BFH Beschluss v. - XI S 1/03

Keine AdV bei fehlenden Erfolgsaussichten

Gesetze: FGO § 69

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Antragsteller war neben zwei weiteren Gesellschaftern Gesellschafter der X-GbR, die zum aufgelöst wurde.

Im Gesellschaftsvertrag vom Februar 1991 war die Gewinnverteilung dergestalt vereinbart worden, dass den Gesellschaftern zunächst jeweils 4 % ihres Kapitalanteils zustehen sollte und der übersteigende Gewinn unter den Gesellschaftern zu gleichen Teilen zu verteilen war. Im März 1991 trafen die Gesellschafter eine „Vereinbarung über Gewinn- und Kostenverteilung„, wonach feste Unkosten bzw. die zum Betrieb des Büros getätigten Ausgaben proportional zum Gewinn der Gesellschafter auf diese umgelegt werden sollten. Die Miete sollte zu gleichen Teilen getragen werden. Ferner heißt es: „Kosten, die unmittelbar einem Projekt zugeordnet werden können, werden bei Honorareingang rückerstattet.„

In der 1994 eingereichten und von sämtlichen Feststellungsbe-teiligten unterzeichneten Feststellungserklärung für das Streitjahr 1992 erklärten die Gesellschafter einen Gewinn in Höhe von ... DM, die der Antragsgegner (das Finanzamt —FA—) im Gewinnfeststellungsbescheid zu je 1/3 den Gesellschaftern zurechnete. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Das FA änderte anhand der von den Mitgesellschaftern eingereichten und unterzeichneten Auflistungen die Gewinnverteilung in der Einspruchsentscheidung im Schätzungswege.

Hiergegen erhob der Antragsteller Klage. Diese hatte keinen Erfolg. Die von den Gesellschaftern getroffenen Vereinbarungen zur Gewinnverteilung seien unter Berücksichtigung der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) dahin zu verstehen, dass die Einnahmen und Ausgaben projektbezogen dem jeweiligen Gesellschafter zuzurechnen seien. In diesem Sinne seien die Vereinbarungen auch tatsächlich vollzogen worden. Zivilrechtliche Auseinandersetzungen seien in diesem Sinne beigelegt worden. Es sei zudem kein vernünftiger Grund dafür ersichtlich, warum die Gesellschafter die projektbezogenen Kosten selbst tragen, aber die Einnahmen aus den Projekten pro Kopf verteilt werden sollten. Da die von den Mitgesellschaftern unterzeichneten Aufzeichnungen unstreitig nicht vollständig seien, habe das FA mangels anderweitiger Angaben anhand der Gewinnermittlung und der aufgelisteten Einnahmen grob, wenn auch plausibel schätzen müssen. Die vom Antragsteller eingereichte Berechnung gehe entgegen der Vereinbarungen von einer Gewinnverteilung nach Köpfen aus. Der Schätzung stehe die Einreichung der von den Gesellschaftern abgegebenen Feststellungserklärung nicht entgegen. Selbst wenn die Gesellschafter mit Abgabe der Feststellungserklärung wiederum die Gewinnverteilung ändern wollten, so könne dies keinesfalls rückwirkend für das Streitjahr gelten.

Der Antragsteller hat gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und beantragt Aussetzung der Vollziehung. Die Revision sei wegen Verfahrensmängeln, insbesondere Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das FG und wegen teilweiser grundsätzlicher Bedeutung dieses Einzelfalles zuzulassen. An der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Feststellungsbescheides bestünden ernstliche Zweifel. Da die Gesellschafter eine Feststellungserklärung abgegeben hätten, seien die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Schätzung nach § 162 der Abgabenordnung (AO 1977) nicht erfüllt. Insbesondere habe der Antragsteller keine Veranlassung zur Schätzung gegeben. Es sei höchstrichterlich zu klären, dass ohne Nachlässigkeit seitens eines Steuerbürgers nicht geschätzt werden dürfe. Das FG habe die Gewinnverteilungsabrede vom unzutreffend ausgelegt. Die Vollziehung des angefochtenen Bescheides wäre zudem für den Antragsteller derzeit eine unbillige Härte, da er aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Lage im Jahr 2002 nur noch einen Umsatz in Höhe von ... € erwirtschaftet habe.

Das FA beantragt, den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzulehnen.

II. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Feststellungsbescheides wird abgelehnt.

Gemäß § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Vollziehung eines angefochtenen Steuerbescheides auf Antrag auszusetzen, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Wird ein die Klage abweisendes Urteil des FG, in dem die Revision nicht zugelassen wurde, mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochten, so kommt eine Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes durch den Bundesfinanzhof (BFH) nur in Betracht, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes mithin in einem Revisionsverfahren geprüft werden kann (z.B. BFH-Beschlüsse vom IX S 1/94, BFH/NV 1995, 222; vom X S 5/95, BFH/NV 1995, 1082; vom VII S 9/96, BFH/NV 1996, 915). Da die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im Streitfall nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht, hat sie der Senat mit Beschluss vom heutigen Tag als unzulässig verworfen. Die Nichtzulassungsbeschwerde hatte mithin keine Aussicht auf Erfolg. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides kommt nicht mehr in Betracht.

Auch die Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Härte ist zu versagen. Hat ein Rechtsbehelf (hier: Nichtzulassungsbeschwerde) keinerlei Aussicht auf Erfolg, ist die Aussetzung der Vollziehung selbst dann abzulehnen, wenn die Vollziehung eine unbillige Härte zur Folge hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 69 Rdnr. 107, m.w.N.). In einem solchen Fall besteht für den Steuerpflichtigen nur die Möglichkeit, Erlass nach § 227 Abs. 1 AO 1977, Stundung gemäß § 222 AO 1977 oder Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 258 AO 1977 zu beantragen (vgl. , BFH/NV 1988, 174).

Fundstelle(n):
TAAAB-13714