Leitsatz
Erhält ein Unternehmen von seinen Kunden Zuschüsse zu den Herstellungskosten für Werkzeuge, die es bei der Preisgestaltung für die von ihm mittels dieser Werkzeuge herzustellenden und zu liefernden Produkte preismindernd berücksichtigen muss, so sind einerseits die Zuschüsse im Zeitpunkt ihrer Vereinnahmung gewinnerhöhend zu erfassen und andererseits in derselben Höhe eine gewinnmindernde Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Diese Rückstellung ist sodann über die voraussichtliche Dauer der Lieferverpflichtung gewinnerhöhend aufzulösen. Das gilt auch dann, wenn die genannten Verpflichtungen des Zuschussempfängers sich nicht aus einem am Bilanzstichtag bestehenden Vertrag, sondern nur aus einer Branchenübung ergeben (faktischer Leistungszwang).
Gesetze: EStG § 5 Abs. 1 Satz 1
Instanzenzug: Hessisches FG (EFG 1999, 1190) (Verfahrensverlauf), ,
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob vereinnahmte Beiträge zu den Herstellungskosten von Werkzeugen im Jahr der Vereinnahmung in voller Höhe versteuert werden müssen oder ob der Ertrag auf mehrere Wirtschaftsjahre zu verteilen ist.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine AG, produziert für verschiedene Automobilhersteller Serienteile für Kfz. Hierbei verwendet sie kundenspezifische Werkzeuge, die nur für bestimmte Kfz verwendbar sind und nur für Bestellungen des jeweiligen Kunden (Automobilwerks) verwendet werden dürfen.
Die Klägerin stellt die genannten Werkzeuge selbst her. Sie erhält hierfür von dem jeweiligen Kunden "Werkzeugkostenbeiträge", durch die ihre Herstellungskosten teilweise abgedeckt werden. Die Werkzeuge selbst bleiben im Eigentum der Klägerin, die jedoch die geleisteten Beiträge bei ihrer Preiskalkulation für die gelieferten Teile preismindernd berücksichtigt. Zu den hierfür maßgeblichen Absprachen hat das Finanzgericht (FG) u.a. folgende Feststellungen getroffen:
Bei Verhandlungen mit der A-AG gab die Klägerin nach Klärung der technischen Fragen ein Angebot ab, das die herzustellenden Teile detailliert spezifizierte und bei einer geschätzten monatlichen Abnahmemenge den Stückpreis enthielt. Dabei wurden zugleich die Werkzeugkosten zur Anfertigung jedes einzelnen Vorserienteils beziffert. Zusätzlich wurde angegeben, welche Kostenumlagen in den Stückpreisen enthalten waren; hierbei wurden die von der A-AG entrichteten Beiträge ausdrücklich ausgenommen. Die Klägerin behielt sich vor, Nachforderungen zu stellen, sofern die spezifizierten Umlagekosten --einschließlich der nicht von der A-AG übernommenen Werkzeugkosten-- nicht über die tatsächlich erreichte Abnahmemenge amortisiert werden konnten. Nach den Geschäftsbedingungen der A-AG war die Klägerin ferner verpflichtet, Ersatzteile für mindestens 15 Jahre nach Serienauslauf vorrätig zu halten. Eine Verschrottung der Werkzeuge durfte nur nach schriftlicher Zustimmung der A-AG erfolgen.
Nach den Vereinbarungen mit der B-AG war die Klägerin verpflichtet, die in ihrem Eigentum verbleibenden Werkzeuge zu pflegen und in Stand zu halten und die B-AG unter Verwendung der Werkzeuge zu beliefern. Ferner musste sie die Werkzeuge nach Auslaufen der Bauserie noch zehn Jahre aufbewahren und für Teileanforderungen einsetzen. Diese Verpflichtung endete erst nach vorheriger Benachrichtigung seitens der B-AG. Anderen Abnehmern gegenüber war die Klägerin ebenfalls zu einer vergleichbaren Vorratshaltung verpflichtet.
Zu den Gründen für die Leistung der Werkzeugkostenbeiträge teilten die Abnehmer der Klägerin dem FG mit, dass zum einen die Klägerin in die Lage versetzt werden sollte, die Vorlaufzeit bis zur jeweils ersten Lieferung besser zu überbrücken. Zum anderen sei es darum gegangen, das Investitionsrisiko der Klägerin zu vermindern. Bei den Beiträgen handele es sich um Vorauszahlungen auf die Herstellungskosten der Werkzeuge, die anderenfalls über den Stückpreis der gelieferten Teile hätten amortisiert werden müssen. Es sei mithin ein Kostenelement des Teilpreises "vorab" beglichen worden, so dass in den Teilepreis nur noch derjenige Aufwand für die Werkzeugherstellung einkalkuliert werden musste, der nicht vom Kunden übernommen worden war. Die Gegenleistung der Klägerin für die Werkzeugkostenbeiträge liege darin, dass die hergestellten Teile zu einem entsprechend niedrigeren Preis geliefert würden. Hierdurch sei das Risiko der jeweils beteiligten Unternehmen angemessen verteilt worden.
In ihrer Buchführung aktivierte die Klägerin die von ihr hergestellten Werkzeuge mit den gesamten Herstellungskosten. Zugleich bildete sie in Höhe der vereinnahmten Werkzeugkostenbeiträge Rückstellungen, die sie entsprechend der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von regelmäßig fünf Jahren anteilig auflöste. Demgegenüber hielt der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die gebildeten Rückstellungen für unzulässig, weshalb er sie in voller Höhe auflöste und den von der Klägerin erklärten Gewinn entsprechend erhöhte. Die Klagen gegen die auf dieser Basis erlassenen Steuerbescheide hat das FG abgewiesen; sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 1190 abgedruckt.
Mit ihrer vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts und Verfahrensfehler. Sie beantragt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die angefochtenen Bescheide nach Maßgabe der in der Revisionsschrift enthaltenen Angaben abzuändern.
Das FA beantragt Zurückweisung der Revision.
Gründe
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Festsetzung der Steuer nach Maßgabe des Revisionsantrags. Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass die an die Klägerin geleisteten "Werkzeugkostenbeiträge" im Zeitpunkt der Vereinnahmung in vollem Umfang gewinnwirksam werden:
1. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes durch Vermögensvergleich. Da sie nach Handelsrecht buchführungspflichtig ist, muss sie dabei dasjenige Betriebsvermögen ansetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG).
2. Nicht erörterungsbedürftig ist, dass die Klägerin die von ihr hergestellten und in ihrem Eigentum verbleibenden Werkzeuge als Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens aktivieren und auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abschreiben kann und muss. Diese Beurteilung entspricht der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Behandlung von längerfristig nutzbaren Werkzeugen (, BFHE 100, 249, BStBl II 1971, 51), die im Streitfall einschlägig ist. Hiervon gehen die Beteiligten übereinstimmend aus.
3. Das FG hat zu Recht angenommen, dass die von den Kunden geleisteten "Werkzeugkostenbeiträge" Betriebseinnahmen der Klägerin sind, die deren Gewinne dem Grunde nach erhöhen. Entgegen der Ansicht des FG müssen diese Gewinnerhöhungen jedoch --wie in den Bilanzen der Klägerin geschehen-- durch die Bildung und Auflösung von Verbindlichkeitsrückstellungen auf mehrere Jahre verteilt werden:
a) Nach § 249 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) sind für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Ungewisse Verbindlichkeiten in diesem Sinne sind u.a. solche, die am Bilanzstichtag dem Grunde nach bestehen, deren Höhe aber ungewiss ist. Voraussetzung der Rückstellungsbildung ist, dass der Schuldner am Bilanzstichtag mit seiner Inanspruchnahme rechnen muss und dass ihre Erfüllung nicht zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines selbstständig bewertbaren Wirtschaftsguts führen würde (, BFHE 186, 417, BStBl II 1999, 18; Schmidt/Weber-Grellet, Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., § 5 Rz. 361, m.w.N.).
b) Im Streitfall bestanden derartige ungewisse Verbindlichkeiten der Klägerin. Das gilt unabhängig davon, ob die Klägerin --worauf das FG abgestellt hat-- ernstlich mit einer Rückforderung der Werkzeugkostenbeiträge durch die Automobilhersteller rechnen musste. Denn jedenfalls bestand für sie an den jeweiligen Bilanzstichtagen die Verpflichtung, die Beiträge preismindernd bei zukünftigen Preiskalkulationen zu berücksichtigen und ihre Kunden zu den auf diese Weise berechneten Preisen zu beliefern. Das reicht für eine Rückstellungsbildung aus:
aa) Wie das FG festgestellt hat, bestand zwischen der Zahlung der Werkzeugkostenbeiträge einerseits und dem Preis der von der Klägerin zu liefernden Automobilteile andererseits ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang. Dieser ergab sich daraus, dass die Klägerin gehalten war, den Preis der Teile durch eine dem Kunden gegenüber offen zu legende Kalkulation zu bestimmen und bei dieser Kalkulation die anzusetzenden Herstellungskosten um die geleisteten Werkzeugkostenbeiträge zu kürzen. Die von den Kunden gezahlten Beiträge minderten mithin den Preis der Teile.
Hinter dieser Gestaltung stand erkennbar die --auch vom FG bejahte-- wirtschaftliche Erwägung, dass die Unsicherheit hinsichtlich der Anzahl der benötigten Teile von der Klägerin auf den jeweiligen Automobilhersteller verlagert werden sollte. Die Herstellung der in Rede stehenden Werkzeuge war mit einem erheblichen Kostenaufwand verbunden, weshalb sich für die Klägerin ein unverhältnismäßiges Risiko ergeben hätte, wenn sie die Werkzeuge zunächst produziert und der Kunde später nur eine deutlich geringere als die kalkulierte Menge von Teilen abgenommen hätte. Umgekehrt hätte sich ein --an den Vorstellungen der Vertragsparteien gemessen-- zu hoher Preis ergeben. Vor diesem Hintergrund diente die gewählte vertragliche Konstruktion dem Ziel, die Chancen und Risiken eines unerwartet hohen oder unerwartet geringen Teilebedarfs vor allem bei dem Kunden der Klägerin anzusiedeln, der als Hersteller des Endprodukts die Hauptursache für den Bedarf an Einzelteilen gesetzt hatte. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wurden so Fixkosten der Produktion vom Hersteller (Klägerin) auf den Abnehmer (Automobilwerk) verlagert, um diesen stärker am Erfolg oder Misserfolg des Endprodukts teilhaben zu lassen.
bb) Bei dieser Ausgangslage war die Klägerin gegenüber den Automobilherstellern verpflichtet, bei der Preiskalkulation für die zu produzierenden Fahrzeugteile die anzusetzenden Herstellungskosten um die geleisteten Werkzeugkostenbeiträge zu kürzen und die Teile zu den so kalkulierten Preisen zu liefern. Eine solche Verpflichtung bestand unabhängig davon, ob sie ausdrücklich vertraglich vereinbart war oder sich lediglich aus einer bestehenden Branchenübung ergab. Die Klägerin weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass sie sich als Zulieferbetrieb marktstarker Unternehmen dieser Übung nicht hätte entziehen können, ohne schwerwiegende wirtschaftliche Nachteile in Kauf zu nehmen. Sie war deshalb zumindest faktisch gezwungen, die von den Automobilwerken zu bestellenden Teile in dem genannten Sinne "verbilligt" zu liefern. Ein faktischer Leistungszwang reicht für die Annahme einer ungewissen Verbindlichkeit aus (, BFHE 59, 35, BStBl III 1954, 222; , Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1991, 1850; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz. 362, m.w.N.).
c) Nach Ansicht des FG darf im Streitfall eine Verbindlichkeitsrückstellung nicht gebildet werden, weil die verbilligte Lieferung der Fahrzeugteile nicht den Aufwand der Klägerin erhöht, sondern deren Betriebseinnahmen vermindert. Dem kann sich der Senat nicht anschließen:
Die Verbindlichkeitsrückstellung ist Ausfluss des Vorsichtsprinzips (Lambrecht in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 5 Rdnr. D 46) und des hieraus abgeleiteten Realisationsprinzips (Blümich/Schreiber, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 5 EStG Rz. 787, m.w.N.). Sie soll im Interesse eines periodengerechten Gewinnausweises gewährleisten, dass am Bilanzstichtag verursachte potentiell gewinnmindernde Faktoren in der Bilanz berücksichtigt werden. Angesichts dessen kann es für die Rückstellungsfähigkeit keinen Unterschied machen, ob die spätere Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit zu einer Erhöhung des Aufwands oder zu einer Verminderung der Einnahmen führt. In beiden Fällen ist am Bilanzstichtag von einer Minderung des Ergebnisses auszugehen, so dass es sachgerecht ist, in beiden Fällen die Frage nach der Zulässigkeit einer Rückstellung übereinstimmend zu beantworten.
Für die Richtigkeit einer solchen Sachbehandlung spricht zudem, dass es häufig nur eine Frage der Vertragsgestaltung ist, ob ein bestimmter Vorgang auf der Aufwands- oder auf der Ertragsseite wirksam wird. So wäre beispielsweise im Verhältnis zwischen der Klägerin und ihren Kunden ein wirtschaftlich gleichwertiges Ergebnis erzielt worden, wenn vereinbart worden wäre, dass die Klägerin einerseits die Kosten der Teile ohne Berücksichtigung der vereinnahmten Zuschüsse kalkulieren darf und andererseits die Zuschüsse je nach Umfang der Bestellungen anteilig zurückzahlen oder verrechnen muss. In einem solchen Fall würde die Rückzahlung oder Verrechnung zu Aufwand der Klägerin führen, so dass für die dahin gehende Verpflichtung eine Rückstellung gebildet werden könnte (vgl. hierzu auch , BFH/NV 1999, 1029). Dann kann aber im Streitfall die Rückstellungsfähigkeit nicht allein deshalb verneint werden, weil bei der --mehr oder weniger zufällig-- tatsächlich gewählten Gestaltung "nur" eine Ertragsminderung droht.
d) Dass die erfolgswirksame Vereinnahmung von Werkzeugkostenbeiträgen in der hier interessierenden Situation durch den Ansatz eines bilanziellen Passivpostens neutralisiert werden muss, entspricht nicht nur der im Schrifttum vorherrschenden Auffassung (Förschle/Scheffels, Der Betrieb --DB-- 1993, 2393; Wulf/Scheffbuch, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2000, 1884; vgl. auch Armbrust, DB 1970, 556). Sie wird auch dadurch bestätigt, dass nach der Rechtsprechung des BFH die geleisteten Zahlungen beim Leistenden --hier also bei den Kunden der Klägerin-- als Anschaffungskosten eines Verwendungsrechts zu aktivieren sind (, BStBl II 1989, 830). Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass die vom Zahlungsempfänger eingegangene Leistungsverpflichtung für den Zahlenden eine Rechtsposition begründet, die einen eigenständigen und in die Zukunft hinein fortwirkenden Vermögenswert hat. Es ist deshalb nur konsequent, in der Bilanz des Zahlungsempfängers eine entsprechende Belastung auszuweisen. Das gilt umso mehr, als nach dem bilanzrechtlichen Vorsichtsprinzip in Verbindung mit dem Imparitätsprinzip aktive Vermögenswerte jedenfalls nicht in weiteren Grenzen ausgewiesen werden dürfen als entsprechende Passivposten (vgl. hierzu auch Adler/Düring/ Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., § 250 HGB Rz. 115).
Die hiernach gebotene Passivierung kann nicht durch den Ansatz einer Anzahlung erfolgen, da die streitigen Werkzeugkostenbeiträge lediglich bei der Kalkulation der Preise berücksichtigt, nicht aber mit den (ungekürzten) Preisen verrechnet worden sind. Ebenso kommt der Ansatz eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens nicht in Betracht, da die von der Klägerin zu erbringende Gegenleistung nicht in erster Linie zeitraumbezogen war: Aus der Sicht der Vertragsparteien sollten die von den Kunden geleisteten Zuschüsse nicht --oder zumindest nicht vorrangig-- eine Lieferbereitschaft der Klägerin über einen bestimmten Zeitraum abgelten; Maßstab der Bezuschussung war vielmehr die voraussichtliche Zahl der zu liefernden Teile, auf deren Preise die Minderung der Werkzeug-Herstellungskosten umgelegt werden sollte. Einer in diesem Sinne mengenbezogenen Leistungspflicht des Zuschussempfängers ist nicht im Wege der passiven Rechnungsabgrenzung, sondern durch die Bildung einer Verbindlichkeitsrückstellung Rechnung zu tragen (ebenso Förschle/ Scheffels, DB 1993, 2393, 2398 f.; Wulf/Scheffbuch, DStR 2000, 1884, 1886 f.; vgl. auch Stellungnahme 2/1996 des Hauptfachausschusses des Instituts der Wirtschaftsprüfer, Die Wirtschaftsprüfung 1996, 709, 711).
4. Die hiernach zu Recht gebildeten Rückstellungen hat die Klägerin über fünf Jahre verteilt aufgelöst. Das ist im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht zu beanstanden:
a) Nach den Feststellungen des FG belief sich die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der von den Automobilwerken bezuschussten Werkzeuge auf fünf Jahre. Ferner hat das FG festgestellt, dass die Klägerin die Werkzeuge für bestimmte --jeweils im Einzelfall vertraglich vereinbarte-- Zeiträume "nach Auslauf" eines Automodells vorhalten musste. Der Senat versteht diese Feststellungen dahin, dass die Werkzeuge üblicherweise fünf Jahre lang für die Herstellung von Teilen für die Neuwagenproduktion eingesetzt wurden und im Anschluss hieran für eine weitere Zeit zwecks Sicherung der Ersatzteilversorgung vorrätig gehalten werden mussten.
b) Vor diesem Hintergrund führt die Auflösung der Rückstellung über fünf Jahre dazu, dass der durch die Zuschüsse erzielte Ertrag auf denjenigen Zeitraum verteilt wird, in dem die Klägerin nach den Erwartungen der Vertragsparteien preisgeminderte Teile liefern musste (vgl. dazu auch BFH-Urteil in BFHE 100, 249, BStBl II 1971, 51). Eine solche Verteilung entspricht dem Vorsichtsprinzip und ist auch dann sachgerecht, wenn es in Einzelfällen vorgekommen sein sollte, dass von der Klägerin produzierte und von einem Automobilwerk bezuschusste Werkzeuge nur über einen kürzeren Zeitraum oder sogar überhaupt nicht zum Einsatz kamen. Denn die zeitliche Ertragszuordnung muss an diejenigen Umstände und Entwicklungen anknüpfen, die im Zeitpunkt der Vereinnahmung erkennbar bzw. vorhersehbar waren. Einer unvorhergesehenen Verkürzung des Zeitraums, in der die Gegenleistung zu erbringen ist, muss ggf. durch die vorzeitige Auflösung des Passivpostens Rechnung getragen werden. Im Streitfall ergeben sich aus den Feststellungen des FG aber keine Anhaltspunkte dafür, dass hinsichtlich einzelner Werkzeuge eine solche Entwicklung eingetreten sein könnte.
c) Der Senat muss nicht die Frage erörtern, ob die Klägerin berechtigt oder sogar verpflichtet war, eine Leistungspflicht über den Zeitraum von fünf Jahren hinaus zu passivieren. Eine solche Handhabung könnte deshalb zu erwägen sein, weil die bezuschussten Werkzeuge nicht nur für die Neuwagenproduktion eingesetzt werden sollten, sondern nach deren Abschluss --zwecks Sicherung der Ersatzteilversorgung-- für eine weitere Zeit vorrätig zu halten waren. Eine Auflösung der Rückstellungen über mehr als fünf Jahre würde aber für alle Streitjahre zu über den Revisionsantrag hinausgehenden Gewinnminderungen führen, auf die wegen § 96 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 121 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht erkannt werden kann.
5. Schließlich ergeben sich im Streitfall keine Anhaltspunkte dafür, dass die von der Klägerin gebildeten Rückstellungen aus sonstigen Gründen überhöht sein könnten. Die angefochtenen Bescheide sind deshalb dem Revisionsantrag gemäß zu ändern. Die Berechnung der sich daraus ergebenden Beträge wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2002 II Seite 655
BB 2001 S. 718 Nr. 14
BB 2001 S. 771 Nr. 15
BFH/NV 2001 S. 687
BFH/NV 2001 S. 687 Nr. 5
BFHE S. 57 Nr. 194
BStBl II 2002 S. 655 Nr. 17
DB 2001 S. 674 Nr. 13
DStR 2001 S. 563 Nr. 14
DStRE 2001 S. 449 Nr. 9
FR 2001 S. 534 Nr. 10
INF 2001 S. 314 Nr. 10
HAAAA-97071