Berichtigung des Rubrums des finanzgerichtlichen Urteils wegen gesetzlichen Beteiligtenwechsels; Fortsetzungsfeststellungsklage wegen einer Pfändungsverfügung und Einziehungsverfügung
Gesetze: FGO § 107, FGO § 41, FGO § 100 Abs. 1 Satz 4, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Instanzenzug:
Gründe
I. Wegen rückständiger Umsatzsteuer, Säumniszuschlägen, Zwangsgelder und Vollstreckungskosten hatte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) eine Forderung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) gegen ein Kreditinstitut mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung gepfändet. Das Kreditinstitut zahlte den Gesamtbetrag und erklärte die Pfändung damit für erledigt. Den Einspruch der Klägerin gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung wies das FA als unzulässig zurück.
Die daraufhin erhobene Feststellungsklage mit dem Ziel, die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung durch die Pfändungs- und Einziehungsverfügung und die Erstattungspflicht des FA festzustellen, wurde vom Finanzgericht (FG) als unzulässig abgewiesen. Es sah das erforderliche Feststellungsinteresse insbesondere deshalb als nicht gegeben an, weil die Klägerin —nach ihrem eigenen Vorbringen im FG-Verfahren und vom FA unbestritten— die gepfändete Forderung bereits Jahre zuvor an ihren „geschäftsführenden Gesellschafter” abgetreten hatte. Die Klägerin könne deshalb nicht erwarten, dass das FA —selbst bei Feststellung der Rechtswidrigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung— den gepfändeten Betrag an die Klägerin und damit an einen Nichtberechtigten zahlen würde.
Mit ihrer Beschwerde will die Klägerin die Zulassung der Revision erreichen, weil das FG mehrfach von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abgewichen und die Klageabweisung als unzulässig verfahrensfehlerhaft sei.
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Das Rubrum des ist unrichtig, nachdem das Finanzamt A I (FA) anstelle des Finanzamts A II durch Änderung der Zuständigkeitsverordnung zuständig geworden ist. Die wegen des gesetzlichen Beteiligtenwechsels offensichtliche Unrichtigkeit ist auf Antrag des FA gemäß § 107 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dahin gehend zu berichtigen, dass das FA als Beklagter bezeichnet wird. Der Senat ist dafür im Rahmen des anhängigen Beschwerdeverfahrens zuständig (, BFH/NV 2002, 371).
2. Die behauptete Abweichung des FG von der Rechtsprechung des BFH hat die Klägerin nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt. Wird mit der Beschwerde geltend gemacht, das FG sei von der Rechtsprechung des BFH abgewichen, erfordert die ausreichende Bezeichnung der Divergenz außer der Angabe von Entscheidungen des BFH die Gegenüberstellung aus diesen Entscheidungen und dem angefochtenen FG-Urteil abgeleiteter abstrakter tragender Rechtssätze in einer Weise, dass die Abweichung erkennbar wird (z.B. , BFH/NV 2002, 663, m.w.N.). Die Klägerin hat indes keinen das FG-Urteil tragenden, von der Senatsrechtsprechung abweichenden abstrakten Rechtssatz bezeichnet.
a) Soweit sie sich sinngemäß darauf beruft, dass das FG abweichend von der Entscheidung des (BFHE 187, 386, BStBl II 1999, 199) die Klagebefugnis mangels „Selbstbetroffenheit” verneint habe, obwohl die Pfändungs- und Einziehungsverfügung die Klägerin als Vollstreckungsschuldnerin bezeichne, scheidet eine mögliche Divergenz schon deshalb aus, weil es in jener Entscheidung des BFH um den Verwaltungsakt-Charakter von Anfragen im Rahmen einer Außenprüfung ging. Zur Klagebefugnis eines Vollstreckungsschuldners gegen eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung, die —wovon das FG ausgegangen ist— eine dem Vollstreckungsschuldner wegen vorangegangener Abtretung nicht mehr zustehende Forderung erfasst, verhält sich die Entscheidung nicht.
b) Auch der von der Klägerin aus der FG-Entscheidung zitierte Rechtssatz, eine Klagebefugnis werde durch ein lediglich wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits nicht begründet, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz zu der wiederholten Feststellung des BFH, dass als berechtigtes Interesse i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO jedes konkrete, durch die Sachlage gerechtfertigte Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art genüge (Senatsbeschluss vom VII B 304/00, BFHE 194, 338, BStBl II 2001, 525, m.w.N.). Abgesehen davon, dass eine Divergenz schon deshalb nicht vorliegt, weil die Ausführungen des FG zur Klagebefugnis nach § 40 Abs. 2 FGO ergangen sind, die Entscheidung des Senats aber das besondere Feststellungsinteresse nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO betraf, hat die Klägerin übersehen, dass diese Erwägung für die Entscheidung des FG nicht allein tragend war. Denn das FG hat das Fehlen des besonderen Feststellungsinteresses auch damit begründet, dass die Klägerin, weil sie seit 1996 nicht mehr Inhaberin der gepfändeten Forderung war, nicht die von der Senatsrechtsprechung geforderte „berechtigte Erwartung” habe haben können, dass das FA den gepfändeten Betrag —selbst bei Feststellung der Rechtswidrigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung— an die Klägerin und damit an einen Nichtberechtigten auszahlen würde. Hat das FG sein Urteil kumulativ begründet, d.h. auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, so muss wegen jeder der Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden und vorliegen (z.B. , BFH/NV 2005, 667).
3. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers des FG gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen. Zwar ist nach der Rechtsprechung des BFH die fehlerhafte Ablehnung eines Feststellungsinteresses i.S. von §§ 41, 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (, BFH/NV 2006, 355). Im Streitfall hat das FG jedoch im Ergebnis zu Recht ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der erstrebten Feststellung verneint. Ausgehend von der mit Verfahrensrügen nicht angefochtenen und damit gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindenden Feststellung, dass die Klägerin wegen der Abtretung 1996 nicht mehr Inhaberin der gepfändeten Forderung war, kann die Klägerin jedenfalls die Rückgängigmachung der durch die Vollstreckung bewirkten Vermögensverschiebung zu ihren Gunsten und damit die Folgenbeseitigung nicht erreichen. Kann aber die Folgenbeseitigung, auf die die Fortsetzungsfeststellungsklage zielt, nicht erwirkt werden, ist das besondere Feststellungsinteresse nicht gegeben (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 194, 338, BStBl II 2001, 525).
4. Mit ihren Ausführungen, das FG habe in Verkennung der Sicherungsabtretung das berechtigte Interesse der Klägerin verneint, rügt die Klägerin im Grunde materielle Fehler der finanzgerichtlichen Entscheidung. Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des finanzgerichtlichen Urteils einschließlich der Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls sind revisionsrechtlich grundsätzlich unbeachtlich. Mit solchen Ausführungen wird allenfalls ein Korrekturinteresse im Einzelfall dargelegt, das regelmäßig nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt (BFH-Beschlüsse vom VII B 53/03, BFH/NV 2004, 978, und vom II B 117/03, BFH/NV 2004, 1625, je m.w.N.). Die Rüge betrifft auch keinen offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung (z.B. , BFH/NV 2003, 1445, m.w.N.), der ausnahmsweise zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO führt.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1902 Nr. 10
DAAAC-53691