Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
StuB Nr. 23 vom Seite 946

Corona-induzierte Bestandsgefährdung

Nachweis-, Dokumentations- und Berichtspflichten für die Abschlusserstellung unter going concern bei bestandsgefährdenden Risiken

WP/StB Tim Bonnecke

Bedingt durch die Corona-Pandemie und den hierdurch ausgelösten massiven Einbruch der weltweiten Wirtschaft haben zahlreiche Unternehmen negative Auswirkungen auf ihre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu beklagen. Viele vormals als „kerngesund“ geltende Unternehmen sehen sich nunmehr Corona-induziert mit der (ungewohnten) Frage konfrontiert, ob ihr aktueller Jahres- bzw. Konzernabschluss noch unter der Aufrechterhaltung der Fortführungsannahme aufgestellt werden kann und bejahendenfalls welche Nachweis-, Dokumentations- und Berichtspflichten im Falle festgestellter bestandsgefährdender Risiken zu beachten sind. Eine besondere Schwierigkeit stellt in diesem Zusammenhang die hohe Ungewissheit über den weiteren Verlauf der Pandemie und die Dauerhaftigkeit der hervorgerufenen Krise dar, wodurch das Marktumfeld und die Prognose des weiteren Geschäftsverlaufs zunehmend unkalkulierbar werden.

Mujkanovic, Going concern in der Corona-Krise, StuB 12/2020 S. 455, NWB WAAAH-50816

Kernfragen
  • Was ist unter bestandsgefährdenden Risiken zu verstehen und wann liegen diese vor?

  • Wie lässt sich trotz festgestellter bestandsgefährdender Risiken nachweisen, dass die Fortführung der Unternehmenstätigkeit gewährleistet ist?

  • Welche Berichtspflichten im Hinblick auf bestandsgefährdende Risiken sind im Abschluss zu beachten?

I. Identifizierung von bestandsgefährdenden Risiken

1. Going concern als zentrale Prämisse der Rechnungslegung

[i]Zwirner/Zimny/Vodermeier, Jahresabschluss 2020 in der Corona-Pandemie, Beilage zu StuB 21/2020 S. 1, NWB UAAAH-62336 Hillebrand, Going-Concern-Check, Arbeitshilfen, NWB UAAAC-35125 Bei der Erstellung des Jahres- und Konzernabschlusses sowie – sofern einschlägig – des ggf. aufzustellenden (Konzern-)Lageberichts ist von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, sofern dem nicht rechtliche oder tatsächliche Gegebenheiten entgegenstehen. Diese sog. going concern-Annahme stellt einen zentralen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung sowohl für handelsrechtliche Abschlüsse (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB) als auch für nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) aufgestellte Abschlüsse (IAS 1.25 ) dar. Obgleich der Wortlaut zwischen HGB und IFRS divergiert, basieren beide Vorschriften auf demselben tradierten Grundsatz: „Solange erwartet werden kann, dass eine Unternehmung auf unbestimmte Zeit fortgeführt wird, ist der Jahresabschluss unter dieser Prämisse aufzustellen.“

Das Prinzip der Unternehmensfortführung umschreibt die Einschätzung der gesetzlichen Vertreter, dass das Unternehmen in der Lage ist, im gewöhnlichen Geschäftsverlauf seine Vermögenswerte zu realisieren und seine Schulden zu begleichen. Bei der going concern-Beurteilung ist die Unterscheidung von wertaufhellenden und wertbegründenden Ereignissen unerheblich. Insoweit kommt es also zu einer S. 947 durchbrechenden Ausnahme vom Stichtagsprinzip, d. h. selbst wenn die Ursache für die Abkehr von der going concern-Prämisse erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten ist, darf der Abschluss nicht mehr unter der Annahme der Unternehmensfortführung aufgestellt werden.