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Latente Steuern und ertragsteuerliche Organschaft
Auswirkungen des KöMoG auf die Bilanzierung latenter Steuern
Bei Existenz einer ertragsteuerlichen Organschaft herrscht handelsrechtlich weitgehende Einigkeit, dass auf die temporären Differenzen bei der Organgesellschaft regelmäßig nur beim Organträger latente Steuern bilanziert werden dürfen. Sofern der Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft von dem handelsrechtlich abgeführten Gewinn abweicht, ergeben sich in der Steuerbilanz des Organträgers sog. Mehr- bzw. Minderabführungen. Deren Bedeutung für die Bilanzierung latenter Steuern wurde in der Literatur bislang indes nur vereinzelt beleuchtet. Angesichts der gesetzlichen Änderungen am System der Organschaftsbesteuerung durch das KöMoG werden deren Auswirkungen auf die latenten Steuern im Folgenden systematisch untersucht und dargestellt.
Pagel/Tetzlaff, Organschaft, Grundlagen, NWB EAAAE-28096
Ergeben sich aus dem KöMoG Änderungen hinsichtlich der Bilanzierung latenter Steuern, welche aus temporären Differenzen zwischen der Handels- und Steuerbilanz der Organgesellschaft resultieren?
Welche Auswirkungen ergeben sich aus der Einlagenlösung für Mehr-/Minderabführungen auf die Bilanzierung latenter Steuern?
Inwiefern beeinflusst hierbei die Rechtsform des Organträgers die Bilanzierung latenter Steuern?
I. Einführung
[i]Zwirner/Busch/Krauß, Auswirkungen des KöMoG für latente Steuern, StuB 12/2022 S. 441, NWB XAAAJ-15297 Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 13. Aufl. 2022, § 274, NWB SAAAH-91028 Müller, in: Mössner/Oellerich/Valta, KStG, § 14 Rz. 31, NWB VAAAH-79876 Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts vom (KöMoG) hat der deutsche Gesetzgeber nicht nur einen (vorsichtigen) Paradigmenwechsel in Bezug auf die Besteuerung von Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften vollzogen, sondern gleichzeitig auch fundamentale Änderungen an der Mechanik der Organschaftsbesteuerung vorgenommen. Letztere tangieren die Frage, wie mögliche Doppel- bzw. Minderbesteuerungen vermieden werden können, falls das Steuerbilanzergebnis der Organgesellschaft vom Betrag der handelsrechtlichen Ergebnisabführung abweicht. Der bisherige § 14 Abs. 4 KStG a. F. sah hierfür die Bildung besonderer aktiver bzw. passiver Ausgleichsposten in der Steuerbilanz vor, sofern die Mehr- bzw. Minderabführungen in organschaftlicher Zeit verursacht sind. Mit der Neuregelung in Art. 1 KöMoG wurde das System der Ausgleichsposten durch die sog. Einlagenlösung ersetzt. Hiervon unberührt geblieben sind die Bestimmungen des § 14 Abs. 3 KStG bzgl. vororganschaftlich verursachter Mehr- bzw. Minderabführungen.
In der Literatur bisher nicht beleuchtet wurde die Frage, ob bzw. welche Auswirkungen sich aus dem Systemwechsel für die Bilanzierung latenter Steuern ergeben. Nach allgemeiner Auffassung dürfen latente Steuern im Falle einer ertragsteuerlichen Organschaft regelmäßig zwar nur beim Organträger bilanziert werden. Die Abbildung der organschaftlichen Mehr- bzw. Minderabführungen in der Steuerbilanz als Einlagerückgewähr bzw. Einlagevorgang führt indes zu einer zusätzlichen temporären Differenz beim Organträger, so dass insofern die Bilanzierung (weiterer) latenter Steuern in Betracht kommen könnte. Aufgrund der S. 496partiellen Annäherung an die Systematik bei vororganschaftlichen Minderabführungen bietet sich insofern ein Vergleich mit der Bilanzierung latenter Steuern auf vororganschaftliche temporäre Differenzen an.
II. Ertragsteuerliche Organschaft
1. Grundlagen
Zentrale Voraussetzung des § 14 Abs. 1 KStG für die Begründung und Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft ist der Abschluss und die wirksame Durchführung eines Ergebnisabführungsvertrags (EAV) i. S. des § 291 Abs. 1 AktG. Demnach muss sich das abhängige Unternehmen (im Folgenden der steuerlichen Terminologie folgend Organgesellschaft bzw. „OG“) verpflichten, seinen ganzen (handelsrechtlichen) Gewinn entsprechend § 301 AktG an das herrschende Unternehmen (im Folgenden Organträger bzw. „OT“) abzuführen. Im Gegenzug verpflichtet sich der OT, einen bei der OG entstehenden Verlust auszugleichen (§ 302 Abs. 1 AktG). Die OG hat den abzuführenden Gewinn bzw. den Anspruch auf Verlustausgleich erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung auszuweisen, so dass der handelsrechtliche Jahresüberschuss der OG regelmäßig Null beträgt, sofern keine Abführungssperren (§ 268 Abs. 8 HGB i. V. mit § 301 AktG) greifen.
Sind die weiteren Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 KStG gegeben, wird das steuerliche Einkommen der OG als Rechtsfolge dem OT zugerechnet. Dazu wird in der steuerlichen Gewinnermittlung des OT der handelsrechtliche Ertrag aus dem Gewinnabführungsvertrag bzw. Aufwand aus Verlustübernahme (§ 277 Abs. 3 Satz 2 HGB) außerbilanziell eliminiert und das Einkommen der OG hinzugerechnet.