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IWB Nr. 14 vom Seite 570

Die Annahme der Erbschaft im Ausland und deutsche Erbschaftsteuer

Dr. Rüdiger Werner

[i]BFH, Urteil v. 17.11.2021 - II R 39/19, NWB YAAAI-59200 Erbfälle mit Auslandsberührung haben in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung zugenommen. In derartigen Fällen stellt sich zunächst die Frage nach dem anwendbaren Zivilrecht und sodann die Frage nach dem anwendbaren Erbschaftsteuerrecht. Die erste Frage richtet sich nach der EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO), die zweite nach § 2 ErbStG. Dabei kann auch bei der Anwendbarkeit ausländischen Zivilrechts eine Erbschaftsteuerbarkeit nach deutschem Recht in Betracht kommen. Hier stellt sich das Problem, inwieweit Normen, die auf deutsches Privatrecht Bezug nahmen auch auf Vorgänge angewendet werden können, die sich nach ausländischem Recht richten. Der BFH hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem es um die Einordnung einer nach italienischem Recht erforderlichen Annahme der Erbschaft in das deutsche Erbschaftsteuerrecht ging.

Kernaussagen
  • Bei der Beurteilung erbrechtlicher Vorgänge mit Auslandsbezug ist zwischen dem Erbrecht und dem Erbschaftsteuerrecht zu unterscheiden. Das auf einen Erbfall anwendbare Zivilrecht wird durch das Internationale Privatrecht bestimmt. Die Anwendbarkeit des deutschen Erbschaftsteuerrechts richtet sich dagegen nach § 2 ErbStG. Auch Erbvorgänge, die einem ausländischen Erbrecht unterfallen, können daher in Deutschland erbschaftsteuerpflichtig sein.

  • Gemäß § 9 Abs. 1 ErbStG entsteht die Erbschaftsteuer mit dem Tod des Erblassers. Etwas anderes soll nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG gelten, wenn der Erwerb unter einer aufschiebenden Bedingung erfolgt. So soll das nach italienischem Recht bestehende Erfordernis der Annahme der Erbschaft durch den Erben nach dem BFH kein Fall des § 9 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG sein, da die Annahme auf den Zeitpunkt des Todes des Erblassers zurückwirkt. Die Erbschaftsteuer entsteht daher nach § 9 Abs. 1 ErbStG mit dem Tod des Erblassers.

  • Vergleichbare Regelungen wie im italienischem bestehen auch im spanischen und portugiesischen Recht. Da die Annahme der Erbschaft auch nach spanischem und portugiesischem Recht auf den Zeitpunkt des Todes des Erblassers zurückwirkt, ist davon auszugehen, dass die vom BFH hier entwickelten Grundsätze übertragbar sind. Etwas anderes gilt für die Situation im österreichischen Recht.S. 571