; vgl. § 607 Abs. 2 BGB a.F.; § 311 i.V.m. § 488 BGB n.F.; dazu Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 488 Rz 27) nicht in Frage gestellt wird (sog. Annexqualifikation des Umschuldungskredits).
c) Der Senat verkennt hierbei nicht, dass im Regelfall mit der Einziehung fremder Gelder aufgrund einer Inkassovollmacht keine Darlehensabrede verbunden ist, sondern der Beauftragte als Geschäftsbesorger (hier: Klägerin) nach § 667 i.V.m. § 675 BGB zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet ist (vgl. Matusche, Pflichten und Haftung des Versicherungsmaklers, 4. Aufl., S. 144 ff.; Seitz, Inkasso-Handbuch, 3. Aufl., S. 507, Rn 1072; Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 26. Aufl., Anh. zu §§ 43 bis 48 Rn 8; Palandt/Sprau, a.a.O., § 675 Rz 23). Bei der ertragsteuerrechtlichen Bewertung dieses Vertragsverhältnisses ist jedoch zu berücksichtigen, dass —wie ausgeführt— durchlaufende Posten durch den Umstand der Verknüpfung von Einnahmen und Ausgaben zu einem einheitlichen Vorgang gekennzeichnet sind und somit auch im Falle der Bilanzierung (Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG) die ausgewiesenen Passiva (Weiterleitungsschuld) in einem untrennbaren Zurechnungszusammenhang zu den Aktiva (Kontenbestände) stehen. Hinzu kommt, dass zumindest insoweit ein kreditähnliches Verhältnis vorliegt, als dem Beauftragten bis zur Fälligkeit seiner Herausgabeverpflichtung die vereinnahmten Beträge zur Verfügung stehen. Hiermit übereinstimmend ordnet § 668 BGB die Pflicht des Beauftragten (Geschäftsbesorgers) an, die herauszugebenden Beträge bei (vertragswidriger oder gestatteter) Eigenverwendung zu verzinsen; dies gilt auch im Falle der Vermischung mit eigenem Geld und lässt weiter gehende Ansprüche —beispielsweise wegen schuldhafter Vertragsverletzung— unberührt (Palandt/Sprau, a.a.O., § 667 Rz 1 und 2).
d) Die vorstehende Beurteilung entspricht darüber hinaus der gebotenen Gleichbehandlung zu dem Sachverhalt, dass die Klägerin sich die private Verwendung vor Entnahme der Geldbestände von den Versicherungsgesellschaften hätte gestatten lassen und mit diesen ein Darlehensverhältnis (Vereinbarungsdarlehen) zu den Zinskonditionen des Streitfalls begründet hätte (vgl. zur Verzinsungspflicht gemäß § 668 BGB: Palandt/Sprau, a.a.O., § 668 Rz 1). Dass in dieser Situation die Darlehensschuld nicht dem Betriebsvermögen der Klägerin zuzuordnen gewesen wäre, bedarf mit Rücksicht auf die Ausführungen unter II.1. der Urteilsgründe keiner weiteren Erläuterung. Gleichfalls liegt es auf der Hand, dass der Geschehensablauf im Streitfall keine andere Wertung rechtfertigen kann. Dies gilt nicht nur im Hinblick darauf, dass in beiden Konstellationen —wirtschaftlich gesehen— der Klägerin von den Versicherungsgesellschaften Kapital zur Nutzung auf Zeit überlassen wurde. Vielmehr ist eine unterschiedliche Behandlung der zum Vergleich gestellten Sachverhalte gerade auch unter Berücksichtigung des Merkmals der tatsächlichen Verwendung der Mittel (hier: vereinnahmte Versicherungsbeiträge abzüglich Provisionsanteile) deshalb ausgeschlossen, weil ungeachtet dessen, ob der Versicherungsmakler vertragswidrig handelt (Streitfall) oder ihm die Eigenverwendung gestattet wird (Vergleichsfall), die zeitliche Streckung der Rückzahlungsverpflichtungen und der hierauf fußende Finanzierungsaufwand durch die Entnahmen der weiterzuleitenden Versicherungsbeiträge veranlasst sind.
e) Die Ansicht des Senats, die offensichtlich auch vom III. Senat des BFH geteilt wird (vgl. Urteil in BFHE 208, 162, BStBl II 2005, 277, unter II.2.b der Gründe), steht schließlich nicht im Widerspruch zum (BFHE 188, 569, BStBl II 2001, 226), nach dem Zinsen für die Zeit zwischen der Erlangung (Zufluss) einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) und der (ggf. nur wertmäßigen) Rückgewähr des erhaltenen Vorteils an die Kapitalgesellschaft als Werbungskosten des Gesellschafters bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sind (zustimmend Kempermann, Finanz-Rundschau —FR— 1999, 950). Die Entscheidung gründet auf der Erwägung, dass der Gesellschafter den zugewendeten Vorteil (vGA) als Einnahme nach § 20 EStG zu versteuern hat. Da ihm der entsprechende Vermögenswert „wie eigene Mittel” zur Verfügung stehe, habe er —so der VIII. Senat— nicht Zinsen für einen von der Kapitalgesellschaft erhaltenen Kredit, sondern Zinsen dafür zu entrichten, dass er seine Einlageverpflichtung nicht bereits im Zeitpunkt ihres Entstehens (Erhalt der vGA) erfüllt habe (vgl. BFH-Urteil in BFHE 188, 569, BStBl II 2001, 226, unter II.2.b bb der Gründe).
Der erkennende Senat kann offenlassen, ob er sich dieser Einschätzung anschließen könnte. Sie ist jedenfalls bereits deshalb auf den Streitfall nicht übertragbar, weil die von der Klägerin (OHG) eingezogenen Versicherungsbeiträge nicht ihren betrieblichen Gewinn erhöht haben und damit der Klägerin auch nicht im Sinne des Urteils in BFHE 188, 569, BStBl II 2001, 226 „wie eigene Mittel” zur Verfügung gestanden haben, sondern —wie erläutert— entweder in das wirtschaftliche Eigentum der Versicherungsgesellschaften gefallen sind oder in Verbindung mit der Herausgabeverpflichtung bei der Klägerin als durchlaufende Posten zu behandeln waren. Demgemäß ist ein Betriebsausgabenabzug der den Versicherungsgesellschaften geschuldeten Zinsen für den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt, dass die Versicherungsbeiträge (vertragswidrig) für private Zwecke verwendet werden, ebenso ausgeschlossen wie in dem Fall, dass die Klägerin —sei es von den Versicherungsgesellschaften, sei es von einer Kapitalgesellschaft, an der sie beteiligt ist— einen verzinslichen Kredit (ggf. Vereinbarungsdarlehen) erhält und die hieraus erlangten Mittel für private Zwecke einsetzt.
4. Die Sache ist spruchreif. Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Ausschluss des Betriebsausgabenabzugs nicht nur die den Versicherungsgesellschaften geschuldeten Zinsen, sondern gleichermaßen auch die im Zusammenhang mit dem Abschluss des Darlehensvertrags (Vereinbarungsdarlehen) angefallenen Beratungs- und Notargebühren erfasst. Als Nebenkosten der Fremdfinanzierung muss auch ihre steuerrechtliche Qualifikation derjenigen der Rückzahlungsverpflichtung (Vereinbarungsdarlehen) folgen. Auch im Übrigen ergeben sich weder aus den Feststellungen der Vorinstanz noch aus dem Vortrag der Beteiligten oder aus den dem Senat vorgelegten Akten Anhaltspunkte dafür, dass die angefochtenen Bescheide rechtsfehlerhaft sein könnten.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2008 II Seite 715
BB 2008 S. 1703 Nr. 32
BB 2009 S. 92 Nr. 3
BFH/NV 2008 S. 1594 Nr. 9
BFH/PR 2008 S. 420 Nr. 10
BStBl II 2008 S. 715 Nr. 16
DB 2008 S. 1661 Nr. 31
DStR 2008 S. 1475 Nr. 31
DStRE 2008 S. 1039 Nr. 16
EStB 2008 S. 307 Nr. 9
FR 2008 S. 1164 Nr. 24
HFR 2008 S. 911 Nr. 9
NWB-Eilnachricht Nr. 31/2008 S. 2880
SJ 2008 S. 26 Nr. 18
StB 2008 S. 309 Nr. 9
StBW 2008 S. 2 Nr. 16
StuB-Bilanzreport Nr. 15/2008 S. 607
WPg 2008 S. 905 Nr. 18
YAAAC-85326