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Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie
Überblick über die Maßnahmen im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht
[i]Übersicht über alle bisher zum Thema Coronavirus erschienenen Beiträge unter NWB AAAAH-44313 Als Folge der behördlich angeordneten Einschränkungen wird es in allen Bereichen der Wirtschaft zu erheblichen Umsatz- bzw. Einkommensverlusten kommen. Für eine Vielzahl von Personen werden diese existenzbedrohend sein. Der Bundestag hat deshalb am im Eilverfahren das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht beschlossen. Der Bundesrat hat diesem am zugestimmt. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Regelungen.
Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .
I. Zielsetzung
Als [i]Betriebs- und GeschäftsschließungenFolge des massiven Anstiegs der Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus (Coronavirus) haben die Behörden im März 2020 die Schließung von Betrieben, Geschäften sowie Freizeit- und Kultureinrichtungen verfügt. Auch Unternehmen des produzierenden Gewerbes sind davon betroffen, da z. B. Arbeitnehmer fehlen, um die Geschäfte im normalen Rahmen fortzuführen.
[i]Unternehmens- und Privatinsolvenzen als FolgeEs ist absehbar, dass diese Maßnahmen zu erheblichen Einkommensverlusten führen werden. Besonders trifft es Personen, die von diesen Einnahmen abhängig sind und nicht über ausreichende finanzielle Rücklagen verfügen. Als Folge ist damit zu rechnen, dass viele vorläufig nicht oder nur eingeschränkt in der Lage sein werden, ihre laufenden Verbindlichkeiten zu erfüllen.
Das Gesetzespaket, mit dem eine Reihe von bestehenden Gesetzen geändert bzw. neue Gesetze geschaffen werden, soll dem betroffenen Personenkreis helfen, die Krise zu überwinden.S. 370
Außerdem stehen weitere Maßnahmen im Fokus, die erforderlich sind, um die Fortführung von Unternehmen zu ermöglichen und zu erleichtern, die infolge der Pandemie Insolvenz anmelden mussten oder wirtschaftliche Schwierigkeiten haben.
Ferner [i]Handlungsfähigkeit sichernwerden vorübergehend Erleichterungen für die Durchführung von Hauptversammlungen geschaffen, damit die Unternehmen auch in Zeiten von Ausgangs- und Versammlungsbeschränkungen handlungsfähig bleiben.
Schließlich werden durch zeitlich beschränkte Änderungen im Strafverfahrensrecht erweiterte Unterbrechungsfristen für strafgerichtliche Hauptverhandlungen eingeführt.
II. Vertragsrechtliches Moratorium
[i]Ergänzung des Einführungsgesetzes zum BGBIm Kern des Gesetzes steht ein vertragsrechtliches Moratorium (Art. 5). Durch eine Ergänzung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch durch den Art. 240 werden Regelungen eingeführt, die es Schuldnern erlauben, vertragliche Leistungen vorläufig zu verweigern oder einzustellen, ohne dass daran für sie nachteilige rechtliche Folgen geknüpft werden.
Voraussetzung ist, dass sie ihre vertraglichen Pflichten aufgrund der Auswirkungen der Pandemie nicht erfüllen können.
1. Leistungen aus Dauerschuldverhältnissen
[i]Sicherung der GrundversorgungDie Regelungen (Art. 240 – § 1 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch) können von Verbrauchern und Kleinstunternehmen in Anspruch genommen werden. Dadurch wird gewährleistet, dass diese insbesondere nicht von Leistungen der Grundversorgung (Strom, Gas, Telekommunikation, Wasser) abgeschnitten werden, weil sie ihren Zahlungspflichten nicht nachkommen können. Die Regelungen gelten nicht für Miet-, Pacht- und Darlehensverträge sowie Arbeitsverträge.
1.1 Regelung für Verbraucher
[i]LeistungsverweigerungsrechteVerbraucher haben danach das Recht, Leistungen im Zusammenhang mit Dauerschuldverhältnissen aus einem Verbrauchervertrag bis zum zu verweigern. Voraussetzung ist, dass der Vertrag vor dem geschlossen wurde und der Verbraucher infolge der Pandemie die Leistung ohne Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder des angemessenen Lebensunterhalts seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht erbringen kann.
Die Regelung gilt jedoch nicht, wenn die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts für den Gläubiger seinerseits unzumutbar ist, da die Nichterbringung der Leistung die wirtschaftliche Grundlage seines Gewerbebetriebs gefährden würde. In diesem Fall hat der Schuldner aber ein Sonderkündigungsrecht.
1.2 Regelung für Kleinstunternehmen
Kleinstunternehmen können Leistungen aus wesentlichen Dauerschuldverhältnissen verweigern, wenn das Unternehmen die Leistung nicht erbringen kann oder die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen des Betriebs nicht möglich wäre. Als Kleinstunternehmen gelten Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern oder weniger als 2 Mio. € Jahresumsatz. Auch hier ist Voraussetzung, dass die Leistungsverweigerung auf Umständen beruht, die auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen sind. Die zeitlichen Voraussetzungen entsprechen denen für Verbraucher.S. 371
Das Leistungsverweigerungsrecht für Kleinstunternehmen wird jedoch beschränkt auf „wesentliche Dauerschuldverhältnisse“. Wesentliche Dauerschuldverhältnisse sind solche, die zur Eindeckung mit Leistungen zur angemessenen Fortsetzung des Erwerbsbetriebs erforderlich sind.
Die Regelung gilt nicht, wenn die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts für den Gläubiger unzumutbar ist, weil sie zu einer Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder der wirtschaftlichen Grundlagen seines Gewerbebetriebs führen würde. In diesem Fall hat der Schuldner jedoch ein Sonderkündigungsrecht.
2. Mietverhältnisse
[i]Einschränkung von KündigungsrechtenFür Miet- und Pachtverhältnisse über Grundstücke oder über Räume wird das Recht der Vermieter zur Kündigung von Mietverhältnissen eingeschränkt (Art. 240 – § 2 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch). Wegen Mietschulden aus dem Zeitraum vom bis dürfen Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen, sofern die Mietschulden auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen.
Dies gilt sowohl für die außerordentliche fristlose als auch für die ordentliche Kündigung eines Wohnraum-Mietverhältnisses oder eines Mietverhältnisses über Grundstücke oder über Räume, die keine Wohnräume sind. Die Kündigungsbeschränkung endet mit Ablauf des .
Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete bleibt jedoch im Grundsatz bestehen.
Mit der Regelung soll verhindert werden, dass Mieter von Wohnräumen, Grundstücken und Räumen, die keine Wohnräume sind, sowie Pächter in dem Zeitraum, in dem nach den derzeitigen Erwartungen die COVID-19-Pandemie zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen führen wird, die Miet- oder Pachtsache infolge von auflaufenden Zahlungsrückständen verlieren. Sollten nach dem Außerkrafttreten der Vorschrift noch Zahlungsrückstände aus dieser Zeit bestehen, wären wieder die allgemeinen Vorschriften des BGB hierauf anwendbar.
Die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen des BGB bzgl. der Fälligkeit und des Verzugs sind während der Geltung der Sonderregelungen weiterhin anwendbar. Dies hat zur Folge, dass Mieter und Pächter bei nicht fristgerechter Leistung in Verzug geraten. Auch sind Kündigungen aus anderen Gründen weiterhin möglich.
3. Verbraucherdarlehensverträge
[i]Stundung von VerbraucherdarlehensverträgenFür vor dem abgeschlossene Verbraucherdarlehensverträge wurden eine gesetzliche Stundungsregelung und die Möglichkeit einer Vertragsanpassung nach Ablauf der Stundungsfrist eingeführt (Art. 240 – § 3 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch).