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WP Praxis Nr. 9 vom Seite 298

Die Aussagekraft des Bestätigungsvermerks im öffentlichen Bereich im Unterschied zum HGB-Bestätigungsvermerk

Analyse im Hinblick auf die Darstellung der VFE-Lage

Prof. Dr. Katharina Dillkötter und Dipl.-Ök., Dipl.-Verww. (FH), Dipl.-Komm. (VWA) Herbert K. Heidler

Im Rahmen der Jahresabschlussprüfung soll das Prüfungsurteil des Abschlussprüfers u. a. bestätigen, ob der Jahresabschluss bzw. Konzernabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft oder des Konzerns (sog. Generalnorm) vermittelt. Diese Regelung gilt aufgrund spezieller gesetzlicher Regelungen bzw. über Verweise auf das HGB auch für die öffentliche Rechnungslegung, soweit diese nach den Grundsätzen der kaufmännischen doppelten Buchführung erfolgt. Im Gegensatz zu den Standards staatliche Doppik (SsD) weichen die Vorschriften zum kommunalen Rechnungswesen teilweise erheblich von den handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften ab. Die Abweichungen stellen das tatsächliche Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage in Frage. Insofern ist zu untersuchen, inwieweit diese Abweichungen im Bestätigungsvermerk aufzuführen sind, um den Adressaten kein falsches Bild von der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln.

Kernaussagen
  • Im Bestätigungsvermerk soll u. a. erklärt werden, ob ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (VFE-Lage) vermittelt wird. Ein kommunaler Jahresabschluss muss den für das jeweilige Bundesland vorgegebenen Rechtsgrundlagen entsprechen. Die Darstellung der VFE-Lage bezieht sich damit ausschließlich auf diese landesrechtlichen Regelungen.

  • Eine Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen zeigt, dass es im kommunalen Bereich teilweise erhebliche Abweichungen von den HGB-Regelungen gibt. Die unterschiedlichen Adressaten eines kommunalen Jahresabschlusses kennen überwiegend weder diese Abweichungen, noch können sie ihre Auswirkungen auf die VFE-Lage abschätzen.

  • Der Grundsatz der Wahrheit und Klarheit erfordert, dass wesentliche Abweichungen der jeweils geltenden landesrechtlichen Vorschriften von den handelsrechtlichen im Bestätigungsvermerk kenntlich gemacht werden.

  • Sofern es sich bei den landesrechtlichen Vorschriften um Rechnungslegungsgrundsätze zur sachgerechten Gesamtdarstellung handelt, kommt ein Hinweis auf Hervorhebung eines Sachverhalts in Frage. Bei Rechnungslegungsgrundsätzen zur Ordnungsmäßigkeit bietet sich ein Hinweis auf einen sonstigen Sachverhalt an.

I. Jahresabschluss und Jahresabschlussprüfung im öffentlichen Bereich

Für Unternehmen ergibt sich die Pflicht zur Erstellung eines Jahresabschlusses und ggf. eines Lageberichts aus dem Handelsgesetzbuch (HGB) bzw. aus Einzelgesetzen wie dem Publizitätsgesetz (PublG). Dasselbe gilt für Konzernabschluss bzw. Konzernlagebericht. Auch für Gebietskörperschaften (also im öffentlichen Bereich) ist die Erstellung eines kaufmännischen Jahresabschlusses und eines Lageberichts sowie ggf. eines Konzernabschlusses (Gesamtabschluss) und Konzernlageberichts (Gesamtlagebericht) verpflichtend, soweit die doppelte Buchführung angewandt wird.

Die Prüfung von Jahresabschluss und Lagebericht bzw. Konzernabschluss und Konzernlagebericht ist nicht nur eine Pflicht für bestimmte Unternehmen, sondern auch für Gemeinden. Für Gemeinden ist dies in den kommunalrechtlichen Regelungen des jeweiligen Bundeslandes (Gemeindeordnung, Kommunalverfassung etc.) geregelt. So haben z. B. Gemeinden in NRW gem. § 95 Abs. 1 und § 102 Abs. 1 GO NRW Jahresabschlüsse und Lageberichte zu erstellen und zu prüfen.