Beschwerde gegen einen die Aussetzung der Vollziehung ablehnenden Beschluss
Gesetze: FGO § 128 Abs. 3; FGO § 133a
Instanzenzug:
Gründe
I. Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) für das Streitjahr 1996 unter Berücksichtigung eines einheitlich und gesondert festgestellten Verlustes in Höhe von 139 638 DM (Feststellungsbescheid vom ) aus einer Beteiligung des Klägers an der X GmbH und Still unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 0 DM festgesetzt. Den Einspruch des Klägers wies das Wohnsitzfinanzamt, der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) am als unzulässig zurück. Mit Bescheid vom stellte das FA den verbleibenden Verlustabzug zum auf 60 869 DM fest. Am wurde der Einkommensteuerbescheid vom hinsichtlich der Anrechnung der Steuerabzugsbeträge geändert.
Aufgrund eines geänderten Feststellungsbescheides vom des zuständigen Finanzamts über die Beteiligungseinkünfte aus der X GmbH und Still, dessen Zugang zwischen den Beteiligten strittig ist, erhöhte das FA mit Bescheid vom die Einkommensteuer des Klägers auf 5 157 DM. Mit weiterem Bescheid vom gleichen Tag wurde der Bescheid über die gesonderte Verlustfeststellung zum aufgehoben, da kein vortragsfähiger Verlust mehr bestehe. Am hob das FA hinsichtlich der Einkommensteuerfestsetzung 1996 den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Gegen die Bescheide vom 6. und legte der Kläger mit Schreiben vom 7. bzw. Einspruch ein. Den am eingegangenen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Einkommensteuerbescheids vom lehnte das FA mit Bescheid vom ab. Auch dagegen legte der Kläger Einspruch ein.
Das FA wies die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Einsprüche zurück (Einspruchsentscheidung vom ). Gegen den Einkommensteuerbescheid vom , den Bescheid über die Aufhebung der Verlustfeststellung vom , die Ablehnung des AdV-Antrags vom und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung erhob der Kläger Klage.
Mit Bescheid vom änderte das FA die Einkommensteuer des Klägers nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) aufgrund eines zwischenzeitlich ergangenen Änderungsbescheids vom des Betriebsstättenfinanzamts, in dem der nach § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) verrechenbare Verlust des Klägers aus seiner Beteiligung an der X GmbH und Still auf 38 659 DM festgestellt worden war. Mit Datum vom erging ein weiterer Änderungsbescheid, in dem die Sonderbetriebsausgaben des Klägers angesetzt wurden.
Die Nichtzulassungsbeschwerde richtet sich gegen die Klageabweisung durch das Finanzgericht (FG). Der Kläger beruft sich auf die Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sowie § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Insbesondere macht er geltend, ein Feststellungsbescheid vom existiere nicht.
Der Kläger beantragt,
die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
Der Kläger habe die von ihm angeführten Zulassungsgründe nicht hinreichend dargetan. Im Übrigen habe das Feststellungsfinanzamt A mitgeteilt, dass der Feststellungsbescheid vom wegen falscher Adressierung von der Post zurückgekommen, aber am erneut versandt worden sei.
II. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).
1. Soweit sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des FG richtet, den Antrag auf AdV abzulehnen, ist sie schon deshalb unzulässig, weil die FGO eine Nichtzulassungsbeschwerde insoweit nicht vorsieht.
a) Nach § 128 Abs. 3 FGO steht den Beteiligten gegen die Entscheidung des FG über eine AdV nach § 69 Abs. 3 FGO die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung ausdrücklich oder ausnahmsweise noch in einem späteren Beschluss nachträglich vom FG zugelassen worden ist.
Vorliegend hat das FG die Beschwerde gegen das angefochtene Urteil insbesondere auch insoweit nicht zugelassen als die Ablehnung des Antrags auf AdV betroffen ist.
b) Eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Beschwerde sieht die FGO bei Entscheidungen des FG über einen Antrag auf AdV (§ 69 Abs. 3 FGO) nicht vor. § 128 Abs. 3 Satz 2 FGO ordnet lediglich die entsprechende Anwendung des § 115 Abs. 2 FGO in dem Sinne an, dass die dort genannten Kriterien für die Zulassung der Beschwerde durch das FG maßgebend sind. Die entsprechende Anwendung des § 116 Abs. 1 FGO —die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision betreffend— ist in § 128 Abs. 3 FGO nicht vorgesehen (vgl. , BFH/NV 2003, 61, m.w.N.). Dagegen bestehen nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. , Steuerrechtsprechung in Karteiform, Gesetz zur Entlastung des Bundesfinanzhofs, Rechtsspruch 39).
c) Die Beschwerde ist auch nicht als außerordentliche Beschwerde zulässig. Wie der Senat bereits mit Beschluss vom VIII B 181/05 (BFHE 211, 37, BStBl II 2006, 188) entschieden hat, ist nach In-Kraft-Treten des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vom (BGBl I 2004, 3220) zum ein derartiger außerordentlicher, gesetzlich nicht geregelter Rechtsbehelf ausgeschlossen.
2. Soweit der Kläger das Urteil im Übrigen anficht, hat er die geltend gemachten Zulassungsgründe eines sog. qualifizierten Rechtsanwendungsfehlers nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO sowie eines Verfahrensverstoßes nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargetan.
a) Mit den vom Kläger erhobenen Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils wird kein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO dargetan. Dies gilt insbesondere für den Einwand, das FG habe den von ihm für maßgeblich angesehenen Feststellungsbescheid vom in seiner Wirksamkeit falsch beurteilt. Einwände gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils sind im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein unbeachtlich und können nur im Rahmen einer Revisionsbegründung erheblich sein; denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (, BFH/NV 2006, 799, m.w.N.).
Einen sog. qualifizierten Rechtsanwendungsfehler, der ausnahmsweise die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO erfordert, hat der Kläger weder schlüssig dargetan, noch sind angesichts der Würdigung des Sachverhalts durch das FG hierfür Anhaltspunkte ersichtlich.
Für einen derartigen Mangel eines angefochtenen Urteils kommen nur offensichtliche materielle oder formelle Fehler des FG im Sinne einer willkürlichen Entscheidung in Betracht. Dazu reicht indes nicht eine bloß fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls aus (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 799, m.w.N.).
Die Einwände des Klägers, das FG habe die Wirksamkeit des Feststellungsbescheids vom falsch beurteilt und außerdem seien die Gesellschaften Y GmbH und X GmbH und Still miteinander verwechselt worden, vermögen keinen qualifizierten Rechtsanwendungsfehler im oben genannten Sinne zu begründen.
Das FG hat sein Urteil damit begründet, dass auch ein angefochtener Grundlagenbescheid Bindungswirkung für Folgebescheide entfaltet (vgl. auch § 182 Abs. 1 Satz 1 AO). Die diesbezüglichen Ausführungen des FG können, selbst wenn das FG die Wirksamkeit des Feststellungsbescheids vom falsch beurteilt haben sollte, keinesfalls als völlig sachfremd und willkürlich gewertet werden.
b) Der Kläger hat auch den geltend gemachten Verfahrensverstoß gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht hinreichend schlüssig gerügt.
Entgegen der Auffassung des FA hat der Kläger zwar sein Rügerecht nicht durch Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge (in der Vorinstanz) verloren, da in der bloßen Nichtteilnahme an der mündlichen Verhandlung kein Verzicht auf die Einhaltung der Verfahrensvorschriften i.S. von § 295 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO liegt (, BFH/NV 2006, 753; vom VII R 135/85, BFHE 153, 393, BStBl II 1988, 841; , BFH/NV 1999, 200).
Die Rüge, das FG habe den zugrunde liegenden Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt, insbesondere die Feststellungsbescheide vom und nicht beigezogen, begründet jedoch keinen Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Das FG hat sein Urteil maßgebend auf den Feststellungsbescheid vom gestützt. Ob die diesbezüglichen rechtlichen Schlüsse des FG durch ausreichende tatsächliche Feststellungen nach Aktenlage gedeckt waren, kann dahinstehen. Der Umstand, dass die von einem FG ausgesprochene Rechtsfolge nicht durch ausreichende tatsächliche Feststellungen gedeckt ist, bedeutet nämlich eine fehlerhafte Anwendung sachlichen Rechts und kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gerügt werden (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 81; , BFH/NV 2005, 1123; , BFHE 189, 255, BStBl II 1999, 670).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1681 Nr. 9
JAAAC-50121