Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen

Bekanntgabe von Verwaltungsakten an Empfänger außerhalb des Geltungsbereichs der Abgabenordnung nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 AO

Anlage

Soll ein Verwaltungsakt einem Empfänger außerhalb des Geltungsbereichs der AO bekannt gegeben werden, so ist nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 AO, § 123 AO, § 9 VwZG [1] oder § 10 VwZG zu verfahren. Welche der bestehenden Möglichkeiten einer Auslandsbekanntgabe gewählt wird, ist u.a. abhängig von den gesetzlichen Erfordernissen (z.B. vorgeschriebene Zustellung nach § 309 Abs. 2 AO) und von dem Erfordernis, im Einzelfall einen einwandfreien Nachweis des Zugangs des amtlichen Schreibens zu erhalten.

Sofern eine Bekanntgabe nach § 123 AO nicht in Betracht kommt, gilt für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten an Empfänger im Ausland folgendes:

1. Bekanntgabe nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 AO

Nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 AO können Verwaltungsakte auch außerhalb des Geltungsbereichs der AO durch einfachen oder eingeschriebenen Brief bekannt gegeben werden.

Diese unmittelbare postalische Bekanntgabe von Verwaltungsakten im Ausland ist völkerrechtlich nur im Verhältnis zu den Staaten zulässig, die dies gestatten. Nach derzeitigem Stand sind dies folgende Staaten:


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Belgien
Dänemark
Estland
Finnland
Frankreich
Großbritannien
Irland
Italien
Kanada
Litauen
Luxemburg
Malta
Niederlande
Norwegen
Österreich
Portugal
Schweden
Slowenien
Slowakei
Spanien
Ungarn
USA

Bei Verwaltungsakten an Empfänger in den genannten Staaten ist grundsätzlich von dieser Bekanntgabemöglichkeit Gebrauch zu machen.

Bei Abfassung der Rechtsbehelfsbelehrung und des Leistungsgebots ist zu beachten, dass der Verwaltungsakt nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 AO erst einen Monat nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gilt – mithin sowohl die Rechtsbehelfs- als auch die Zahlungsfrist erst zu diesem Zeitpunkt beginnen. Vorgedruckte Rechtsbehelfsbelehrungen und Leistungsgebote sind erforderlichenfalls entsprechend zu ändern.

Da das Finanzamt im Zweifel den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen hat (§ 122 Abs. 2 letzter Halbsatz AO), kann es angebracht sein, den Verwaltungsakt durch eingeschriebenen Brief mit Rückschein zuzustellen (vgl. Tz. 2.1).

2. Zustellung nach § 9 VwZG

2.1 Zustellungsbedürftige Verwaltungsakte (§ 122 Abs. 5 AO) können gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 VwZG durch Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden, soweit dies völkerrechtlich zulässig ist. Für die Zulässigkeit reichen Völkergewohnheitsrecht oder Tolerierung einer entsprechenden Zustellpraxis durch den ausländischen Staat bereits aus; einer ausdrücklichen, völkerrechtlichen Übereinkunft bedarf es nicht.

Von der Zulässigkeit ist bei den unter Tz. 1 genannten Staaten – vorbehaltlich länderspezifischer Besonderheiten (vgl. Tz. 4) – auszugehen.

Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein. Die Zustellung gilt als an dem Tag bewirkt, den der Rückschein angibt. Zahlungstermine sind deswegen nicht auf einen bestimmten Tag festzusetzen, sondern vom Tag der Zustellung abhängig zu machen (vgl. Tz. 2.2.3). Vorgedruckte Leistungsgebote und Rechtsbehelfbelehrungen sind erforderlichenfalls zu ändern.

In den Fällen, in denen der Rückschein den Beweisanforderungen nicht genügt oder verloren gegangen ist, gilt das Dokument einen Monat nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben.

2.2 Ist eine unmittelbare postalische Zustellung nach Tz. 2.1 nicht möglich, ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 VwZG in Verbindung mit Nr. 18 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum VwZG mittels Ersuchens entweder der zuständigen Behörde des betreffenden Staates (sofern mit diesem ein Abkommen über Amts- und Rechtshilfe besteht) oder der in diesem Staat befindlichen deutschen Auslandsvertretung zuzustellen. Länderspezifische Besonderheiten sind zu beachten (vgl. Tz. 4).

Ein nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 VwZG zuzustellender Verwaltungsakt ist der Oberfinanzdirektion zur Weiterleitung an das Bundeszentralamt für Steuern vorzulegen (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 5 FVG).

Dabei gilt folgendes:

2.2.1 Dem zuzustellenden Verwaltungsakt ist ein in Maschinenschrift vollständig adressierter und mit Absender versehener Briefumschlag beizufügen.

2.2.2 Der vom Bundeszentralamt für Steuern im Einzelfall einzuschlagende Amts- und Rechtshilfeweg bestimmt sich u.a. nach der Staatsangehörigkeit des Empfängers. Diese ist daher der Oberfinanzdirektion regelmäßig mitzuteilen. Ist die Staatsangehörigkeit nicht zu ermitteln, muss dies angegeben werden.

2.2.3 Steuerbescheide müssen von der Finanzkasse abgerechnet sein und erforderlichenfalls ein Leistungsgebot enthalten. Zahlungstermine sind dabei nicht auf einen bestimmten Tag festzusetzen, sondern vom Tag der Zustellung abhängig zu machen. Z.B. ist der Fälligkeitstag für eine Einkommensteuer-Abschlusszahlung auf „einen Monat nach dem Tag der Zustellung dieses Bescheides” festzusetzen. Vorgedruckte Texte müssen erforderlichenfalls entsprechend abgeändert werden.

2.2.4 Die Rechtsbehelfsbelehrung ist entsprechend zu erteilen. Ein bereits vorgedruckter Text muss erforderlichenfalls entsprechend abgeändert werden.

2.2.5 Die Zustellung eines Verwaltungsaktes an mehrere Personen (auch Ehegatten) in einer Ausfertigung ist – im Gegensatz zur Bekanntgabe nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 AO (vgl. Tz. 1) – nicht möglich. Daher ist für jeden Zustellungsempfänger eine gesonderte Ausfertigung des Verwaltungsaktes nebst Briefumschlag erforderlich.

2.3 Die vorstehenden Ausführungen gelten sinngemäß auch für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten an Angehörige des Diplomatischen Dienstes der Bundesrepublik Deutschland, die sich im Ausland aufhalten (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 VwZG; Nr. 18 Abs. 3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum VwZG).

2.4 Wegen der Möglichkeit, den Steuerpflichtigen bei der Zustellung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3 zur Benennung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten aufzufordern vgl. § 9 Abs. 3 VwZG.

2.5 Eine Zustellung ins Ausland kann gem. § 9 Abs. 1 Nr. 4 VwZG auch in elektronischer Form erfolgen, soweit dies völkerrechtlich zulässig ist (zum Begriff der „Zulässigkeit” vgl. Tz. 2.1).

3. Öffentliche Zustellung nach § 10 VwZG

Kann ein Verwaltungsakt nicht nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 AO bekannt gegeben werden (vgl. Tz. 1) und ist auch eine Zustellung nach § 9 VwZG (vgl. Tz. 2) nicht möglich, so ist der Verwaltungsakt unter Beachtung der Grundsätze des BStBl 1973 II S. 644, öffentlich zuzustellen (vgl. AO-Kartei NRW § 122 Karte 802 sowie Nr. 19 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum VwZG).

Ist die ausländische Anschrift des Steuerpflichtigen bekannt, sollte dieser nach erfolgter öffentlicher Zustellung mit einfachem Brief unter Übersendung einer Ausfertigung des öffentlich zugestellten Verwaltungsaktes von der Zustellung unterrichtet werden. Diese Benachrichtigung ist abweichend von Tz. 1 im Verhältnis zu allen Staaten zulässig, weil es sich hierbei mangels rechtlicher Regelung um keinen Verwaltungsakt handelt.

4. Länderspezifische Besonderheiten

4.1 Frankreich

Zustellungen nach § 9 VwZG in Frankreich sind nur an Zustellungsempfänger möglich, die die deutsche oder französische Staatsangehörigkeit besitzen.

Die Zustellungen an andere Staatsangehörige beschränkt sich auf Schriftstücke in Betreibungssachen (Artikel 23 DBA-Frankreich).

4.2 Italien

Die deutsche Vertretung nimmt Zustellungen nur vor, wenn der Zustellungsempfänger ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

In anderen Fällen besteht die Möglichkeit, nach dem deutsch-italienischen Rechtshilfeabkommen über das italienische Finanzministerium zuzustellen.

4.3 Monaco

Für eine Zustellung über die monegassischen Behörden werden alle Zustellungsstücke in französischer Übersetzung benötigt.

4.4 Österreich

Bei zustellungsbedürftigen Verwaltungsakten kann das Finanzamt die zuständige österreichische Steuerbehörde unmittelbar um Zustellung ersuchen (Artikel 4 Abs. 2 des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen vom , BStBl 1955 I S. 434, in Verbindung mit Ziff. 4 Abs. 4 der Verwaltungsanweisung zur Durchführung dieses Vertrags vom , BStBl 1958 I S. 76). Entsprechende Ersuchen sind nach dem im BStBl 1958 I S. 80/81 veröffentlichten Muster (siehe Anlage) abzufassen.

4.5 Schweiz, Liechtenstein

Beide Länder gewähren bei der Zustellung von Verwaltungsakten keine Amtshilfe. Deshalb dürfen die Auslandsvertretungen in Fiskalsachen keine Steuerbescheide zustellen. Zustellungen sind daher – sofern kein inländischer Empfangsbevollmächtigter benannt ist – durch öffentliche Zustellung zu bewirken.

Tatsächlich führen die deutschen Auslandsvertretungen in der Schweiz erfahrungsgemäß Zustellungen durch, wenn der Zustellungsempfänger ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Hierauf ist in dem Ersuchen ausdrücklich hinzuweisen. Die Entscheidung über eine Zustellung obliegt ausschließlich der Auslandsvertretung. Es empfiehlt sich daher, vor einer öffentlichen Zustellung eine Zustellung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 VwZG zu versuchen.

4.6 Bosnien-Herzegowina

Zustellungsersuchen werden von der Botschaft an das Außenministerium von Bosnien und Herzegowina übermittelt. Da sich die Verwaltungsstruktur derzeit noch im Aufbau befindet, muss mit längeren Bearbeitungszeiten gerechnet werden.

In Orte, die in den serbischen Gebieten von Bosnien-Herzegowina, der „Republik Srpska”, liegen, kann nicht zugestellt werden, weil diese Orte sich nicht unter der Kontrolle der legalen Behörden von Bosnien-Herzegowina befinden.

4.7 Bulgarien

Die Botschaft kann in eigener Zuständigkeit keine Zustellungen durchführen. Die Zustellungsempfänger werden gebeten, bei der Botschaft vorzusprechen, um die Schriftstücke gegen Unterschrift entgegenzunehmen.

4.8 Polen

Zustellungen werden über die diplomatischen Vertretungen durch Weiterleitung an das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten in Polen bewirkt und können daher bis zu zwei Jahre in Anspruch nehmen.

4.9 Tschechische Republik

Die deutsche Botschaft in Prag darf in der Tschechischen Republik nur formlose Zustellungen an deutsche Zustellungsempfänger vornehmen. Auch an Zustellungsempfänger mit doppelter Staatsbürgerschaft darf nicht zugestellt werden.

4.10 Afghanistan, Irak, Liberia, Somalia

Die Botschaften in Kabul, Bagdad, Monrovia und Mogadischu sind gegenwärtig nicht besetzt. Zustellungen sind daher zur Zeit nicht möglich.

4.11 Ägypten, Libyen, Pakistan, Rumänien

Die deutschen Vertretungen nehmen Zustellungen nur vor, wenn der Zustellungsempfänger ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

4.12 Algerien

Die Botschaft in Algier ist derzeit nur eingeschränkt funktionstüchtig.

4.13 Butan, Cook Inseln, San Marino, Taiwan

Mit diesen Ländern unterhält die Bundesrepublik Deutschland keine diplomatischen Beziehungen. Zustellungen sind daher nicht möglich.

Anlage

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Finanzamt ……………………………
………PLZ, Ort, Datum
StNr.: ……………………………
 
Betrifft: Zustellungsersuchen im Rechtshilfeverkehr mit der Republik Österreich
Anlagen:
An das Finanzamt in (Österreich)……………………………
Unter Bezugnahme auf den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der
Republik Österreich über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen vom 4.
Oktober 1954 (Österreichisches Bundesgesetzblatt 1955 Nr. 249) wird ersucht, den/das
beigefügte(n) …………………………………………………… vom
………………………………… an
(Empfänger)
…………………………………………………………………………
in
(Ort, Straße)
…………………………………………………………………………
zuzustellen und das Zustellungszeugnis oder beglaubigte Empfangsbekenntnis zu
übermitteln.
Da nach deutschen Vorschriften Steuerbescheide verschlossen bekannt zugeben sind,
wird gebeten, den Steuerbescheid vor Zustellung zu verschließen.
Für den Fall der Annahmeverweigerung durch den Empfänger wird gebeten, das
Schriftstück unter Beachtung der Formvorschriften zuzustellen, die nach der
österreichischen Gesetzgebung für die Bewirkung gleichartiger Zustellungen gelten.
 
(Unterschrift und Dienstbezeichnung)
Abdruck des Dienststempels

Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen v.

Fundstelle(n):
SAAAB-83883

1I.d. Fassung vom , wirksam ab