Ausschluss der Öffentlichkeit nach § 52 Abs. 2 FGO; Ort der Geschäftsleitung; Betriebsprüfer als Beistand und als Zeuge; Trennung eines Klageverfahrens
Gesetze: FGO § 52 Abs. 2, AO § 10, FGO § 62, FGO § 73, FGO § 76, FGO § 96, FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Beteiligten streiten u.a. darüber, ob und gegebenenfalls ab wann sich die Geschäftsleitung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) in Deutschland befunden hat.
Die Klägerin ist eine 1978 gegründete Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts (Besloten Vennootschap —B.V.—). Ihren statutarischen Sitz hatte sie zum Gründungszeitpunkt in T (Niederlande). Ausweislich eines Auszugs aus dem niederländischen Handelsregister vom hatte sie später ihre Anschrift in W (Niederlande). Alleinige Gesellschafterin der Klägerin ist die C-GmbH mit Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland. Gesellschafter der C-GmbH und Geschäftsführer beider Gesellschaften ist C, der seinen Wohnsitz seit 1977 in Deutschland hat. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war die Reinigung von Gebäuden, Maschinen und Anlagen. In den Niederlanden führte die Klägerin Reinigungsarbeiten an Gebäuden sowie seit Juli 1991 Reinigungsarbeiten an Flugzeugen auf dem Flughafen in X durch.
In Deutschland führte die Klägerin seit Juli 1990 auf einem NATO-Flughafen Reinigungsarbeiten an militärisch genutzten Flugzeugen durch. Zwischen der Klägerin und dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) ist streitig, ob in diesem Zusammenhang eine inländische Betriebsstätte der Klägerin begründet wurde. Hinsichtlich der Jahre 1990 bis 1993 ist diese Frage Gegenstand eines beim beschließenden Senat unter dem Aktenzeichen I R 30/07 anhängigen Revisionsverfahrens.
Das FA veranlagte die Klägerin u.a. für die Jahre 1994 bis 2000 zunächst als unbeschränkt steuerpflichtig zur Körperschaftsteuer. Auf den Einspruch der Klägerin hin ging das FA davon aus, dass die Klägerin ihre Geschäftsleitung erst ab Oktober 1994 nach Deutschland verlagert und zuvor lediglich eine inländische Betriebsstätte auf dem NATO-Flughafen in Deutschland unterhalten habe. Es veranlagte die Klägerin dementsprechend für das Jahr 1994 vom 1. Januar bis zum als beschränkt steuerpflichtig und vom 1. Oktober bis zum als unbeschränkt steuerpflichtig. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrer für die Jahre 1994, 1995 und 2000 (Streitjahre) erhobenen Klage, in der sie u.a. geltend machte, mangels Verlegung ihrer Geschäftsleitung nach Deutschland sei sie im Inland nicht unbeschränkt steuerpflichtig. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage nur zum Teil statt und wies sie im Übrigen ab, ohne die Revision zuzulassen ().
Die Klägerin begründet ihre Nichtzulassungsbeschwerde mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) sowie mit dem Vorliegen von Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Klägerin beantragt, die Revision gegen das Urteil des FG zuzulassen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen. Die vom FA geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Diese liegt dann vor, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Die Rechtsfrage kann sowohl dem materiellen als auch dem Verfahrensrecht angehören (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 27). Sie muss allerdings klärungsbedürftig sein. Dies ist nicht der Fall, wenn die Rechtsfrage durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung erforderlich machen (vgl. etwa , BFH/NV 2000, 320). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es außerdem, wenn sich die Antwort auf die Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder sie offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 101/03, BFHE 205, 416, BStBl II 2004, 748; vom III B 89/03, BFH/NV 2004, 1221). So liegen die Dinge im Streitfall.
a) Die Klägerin macht geltend, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, auf welche Weise ein „Konflikt zwischen Zeugenstellung und Beistandschaft” zu lösen sei. Ein solcher ergebe sich, wenn —wie im Streitfall geschehen— ein vom FA als Beistand i.S. des § 62 Abs. 1 Satz 1 FGO hinzugezogener Betriebsprüfer von diesem zugleich als Zeuge benannt werde.
Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig. Sie war bereits Gegenstand des (BFH/NV 2005, 1321). Nach dieser Entscheidung ordnet zwar der nach § 82 FGO im finanzgerichtlichen Verfahren sinngemäß anzuwendende § 394 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) an, dass jeder Zeuge einzeln und in Abwesenheit der später anzuhörenden Zeugen zu vernehmen ist. Dies verbietet jedoch nicht die Anwesenheit von Zeugen vor dem Beginn der Vernehmung des ersten von ihnen. § 243 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO), demzufolge die Zeugen unmittelbar nach der Feststellung ihres Erscheinens durch den Vorsitzenden den Sitzungssaal verlassen, findet im finanzgerichtlichen Verfahren keine Entsprechung. Die Kollision zwischen der Gewährleistung der Unbefangenheit der Zeugen einerseits und dem in § 62 Abs. 1 FGO enthaltenen Recht der Beteiligten auf Unterstützung durch einen Beistand andererseits ist vor diesem Hintergrund in der Weise zu lösen, dass die Vorschriften, die die Abwesenheit des Beistandes regeln, der zugleich als Zeuge gehört werden soll, so angewendet werden, dass seine Funktion als Beistand am wenigsten beeinträchtigt wird. Dies bedeutet, dass die Abwesenheit eines Beistandes, der zugleich als Zeuge gehört werden soll, in der Regel den durch § 394 Abs. 1 ZPO vorgegebenen Umfang nicht überschreiten soll, dieser also nicht von Beginn der Sitzung an den Saal verlassen muss und —soweit möglich— als erster vernommen werden soll (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1321; vgl. auch Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 82 FGO Rz 118).
Die Klägerin wirft auch nicht dadurch eine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf, dass sie geltend macht, den in BFH/NV 2005, 1321 aufgestellten Vorgaben könne dann nicht nachgekommen werden, wenn wie im Streitfall ein Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit gemäß § 52 Abs. 2 FGO gestellt wurde. Inwieweit ein Ausschluss der Öffentlichkeit einen vom FA als Beistand hinzugezogenen Betriebsprüfer erfasst, den dieses zugleich als Zeugen benannt hat, war zwar noch nicht Gegenstand der Rechtsprechung des BFH. Die Frage ist jedoch eindeutig zu beantworten und damit nicht klärungsbedürftig. § 52 Abs. 2 FGO betrifft nach allgemeiner Ansicht weder die Beteiligten i.S. des § 57 FGO noch ihre Bevollmächtigten i.S. des § 62 Abs. 1 FGO (vgl. Spindler in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 52 FGO Rz 33; Stöcker in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 52 FGO Rz 14; Schwarz in Schwarz, FGO, § 52 Rz 12). Diese gehören aufgrund ihrer prozessualen Stellung nicht zur Öffentlichkeit im Sinne der Vorschrift. Ebenso wenig betrifft § 52 Abs. 2 FGO Beistände i.S. des § 62 Abs. 1 FGO, derer sich ein Beteiligter in der mündlichen Verhandlung bedient. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn diese außerdem als Zeuge in Betracht kommen. Die Möglichkeit, nach § 52 Abs. 2 FGO den Ausschluss der Öffentlichkeit zu beantragen, dient nämlich nicht dazu, die Unbefangenheit der Zeugen zu gewährleisten, sondern der Wahrung des Steuergeheimnisses (vgl. Stöcker in Beermann/Gosch, a.a.O., § 52 FGO Rz 14).
Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage ergibt sich schließlich nicht aus dem Vorbringen der Klägerin, es fehle an der „Beistandsbedürftigkeit”, wenn das FA den Betriebsprüfer als Zeugen benennt. Nach allgemeiner Ansicht kann sich nicht nur der Steuerpflichtige, sondern auch das FA eines Beistands i.S. des § 62 Abs. 1 Satz 1 FGO bedienen (vgl. etwa , BFH/NV 1994, 715), wozu auch der Betriebsprüfer gehören kann. Dessen Hinzuziehung kann insbesondere deswegen zweckmäßig sein, weil er regelmäßig über besondere Kenntnisse des Steuerfalls verfügt. Wird er zugleich als Zeuge benannt, hat das Gericht eine Abwägung zwischen der Gewährleistung der Unbefangenheit der Zeugen und dem Recht auch des FA auf Unterstützung durch einen Beistand vorzunehmen, die regelmäßig in der in BFH/NV 2005, 1321 vorgezeichneten Weise zu lösen ist. Eine klärungsbedürtige Rechtsfrage stellt sich in diesem Zusammenhang nicht.
b) Die Klägerin macht außerdem geltend, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, welchen Stellenwert die „Eigen-Qualifikation des Steuerpflichtigen” im Rahmen der Bestimmung des Ortes der Geschäftsleitung nach § 10 der Abgabenordnung (AO) zukomme und ob deren fehlerhafte Gewichtung durch das FG eine Verkennung der Grundlagen richterlicher Überzeugungsbildung gemäß § 96 Abs. 1 FGO begründen könne. In diesem Zusammenhang führt sie diejenigen Indizien an, anhand derer das FG im Streitfall auf den Ort der Geschäftsleitung geschlossen hat, wie insbesondere die Angaben der Klägerin gegenüber der Gemeinde S und gegenüber der niederländischen Finanzverwaltung, die Abgabe von Steuererklärungen als in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft, die Verwendung einer inländischen Anschrift und eines Firmenstempels mit inländischer Adresse sowie eine mit der niederländischen Finanzverwaltung geschlossene Vereinbarung über die Verlegung ihrer Hauptniederlassung nach Deutschland.
Auch hiermit wirft die Klägerin keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf. § 10 AO definiert die Geschäftsleitung als den Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats befindet sich dieser dort, wo der für die Geschäftsführung maßgebliche Wille gebildet wird und die für die Geschäftsführung notwendigen Maßnahmen von einiger Wichtigkeit angeordnet werden (vgl. etwa Senatsurteil vom I R 4/02, BFH/NV 2004, 83). Bei einer Körperschaft ist das regelmäßig der Ort, an dem die zur Vertretung befugten Personen die ihnen obliegende laufende Geschäftsführertätigkeit entfalten, d.h. an dem sie die tatsächlichen, organisatorischen und rechtsgeschäftlichen Handlungen vornehmen, die der gewöhnliche Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt (sog. Tagesgeschäfte; vgl. hierzu etwa Senatsurteil vom I R 15/01, BFH/NV 2002, 1411, m.w.N.). Im Allgemeinen wird es sich hierbei um die Büroräume dieser Personen handeln (vgl. etwa Senatsurteil vom I R 22/90, BFHE 164, 164, BStBl II 1991, 554; , BFH/NV 1988, 64). Maßgeblich sind jeweils die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls (vgl. , BFHE 184, 185, BStBl II 1998, 86, m.w.N.).
In diesem Rahmen konnten die verschiedenen, von der Klägerin als „Eigen-Qualifikation des Steuerpflichtigen” bezeichneten Umstände als Indizien dafür einbezogen werden, an welchem Ort die nach diesen Grundsätzen maßgeblichen Geschäftsführungsmaßnahmen tatsächlich vorgenommen wurden. Welche Rolle sie hierbei spielen und welches Gewicht ihnen zukommt, ist eine Frage der dem FG obliegenden tatsächlichen Würdigung, die für das Revisionsgericht grundsätzlich gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend und damit einer Klärung im Revisionsverfahren nicht zugänglich ist. Hierauf kann sich eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht stützen (vgl. , BFH/NV 1997, 459).
2. Die von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegen nicht vor.
a) Die Klägerin rügt den Nichtausschluss des vom FA als Beistand hinzugezogenen und zugleich als Zeugen benannten Betriebsprüfers als Verstoß gegen § 394 ZPO i.V.m. § 82 FGO, § 52 Abs. 2 FGO sowie § 62 Abs. 1 FGO. Dem ist aus den unter II.1.a dargelegten Gründen nicht zu folgen.
b) Die Klägerin hatte ursprünglich zwei Klagen erhoben, und zwar zum einen für die Jahre 1990 bis 1995 und zum anderen für das Jahr 2000. Das FG hat die unter den Aktenzeichen 13 K 2238/02 sowie 13 K 5677/03 geführten Verfahren zunächst zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung hat das FG das Verfahren für die Jahre 1990 bis 1993 unter dem Aktenzeichen 13 K 336/07 abgetrennt. Noch am selben Tag ergingen in beiden Verfahren Urteile. Gegen das das abgetrennte Verfahren betreffende Urteil hat das FG die Revision zugelassen. Die Klägerin rügt die Trennung als Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Das Gericht habe hierdurch die ansonsten unvermeidliche vollumfängliche Revisionszulassung verhindert und so die Klägerin benachteiligt.
Die Rüge der Klägerin hat keinen Erfolg. Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 FGO kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass mehrere in einem Verfahren zusammengefasste Klagegegenstände in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden. Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO kann es zudem durch Beschluss zuvor verbundene Verfahren wieder trennen. Der Trennungsbeschluss ist eine prozessleitende Verfügung, die der Senat im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht nachprüfen kann (§ 128 Abs. 2 i.V.m. § 124 Abs. 2 FGO). Dies gilt ebenso für das Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision (vgl. Dumke in Schwarz, a.a.O., § 73 FGO Rz 39). Derartige Anordnungen begründen allenfalls dann einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, wenn das FG sie willkürlich —also ohne sachlichen Grund— erlassen hat oder wenn der Steuerpflichtige dadurch prozessual in der Wahrnehmung seiner Rechte behindert wird (vgl. etwa , BFHE 176, 289, BStBl II 1995, 353; , BFH/NV 1999, 329, m.w.N.).
Im Streitfall hat das FG die Trennung der Verfahren damit begründet, dass sich nur in dem unter dem Aktenzeichen 13 K 336/07 abgetrennten Verfahren die Frage der beschränkten Steuerpflicht stelle, die die Zulassung der Revision gebiete. Unabhängig davon, dass das FG dieses Ergebnis auch ohne Trennung der Verfahren hätte erreichen und die Zulassung der Revision auf die entsprechenden, jeweils selbständige Streitgegenstände bildenden Streitjahre hätte beschränken können (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 112), schließt dies jedenfalls die Annahme von Willkür aus. Daraus, dass auch ohne Trennung eine entsprechende Beschränkung der Revisionszulassung möglich gewesen wäre, ergibt sich zugleich, dass die Klägerin durch die Trennung nicht in der Wahrnehmung ihrer Rechte behindert wurde.
Soweit in dem Vorbringen der Klägerin auch die Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—, § 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO) im Zusammenhang mit der Verfahrenstrennung zu sehen sein sollte, hat diese keinen Erfolg. Vor einer Verfahrenstrennung ist nicht in jedem Fall eine Anhörung der Beteiligten erforderlich, sondern nur dann, wenn durch die Trennung ihre prozessualen Rechte beeinträchtigt werden können (vgl. Stöcker in Beermann/Gosch, a.a.O., § 73 FGO Rz 35; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 73 FGO Rz 11; Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 73 FGO Rz 37; anders Gräber/Koch, a.a.O., § 73 Rz 25). Im Streitfall ist es jedoch gerade nicht zu einer Beeinträchtigung der prozessualen Rechte der Klägerin gekommen.
c) Die Klägerin rügt im Weiteren einen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO). Sie macht geltend, das FG hätte ihrem Antrag entsprechen müssen, zur Feststellung des Ortes der Geschäftsleitung ihren Geschäftsführer sowie ihre Mitarbeiter als Zeugen zu vernehmen. Zudem hätte das FG den Betriebsprüfer als Zeugen vernehmen müssen. Auch diese Rüge hat keinen Erfolg. Das FG hat nicht gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen.
aa) Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Es ist dabei weder an das Vorbringen noch an die Beweisanträge der Beteiligten gebunden (§ 76 Abs. 1 Satz 5 FGO). Dies gilt aber nur in dem Sinne, dass das FG von sich aus auch Beweise erheben kann, die von den Parteien nicht angeboten worden sind. Von den Beteiligten angebotene Beweise muss das FG grundsätzlich erheben. Auf eine beantragte Beweiserhebung kann es im Regelfall nur verzichten, wenn es auf das Beweismittel für die Entscheidung nicht ankommt, das Gericht die durch das Beweismittel zu beweisenden Tatsachen zugunsten des betreffenden Beteiligten als wahr unterstellt oder wenn das Beweismittel nicht erreichbar, unzulässig oder völlig ungeeignet ist, den Beweis zu erbringen. Jedoch ist das FG nicht verpflichtet, unsubstantiierten Beweisanträgen nachzugehen (vgl. etwa , BFH/NV 2004, 46; , BFH/NV 2003, 63, m.w.N.). In welchem Maße eine Substantiierung entsprechender Beweisanträge zu fordern ist, hängt von der im Einzelfall bestehenden Mitwirkungspflicht des Beteiligten ab. Denn zumutbarer Inhalt und Intensität der richterlichen Ermittlungen stehen notwendig im Zusammenhang mit dem Vorbringen der Beteiligten, die gemäß § 76 Abs. 1 Satz 2 und 3 FGO eine Pflicht zur Förderung des finanzgerichtlichen Verfahrens haben (vgl. etwa BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 63).
bb) Nach diesen Grundsätzen hat das FG den Anträgen der Klägerin auf Vernehmung der von ihr benannten Zeugen zu Recht nicht entsprochen. Die Klägerin traf eine Mitwirkungspflicht hinsichtlich der Ermittlung derjenigen Tatsachen, die für den Ort ihrer Geschäftsleitung gemäß § 10 AO von Bedeutung sind. Denn diese waren ihrem Einfluss- und Wissensbereich zuzurechnen (vgl. zur sich hieraus ergebenden Mitwirkungspflicht etwa , BFH/NV 2006, 2098). Im Streitfall war zudem unstreitig, dass zumindest zwei Mitarbeiter der Klägerin sowie C jedenfalls in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der C-GmbH in den Büroräumen der C-GmbH und damit in Deutschland tätig waren. Angesichts dessen durfte die Klägerin sich nicht auf eine bloße Behauptung dazu, an welchem Ort ihre Geschäftsführung wahrgenommen wurde sowie die Benennung von Zeugen als Beweismittel für den „Sitz der Geschäftsleitung in den Niederlanden” beschränken. Hiermit hat sie lediglich das Beweisergebnis bezeichnet. Zur näheren Substantiierung der Beweisanträge hätte es zumindest einer ungefähren Darlegung bedurft, für welche Tätigkeiten nicht die Büroräume in S, sondern Räumlichkeiten in den Niederlanden genutzt wurden sowie insbesondere, in welcher Weise C als Geschäftsführer der Klägerin dort und nicht in S deren geschäftliche Oberleitung ausübte.
Das FG musste den Sachverhalt auch nicht unabhängig von einem entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen weiter aufklären. Angesichts der Beweislage musste sich dem FG nicht ohne weiteres die Notwendigkeit aufdrängen, die von der Klägerin benannten Zeugen dazu zu vernehmen, ob und auf welche Weise die Klägerin daneben auch noch Räumlichkeiten in den Niederlanden nutzte.
Ferner durfte sich das FG entgegen der Klägerin auf die bei einer Inaugenscheinnahme durch den Betriebsprüfer festgestellte teilweise Nutzung des Büros in W als Abstellplatz stützen, ohne den Betriebsprüfer hierzu als Zeugen zu vernehmen. Ausweislich des im Urteil des FG wiedergegebenen Sachvortrags der Beteiligten hat die Klägerin eine solche Nutzung nämlich nicht bestritten, sondern lediglich vorgetragen, das Büro sei dessen ungeachtet zur Geschäftsführung geeignet gewesen und diese sei auch von dort aus erfolgt. Von etwas anderem ist auch das FG nicht ausgegangen.
d) Das FG war nicht gemäß § 76 Abs. 2 FGO verpflichtet, die Klägerin spätestens in der mündlichen Verhandlung auf die fehlende Substantiierung des Beweisantrags hinzuweisen. Auf offenkundige Umstände muss das Gericht jedenfalls dann nicht gesondert hinweisen, wenn die Beteiligten fachkundig vertreten sind (vgl. etwa Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 76 Rz 55, m.w.N.). Dies gilt auch für eine erkennbar fehlende Substantiierung (vgl. , BFH/NV 2003, 1287; weiter evtl. , BFH/NV 2004, 973). Ein solcher Sachverhalt liegt im Streitfall vor.
Dass für einen hinreichend substantiierten Beweisantrag zur Geschäftsleitung in den Niederlanden zumindest eine ungefähre Darlegung der näheren Umstände erforderlich war, hätte die fachkundig vertretene Klägerin angesichts der Beweislage ohne weiteres erkennen müssen. Hinzu kommt, dass das FG die Klägerin mit Schreiben vom unter Hinweis auf § 79b Abs. 2 FGO aufgefordert hat, diejenigen bisher noch nicht vorgetragenen Lebenssachverhalte und Tatsachen darzulegen, aus denen sich nach ihrer Auffassung ergebe, dass sich die Geschäftsleitung in den Streitjahren in den Niederlanden befand. Zwar ist das FG in der Folge nicht nach § 79b Abs. 3 FGO verfahren. Angesichts dieser Aufforderung genügte es aber jedenfalls, dass das FG den Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angehört und dieser nicht mitgeteilt hat, welche Geschäftsführungsmaßnahmen in den Niederlanden vorgenommen wurden. Eines gesonderten Hinweises auf die fehlende Substantiierung bedurfte es nicht.
e) Auf Ausführungen zu den Rügen der Klägerin im Zusammenhang mit § 96 Abs. 1 FGO wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO verzichtet.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 1445 Nr. 9
HAAAC-84500