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Neue Pflichten für deutsche Unternehmen durch das nationale Lieferkettengesetz
Ausgestaltung des Gesetzes und Auswirkungen in der Praxis
Neben bereits in der Vergangenheit verabschiedeter gesetzlicher CSR-Vorgaben (Non-Financial Reporting Directive, EU-Taxonomie Verordnung) wird derzeit die Ausweitung des Anwendungsbereichs einer nichtfinanziellen Berichterstattung im Zuge der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) vorbereitet sowie die Einführung verbindlicher Vorgaben zur Sicherstellung einer nachhaltigen Lieferkette in der EU diskutiert. Während die Umsetzung der CSRD in nationales Recht noch in diesem Jahr geplant ist, gibt es für die Umsetzung des im Februar 2022 vorgelegten Vorschlags der EU-Kommission eines europäischen Lieferkettengesetzes noch keinen konkreteren Zeitplan. Die Bundesregierung ist der EU durch Verabschiedung des nationalen Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (LkSG) im Juni 2021 bereits zuvorgekommen und verpflichtet ab 2023 bestimmte Unternehmen zur Einhaltung von Menschenrechten und der Achtung von Umweltbelangen entlang ihrer globalen Lieferketten. Der nachfolgende Beitrag beschäftigt sich daher mit der Fragestellung der Ausgestaltung des Gesetzes und inwiefern Unternehmen den neuen Anforderungen des Lieferkettengesetzes gerecht werden können und welche Auswirkungen sich für Wirtschaftsprüfer ergeben.
Völker-Lehmkuhl, Neue Herausforderungen durch das geplante Lieferkettengesetz, WP Praxis 5/2021 S. 156, NWB AAAAH-76636
Es hat sich gezeigt: der Schutz von Menschenrechten in globalen Lieferketten mit ausschließlich freiwilligen Leitsätzen lässt sich nicht gewährleisten, sondern es bedarf obligatorischer Sorgfaltspflichten. Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG) werden solche Pflichten eingeführt.
Das Lieferkettengesetz verpflichtet Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern ab 2023 dazu, negative Auswirkungen ihrer Lieferketten auf Menschenrechte und die Umwelt zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen zur Behebung dieser einzuführen.
Die Einführung des Lieferkettengesetzes wird sich – insbesondere in Kombination mit weiteren CSR-Pflichten – auf das Aufgabenfeld der Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften auswirken.
I. Hintergrund
Globale Lieferketten stehen bereits seit Jahren in der Kritik, da den Unternehmen hier eine geringe Berücksichtigung von ökologischen und sozialen Auswirkungen vorgeworfen wird. Der Einsturz der Rana-Plaza-Fabrik in Bangladesch, bei dem es über 1.000 Opfer zu beklagen gab, sowie die erschreckende Verbreitung von Zwangs- und Kinderarbeit zeigen die Abgründe globaler Lieferketten. Die Bundesregierung beabsichtigte zunächst mit dem Nationalen Aktionsplan für Menschenrechte und Wirtschaft (NAP) von 2016 die Leitprinzipien für Menschenrechte der Vereinten Nationen umzusetzen, um derartige Missstände in den Lieferketten zu beseitigen. Repräsentative Untersuchungen vom Juli 2020 offenbarten jedoch ein signifikantes Umsetzungsdefizit. Vor dem Hintergrund der gescheiterten Umsetzung des NAP sowie der im Zuge der Corona-Pandemie sichtbar gewordenen Fragilität globaler Lieferketten rückt die Bundesregierung nun von der – wenig erfolgreichen – freiwilligen Verpflichtung zur Einhaltung von Menschenrechtsstandards ab. Stattdessen werden zukünftig mit dem LkSG obligatorische Sorgfaltspflichten begründet, welche menschenrechtswidrige Arbeitsbedingungen sowie negative Auswirkungen auf die Ökologie in den Lieferketten erheblich reduzieren sollen. Das Gesetz findet Anwendung auf Unternehmen jeglicher Rechtsform, welche mindestens 3.000 Arbeitnehmer im Inland beschäftigen und ihre Hauptverwaltung, eine Haupt- oder Zweigniederlassung i. S. des § 13d HGB, ihren Verwaltungssitz oder ihren satzungsmäßigen Sitz im Inland haben. Der Adressatenkreis soll sukzessiv erweitert werden, so dass Unternehmen mit 1.000 Arbeitnehmern ab dem ebenfalls in den AnwenS. 268dungsbereich fallen. Somit wird ein bedeutender Teil der großen – und via Konzernzugehörigkeit auch mittelbar der kleineren – Unternehmen vom LkSG erfasst. Ab 2023 sind ca. 900 Unternehmen vom LkSG betroffen, ab 2024 ca. 4800 Unternehmen.